Full text: St. Ingberter Anzeiger

daß sie vom genannten Tage an nach halbjährigem 
Bestehen vorlaufig zu erscheinen aufhöre.“ 
Dies enispricht nicht der Thatsache, denn die 
hetr. Stelle in meinem Blatte lautet wörtlich: „Mit 
heutigem Tage tritt nach halbjährigem Bestehen 
cine Unterbrechung in dem Erscheinen 
der „St. Ingberter Zeitung“ ein.“ 
Auf Grund des 8 11 des Preßgesetzes ersuche 
ich Sie, diese Berichtigung in die nächste Nummer 
Jhres Blaites gefl. aufnehmen zu wollen. 
Genehmigen Sie u. s. w. 
L. Pecheur, 
Redacteur und Verleger der 
„St. Ingberter Zeitung.“ 
Dem Vorstehenden haben wir unsererseits anzu⸗ 
fügen, daß unsere Notiz in voriger Nummer durch⸗ 
aus nicht so aussah, als ob sie wörtlich dem Avise 
des Herrn Pecheur, den er an der Spitze der „St. 
Ingb. Ztg.“ vom 31.Dz. brachte, entnommen sei, 
wie es nach obigem Schreiben den Anschein haben kann. 
Ueber jenen Avis referirten wir kurz und jedenfalls 
dem Sinne nach richtig. Herr Pecheur sagte: 
„Mit heutigem Tage trithu. s. w. eine Unterbrechung 
in dem Erjcheinen der „St. Ingb. Zig.“ ein“ und 
wir sagten: „kündigte an, daß sie u. s. w. vorläufig 
zu erscheinen aufhöre.“ Wir denken. beides lauft 
auf dasselbe hinaus. 
t. Blieskastel, 2. Januar. Gestern Abend 
war im Saale des Herrn Kuhn ein Kinder— 
theater veranstaltet, zu dessen Besuch sich über 
200 Personen eingefunden hatten. Die Aufführung 
des hiezu bestimmten Dramas, sowie die Verteilung 
der einzelnen Rollen, muß als vollständig gelungen 
bezeichnet werden, und es ist uns das ein Beweis, 
daß die betreffenden Kinder vorher einer tüchtigen 
Schulung unterzogen wurden. Ganz besonders muß 
die hübsche und deutliche Aussprache hervorgehoben 
werden, infolge deren es Jedermann möglich, jedes 
einzelne Wori zu verstehen. Wir wünschen, es 
mögen im Laufe des Winters noch mehrere solcher 
stinderstücke über die Bretier gehen, an einem zahl⸗ 
reichen Besuch dürfte gewiß nicht zu zweifeln sein. 
— Zur Unterstützung der Pferdezüchter wird im 
nächsten Jahr auf dem Eichelscheiderhof ein 
Kreisfohlenhof eröffnet werden, welcher den Fohlen 
das gewährt, was ihnen zu oft mangelt: Aufent⸗ 
halt in frischer Luft und ausgiebige Bewegung, 
was zur Erlangung von gesunden Pferden die 
besten Mittel sind. 
Bei der Civilkammer des kgl. Landgerichts 
Kaiserslautern wurden im Jahr 1881 88 
Vermoögensabsonderungs⸗ und 11 Ehescheidungs⸗ 
Urtheile erlassen. Von den geschiedenen Ehen 
hatten bestanden: 
eine i Jahr, 
wei 14 Jahr, 
eine Jahr, 
eine L. Jahr, 
wei 6 Jahre, 
wei 12 Jahre, 
eine 15142 Jahre, 
eine 26Jahre. 
(Pf. Ky 
— Kaiserslautern, 31. Dez. Heute früh 
gegen 9 Uhr brach in dem Parterre-Raume der 
westlichen Ecke der Fruchthalle links vom Haupt⸗ 
portale Feuer aus; in jenem Raume waren große 
Quantitaͤten Torf gelagert, die in Brand geriethen 
und zwar, wie man behaupiet, in Folge Feuerung 
im Rebenlokale, von welchem ein Heizrohr durch 
den mit Torf angefüllten Raum führt. Das Feuer 
tonnte glücklicherweise durch bereits anwesende Civil⸗ 
personen und den Feuerwehrkommandanten Herrn 
Gelbert gedämpft und unter Beihülfe von der in⸗ 
wischen alarmirten Feuerwehr gelöscht werden, ohne 
daß es größeren Schaden anrichtete. Kais. 3.) 
Ein magerer Vergleich ist besser als ein 
fetter Prozeß, sagt die „Kais. Ztg.“ und theilt 
mit, daß in einer Gemeinde des Alsenzthales 
zwischen zwei Bewohnern Streit um ein Stückchen 
Acerland im Werthe von 3 Mk. ausgebrochen war. 
Es lam zum Prozeß, der Klaäger wurde abgewiesen 
und muß jetzt die Kosten im Betrage von 170 Mk. 
bezahlen. 
Bom oberen Gebirg. Der 1881er hat 
schon ziemlich viel Geld und Leben in unser Gebirg 
Jebracht und wird uns noch schönes Geld bringen. 
Selbst in den Gemeinden, in welchen der Wein 
als Nebenprodukt gepflanzt wird, namentlich zwischen 
dandau und Becgzabern, haben manche Mittel⸗ 
Bauern ihre 10-20 Fuder Wein, einen Drei⸗ 
viertelsherbst gemacht. Etwa /3 ist sammt der 
Fefe als Most oder Federweißer verkauft an den 
ersten Ablaß“ und jetzt wird es sich zeigen, weß 
geistes Kind der „Doppel⸗Kometwein“ ist. Nun 
hird aber auch, wenn nicht alle Anzeichen und die 
reispäͤnnigen Weinfuhren trügen, wieder neues Leben 
n den Verkauf kommen. Die Preise schwanken 
wischen 225—240 Mark je nach Qualität und 
bir müssen gestehen, daß der 188ler von Tag zu 
Tag unsere Erwartungen mehr übertrifft. — Aus 
den“' Tabakslande jedoch klingen die Berichte 
nicht so rosig. Es will kein rechter Zug in das 
Tabaksgeschäft kommen; man scheint selbst von 
Zeiten der Händler die Bauern für das Monopol 
mürb“ machen zu wollen. Bis jetzt ist noch sehr 
venig Tabak verkauft und abgehängt. (Pf. Pr.) 
— Eine am 28. Dez. in Enkenbach abge— 
jaltene, zahlreich besuchte Versammlung beschloß, in 
Zachen der Waldstreu eine Eingabe an die Abge⸗ 
rdnetenkammer zu richten, worin die Beschwerden 
ʒer Landwirthe dargelegt werden. Alle Landwirthe 
her westlichen und nördlichen Pfalz sollen zur Un⸗ 
erzeichnung eingeladen werden. 
Auf Veranlassung der pfälzischen Handels— 
ind Gewerbekammer werden dem pfälzischen 
gewerbemuseum die Patentschriften des deutschen 
Patentamtes für die Folge unentgeltlich überwiesen, 
das wir den Inieressenten hiermit mit dem Bei⸗ 
ügen bekannt geben, daß die Einsichtnahme dieser 
SZchriften, entsprechend den vom Gewerbemuseum 
estzustellenden näheren Bestimmungen, Jedermann 
gestattet ist. 
Bei der zu Neujahr erfolgten Ordens-Ver⸗ 
eihung wurden folgende Pfälzer durch Orden bezw. 
Tilel ausgezeichnet und zwar erhielten: das Ritter⸗ 
treuz 1. Tlasse des Verdienstordens vom heiligen 
Michael: die Direktionsräthe bei der Direktion der 
fälzischen Eisenbahnen Joseph Heller und Jakob 
ravale, der Advotat und Rechtsanwalt Horn in 
Frankenthal, der Regierungsrath Ludwig Wand in 
—peyer, der Rektor der Realschule in Speyer, Dr. 
Franz Keller und der Oberzollinspektor J. Drerler 
n Speyer. Der Titel eines Commerzienrathes 
purde verliehen dem Fabrikdirektor Johann Schön 
n Kaiserslautern. 
Vermischtes. 
4 Auf freche Weise wurde am Samstag ein 
dleiderhändler in dem benachbarten St. 
Johann geprellt. Ein anscheinend anständiger 
Nann suchte sich dort-einen modernen Anzug aus 
ind bestellie dabei, daß ihm derselbe in sein bei einem 
stestaurateur der Bahnhofstraße zu Saarbrücken be⸗ 
indliches Privatlogis gebracht werden solle. Ein 
unger Mensch aus dem Geschäft wurde denn auch 
amit beauftragt, ging nach Saarbrücken und fand 
m Wirtszimmer den Besteller der Kleider. „Trinken 
Zie einstweilen ein Glas Bier, junger Herr, wãh⸗ 
end ich herauf in mein Zimmer gehe und die 
dleider anprobiere!“ Sprach's, nahm die Kleider 
ind ging hinaus. Der Kommis wartete fünf Mi⸗ 
iuten, eine Viertelstunde und länger, wer aber nicht 
biedet kam, war der Kleiderkäufer. Oben in seinem 
zimmer war er auch nicht — er war einfach zum 
hausgang hinaus geschlichen und mit den Kleidern 
erduflet. Das Zimmer war am Abend vorher 
jon dem Schwindler, welcher sich für einen Geschaͤfts⸗ 
reisenden ausgab, gemicthet worden, jedenfalls in 
der Absicht, es lediglich zur Ausführung des Betruges 
zu benutzen. Die Polizei fahndet eifrig, bis jetzt 
ber vergeblich auf den frechen Schwindler. 
Saarbr. Ztg.) 
4 Die drei bayerisschen Universitäten 
—XE im Winter⸗ 
emester 1881182 besucht von 2051 Bahern, 1403 
Nichtbayern, in Summa 3454; im vorigen Semester 
varen e8s 1925 Bayern, 1350 Nichtbayern, in 
zumma 3275. Nach Facultäten ausgeschieden 
ind Juristen: 805 (Bayern 646, Nichtbayern 159), 
Fameralisten: 100 (Bahern 66, Nichtbayern 34), 
Hediciner: 1146 (GBayern 497, Nichtbayern 649), 
Pharmazeuten: 144 (GBayern 78, Nichtbayern 66), 
Philosophen, Philologen, Mathematiker, Chemiler, 
pͤhhsiker: 778 (Bayern 491, Nichtbayern 257). 
(Das Elfenbein im Kartoffelsack. Wenn ge⸗ 
chalte Kartoffeln durch 36 Stunden in einer Lö⸗ 
ung von acht Theilen Schwefelsäure auf hundert 
Theile Wasser zubereitet, dann zwischen Fliespapier 
Jeirocknet und schließlich gepreßt werden, erhalt 
nan eine Masse, die zu allerlei technischen Verar—⸗ 
zeitungen in hohem Grade geeignet ist und völlig 
)em Gelluloid ähnlich erscheint. In Frankreich 
verden daraus Tabakspfeifen in genauer Nachah⸗ 
nung des Meerschaums hergestellt. Durch starke 
presquug erhalt dus verarn grwonnene Ptateriu. 
inen so hohen Härtegrad, daß sogar in gelungener 
ẽUfenbein⸗Imitation Billardbälle daraus verfertig⸗ 
verden können. 
Bekenntnisse eines Vagabunden. 
yIn einem Orle des Amtsbezirks Pforzheim 
vurde dieser Tage ein etwa 22 jähriger kräftiger 
Zursche wegen Bettelns verhaftet. Derselbe, in der 
stähe von Koblenz zu Hause, hatte einen am Tage 
uvor in Durlach geschriebenen Brief bei sich, der 
in eine gewisse „liebe Frau Wirthin“ in seiner 
Zeimath gerichtet war. Der Brief lautet: „Im 
sorigen Monat ging ich von Hause fort auf die 
Wanderschaft. Ich bin gewesen in: (hier werden 
3830 Städte und groͤßere Orthschaften genannt). 
zetzt bin ich in Durlach bei Karlsruhe. Es ist mir 
isdem seht gut gegangen: gearbeitet habe ich 
nirgends. Wo ich hingekommen bin, haben mir 
ie Leute gerne etwas gegeben. Wo ich meinen 
Paß vorzeigen mußte (es war ein in drei Stücke 
errissener Meldeschein zum dreijährigen freiwilli⸗ 
zen Eintritt in's Militär), war die Polizei damit 
ufrieden. Hier in Baden und bei Durlach ist es 
janz besonders gut, die Leute geben einem sehr 
Jerne, sie sind aber auch alle sehr reich und wohl⸗ 
sabend, ich bringe alle Tage 2 bis 83 Mark zu— 
ammen. Das Bier und der Wein ist in dieser 
Hegend sehr wohlfeil. Da saufe ich genug, ich habe 
nir schon einen ordentlichen Bierleib angetrun⸗ 
en... Wenn ich da durchgemacht habe, dann 
Jehe ich Straßburg und Metz zu.“ Der Brief schließ 
mit dem Reim: 
„Die Welt ist unbeschreiblich schön, 
Man darf sie nur verstehn.“ 
Bettler und Brief wurden an's Bezirksamt 
eingeliefert. 
4Gaiser Wilhelm und der Czar.) Von einem 
Forrespondenten in Köln wird dem „Standard“ 
selegraphirt: „Ich erfahre aus guter Quelle, daß 
des Czaren Mißachtung der Förmlichkeit in seinem 
Briefwechsel mit dem deutschen Kaiser neulich letz⸗ 
eren veranlaßte, an den Czaren ein Schreiben zu 
ichten, das etwa folgenden Inhalt hat: „Der 
kImpfang Ihres letzten Briefes hat mir großes 
Vergnügen bereitet und ich freue mich zu sehen, 
daß“ Ihre Mittheilungen häufiger geworden find, 
ils dieselben während der ersten Monate seit dem 
dinscheiden Ihres Vaters gewesen. Ich bedaure 
adeß. daß Ihre Briefe so abgefaßt sind, daß ich 
zußer Stande bin, dieselben in meine Privatarchive 
zu legen, wo sie später von Personen gesehen wer⸗ 
ʒen dürften, die aus deren Form betreffs der 
wischen uns bestehenden Beziehungen falsche Schlüsse 
iehen würden.“ Es heißt, daß dieser Brief, wel⸗ 
her per Courier nach St. Petersburg gesandt 
vurde. einen peinlichen Eindruck in Gatschina 
nachte, da die Formfehler, über welche darin Be— 
chwerde geführt wird, das Ergebniß der Unwissen⸗ 
Jeit seitens der mit der Absassung der in Rede 
iehenden Briefe betrauten Persoönlichkeit und nicht 
rgend einer Kühle seitens des Czaren gegen seinen 
hrwürdigen Onkel sind. 
4 Berlhin. Es stellt sich immer mehr heraus, 
zaß der Schlosser Wilke (siehe vorletzte Nr.), dessen 
zeabsichtige Frevelthat noch rechtzeitig verhindert 
vorden ist, an Wahnsinn leidet. Derselbe hat zu 
Protokoll gegeben, er habe später das „Raubge⸗ 
chäft“ in einer Villa im Thiergarten im Großen 
etreiben wollen, wenn er sich erst durch beraubung 
iniger Opfer das nöthige Anlagecapital erworben 
zätie. Die Zange, mit welcher Wilke hantiren 
vollte, wird als ein Kunstwerk der Schlosserei be— 
eichnet. Wie Wilke zu der Annahme kam, daß 
Aerzte, welche Patienten besuchen, viel Geld bei 
ich führen, und daß die Accepte erdrosselter Per— 
'onen Giltigkeit haben sollen. bleibt völlig uner— 
indlich. 
Entscheidung des Reichsgerichts. Zum Zu— 
dandekommen giltiger (dem Stempel unterliegen— 
der) Liefe rungsverträge reicht es, nach einem 
xErlenntniß des Reichsgerichts, vom 3. October d. 
J., aus, daß mit der Acceptationserklärung des 
Lieferanten (und erst durch dieselbe, nicht schon 
zurch die Offerte) sämmiliche Vertragserfordernisse 
jestiinmt werden. Wenn bei der Anfertigung und 
»em Austausch von Schriftstücken die Absicht der 
Fontrahenten dahin gegangen ist, ein den Beweis 
rleichterndes Instrument uͤber das fragliche Ge— 
chäft zu errichten, dazu bestimmt, die Beurkundung 
zurch einen förmlichen Vertrag zu ersetzen, so liegt 
nicht eine stempelfreie Correspondenz vor, sondern 
ein je von einem Theil unteschriebener und & 
die heiderseits erfolgie Auswechselung der Schrift—