Der Landrath wählte als Mitglieder
des ständigen Landrathsausschusses die
DH.: Dr. Buhl, Schneider, Dr. Zöller, Janson,
Mayer und Freudenberg; als Ersatzmänner die
DH.: Krämer, Benzino, Freutzel, Schmidt Zumstein
und Goerg. Zum Präsidenten des ständigen Aus—
schusses wurde Hr. Dr. Buhl, zum Sekretär Hr.
Schneider gewählt.
— Bezüglich der Boden⸗ und Kommunal—
Kreditbank der Pfalz sprach sich der Land—
rath dahin aus, daß er im Prinzipe noch ganz auf
demselben Standpunkte stehe, wie bei der Be—
rathung der Statuten im verflossenen Jahce. Bei
der Wichtigkeit dieser Angelegenheit ist jedoch eine
nochmalige Prüfung der Statuten um so mehr ge—
boten, als der dermalige Landrath fast zur Hälfte
nis neuen Mitgliedern besteht, denen dieselben noch
tremd sind. Zu einer solchen Prüfung fehle es
aber bei der großen Masse von Berathungsgegen—
ttaͤnden in der diesjährigen'Session an der nöthigen
Zeit, und sei darum eine Zurückstellung der Be—
rathung und Beschlußfassung auf die nächstjährige
Sitzungsperiode geboten. Der Landrath ersuchte
hiebei die kgl. Regierung, mittlerweilen dem land⸗
wirthschaftlichen Vereine für die Pfalz und der
ofälzischen Handels- und Gewerbekammer Anlaß
zu geben, sich über die fragliche Angelegenheit gut—
achtlich zn äußern.
— Bekanntlich hat der Landrath der Pfatz
den Antrag des Hrn. Kitt Gürgermeister in
Rülzheim): hohe kgl. Regierung möge bei aller—
jöchster Stelle befürworten, daß der projektirten
Niederlassung der Kapuziner in der Pfalz (Blies⸗
kastel im Interesse des Friedens und der Eintracht
die Genehmigung versagt werde, mit großer Mehr—
heit (gegen 2 St.) angenommen. Die Herren
dandräthe Huth und Hundemer haben hiegegen
'olgenden Protest zu Protokoll gegeben: „Die unter⸗
zeichneten Landrathsmitglieder geben bezüglich des
vegen Niederlassung der Kapuziner in Blieskastel
eingebrachten Antrags folgende Erklärung zu Pro—
okoll: In Erwägunq, daß der Landrath als solcher
zunächst sich mit der Errichtung klösterlicher Ge—
nossenschaften nicht zu befassen hat, in Erwägung
ferner, daß in dieser Frage die kirchlichen Organe
zumal betreffs der Nothwendigkeit und Nützlichkeit
dorzugreifen kompetent sind, in endlicher Erwägung
jerner, daß hierwegen verfassungsmäßige Rechte be—
ttehen, welche nicht umgangen werden können, aber
auch nicht durch irgend welchen Druck beeinflußt
verden sollen, protestiren die Unterzeichneten gegen
den eingebrachten Antrag sowohl bezüglich dessen
Inhalts als dessen Veranlassung. Huth, Hundemer.“
— Speyer, 18. Nop. Echlußsitzung des
Landrathes.) Abhör und Genehmigung des Bud—
gets pro 1883. Prozentsatz der Kreisumlagen
347/10, im Vorjahre 32*10. Sr. Majestät dem
Zönig wird der Dank votirt für dessen hochherzige
Babe bon 5000 Mk. zu Gunsten der Wetterbe⸗
schädigten im Bezirk Kusel. Eine Deputation, be⸗
tehend aus den Herren Buhl und Schneider, holt
Se. Exz. den Herrn Regierungspräsidenten Staats-
rath v. Braun ab. Herr Landrathsspräsident
Buͤhl hält eine Anrede. Der Schluß des Land⸗
zaths erfolgte Mittags durch Exz. v. Braun.
— Nachdem in den letzten Tagen wieder die
Rekruten eingerückt, sind, wollen wir nicht unter⸗
assen, die Vergünstigung in Erinnerung zu bringen,
velche aktive Soldaten Seitens der Post genießen.
Brief und Postkarten, wenn sie nicht mehr als 60
Gramm (3 alte Loth) wiegen, kosten kein Porto,
wenn sie neben der genauen Bezeichnung des Trup⸗
ventheils die einfache Bemerkung tragen: „Soldaten⸗
»rief! Eigene Angelegenheit des Empfängers.“
Postanweisungen bis zu 15 Mark kosten nur 10
pjf. Packete bis zu 3 Kgr. (6 alte Pfund) kosten
zuf alle Entfernungen nur 20 Pf. Porto. Zur
Zeit der Mannöver erreichen nur Briefe, nicht aber
hackete und Geldsendungen den Adressaten umge⸗
jend und schnell, es genügt dabei die Angabe des
Truppentheis und des Garnisonortes. Stadipost⸗
sendungen, Sendungen aus dem Landbestellbezirk,
sowie aͤlle Briefe, welche schwerer sind als 60
Gr., Postanweisungen über 15 Mark, alle Geld-
hriefe, Streifbandsendungen, sowie Packete über 8
gr. zahlen das gewöhnliche Porto. Es empfiehlt
ich, diese Bestimmungen aufzubewahren und undek-
zatirte Sendungen in Briefen und Packeten zu
ermeiden, da sie schon manchen sonst braven Men⸗
schen in die Versuchung geführt und zum Verbrecher
gemacht haben
Vermischtes.
F Würzburg, 19. Nov. Hauptmann Em⸗—⸗
nerich vom 9. Jnfanterie-Regiment fiel heute früh
m Duell im Guttenberger Walde. Studiosus
Meyer (ehemaliger Einjähriger) hatte ihm eine
Bistolenforderung auf 5 Schritte Distance zugehen
assen, zu deren Annahme Emmerich durch Ehren—
raths⸗ Beschluß gezwungen worden war.
In Würzburg hat sich der kgl. Amts⸗
gerichtssecretär Schlegel durch 'einen Schuß in den
dopf schwer verwundet, welcher Verletzung er im
Juliusspital erlegen ist. Derselbe soll in einem
urückgelassenen Briefe körperliches Leiden und ge—
ränkten Ehrgeiz wegen Nichtbeförderung als Motiv
ieser unseligen That bezeichnet haben.
4 Aus Unterfanken, 19. November. Die
zmmatriculation an der Hochschule zu Würzburg
jat ein sehr gutes Ergegniß und dürfte bald das
Tausend voll werden. Es sind schon 962 Stu—⸗
enten immatriculirt. Nach Facultäten vertheilen
ich dieselben wie folgt Theologen 150, Juristen
26, Mediziner 492 (95 in⸗- und 397 auslän⸗
ische), Pharmaceuten 27, Chemiker 85, Natur⸗
vissenschaftler 3Z6, Mathematiker 29. Philosophen
1 undhPhilologen 35.
F Gürnberger Lotterie.) Der Haupt-
zjewinn (25,000 M) fiel auf Nr, 271613; 10,000
M. gewann Loos-Nr. 350981; 5000 M. gewannen
Nr. 171400 und 279049; 4000 M. gewannen
str. 27556 und 294907; 3000 M. gewannen Nr.
247382, 27699 und 152234; 2000 M. ge—
pvannen Nr. 238596, 53206, 348537, 273557;
500 M. gewannen Nr, 121493, 526759, 270991,
70521, 179197; 1000 M. gewannen Nr. 358278.,
371306, 8026, 373585, 157825, 311463, 332355.
34491.
Kempten, 17. Nov. Vergangene Nacht
vurde der verheirathete Taglöhner Karl Eggens—
zerger von Emmenried, in seiner Behausung von
einem Bruder, dem led. Taglöhner Alois Eggens—
zerger, wahrscheinlich in einem Anfall von Geistes
törung erstochen.
Neunkirchen (RKeg. Bez. Trier. Wie
n unterrichteten Kreisen verlautet, sollen im Jahre
1883 im diesseitigen Bezirke grose Korpsman—
nwöver stattfinden. Das 8. Armeekorps soll gegen
»as 7. operieren. Se. Majestät der Kaiser würde
den Manövern persönlich beiwohnen.
(Saar⸗u. Bl. Ztg.)
4 Mainz, 17. Nov. Ein trüber Erinner⸗
ingstag. Morgen Mittag einige Minuten vor 3
Uhr sind es 25 Jahre, daß unsere Stadt von dem
chrecklichen Unglück der Pulverexplosion heimgesucht
vurde. Ein ganzer Stadttheil, der alte Kästrich,
in Theil der Gaugasse und Weißgasse ꝛc. wurden
in Trümmerhaufen verwandelt, unter welchen das
Hlück vieler Familien begraben wurde. Alsbald nach
»er Katastrophe zählte man 89 Leichen (25 Civil-⸗
ind 14 Militärpersonen) und weit über 100
Schwer und Leichtverwundete. Der sogenannte
Martinsthurm, welcher in die Luft geflogen war,
osl circa 300 Centner Pulvber enthalten haben.
7 GFin seltenes literarisches Jubiläum feiern in
en nächsten Tagen Viktor v. Scheffel und seine
Berleger (Bronz u. Co. in Stuttgart), indem sie
die hundertste Auflage vom „Trompeter von Säk—
ktingen“ in die Welt senden, die als Jubiläums-
kind in außergewöhnlich eleganter Ausstattung auf
den Bücher⸗ und Weihnachtsmarkt treten wird.
Die erste Auflage erschien 1854, die 50. 1876
ind jetzt nach kaum sechs Jahren die 100. Von
den anderen Scheffel'schen Werken kommt am
zächsten der „Ekkehard' mit der 64. und dann
Gaudeamus“ mit der 38. Auflage; vom „Trom⸗
veter“ und „Gaudeamus“ existiren außerdem reich
lustrirte Prachtausgaben.
Das Schöffengericht zu Minden verurtheilte
»en Regierungskanzlisten Kr. von dort
vegen barbarischer Züchtigung seines
igenen viereinhalbjährigen Kindes
u dreimonatlicher Gefängnißstrafe. Welche Behand⸗
ung dem unglücklichen Kinde zu Theil geworden
st, läßt sich aus dem Befehl des Vaters erkennen,
sas hartbestrafte Kind in eine dunkle Kammer zu
perren, hungern zu lassen und die zerschlagenen
dörperstellen mit Essig zu befeuchten, „das schmerze
ind heile“ Da der Mann schon früher wegen
ynlichen Vergehens, an demselben Kinde begangen,
nit einer empfindlichen Geldstrafe belegt wurde,
uugenscheinlich aber von seiner besonderen Art von
dindererziehung trotzdem nicht abließ, so glaubte der
zerichtshof mildernde Umstände ausschließen zu sollen,
und erkannte, wie oben gesagt. Dem Richterspruu
pendete das Auditorium ein lautes Bravo, wodurch
ich der vorsitzende Richter zur Ertheilung eine—
trengen Rüge für derartige, die Würde des Ge—
richtshofes verletzende Ungebührlichkeiten veranlaß
ühlte.
GOie beste Tinte.) Wie viel Aerger
eiine schlechte Tinte dereitet, wenn man viel zu
chreiben pflegt, das wissen diejenigen am besten
die sich mit der Feder beschäftigen während in—
wirklich gute Tinte dem schreibenden Publikum
vesentliche Dienste leistet; aber trotz aller Anpreis⸗
ungen giebt es nur wenige Tintenarten, die allen
gerechten Anforderungen entsprechen; unter sämmt—
ichen Fabrikanten können wir wohl derjenigen Tinte,
die Paul Strebel in Gera produzirt, den ersten
Rang anweisen. Sowohl seine schwarze Stahlfeder-
tinte, wie Kopirtinte gleicher Farbe können wir mit
zutem Gewissen nur sehr eifrig empfehlen, da wir
überzeugt sind, daß jedermann, der nur einmal von
derrn Paul Strebel in Gera seinen Tintenvorrath
»ezogen, stets zu demselben zurückkehrt. Wir be—
nerken schließlich noch, daß auch die Tintenpreise
Strebels durchaus annehmbare sind.
— Der dritte Strafsenat des Reichsgerichts zu
Leipzig verurtheilte den Schuhmacher Hammel
aus Bruck bei Aachen nach achtstündiger Verhand—
ung wegen Aufforderung zum Hochverrath, wegen
Majestätsbeleidigung und Verbreitung der Most'schen
„Freiheit“ und anderer verbotenen Druchschriften
zu 22 Jahren Zuchthaus und zum Verlust der
Ehrenrechte auf drei Jahre.
F GEine gräfliche Ohrfeige.) Aus
Berlin wird geschrieben: Eine Gräfin, die als Schön⸗
jeit ersten Ranges bei Hofe und in der Gesellschaft
ine vielbeneidete Rolle spielt, hat sich jüngst gegen
»inen ihrer Dienstboten zu einer Ausschreitung hin—
reißen lassen, welche für die schöne Frau noch von
ehr unangenehmen Folgen sein dürfte. Wegen
iner in der Küche begangenen Unregelmäßigkeit ist
in Dienstmädchen von der Frau Gräfin nämlich
yöchsteigenhändig durchgeprügelt und hinterher ein⸗
Jesperrt worden. Das gezüchtigte Mädchen ist später
»avongelaufen, hat sich die Spuren, welche von der
Mißhandlung zurückgeblieben sind, ärztlich be—
cheinigen lassen und sodann die Gräfin wegen
Korperverletzung“ und Freiheitsberaubung denunzirt.
Die Frau Gräfin ist auch bereits zu ihrer verant⸗
vortlichen Vernehmung vorgeladen worden, sie hat
edoch der freundlichen Einladung keine Folge ge—
leistet. Wie sich die Affaire weiter gestaltet, das
hat man noch nicht erfahren können.
f(Ein Mann mit 116 Zähnen) Die
ingetheilteste Aufmerksamkeit unserer hervorragend⸗
ten Pathologen ist auf einen in der Brasilianischen
Ausstellung zu Berlin befindlichen Menschenschädel
zerichtet worden. Dieses Unicum, in dessen ge⸗
valtigen Kiefern man nicht weniger als hundert—
indsechzzehn Zähne und Zahngruben zählen kann,
Jjehörte einem südamerikanischen Indianer aus dem
Siamme der Guarnay an und ist von Herrn Carl
von Koseritz nach Berlin gesandt, leider ist durch
unvorsichtige Spatenstiche und auf dem Transport
die Hirnschale desselben fast ganz zertrümmert wor—
den. In der rechten Hälfte des Oberkiefers allein
kann man 35 Zähne — die Zahnlücken nicht mit
eingerechnet — von blendender Weiße und regel⸗
mäßig schöner Form sämmtilich ganz ausgewachsen,
ählen, welche zu drei und vier auf dem zollbreiten
tiefer der Breite nach nebeneinander stehen, —
ein wahrer Kadmusacker! — Hoffen wir, daß die⸗
ser zahngesegnete Sterbliche in einem Zeitalter
lebte, wo es viel zu brechen und zu beißen gab,
daß er dem „Gehege seiner Zähne“, wie Homer
agt, steis die nothige Pflege angedeihen ließ und
ne zu einem Zahntechniter seine Zuflucht zu neh—⸗
nen hatte, daß er steis einen wohlgefüllten Koffer
nit Zahnstochern bei sich führte und, wenn, man
hm ãauf den hunderisechszehnfachen Zahn fühlen
vollte, zu zeigen verstand, daß er Haare auf den
Zähnen hatte. J
p(Zur Warnung.) In Unna erwischte
das dreijährige Söhnchen eines dortigen Bergmannes
ie im Hause befindliche Schweeflsäure⸗Flasche. Die
ẽAItern hatten den Inhalt zur Hälste benutzt, um
Zolzwürmer zu vertilgen, und der Kleine trank die
undere Hälfte. Trotz sofortiger ärztlicher Hilfe gab
zas unglückliche Kind unter den größten Qualen
innen kurzer Zeit seinen Geist auf.
GapirreIndustrise.) Nach den sta—
istischen Angoben Dr. Rudels erzeugt Deutschland
ähtlich 244,300. 000 Kilogramm Papier und er⸗
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