Full text: St. Ingberter Anzeiger

der Lolalberichterstattuug steht, soeben ein Buch 
veröffentlicht, welches von dem in gewissen Stadt— 
theilen der glänzenden französischen Metropole und 
besonders in den Arbeiterquartieren herrschenden 
Elend wahrhaft grauenhafte Schilderungen entwirft. 
Da giebt es Miethscasernen wie die Cilè de Jeanne 
d'Arc z. B., in denen 1500 Familien, also min⸗ 
destens 4000 menschliche Wesen auf dem engsten 
Raume zusammengepfercht, in verpesteter Luft ge— 
boren werden, leben und sterben. Der Mangel an 
Raum hat alle Unterschiede der Familien, der Alters⸗ 
classen und der Geschlechter beseitigt, und wenn 
das Elend in diesen Höhlen der Armuth groß ist, 
so ist das schamlose Laster daselbst vielleicht noch 
größer. Herr Grison erzählt von zahlreichen mensch⸗ 
lichen Wohnstätten, die nicht einmal eine Oeffnung 
zum Einlaß von Luft und Licht haben. In der 
Straße Rambuteau existiren Schlafstellen, deren 
Zugang jeden Morgen von 455 Uhr von Hun⸗ 
derten Obdachloser umlagert wird, welche auf den 
Moment warten, wo die dort beherbergten Paurer 
an die Arbeit gehen, um sodann gegen ein paar 
Sous in deren noch durchwärmte Lagerstätten zu 
schlüpfen. Einem Polizeicommissär in der Rue 
—A 
wohner einer Dachstube im Nebenhause sich das 
Leben genommen. Um den Thatbestand zu Pot—⸗ 
rokoll zu nehmen, begab sich der Beamte an Ort 
und Stelle. Er fand den Leichnam des Selbst⸗ 
mörders in einem Bodenverschlag, zu dem man 
nur auf Händen und Füßen kriechend, gelangen 
konnte. Der Commissär war genöthigt, die Dach—⸗ 
lucke zu öffnen, Kopf und Schultern hindurchzu⸗ 
stecken und sein Protokoll auf dem Dache zu regie⸗ 
striren, währeud der Selbstmörder zu seinen Füßen 
lag. Angesichts solchen Elendes darf man sich 
nicht wundern, wenn der zügellose Luxus der Rei— 
chen die Habgier der Besitzlosen entflammt, wenn 
zwischen Arbeitern und Bourgeois die Kluft immer 
tiefer wird und wenn die unteren Volksclassen eine 
Verbesserung ihrer Lage nur von einer socialen 
Umwälzung und von einer Wiedererweckung der 
Commune erwarten. 
F Aus England kommen traurige Nachrich⸗ 
len. An der Ost⸗ und Südküste Englands sind 
während des heftigen Sturmes, welcher vorigen 
Freitag und Sonnabend wüthete, eine Anzahl Schiffe 
untergegangen und eine Menge Menschen — wieviel 
ist unbekannt — dabei ertrunken. Die acht Per—⸗ 
sonenen betragende Mannschaft der Brieg, Warrior⸗ 
Queen“ verließ Abends ihr sinkendes Schiff mit einem 
Boote. Unweit der Küste schlug dasselbe um und 
die Insassen ertranken bis auf einen. Auf einen 
Schooner, der bei Corton auf den Grund ge— 
rathen war, wurde die Raketen⸗Leine abgeschossen, 
aber ehe die Mannschaft sie benutzen konnte, ging 
das Schiff in Stücke und die Leute erkranken. 
Bei genanntem Orte, sowie bei Pakefield, wurde 
die Mannschaft von sieben oder acht anderen Schif⸗ 
en mittelst Booten und durch Anwendung des 
Raketen⸗Apparates gerettet. Die Rettungsarbeiten 
vährten fast die ganze Samstag-Nacht hindurch. 
Auf den gefährlichen Sandbänken bei Namsgade, 
owie auf der Höhe von Great Yarmouth sind ebenfalls 
nehrere Schiffe verunglückt. An der Wesiküste der Van⸗ 
ouver, wo das Wrack der Barke Melbille antrieb, sind 
ünf von der Besatzung als Leichen angetrieben worden. 
hdede Spur des Schiffes war andern Tags ver— 
chwunden und es dürften wenigstens zwanzig Men⸗ 
chenleben mit ihm zu Grunde gegangen sein. Auf 
»er Höhe von Texel an der holländischen 
düste strandete der Dampfer „Gulf von Panama“ 
don Japan nach Bremen bestimmt. Er ist mit 
Wasser gefüllt. Der Capitän und ein Theil der 
Mannschaft ist, gerettet, 22 Leute derselben ertranken. 
— Auch an der spanischen Küste hat der Sturm 
Opfer gefordecrt. Im Ganzen ertranken dort 24 
Fischer und Matrosen. 
Das „Büreau Veritas“ verössentlicht die Ver⸗ 
luste an Schiffen im September, nämlich an Segel- 
chiffen 19 amerikanische, 83 österreichische, 35 bri⸗ 
tische, 1 chilenisches, 8 dänische, 1 holländisches, 
Z französische, 4 deutsche, 2 schwedische, zusammen 
90. Dampfer gingen verloren, 1 amerikanischer, 
5 britische, 2 holländische, zusammen 8. 
fF Der von Touristen zahlreich besuchte Ort 
Brindelwald in der Schweiz ist durch Föhn⸗ 
turm fast zerstört worden. Das Grindelwalder 
Thal liegt 3239 Fuß über dem Wasserspiegel; 
Brindelwald selbst hatte 3132 Einwohner. 
f— Ein heftiger Sturm, welcher Ende Oktober an 
der Nord⸗ und Südküste Spaniens wüthete, richtete 
zahlreiche See⸗Unfälle an. 
FNew⸗-York, 31. Okt. Das Parktheater 
ist gestern gänzlich niedergebrannt. 
F(Ein Wahlkuriosum.) Schwiegervater 
und Schwiegersohn gehören verschiedenen politischen 
harteien an, ersterer ist conserdativ, letzierer liberal. 
BZeide suchen ncch am Tage vor der Wahl auf—⸗ 
einander einzuwirken, und gerathen dabei so an⸗ 
inander. daß sie im hellen Zorn voneinander scheiden. 
Doch über Nacht siegt die bessere Regung; jeder 
eschließt nachzugeben und am Wahltage wähli der 
S„chwiegervater liberal, der Schwiegersohn conser⸗ 
ativ. Vergnügt eilt der letztere zu ersterem, um 
hm mitzutheilen, was er gethan. Jeder berichtet 
»em anderen, wie er gewählt — erstarrt stehen 
Peide einen Augenblick, um dann, wie die Dorf⸗ 
eitung erzählt, in ein schallendes Gelächter auszu⸗ 
brechen. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Speier Anna Keim, d 
J. a.; in Pirmasens Heinrich, IO!/4 M. a 87 
Franz Seitz; in Kröppen Joseph, S. v Jo 
hafselwander, Lehrer; in Neustadi Ftau 
Magdalena Böckler, geb. Wagner, 82 J. ac in 
Nußbach Friedrich Schapperi, 60 J. a.; in 
Altleiningen Frau Margaretha Müller, geb 
Wiegel. I6 Ja. zuin Wurzweiler Jatob Ston 
.. 71 J. a.; in Katzweiler Georg Peter Glük 
Privatmann 712 J. a.; in Winnweiler Frau 
ẽlisabetha Baus, geb. Born, 67 J. a.; in Zwei 
rücken Frau Bauschaffner Portschelrer 74 
J. a.; in Landau Frau Lena Scharff, geb. Roos 
75 J. a.; in Neustadt Frau Agnese Fritz, geb 
Fischer, 92 J. a. 
Bienstes⸗Rachrichten. 
Amtsanwalt Rich. Feldbausch von Ger 
mersheim ist zum Amtsanwalt bei den Amisgerichter 
dandau und Annweiler, mit dem Amissitze in Laman 
nuf Ansuchen bestellt und demgemäß nach Landap 
zersetzt und zum Amtsanwalt bei dem Amiggerichte 
Bermersheim der geprüfte Rechtspraktikant Pau⸗ 
Martini von Dürkheim ernannt. Das protest 
tändige Vicariat zu Erfenbach wurde dem Pfarramt 
ranbidaten und derzeitigen Verweser der dritten 
Pfarrstelle zu Dürkheim E. D'alleur und di 
Verwesung der protest. dritten Pfarrstelle zu Dür 
jeim dem ersten protestantischen Pfarrer J. P. 
Lewerer in Gemeinschaft mit dem Privaldicar⸗ 
des Pfarrers Matthias, K. L. Steitz daselbs 
yom 1. November d. J. an ühertrogen 
Briefkafen der Redaktion. 
(Preisräthsel.) Bei der am Sonnta— 
Nachmittag stattgehabten Verloosung fiel der Prei⸗ 
— ein Oeldruckbild — Frau Pet. Uhl dahier zu 
— ⏑⏑. 
Fur die Redaktion verantwortlich F. X. Demez. 
Telegraphischer Schiffsbericht. 
(Mitgetheilt von Jean Peters in St. Ingbert.) 
Das Hamburger Postdampfschiff Westphalia« 
Tapitän Ludwig von der Linie der Hamburg⸗Ame— 
ikanischen Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft, welches am 
11. Oktober von Hamburg via Havre abging, is 
iach einer glücklichen Reise am 24. Oktober wohl⸗ 
hehalten in New⸗-York angekommen. 
Das Postdampfschiff Vaderland Capitaͤn 
Beynon der Red Star Line, am 14. Oktober 
bon Antwerpen abgegangen, ist nach einer glücklichen 
Reise am 28. Oktober wohlbehalten in New⸗PYork 
ingekommen. 
Das Ehrhardt⸗Jo⸗ 
chum'sche Haus mit 
Harten in der Unterstadt ist ganz oder 
theilweise zu vermiethen. 
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Druck und Verlag von F. X. Demet in St. Ingbert.