Full text: St. Ingberter Anzeiger

chlagenen Summe von 76,540 M. der richterlicheu 
Aburtheilung. Weber sucht seine verbrecherische 
Handlungsweise mit der Angabe zu beschönigen, 
Zaß seine Frau, die sich seit 1876 im Irrenhause 
hefinde, zuviel Geld verbraucht habe. Auf die Frage, 
was er denn nach dem Jahre 1875, da er doch 
nur sich und seinen minderjährigen Sohn zu er— 
nähren hatte, mit dem vielen Gelde angefangen 
habe, weiß er keine Antwort zu geben. Die Ant— 
wort auf diese Frage gab die Untersuchung, denn 
es wurde konstatirt, daß Weber mit einer Weibs⸗ 
person, die sich einen Modewaarenladen um 1400 
M. Miethe hielt, zusammenlebte, daß er eine fürst 
lich eingerichtete Wohnung, ein halbes Dutzend Jagd⸗ 
gewehre neuester Konstruktiou, sowie 8 Velozipede 
besaß und einen wohlgefüllten Weinkeller hiell, Pas— 
sionen, die es erklärlich machen, daß Weber neben 
einem Gehalte von 2500 M. in manchem Jahre 
noch 13,000 M. brauchte, die er aus der Fried⸗ 
jofskasse gestohlen hatte. Weber wurde zu 8 Jahren 
Zuchthaus, 2000 M. Geldstrafe oder weiteren 8 
Monaten Zuchthaus und 10 Jahren Ehrenverlust 
derurtheilt. 
F München, 14. Nov. Am gestrigen Abend 
'onnte man das seltene Schauspiel einer brennenden 
Straße beobachten. In der Lindwurmstraße waren 
nämlich Gasröhren geplatzt und das entzündete 
Gas schlug in hellen, lichtblauen Flämmchen aus 
dem Straßenkörper heraus, so daß man von der 
Ferne aus Irrlichter wahrzunehmen glaubte. 
F (Die Gewinnziehung) der letzten Dr. 
bon Hauner'schen Kinderspitallotterie, 
welche am 15. November stattfinden sollte, beginnt 
unabwendbarer Hindernisse wegen erst nächsten 
Montag, den 20. November, Früh 8 Uhr, im 
nördlichen Schranenpavillon zu München. 
F Würzburg, 9. Nov. In die Mühlhauser 
Militärbefreiungsaffaire sollen, einem in den letzten 
Tagen mit großer Bestimmtheit auftretenden Ge— 
rüchte zufolge, das vom „W. J.“ verzeichnet wird, 
aus hiesiger Stadt mehrere Personen verwickelt sein. 
F Saarbrücken, 13. Nov. Gestern Mittag 
kurz nach 12 Uhr entgleiste auf Bahnhof Sul z⸗ 
bach infolge Bandagenbruchs an der Maschine ein 
Theil eines Kohlenzuges. Die Maschine wurde 
jehr stark beschädigt und 13 Waggons total zer⸗ 
trümmert. Von dem Zugpersonal ist nur der Heizer 
ind auch dieser nur leicht verlekt 
s.Die Berliner „Tribüne“ schreibt: „Die 
Disza⸗Eßlarer Affäre dreht sich bekanntlich um die 
Frage, ob ein sogenannter ritueller Mord nach jüd⸗ 
scher Anschauung überhaupt denkbar ist, d. h. ein 
Mord, der entweder zu rituellen Zwecken verübt 
vird, oder bei dessen Verübung der Thäter auch 
iur dem Wahn sich hingeben kann, zu rituellen 
Zwecken zu handeln. Ueber diese Frage hat nun 
der Bischof von Fulda, Herr Dr. Kopp, 
vor einigen Tagen mit dem Provinzialrab— 
ziner von Fulhda, Herrn Dr. Cahn, eine 
Unterredung gepflogen, deren Resultat alsbald zu— 
ummengefaßt wurde in das folgende Schreiben, 
uu dessen Veröffentlichung wir ermächtigt worden 
ind: „„Fulda, 4. Nod. 1882. Geehrtester Herr 
Ddoktor! Auf Ihren Wunsch stehe ich nicht an, die 
ei unserer neulichen Unterredung abgegebene Er— 
lärung hiermit schriftlich zu wiederholen, daß die 
Unnahme, es könnte von Juden Christenblut zu 
ituellen Zwecken jemals gebraucht worden sein, 
veder durch die jüdische Religion, noch durch die 
Beschichte zu begründen ist, und daß eine derartige 
Beschuldigung, auf welche Voraussetzungen sie immer 
urückgeführt werden möge, als eine entschieden 
reventliche Unwahrheit bezeichnet werden muß. 
In vollkommenster Hochachtung Eurer Wohlgeboren 
rgebenster Kopp, Bischof von Fulda.““ 
f London, 14. Nov. Gestern, Montag fruh 
stieß in der tiefsten Finsterniß und bei schweren 
Sturme in der Nähe des Caps Beachy Head * 
Hamburger Dampfer „Westfalia“ mit einem andern 
Dampfer zusammen, welch' letzterer sofort sant 
Die „Westfalia“, selbst dem Sinken nahe, weil si— 
ein großes Loch im Bug davongetragen, ließ troß 
dem sofort ein Boot mit sechs Mann herab, un 
die Ertrinkenden des anderen Schiffes zu retlen 
allein im Sturm verschwand dieses Voot und die 
„Westfalia“ mußte wegen eigener dringenden Gefahi 
eiligst nach dem ungefähr fünfzig englische See⸗ 
neilen westwärts gelegenen Portsmouth zurück 
dampfen. Alle Passagiere, die Post und das Ge— 
väck an Bord der „Westfalia“ wurden gerettet. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Landau Sibylle Louise Pauline 
12 J. a. T. v. Karl Wagner, Kaufnian 
ebendaselbsi Frau Katharina Foid, geb. Häuser 
71 J. a.; ebenda Frau Sophie Wilh Corders 
zeb. Wenzel; in Eusserthal Paul Möser, Biec— 
drauer, 35 J. a.; in Grünstadt Friedrich Simop 
Rauschkolb, Gutsbesitzer, 76 J. a; in Hüt 
schenhausen Wittwe Elisabetha Rittersbacher, 
geb. Müller, 80 J. a.; in Zweibrücken Frau Char— 
lotte Männer, geb. Collin, 42 J. ah; in KHai— 
serslautern, Daniel Griasch; in Queichheim Ling, 
T. v. Georg Hack; in Offenbach bei Landau Frau 
Margaretha Tonsor, geb. Schordt; in Kirchheim— 
»olanden Friedrich, 7 J. a., S. v. Karl Schön— 
mehl; in Leistadt Peter Georgens, Metzger 
u. Wirth. 33 J. a.; 
fF Dresden, 13. Nov. Auf der Eisenstein— 
eche „Rother Adler“ bei Ober-Rittersgrün sind 
»urch die EXxplosionen zweier Patronenkisten 383 
Zergleute mehr oder weniger schwer verwundet 
vorden. 
x Ein entsetzliches Bild hauptstädtischen Elends 
vot sich, wie Berliner Blätter melden, den Schutz- 
euten des 57. Berliner Polizei⸗Reviers dar, die 
ingst eines Morgens die Jungfernhaide abstreiften. 
In einem Binsengestrüpp versteckt, fand man ein 
Veib vor, das kaum noch menschliche Gestalt zeigte. 
leber und über mit Ungeziefer bedeckt und nur mit 
inem halbverfaulten Hemde bekleidet, stellte sie sich 
lsein Bild kaum glaublicher Verwahrlosung vor. Von 
hunger ganz entkräftet, konnte sie nur angeben, 
aß sie eine 47jährige Wittwe Lüddecke sel, die 
ereits seit längerer Zeit sich obdachlos herumtreibe. 
Sie hat wahrscheinlich schon Wochen lang in der 
Fungfernhaide gehaust. Sie wurde zunächst der Pflege 
ines Krankenbauses übergeben. 
Dienstes⸗Nachrichten. 
Der prot. Schulverweser Nikolaus Kaucb von 
Erpolzheim ist zum Lehrer an der prot. Sqhule ir 
Bobenheim a. B. der interimist. Verweser and er prot 
Vorbereitungsschule zu Freinsheim, Otto Lehmann 
zum Verweser dieser Stelle, der Lehrer Jakob— 
Walter in Kleinsteinhausen zum Lehrer an de 
oxot. Schule zu Einselthum ernannt, der kath 
Lehrer J.Schermer in Ramberg vom 11. Novem⸗ 
jer 1882 an in den bleibenden Rubestand versetz 
Für die Redaktion verantwortlich F. X Demetß 
Rm Hofe des neuen Amisgerichts-⸗ 
J gefängniß-Gebäudes kann von 
morgen Frühe bis Samstag Abend 
zuter Bau⸗Grund unentgeldlich ab⸗ 
geholt werden. 
St. Ingbert, 16. November 1882. 
Jakob Pfleger. 
Zu vermiethen: 
Ein möblirtes Zim⸗ 
mer mit oder ohne Kost, und eine 
Wohnung aus 2 Zimmer und 
üche bestehend, bis 1. Dezember be⸗ 
iehbar, bei Wittwe Stupp, 
Ate Moseet π —X 
Straßenwärterstelle. 
Für die Distriktsstraßenstreke St. Ingbert⸗Schnappbich⸗ Sulzbaa 
ist die Stelle eines Straßenwärters zu besetzen. 
Derselbe hat seinen Wohnsitz in St. Ingbert zu nehmen und bezieh 
aus der Distriktskasse einen Gehalt von monatlich 42 Mt. 
Taugliche Bewerber haben ihre Gesuche mit Zeugnissen bis längsten⸗ 
1. Dezember I. Is. hieramts einzureichen. 
Zweibrücken, 13. November 1882. 
Königl. Bezirksamt, 
Dr. Schlagintweit. 
SI̊äSIFSSOS!SSFI?;zMMB„P—Q„(guäyü„9V!d )b c—ZZ 
Ein schön möblirtes Zimmer für 
einen einzelnen Herrn ist zu ver⸗ 
miethen. Näheres i. d. Exped. d. Bl. 
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— 7Faehsehuls fur 
Aiwean — 
ITIII ufnahme: 
Voruninpetct aam 
Für dieselbe übernehmen wir fortwährend Flachs, Hanf und 
Abwerg zum Spinnen und Weben unter Zusicherung billigsier und 
hester Bedienung. Die Eisenbahnfracht hin und zurück übernimmt die 
Fabrik. Der Schneller von 1228 Meter Länge kostet 12 Pfennig 
Spinnlohn. Die Agenten: in St. Ingbert, J. Friedrich, in Hom⸗ 
zurg, Franz Baron. 
Die Neuwahl des Presbyhteriums. 
wird am kommenden Sonntag, den 19. November, abgehalten werden 
Für die Stadt St. Ingbert mit dem Eisenwerke, — wo 6 Presbytern 
und ebensoviele Ersatzleute zu wählen sind — wird die Wahlhandlung vormit— 
tags 1092 Uhr in der prot. Kirche beginnen. 
Die Wahl für Schuappbach, wo 2 Presbyter und 2 Ersatzleute zu wählen 
sind, wird im prot. Schulsaale daselbst von 3 Uhr nachmittags an vorae— 
nommen werden. 
Es wird hiermit zur Theilnahme an der Presbyterwahl mit dem Bemerker 
eingeladen, daß die Wahl der Presbyter und Ersatzleute in e in em Wahlgange 
»ollzogen wird und daß die bei der Wahlhandlung zur Vertheilung gelangenden 
Stimmzettel persönlich abzuholen und wieder abzuliefern sind. 
Wahlberechtigt sind nach 84 der Wahlordnung diejenigen männlichen 
derheiratheten oder unverheiratheten selbstständigen Gemeindeglieder, welche das 
25. Lebensjahr vollendei haben, bayerische Staatsangehörige sind, sich im 
vollen Besitze ihrer bürgerlichen und kirclichen Rechte befinden und nicht wegen 
irgend eines Verbrechens oder aber wegen eines Vergehens, das den Verlust der 
bürgerlichen Ehrenrechte nach sich ziehen muß oder kann, verurtheilt worden sind 
Wahlfähig sind nach 87 der Wahlordnung alle diejenigen mehr al⸗ 
30 Jahre alten Hausväter der Kirchengemeinde, welche im Uebrigen die ir 
84 bezeichneten Eigenschaften haben und außerdem als sittlich unbescholtene 
kirchlich gesinnte Männer bekannt sind. 
St. Inabert, den 14. November 1882. 
Das Presbyterium: 
Ferckel, Vorstand. 
in modernen Schriften billigst bei 
Niũtenkarten oriften —— 
——— — Vα x 
Druck und Verlaa von & F J8men in Sft. Inaber 
Zeitgemäßes illustrirtes Prachtwerk! 
RVUSSLAND. 
Aι ι Leo. 
Unter Mitwirkung vieler deutschen und sla vischen Gelehrten und Schrift- 
teller herausgegeben von HAermann TOSKOSeMSFnne.. Mit 
einer Einleitung und zahlreichen Beiträgen von Fiedrich 
Bodenstedt. Vollständig in 40 Lieferungen; jede Lie— Jelt — 
ferung mindestens 2 Bogen großen Formates stark. LMark. 
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lagen. Illustrirte Prospecte versendet gratis und franco die Verlaasbuch- 
handlung von Greßner u. Schramm in Leipzig. 
» Alle Buchhandlungen nehmen Bestellungen an 
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