Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Zur Beregung der Ladung des am vorigen 
Freitag bei Ludwigshafen gesunkenen Frucht— 
schiffes sind zwei Taucher aus Düsseldorf einge— 
troffen, denen ein Honorar von 1400 M. garan— 
tirt sein soll. Die Ladung des Schiffes bestand 
aus 2600 Centnern Getreide. 
— Am Montag stürzte der etwa 50 Jahre 
alte Ackerer Jakob Potz von Obernheim vom 
Scheuergebälke herab in die Tenne und verletzte 
sich derart, daß er nach wenigen Stunden seinen 
Geift aufgab. Der Bedauernswerthe ist Wittwer 
und hinterläßt mehrere unmündige Kinder. 
— Das Kreisamisblatt der Pfalz veröffent— 
licht die Abrechnung der Brandversicherung des 
Kreises für das Jahr 1881. Der Beitrag (14 Pf. 
von 100 Mk. Versicherungskapital) bezifferte sich 
auf 582,707 Mtk. 6 Pf., die Höhe der 1881 ge— 
nehmigten Entschädigungen beträgt 494,175 Mt. 
39 Pf., weitere noch rückständige Entschädigungen 
aus früheren Jahren 58,830 Mt. 67 Pf., Auf—⸗ 
nahms⸗ und Abschätzungsgebühren 12,470 Mk. 
54 Pf., Verwaltungskosten 12,786 Mtk. 98 Pf., 
Hebgebühren 24,278 Mk. 90 Pf., Beitrag zur 
Förderung des Feuerlöschwesens 19,767 Mk. — 
Die höchsten Entschädigungen im Kreise wurden 
bewilligt an: P. H. Cordier in Jaägerthal bei 
Dürkheim 39,020 Mk., Wittwe Fr. Schrank in 
Zeiskam 37,386 Mk., J. Stahl in Ingenheim 
22,721 Mk., Fr. Koch in Rheingönnheim 15,871 
Mk., Wittwe Benedick in Albersweiler 9593 Mk., 
Fr. Helfrich in Neustadt 6776 Mik., P. Bold in 
Hermersberg 6102 Mk., P. Jung in St. Ing⸗ 
bert 6028 Mk., A. Rutz in Hermersberq 5467 
Mk., Friedrich Correll in Neustadt 5015 Mk. 
— Beim Herannahen der Weinachtszeit, wo 
jeder Familienvater mit sich zu Rathe geht, wie er 
seinen Angehörigen eine unverhoffte Freude be— 
reiten kann, halten wir es für unsere Pflicht, das 
Publikum auf die Pfälzische Aussteuer— 
Anstalt aufmerksam zu machen. Diese Anftalt 
welche vor einigen Jahren von Herrn Regierungs⸗ 
präfidenten v. Braun in's Leben gerufen wurde, 
hat fich zum Zweck gesetzt, die Verheirathung und 
Gründung einer selbständigen Existenz für Mädchen 
und jungen Männer dadurch zu begünfstigen, daß 
sie den Theilhabern auf dem Wege einer alljährlich 
zu veranstaltenden Verloosung für den Fall der 
Verheirathung ein kleines Kapital von 800 M. 
zur Verfügung stellt. Dies soll in folgender Weise 
erreicht werden: Jedes Mitglied zahlt jährlich einen 
Beitrag von 3 M. Aus sämmilichen Beiträgen 
werden nach Abzug der unbedeutenden Verwaltungs⸗ 
kosten Gewinne von je 300 M. gebildet, so daß 
auf je 100 Theilnehmer durchschnittlich ein Gewinn 
von 300 M. trifft. Um jedoch den Zweck, welchen 
die Anstalt sich gesetzt hat, wirklich zu erreichen, 
zahlt sie diese Gewinne nicht sofort aus, sondern 
deponirt fie bei einer öffentlichen Sparkasse mit 
Zins und Zinseszinsen, bis die Person, welche den 
Gewinn gemacht hat, sich verheirathet oder das 
40. Lebensjahr erreicht. Es können also alle Un⸗ 
verheirathete, welche noch nicht 40 Jahre alt sind, 
an der Anstalt Theil nehmen. Die Verloosung der 
Bewinne findet an Weihnachten Statt. 
Vermischtes. 
F Die Alerheimer im bahyerischen Ries 
wissen einen tüchtigen Arzt zu schätzen. Als ihr 
Arzt Dr. Roderus vou seiner Hochzeitsreise heim⸗ 
kehrte, fuhr am Bahnhof ein Wagen mit zwei 
Schimmeln vor und brachte ihn mit seiner Frau 
in sein freundlich geschmücktes Heim im Städtichen. 
Er dankte, aber machte große Augen, als die Schim⸗ 
mel in seinen eigenen Stall geführt wurden. Was 
ist das? fragte er. — Nur ein kleines Hochzeits⸗ 
zeschenk der Gemeinde, sagte der Ortsbürger Hahn, 
und der Wagen gehört auch dazu. — Und als es 
dunkel wurde, kamen die Sänger des Städtichens 
und der umliegenden Dorfer und brachten ein 
Ständchen und hundert Fackelträger leuchteten dazu. 
F Bei Wegscheid (baher. Wald) wurde 
jüngst eine Riesenbuche gefällt. Man erhielt da— 
W— 
8 Klafter zwei Schuh langes Stöberlholz und 7 
Fleischstöcke mit je I,60 Meter Durchmesser. Au⸗ 
zerdem lieferten noch zwei Aeste dieser Buche, welche 
derselben vor dem Umhiebe abgesägt werden muß⸗ 
ten, 422 Klafter Scheitholz. Das gewonnene Holz 
war vollständig gesund. 
F Trier, 31. Okt. Der neueste „Kirchlicht 
Amtsanzeiger“ enthält die bischöfliche Verordnung, 
daß am 19. November in allen Pfarrkirchen der 
Diözese eine Kirchenkollekte zum Ausbau der katho⸗ 
lischen Pfarrkirche zu Spiesen abgehalten wird. 
F Aus Straßburg wird dem „FIrkf. Journ.“ 
jeschrieben: Zu welchen gewagten Betrügereien 
üch die jungen militärpflichtigen Elsaß-Lothringer 
derleiten lassen, um sich vom deutschen Militäͤr⸗ 
zienst zu befreien, zeigt wieder ein sensationeller 
Fall in der ober⸗elsässischen Stadt Mülhausen 
und in einigen anderen Orten des Oberelsaß, 
der gestern zu der Verhaftung von 32 jungen 
Männern aus begüterten, zum Theil sehr reichen 
Familien führte und uͤnter der Bevölkerung Mül—⸗ 
jausens, wo allein 26 Verhaftungen vorgenommen 
wurden, die größte Aufregung hervorgerufen hat 
Diese jungen Männer waren bei der ersten Musterung 
zurückgestellt worden, hatten sich dann irgend einen 
wirklich dienstuntauglichen jungen Mann im mili— 
zärpflichtigen Aller ausgesucht, welcher gegen eine 
klingende Belohnung unter dem Namen ihres Auf⸗ 
raggebers sich bei einem Arzte ein Dienstuntaug 
ichkeits⸗Zeugniß verschaffen mußte, mit dem dann 
der betreffende seine Entlassung vom Militärdienss 
zewirken konnte. Diese ärztlichen Zeugnisse sollen 
meistentheils aus Städten Altdeutschlands stammen, 
wo die jungen Leute zur Ausführung ihres Ma— 
növers sich längere Zeit aufhielten und oft eine festt 
Stellung annahmen und von wo sie dann die Zeug⸗ 
nisse an ihre Angehörigen in Mülhausen ꝛc. sandten 
welche dieselben an die Militärbehörde einreichten 
ind darauf die Befreiungsatteste für ihre Söhnt 
erhielten. Diese Bekrügereien sollen schon Jahre 
ang getrieben sein. Sonderbar an der Geschichte 
st jedenfalls, daß es in einer doch nicht so großen 
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zur Nachforschung Veranlassung gegeben hat, wenn 
eine so große Anzahl von jungen Leuten, die man 
doch wohl mehr oder weniger als gesund und kräftig 
zekannt hat, von anderen Orten her Atteste über 
hre Militärdienst-Untauglichkeit einsandten. Den 
ungen Herren, die sich so schlau um den Militär 
dienst gedrückt hatten, kann die Geschichte doch sehr 
uinbequem werden; abgesehen von einer Gefängniß— 
trafe und Zahlung großer Kosten müssen sie drei 
Jahre nachdienen, in welcher Zeit sie überdies als 
unsichere Heerespflichtige angesehen werden. 
F In der „Frkf. Ztg.“ lesen wir folgendes 
»om pädagogischen Gebiete: „Bisher war es von 
den Sinnesorganen das Auge allein, auf das von 
Seiten des Pädagogen und Hygienikers Rücksicht 
zenommen wurde. Um das gleichwerthige Ohr be— 
kümmerte sich Niemand. Seit Kurzem findet auch 
dieses für Schule und Leben so wichtige Organ 
mehr Beachtung. Dafür spricht folgender Erlaß 
des württembergischen Konsistoriums in Nr. 360 
seines Amtsblaties: „Da hin und wieder der Fal— 
vorkommt, daß Schüler an Mängeln des Gehörs 
eiden, ohne daß es ihnen oder ihren Augehörigen 
zum Bewußtsein kommt und da nicht selten die 
Unaufmerksamkeit eines Schülers auf einer Schwäche 
des Gehörs beruht, so sind die Lehrer darauf hin⸗ 
juweisen, daß sie bei ihren Schülern, insbesondere 
hei denjenigen, welche durch Unaufmerksamkeit zu 
klagen Veranlafsung geben, darauf achten, ob nicht 
hr Gehör ein mangelhaftes sei. Sollte sich bei 
inem Schüler durch genauere und fortgesetzte Be— 
bachtung ein geringerer oder höherer Grad von 
Schwerhörigkeit herausstellen, so ist derselbe nicht 
uur beim Unterrichte in unmittelbare Nähe des 
Lehrers zu setzen, sondern es sind auch seine Eltern 
auf das vorhandene Leiden aufmerksam zu machen 
und womöglich dazu zu bestimmen, daß sie einen 
exfahrenen Arzt zu Rathe ziehen.“ Die württ. 
Oberschulbehörde verdient für ihre Initiative alle 
Anerkennung; es ist nur zu wünschen, daß ihr 
Erlaß recht viel Nachahmung finden möge und von 
Seiten der Lehrer und der Eltern gehörig beachtet 
würde. Gehörstörungen sind ja sehr häusig und 
nicht selten werden schlechthörende Kinder nichi bloß 
;ür unaufmerksam gehalten, sondern auch darnach 
—XC 
F Ein eigenthümliches Jubiläum) 
wvurde dieser Tage in Lorch a. Rh. gefeiert. In 
zinem dortigen Hotel „jum Schwan“ war eine 
ellnerin 25 Jahre bedienstet und zur Feier dieses 
zewiß seltenen Ereignisses wurde seitens der Herr— 
schaft eine Jubiläumsfeier mit Festtafel veranstaltet, 
Hierbei saß die Kellnerin zu oberst an der Tafel 
vard im Toast gefeiert, erhielt 700 Mk. an Geld, 
ein goldenes Kreuz und sonstige Kostbarkeiten. 
(Der Kaiser und der Generalstab.) Im Ar 
hive des Generalstabes zu Berlin befindet sich 
ein außerordentlich werthvolles Gutachten don der 
Hand Sr. Majestät über die Belagerung von Parig 
Man erzählt darüber, daß der Kaiser mit den 
Einleitungen, wie sie im September 1870 zut 
Belagerung von Paris auf Grund eines General. 
bvortrages getroffen wurden, nicht einverstanden war 
sich aber den übereinstimmenden Anschauungen der 
Mehrzahl der von ihm gehörten bewährten Gene. 
räle gefügt hatte. Der Kaiser legte indeß seine 
eigene abweichende Anficht in einem Gutachten von 
mehr als sechzig Seiten Quart nieder und der 
weitere Verlauf der Dinge bewies, daß der hohe 
Herr von Anfang an das Richtige erkann 
hatte. 
Ein Wahlkuriosum, wie es drastischer kaum 
gedacht werden kann, ereignete sich in einem der 
ystlichen Wahlbezirke Berlins. Krampfhaft zwei 
Wahlzettel in der einen, in der anderen Hand fein⸗ 
Legitimation haltend, tritt auf den Ruf: Herr 
August Friedrich Gosebrink“ der also Gerufene an 
den Tisch des Wahlkomites. „Welchen Herren 
geben Sie Ihre Stimme?“ „Ick wähle mir den 
derrn Reichskanzler, den durchlauchtigsten Fürsten 
OAtto Bismarck, Vater; er meint es am besten mis 
uns arme Leute, und ihn will ick darum doch 
wählen.“ „Es ist aber doch ein zweiter Wahlmann 
zu wählen.“ „Dann wähle ick mir selber, denn ig 
meene es gerade so gut vor dem Lande.“ Dann— 
müssen Sie uns Ihren Namen laut und vernehm⸗ 
lich nennen; so schreibt es das Gesetz vor.“ „Also 
denn man zu: Aujust Fritze Josebrink, Arbeeter, 
aber kicken Sie man in meinen Zettel rin, dam 
Sie meinen werthen Namen voch orthographisch 
und nach Puttkammern richtig schreiben können; 
übrigens haben Sie ja meinen werthen Namen 
schonst in die Liste drin und ick meene, det i 
Mumpitz, deß ick ihn hier noch extra vordeklamieren 
muß.“ Weder Herr August Fritze Gosebrink noch 
der Fürst Reichskanzler haben in jenem Wahlbeziri 
die absolute Majorität erzielt, da keiner von Beiden 
dort als Kandidat aufgestellt worden war; aber der 
Urwähler Gosebrink hatte doch sein Wahlrecht 
geübt. 
F Die Steuer⸗Deputation verurtheilte in Ham⸗ 
zurg in der letzten Sitzung die Erben eines dor⸗ 
igen verstorbenen Kaufmannes wegen zu gering 
deklarirten Einkommens zu einem Ersatz von 70, 000 
Mi. Steuern und Strafen. 
. Von der Gefährlichkeit der bei dem Her⸗ 
unterschrauben einer Petrloeumlampe entstehenden Pe— 
roleumdämpfe ist schon oft gewarnt worden, ein 
veiteres warnendes Beispiel wird jetzt von Schweid 
nitz derichte. In der Nacht vom Dienstag zum 
Mittwoch kam ein Mann in seine Wohnung und 
and seine Frau auf dem Bette liegen, schwer 
stöhnend und ohne Bewußsein. Sie hatte ihrer 
Hdann wie schon oft erwartet und sich schließlich 
auf's Bett gelegt, nachdem fie vorher die Petroleum— 
lampe bis auf ein Minimum hinuntergeschraubt. 
Durch die Dämpfe war die Frau so betäubt wor 
den, daß nur durch die schleunige Hilfe des Mannes 
und anderer Hausbewohner ein größeres Unglück 
verhütet wurde. 
Celle, 1. Nov. In der nächsten Zeil 
wird vor dem Landgericht in Lüneburg ein Civil⸗ 
proceß zur Verhandlung kommen, der auch für 
weitere Kreise von Interesse. Zu einer wohhaben 
den hiesigen Dame, die zur Sicherung ihres Be⸗ 
ätzthums sich einen wachsamen Hofhund hält, brachte 
ein hübsches Mädchen die Kaffeemilch. Eines Tage‘ 
hückt sich das Mädchen, das sich gerade in dem 
Harten der Dame befindet, um einige Blumen da⸗ 
elbst abzupflücken oder auch anzufassen. Der Hund, 
welcher diese Manipulation für Eingriff in die 
stechte seiner Herrin angesehen haben muß, springt 
auf das Mädchen ein und zerfleischt ihm sein Ge— 
sicht vollstandig. Die. Wunden müssen zugenäh—l 
werden; aber als das Mädchen das Krankenhaus 
zeheilt verläßt, ist von seiner Schönheit nichts mehl 
vorhanden. Sie — oder vielmehr ihr Vater — 
jordert deshalb außer Schmerzensgeld, Zeitversaum⸗ 
niß, Arzt- und Apothekeriosten als Entschädigung 
ür die Einbuße ihrer Schönheit die Summe vor 
10,000 M. Die Dame findet diese Forderung viel 
zu hoch und hat eine solche Entschadigung abgelehnt. 
Es sind bereits Anstrengungen gemacht worden 
um eine Verständigung der Parteien herbeizuführen 
iber vergebens. Das Mädchen halt die Irder 
aufrecht und da für ein so hohes Klageobject z 
ziesige Amtsgericht nicht mehr competent ist, 3 
bas Landgericht in Lüneburg in der Sache Re 
zu sprechen haben. 
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