Full text: St. Ingberter Anzeiger

ðt. Iunberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
zlatt und Sonntags mit Bseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljiährlich 1 46 40 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 60 H, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 H, bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 224. 
Politische Uebersicht. ! 
Deutsches Reich. 
Berlin, 12. Nov. Die jüngste Mittheilung 
er „Nordd. Allg. Zig.“, daß die bayerische Staats⸗ 
egierung sich für eine Militär⸗Strafprozeßordnung 
rklärt habe, welche die Oeffentlichkeit des Verfah⸗ 
ens ausschließt, ist in süd⸗ wie norddeutschen 
lättern stark angezweifelt, ja als unzutreffend be— 
eichnet worden. Die „Magdeb. Ztg.“ erfährt 
tzt über die Angelegenheit Folgendes: 1) Die bis⸗ 
erigen Beschlüsse der Immediatkommission zur Aus⸗ 
rbeitung einer Militär⸗Strafprozeßordnung für das 
)eutsche Reich haben eine vollkommene Ueberein⸗ 
immung mit den bayerischen, sächsischen und 
ürttembergischen Commissarien constatirt. 2) Der 
intwurf einer Militär⸗Strafprozeßordnung dürfte 
n wesentlichen nur das Ziel anstreben, die zwischen 
er deutschen Civil⸗Strafprozeßordnung und den 
genwärtig im Deutschen Reich geltenden Militär⸗ 
trafprozeßordnungen bestehenden Verschiedenheiten 
den allgemein maßgebenden Grundsätzen auszu— 
leichen, das Militär⸗Strafverfahren in Bezug auf 
istematischen Aufbau des Gesetzes thunlichst dem 
eutschen Civil⸗Strafverfahren zu assimiliren, aber 
ur in so weit, als die besonderen Bedürfnisse des 
seeres und die als oberstes Gesetz geltende Rück⸗ 
cht auf die Erhaltung der Disziplin in demselben 
amit vereinbar erscheint. 3) Bei der Mehrzahl 
er Bundesregierungen besteht keine Geneigtheit, 
JAeffentlichkeit des Verfahrens zu gewähren. 4) 
„eitens der bayerischen Regierung, insbesondere 
er bayerischen Militärverwaltung, wird durchaus 
nicht mit Entschiedenheit an der Oeffentlichkeit des 
Herfahrens festgehalten. 
Die Eröffnung des preußischen Land⸗ 
ages wird nach der „Trib.“ durch den Kaiser 
n Person vorgenommmen werden; es entspricht 
ies einem persönlichen Wunsche Seiner Majestät. 
Offiziös wird dieser Nachricht hinzugefügt, „die 
khronrede werde sich dem entsprechend in vraͤcisen 
xormen bewegen.“ 
Petersburg, 12. Nov. Das offiziöse Journal 
St. Petersbourg beschäftigt sich mit einer Ber⸗ 
mer Correspondenz im Pariser Gaulois. Dieselbe 
laubte den Krieg zwischen Frankreich, Rußland 
inerseits Deutschland, Oesterreich und Jtalien 
ndererseits prophezeien zu sollen. Dem entgegen 
agt das hiesige Organ, die Prophezeiung beruhe 
uuf der angeblichen Thatsache der Abreise des Mi⸗ 
nisters Giers nach Italien. Giers sei aber gegen⸗ 
värtig noch in Petersburg, beabsichtige auch nur, 
inen zweimonatlichen Urlaub zu nehmen, um nach 
gisa zu gehen, wo seine Familie aus Gesundheits⸗ 
ücksichten den Winter zubringe. 
Ausland. 
Ddie Lage in Eyon gestaltet sich immer 
hlimmer. Die Arbeiterschichten find dort außer⸗ 
tdentlich aufgeregt und veranstalten fortwährend 
hersammlungen unter freiem Himmel. Maueran⸗ 
hläge aufrührerischen Inhaltes werden an den 
auptsächlichsten Bauten der Stadt angeheftet. In 
Ungers klebte man an der Pforte der Notre-Dame⸗ 
irche einen großen rothen Anschlag an, auf wel⸗ 
jem man las: Krieg der Kirche! Tod den Prie⸗ 
ern! Es lebe die soziale Revolution! In Monti⸗ 
ugon ist die Bevölkerung in großen Schrecken ver⸗ 
etzt, daͤ verschiedene Personen dieser Stadt Droh⸗ 
tiefe erhalten haben. Die 100 Mann Infanterie, 
elche die dortige Garnison bilden, wurden in der 
kaserne consignirt. 11 Kisten mit Dynamit, jede 
Montag, 13. November 1882. 
17. Jahrg. 
zu 20 Klgr., wurden aus dem Bahnhofschuppen 
in Souillac, Departement de Lot, gestohlen. In 
Bellegarde, wo sich das französische Zollamt befindet, 
wurden Kisten mit explosibelen Stoffen angehalten, 
die in der Schweiz aufgegeben waren. 
Kairo, 10. Nov. Fast 10 Procent der hier 
«fFindlichen britischen Trupney sind erkrankt 
Regierung beantragten Positionen belassen. Für 
die landwirthschaftlichen Fortbildungsschulen Alsenz 
und Gönnheim werden für das Jahr 1883 — 
1200 M. bewilligt; ebenso für Waldfischbach 800 
M. und für die zu errichtende landwirthschaftliche 
Fortbildungsschule in Zweibrücken 400 M. Ferner 
wird dem Lehrer Storch auf dem Schmalfelder⸗ 
hof für seine bereits im Sommer 1882 bethätigte 
Fortbildung der Betrag von 300 M. bewilligt, 
mit bem Beifügen, daß derselbe wenigstens drei 
Jahre auf seiner Stelle verbleibt. — Herr Land⸗ 
ath Hundemer referirte sodann über die Real— 
schulen und zwar zunächst über die Frequenzver⸗ 
älinisse. Im Schuljahre 188182 trifft auf sämmt⸗ 
liche städtische Realschulen eine kleine Abnahme, das 
gegen auf die Kreisrealschule eine erfreuliche Mehrung. 
Der Gesammibedarf aller Realschulen betrug 165 327 
M. 90 Pf., eine Wenigerausgabe gegen das Vorjahr von 
1571 M. 78 Pf. Im Personalstand ist eine 
wesentliche Aenderung nicht eingetreten. Die Rech— 
nung der Kreisrealschule pro 1881 wird nicht be— 
anstandet; der Voranschlag pro 1883 erfordert einen 
Gesammtaufwand von 50 848 M. 42 Pf, davon 
sind aus Kreisfonds zu decken: 45 134 M. 18 
Pf. An die übrigen vier Realschulen, welche Ge⸗ 
neindeanstalten sind, wird für Landau 17 020 M. 
71Pf., für Neustadt 16 218 M. 21 Pf., für Speyer 
17 995 M. 71Pf. und für Zweibrücken 6 288 M. 71 
Pf. aus Kreisfonds für das Jahr 18883 bewil— 
ligt. Schließlich referirte Herr Dr. Zöͤller über 
eine Zuschrift der Seewarte an die meteorologische 
Station Kaiserslautern. Der Landrath beschließt, 
diese Zuschrift der kgl. Negierung zu übergeben, um 
im nächsten Jahre über die einschlägigen Verhält⸗ 
aisse Aufschluß zu geben, dabei spricht er den 
Wunsch aus, die meteorologische Station Kaisers— 
lautern möge in die Lage gesetzt werden, eine 
Witterungs⸗Prognose für die Pfalz auszuarbeiten 
und zu publiciren. Tagesordnung der nächsten 
Sitzung: Straßen⸗ und Rhein⸗Dämme und Kreis⸗ 
Irren⸗Anstalt Klingenmünster. 
— Die Pfalz hat heuer 0,28 pCt. mangel— 
haft gebildete Rekruten. Sechs Mann kommen auf 
das pfälz. Kontingent. In der Rangordnung hai 
sich unser Kreis den sechssten Platz erobert. Nach 
einem Zirku lar des Bezirksamtes Zweibrücken 
treffen auf diesen Amtsbezirk zwei Mann. 
— Gortbildungskonferenzen des 
Lehrerpersonals an den Volksschulen der 
Pfalz pro 1882 -83.) Die kgl. Regierung hat die 
allgemeinen Konferenzen auf 18. April. 13. Juni 
und 16. August, die besonderen auf 20. Dezbr. 
28. Febr. 16. Mai und 18. Juli festgesetzt. Die 
donferenzorte sind die nämlichen, wie im vorigen 
Jahre. Für die allg. Konferenzen sind folgende 
Themata aufgestellt: 1. Konferenz: ‚Der Götltinger 
Dichterbund.“ „Wie wird die Aufmerksameit des 
Z„chülers geweckt und erhalten?“ 2. Konferenz; 
„Die Fabeldichtung des 18. Jahrhunderts, insbe⸗ 
ondere die Lessing'sche. „Was hat die Schule 
dezüglich der Gesundheitspflege der Schüler zu be⸗ 
achten?“ (erste Hälfte) 3. Konferenz: „Die 
deutsche Hansa.“ „Was hat die Schule bezüglich 
der Gesundheitspflege der Schüler zu beachten?“ 
saweite Hälfte. Näberes im Kreisamtsblatt Nr. 79 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 13. Nov. Ter gestrige 
erste) Tag unserer Kirchweish war vom Wetter 
iber Erwarten begünstigt. Der Besuch von aus 
värts war dementsprechend auch ein sehr zahlreicher 
Zesonders stark vertreten waren die Orte Bischmis— 
sjeim und Brebach, was wohl der gestern stattge— 
jabten Eröffnung der Haltestelle Schaafbrücke zu— 
uschreiben ist. 
— Zum Versammlungsort für den 8. pfäl— 
ischen Feuerwehrtag ist die Stadt Homburg be— 
timmt. 
— Kaiserslautern, 11. Non. Wäh— 
ꝛend der Fahrt von hier nach Mez ist heute Vor— 
nittag zwischen Landstuhl und Homburg ein Rekrut, 
samens Mann aus Otterberg, aus einem Eisen⸗ 
zahnwaggon gestürzt. Derselbe wurde in verletztem 
Zustand, wie die Kaisl. Ztg. hört, nach Landstuhl 
zerbracht. 
— (Aus alter Zeit.) Im sechszehnten 
zahrhundert erschien nach der „Kaisl. Ztg.“ in 
Landau eine Verordnnng, daß Jeder, der Al⸗ 
nosen empfangen habe und nachhet in der Herberge 
zeim Wein betiroffen werde, in den Käfig gesperrt 
verden solle. — Wie groß der Luxus unserer Vor⸗ 
'ahren gewesen, bezeugt unter Anderem ein Verbot 
des Rathes von Landau aus dem Anfang des 16. 
Jahrhunderts, wonach bei Hochzeitsschmausen nicht 
nehr als 40 Essen gegeben und nicht mehr als 
30 Personen geladen werden durften. 
— Roxheim, 10. Nov. Eine unserer an⸗ 
jesehensten und achtbarsten Familien wurde heute 
von einem ganz entsetzlichen Unglücke heimgesucht. 
Die beiden ältesten Söhne des Herrn Oekonomen 
GBg. Kleinmann von hier, 29 und 21 Jahre alt, 
dersuchten unter Beihilfe eines 19 Jahre alten 
Knechtes des Vormittags zwischen 10 und 11 Uhr 
mit einem schwer mit Zuckerrüben beladenen Nachen 
iber den Altrhein zu setzen, d. h. heimzukehren 
und versanken mit Nachen und Ladung in den 
Fluthen. Ein ebenfalls bei der Arbeit betheiligter 
üngerer, eiwa 185jähriger Sohn der Familie er⸗ 
achtete die Mitfahrt bei der schweren Ladung und 
den hochgehenden Wogen zu gefährlich, blieb am 
enseitigen Ufer und verdankte dieser Aengstlichkeit 
ein Leben. (Irkth. Tgbl.) 
Von den 20 jungen Leuten welche sich der in den 
letzten Tagen in Spey er abgehaltenen Prüfung 
behufs Erlangung des Berechtigungsscheines für den 
einjährig⸗freiwilligen Militärdienst unterzogen, haben 
9 dieselbe bestanden. 8 waren gar nicht zur 
mündlichen Prüfung zugelassen worden, 
— In der 6. Sitzung des pfälzischen 
dandrathes (Freitag, 10. Nov.) gab der Herr 
dandrathspräsident zunächst Kenntniß von einer 
peiteren Vorlage der kgl. Regierung im Betreffe: 
„Die Schwimmanstalt in Landau.“ Die—⸗— 
elbe geht an den fünften Ausschuß. — Sodann 
erichtete Hert Spieß über die Rechnung pro 
1881 und den Voranschlag pro 1883 der land⸗ 
oirthschaftlichen Kreiswinterschule. 
die Rechnung erhält die Genehmigung des Land— 
athes und der Voranschlag wird auf den von kagl— 
Vermischtes. 
fF (GStrenges Urtheil) In Würzburg 
wvurde ein Milchfälscher, ein wohlhabender 
Oekonom, der in wiederholten Fällen auf dem 
Markte und im Juliusspital Milch. die zur Hälfte