zt. Ingherter Amzeiger
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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M 232.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Berlin, 22. Nod. Der „Magd. 3.“ wird
chrieben: Das Staatsministerium hat sich, wie
höre, in seiner gestrigen Sitzung über die Vor—
ge des Finanzministers wegen Aufhebung der
er untersten Stufen der Classensteuer schlüssig ge—
acht. Bekanntlich war es von vornherein die
bsicht, die Vorlage so zu gestalten, daß sie ohne
influß auf den Etat bleibe, also für den Ausfall
Einnahmen in Höhe von ungefähr 12 Mill.
dark durch Einkünfte Deckung gewähre. Auch das
ar bereits feststehend, daß diese neuen Mittel aus
m Vertrieb der geistigen Getränke und des Ta—
is gewonnen werden sollten. Nur über die
odalitäten der Besteuerung dieses Vertriebes stand
endgiltige Beschlußfassung noch aus. Nachdem
eie nun in der gestrigen Sitzung des Staats-
misteriums erfolgt ist, wird die Einbringung der
orlage bei'm Abgeordnetenhause unmittelbar be⸗
„xstehen. Was nun den Modus der Besteuerung
etrifft, so wird, wie ich höre, ein Unterschied
oischen den verschiedenen Betrieben gemacht und
ist daher eine Scala für die Besteuerung der⸗
lben nach ihrem Umfange aufgestellt. Eine be—
mndere Scala ordne außerdem noch die Besteuerung
er kleineren Betriebe nach der Einwohnerzahl
er Orte, in welchen dieselben sich befinden.
Berlin, 23. Nov. Der Bundesrath beschloß
e einjährige Verlängerung des kleinen Belager⸗
naszustandes für Berlin.
Im deutschen Reichstage wird von den
zitiativ⸗Anträgen der Reichstagsmitglieder zunächst
vohl der Antrag des Abgeordneten Philipps wegen
nischädigung unschuldig Verurtheilter und Verhaf⸗
ter zur Verhandlung kommen, für den sich seit
essen Veröffentlichung viele Vereine und Versamm⸗
ingen, darunter die Generalversammlung der
neinisch⸗westfälischen Gefängnißgesellschaft, sowie
ist die gesammte deutsche Presse ausgesprochen ha—
en, so daß es kaum einem Zweifel unterliegt, daß
uch im Reichstage sich eine Mehrheit für denselben
nden wird. Bei der Berathung des in Rede
ehenden Antrages im Reichstage wird auch die
on Berliner Rechtsanwälten angeregte Frage wegen
inführung der Berufung gegen Urtheile der Straf⸗
mmern zur Sprache kommen, da man unter den
uristen aller Fraktionen vielfach der Ansicht be—
gnet, daß diese Frage mit der Frage wegen Ent⸗
adigung unschuldig Verurtheilter u. s. w. im
ammenhang stehe, man in juristischen Kreisen
elfach in der Ausschließung der Berufung gegen
itinstanzliche Urtheile der Strafkammern eine
agerechtfertigte Beeinträchtigung des Rechts des
ngeschuidigten erblickt und das Rechtsmittel der
erufung und die Wiederaufnahme eines durch
chtskräftiges Urtheil geschlossenen Verfahrens, wie
⸗»der 8 399 der Strafprozeßordnung zuläßt, dem
erurtheilten keinen genügenden Schutz biete.
rüher war in einer Reihe von deutschen Staaten
Lürttemberg, Baden, Oldenburg, Sachsen, Thü—
ugen) die Verpflichtung des Staates zur Ent—
dädigung widerrechtlich verhafteter Versonen gel⸗
ndes Recht.
die Etatsstärke des deutschen Heeres,
u Einschluß Bayerns wird sich im nächsten Jahre
rlaufen auf 18,117 Offiziere, 51,587 Unterof⸗
nere, 788 Zahlmeister-⸗Aspiranten, 5325 Spiel⸗
aite (Unterofficiere), 8102 Spielleute (Gemeine),
47.8849 Gefreite und Gemeine, 3532 Lazareth⸗
Samstag, 25. November 1882.
17. Jahrg.
jehülfen, 10,091 Oekonomie-⸗Handwerker, 1698
Militärärzte, 782 Zahlmeister, 618 Roßärzte, 656
züchsenmacher, 93 Sattler und 81,598 Dienst-
»ferde. Auf die Infanterie kommen davon 9529
Dffiziere, 28,491 Unteroffiziere und 231,687 Ge⸗
reite und Gemeine, auf die Jäger 424 Offiziere,
144 Unteroffiziere und 9376 Gefreite und Ge—
neine, auf die Landwehr-Bezirkskommando's 326
Iffiziere, 2507 Unteroffiziere und 248,316 Ge⸗
reite und Gemeine, auf die Cavallerie 2358 Of—
iziere, 7247 Unteroffiziere und 53,518 Gefreite
ind Gemeine, auf die Artillerie 2530 Offiziere,
3896 Unteroffiziere und 39,049 Gefreite und Ge—
neine, auf die Pioniere u. s. w. 406 Ofsiziere,
479 Unteroffiziere und 3708 Gefreite, und auf
ꝛen Train 200 Offiziere, 992 Unteroffiziere und
3168 Gefreite und Gemeine. Außerdem fallen
roch 313 Offiziere, 831 Unterofsiziere und 90 Ge—
reite und Gemeine auf besondere Formationen
Schloßgarde Compagnie u. s. w.) und 2031 Of—
ziere auf nicht regimentirte Offiziere u. s. w
Kriegsministerium, höhere Truppenbefehlshaber,
houverneure u. s. w.) Das Extraordinarium
es Militäretats für 1888 —84 euthält eine For⸗
erung von 5,630,679 Mk. zur Erweiterung der
ArtillerieeSchießplätze, Herstellung bezw. Verlegung
on Uebungswerken und sonstigen Baulichkeiten auf
enselben, sowie zur Erwerbung und Einrichtung
von zwei neuen Artillerie-Schießplätzen.
Ueber die Varziner Entrevue zwischen dem
Fürsten Bismardk und dem russischen Minister
des Aeußeren, Herrn von Giers, schwirren be⸗
reits, wie das bei solchen Gelegenheiten immer der
Fall zu sein pflegt, gar mannigfaltige Gerüchte
imher. Die Einen sagen, es sei der haupisäch.
liche Zweck des Herrn von Giers bei seinem Be—
uche in Varzin gewesen, mit dem deutschen Reichs—
anzler über ein gemeinsames, vielleicht sogar inter⸗
iationales Vorgehen gegen die An arch isten und
Nihilisten zu konferiren. Die Anderen behaup⸗
en, der russische Staatsmann habe dem Fürsten
Bismarck persönlich die bündigsten Versicherungen
er Friedensliebe des Kaisers Alexander III., so-
oohl mit Rücksicht auf die weitere Entwickelung der
dinge innerhalb des osmanischen Reiches, wie in
getreff der Vorgänge der in der Machtsphäre
Desterreichs kleineren Staaten auf der Balkanhalb⸗
nsel, überbringen und nachdrücklich betonen wollen,
aß das officielle Rußland mit den notorischen
Jetzereien der Panslavisten in Serbien, Bulgarien
tumelien und Montenegro absolut nichts gemein
jabe. Die Dritten wollen wissen, es habe Herr
). Giers in Varzin als ein Symptom der vom
kaiser Alexander III. für das neue deutsche Reich
ekundeten freundnachbarlichen Gesinnungen daraus
zesonders hinweisen wollen, wie Rußland demnächst
— wohl auch aus Ersparniß⸗Rücksichten — seine
iplomatischen Vertretungen bei den kleineren deut—
chen Höfen eingehen lassen werde. Schließlich
neinen die Vierten endlich, es habe der Minister des
Fzaren beim Fürsten Bismarck eine Art von Puls—
uühlung nehmen wollen, bezüglich der offenkundig
zewordenen Annäherung Deutschlands und Oester-
ceichs an England. Selbstverständlich haben alle
diese Visionen nur einen konjekturellen Werth, in—
»essen ist es mehr als wahrscheinlich, daß Fürst
Bismarck und Herr y. Giers in ihrem von keinem
Mäuschen belauschten Zwiegespräch nicht nur eine
ieser Fragen, sondern alle in den Kreis ihres Ge—
ankenaustausches gezogen haben mögen. In of—
iziellen Wiener Kreisen faßt die Varziner Entrevue
als ein Friedenszeichen auf, und hält es für wahr⸗
scheinlich daß neben der Gesammtlage Europas die
Beziehungen zwischen Deutschland, Oesterreich und
Rußland zur Sprache gekommen seien. Uebrigens
wird Herr v. Giers in Wien erst bei Gelegenheit
teiner Rückkehr aus Italien als Gast erwartet.
Braf Kalnoky, der österreichische Minister des Aeu⸗
zern, warüber diese Reisedisposition seines russischen
Kollegen schon seit langerer Zeit unterrichtet.
Ausland.
Paris, 22. Novb. Die indirecten Steuern
Jjaben im Monat Oktober 16 Millionen Mark
nehr und in den ersten zehn Monaten 1882 etwa
92 Millionen Mark mehr ergeben, als veranschlagt
waren.
In Lyon sind in den letzten Tagen vielfache
Verhaftungen von Socialisten und Anarchisten vor⸗
zenommen worden. Man glaubt die Mitglieder
iner geheimen, mit dem Auslande in Verbindung
tehenden Gesellschaft in die Hände bekommen zu
haben.
Rom, 22. Nov. Die Thronrede hebt her⸗
vor die noch bevorstehende Vermählung des Herzogs
von Genua mit der Prinzessin einer der erlauch—
testen Dynastieen Deutschlands und sagt, dieselbe
sei ein neues Pfand der Freundschaft der beiden
Völker. Keine fremde Macht im Inneren oder
Außen behindere mehr die vollste Freiheit der Ver—
handlungen der Kammer.
Alexandrien, 21. Nov. Der internationalen
Gesundheitskommission neuerdings aus Mekka zu⸗
gegangene Nachrichten melden im Gegensatze zu
dem Berichte des türkischen Inspekteurs vom 11.
ds., daß die Cholera noch nicht erloschen sei. Von
den englischen Truppen sind 12 pCt. erkrankt.
In Konfstantinopel wurden bei einem
sriegsrath, zu dem sämmtliche deutsche Offiziere
zugezogen waren, folgende Beschlüsse gefaßt: Ver⸗
mehrung der Anzahl der jährlich einzustellenden
Rekruten, sowie Reorganisation des Ersatzgeschäfts;
Vermehrung der Cavallerie und bedeutende Ver⸗
stärkung der Dardanellen⸗-Forts.
Konstantinopel, 20. Nov. Sämmtliche
Minister und hohen Würdenträger statteten heute
dem neuen deutschen Botschafter, Herrn
von Radowitz, amtliche Besuche ab.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 24. Nov. Die diesjährige
stonferenz für den kath. Distrikts-Schulinspekti⸗
onsbezirk Si. Ingbert findet am 28. Dezember
nächsthin im großen Schulhause dabier unter dem
Vorsitze des kgl. Distriktsschulinspektors Herrn
Dengel statt.
—* gerr Fabrikant Adt in Ensheim hat
dem pfälzischen Gewerbemuseum zur Ber—
mehrung seines Stammpvermögens den ansehnlichen
Betrag von 1000 Mark zum Geschenk gemacht.
— Das kgl. prot. Konsistorium der Pfalz hat
den ständigen Ausschuß der Generlsy—
node auf den 4. De zember c. zu seiner regel⸗
mäßigen Jahresversammlung einberufen.
— Wegen großen Kohlenmangels (wohl
jin Folge der Ueberschwemmungen der Kohlenberg⸗
werke im Saargebiete) können nach der „Pf. Pr.“
die Gienanth'schen und Pfeiffe r'schen Werke in
Kaiserslautern nicht wecter arbeiten.
— Die vom Bundesrath beschlossene Vornahme
einer Viehzählung ist vom hohen Ministerium