Full text: St. Ingberter Anzeiger

SIt. Iugheyter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs- 
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M 239. 
Montag, 4. Dezember 1882. 17. Jahrg. 
iti Wie man aus Konstantinopel erfährt, 
Politische Uebersicht. genehmigte die Pforte der Plan zu den projectirten 
isiatischen Eisenbahnen; jedoch sollen die Conces⸗ 
ionen zu deren Bau, ebenso wie diejenigen zu den 
in Aussicht genommenenen Hafenarbeiten nur an 
Besellschaften türkischer Nationalität verliehen werden. 
Aus Kairo wird gemeldet, daß der Prozeß 
Arabi's in einigen Tagen zu Ende sein wird 
Arabi Pascha wird sich des Aufruhrs schuldig be— 
ennen und in Folge dessen des Landes verwiesen 
verden, jedoch unter Beibehaltung seines Ranges 
ind Gehaltes. 
42. J. a., Ackerer, 3. Faul Gottfried, Gottfrieds 
Sohn, Ackerer, alle von Winzingen. Anklage: 
Meineid. (16 Zeugen.) St.«A.: Schneider, U. 
St.⸗A. Verth.: Dr. Stern, Rechtspraktikant. 
(Pf. Pr) 
— Für die Dauer des Geschäftsjahres 1883 
wurde bei dem Landgerichte Zweibrücken 
Herr Landgerichtsrath O. Bruch als Untersuch⸗ 
ungsrichter bestellt. 
— Es gewährt gewiß eine besondere Befriedi— 
zung, wenn ein maßgebender Beamte zur Zeit der 
Noth nicht allein dirigiert, sondern auch selbst Hand 
mit an das Werk legt. So Herr Bezirksamtmann 
Dr. Schlagintweit in Zweibrücken, der sich 
hei der Wassersnoth daselbst persönlich hervorragend 
in Hilfeleistung hervorthat und unter größter Lebens⸗ 
gefahr zwei der armen Wittwe Rockenbach in der 
unteren Karlstraße, wo das Hochwasser am höchsten 
stand, gehörende Stück Rindvieh retten half. 
— Für die Linie Neustadt-Landau-— 
Weißenburg ist ein vom 3. Dezember bis auf 
weiteres giltiger provisorischer Fahrplan ausgegeben. 
Außer einigen Abänderungen, die nur um eine 
Minute mit den Feststellungen des definitiven 
Fahrplanes differiren, daß Zug 393 — 740 ab 
Winden, 7,32 in Landau — ausfällt und Zug 
129 statt um 12,4 Mittags schon 11268 von 
Weißenburg abgelassen wird. 
— Die von dem verstorbenen Gutsbesitzer J. 
L. Wolf von Wachenheim mit einem Capital 
von 100,000 M. behufs Errichtung eines Spitals 
und einer Kleinkinderbewahransialt in Wachenheim 
begründete oͤrtliche Wohlthätigkeitsstiftnng unter dem 
Namen „Johann Ludwig Wolf'sche Stiftung“ ist 
allerhöchst landesherrlich bestätigt und zugleich aller⸗ 
huldvolist angeordnet worden, daß diese Stiftung 
aunter dem Ausdruck der allerhöchsten wohlgefälligen 
Anerkennung des von dem Stifter bekundeten her—⸗ 
vorragenden Wohlthätigkeitssinnes durch das Anits- 
blatt des kgl. Staatsmiuisteriums des Inneren zur 
zffentlichen Kenntniß gebracht werde. — 
— In Ramberg hat das Wasser, wie an 
ielen Orten der Pfalz, ebenfalls empfindlichen 
Schaden angerichtet, aber zugleich auch ein Kunst⸗ 
tück vollbracht, das man kaum für möglich halten 
oslte. Das „Annweiler Wochenblatt“ schreibt von 
Ramberg u. A. Folgendes: „Ein dem Herrn 
gürgermeister Brück gehöriger Nußbaum rutschte 
a. 530 mm weit fort und steht jetzt noch senkrecht 
— höre, mein lieber Leser! — auf dem anderseit⸗ 
gen Ufer des daselbst befindlichen Baches. Aehn⸗ 
iche Stücke könnte ich noch mehr aufführen.“ 
— Speyer, J1. Dez. Gestern trat die Be⸗ 
ufungskommission für Kapitalrenten⸗ und Einkom⸗ 
mensteuer, die sich am 18. Oktober vertagt hatte, 
unter dem Vorsitz Sr. Excellenz des Hrn. k. Re⸗ 
gierungspräsidenten und Staatsrathes v. Braun 
hier zusammen, um ihre Arbeiten wieder aufzu⸗ 
nehmen. 
— Aus der Pfalz wird dem „Frankf. 
Journ.“ geschrieben: Bei der drückenden wirthschaft⸗ 
lichen Lage dieses Jahres und der Steigerung der⸗ 
selben durch die Wasserverheerungen der letzten Tage 
ist es nicht möglich, von der Privatwohlthätigkeit, 
so unverdrossen und dankenswerth deren Gaben 
auch fließen, ausreichende Hilfe zu erwarten, zu⸗ 
mal ja diese im laufenden Jahr bereits allerwärts 
auf das vielfachste in Anspruch genommen war. 
—XV— 
Ftwa 2000 Mark sind vom pfälzischen Landrath 
uur Unterstützung wetterbeschädigter Familien vor⸗ 
Deutsches Reich. 
Berlin, 2. Dez. Die Fortschrittsfraktion des 
tteichsstags nahm gestern Abend folgenden Antrag 
Richter's mit 33 gegen 13 Stimmen an: Die Fort⸗ 
chrittspartei hat stets und in allen Fällen bei vor— 
handener grundsätzlicher Uebereinstimmung mit den 
anderen liberalen Parteien die Verstäͤndigung über 
ein gemeinsames Vorgehen sich angelegen sein lassen 
und wird dabei auch künftig beharren. Dagegen 
erscheint eine die allgemeine Selbstständigkeit des 
Handelns beschränkende Rerpflichtung zu Vorver⸗ 
handlungen mit allen übrigen liberalen Parteien 
weder nothwendig, noch zweckmäßig, und die Fraktion 
geht deshalb über den Antrag Hoffmann, der eine 
Resolution zur Annahme empfahl, daß auch mit 
den Nationalliberalen ein Zusammengehen anzu— 
treben sei, zur Tagesordnung über. 
Das Ereigniß der Freitags-Sitzung des preu⸗ 
sischen Abgeordnetenhauses waren die Mitthei⸗ 
luugen, welche der vom Rhein zurückgekehrte Mi⸗ 
nister des Inneren über die furchtbare Wasser⸗ Ka⸗ 
sastrophe der letzten Tage machte. Zur ersten 
hilfe hat der Minister beim Köige die Bewilligung 
bon 500,000 M. à fonds perdu beantragt, und 
mn den Landtag werden weitere Anträge auf Be—⸗ 
villigung von Unterstützungssummen gelangen, da 
es nicht möglich sei, die Verluste ohne Hilfe des 
Staates zu ersetzen. Diese Mittheilung wurde vom 
hause mit Beifall aufgenommen. Hoffentlich be— 
Jerzigt der Staat auch das Wort: „Wer schnell 
gibt, gibt doppelt!“ und vermeidet jede Verzöger⸗ 
ung. Freilich wird, so meint Herr von Puttkamer 
mit Recht, den Provinzen, den Gemeinden und der 
Privatwohlthätigkeit vieles zu thun übrig bleiben. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
e— Ensheim, 2. Dez. (iktualienmarkt.) 
cFier per Dutzend 1 Mk., Butter per 4 Kilo 
1,20 Mk., Kartoffeln —. — Auch unser Ort blieb 
vom Hochwasser nicht vers hont, dasselbe richtete 
iber gottiob wenig Schaden an. Die ganze Haupt⸗ 
traße stand über fußhoch unter Wasser, welches 
von da in die niedriger gelegenen Häuser und 
Stallungen eindrang. Niemand kann sich erinnern, 
e eine jolche Wassermasse hier gesehen zu haben. 
In Eschringen hauste das Wasser bedeutend 
ldärker und verursachte beträchtlichen Schaden au 
den Häusern und im Felde. 
e— Im NMonat RNovember wurden in Ens—⸗ 
eim geschlachtet: 
anhe Ninder Stiere Kälber Schweine Schafe 
Blaes 1 2 1 5 5 — 
Hörlinger 1 5 — 4 5 — 
Scharf 3 —1 — 4 6 1 
usammen 5 8 1 13 16 1 
Die Fleischpreise stellen sich a bei Scharf: 
Rindfleisch J. Qualität 56 Pf. 
dito II. “ 50 Pf. 
dalbfleisch 46 Pf. 
dito Echlegel) 50 Pf. 
-chweinefleisch 60 Pf. 
b. bei Blaes und Görlinger 
kindfleisch 50 Pf. 
dalbfleisch 50 Pf. 
Schweinefleisch 60 Pf. 
— Zweibrücken, 1. Dez. Pfälzisches 
Schwurgericht.) Bei der Schwurgerichts-Ses⸗ 
ion des 4. Quartals werden folgende Fälle zur 
Verhandlung kommen: — 4. Dez. Vorm. halb 9 
Ahr. Günnig Ludwig, 52 J. a. Cravatten⸗ 
macher von Dürkheim. Anklage: Verbrechen wider 
die Sittlichkeit (6 Zeugen.) Staatsanwalt: Wagner, 
III. St.⸗A. Vertheidiger: Menner, Rechtsprakt. 
— 5. Dez., Vorm. halb 9 Uhr. Schlachter 
Jakob, 36 J. a., Ackerer von Nußdorf. Anklage: 
Berbrechen wider die Sittlichkeit. (9 Zeugen.) St.⸗ 
A.: Schneider, II. St.⸗A. Verth.: Schmidt, Rechts⸗ 
mwalt. — 6. Dez., Vorm. halb 9 Uhr. Braun 
Daniel, 21 J. a. Tagner, Sohn von Georg, 
Ackerer in Nußdorf. Anklage: Körperverletzung 
mit nachgefolgtem Tode und Körperverletzung mit⸗ 
telst gefährlichen Werkzeugs. (10 Zeugen.) St.⸗A.: 
Wagner, iIII. St.⸗A. Verth.: Schuler, Rechtsanwalt. 
— 7. Dez., Vorm. halb 9 Uhr. Eichhorn 
Philipp, 38 J. a., Tüncher von Lachen. Anklage: 
gersuch der Brandstiftung und Brandstiftung. (36 
Zeugen.) St.⸗A.: Schneider, U. St.«A. Verth.: 
Zönig, Rechtsanwalt. — 9. Dez., Vorm. halb 9 
Uhr.“ 1. Faul Jakob, Jakobs Sohn, 46 J. a., 
Ackerer. 2. Faul Friederich, Gottfrieds Sohn, 
Ausland. 
Halbamtlich wird geschrieben: Frankreich 
und Rußland werden unermüdlich als Gefähr⸗ 
der des Friedens dargestellt. Und alles, was man 
in dieser Hinsicht sagt, wird als objective Thatsache 
aufgenommen, obgleich es nicht an Versicherungen 
fehlt, und zwar von unterrichteter Seite, daß das 
Verhältniß der über Krieg und Frieden entscheiden⸗ 
den Mächte Europas ein solches ist, das den Krieg, 
wenn nicht unmöglich, doch im höchsten Grade un— 
wahrscheinlich macht. Mag immerhin in Frank— 
reich, wie in Rußland, die Stimmung gegen Deutsch⸗ 
land eine sehr unfreundliche sein, von unfreundlicher 
Gesinnung bis zum Angriffskriege ist ein weiter 
Weg zurückzulegen, auf dem man sich zehn Mal 
eines besseren besinnen kann, zumal wenn man, 
wie in Rußland und Frankreich, so viel mit sich 
selbst zu thun hat und weiß, daß der Anzugreifende 
bis an die Zähne gerüstet ist. Uebrigens ist in 
Frankreich der Krieg keineswegs beliebt und Gam⸗ 
betia verliert für seine ehrgeizigen Pläne täglich 
an Boden; in Rußland aber geht man auf leiten⸗ 
der Seite offenbar darauf aus, die friedlichen Be⸗ 
ziehungen zu Deutschland zu verstärken. Die Ver—⸗ 
sicherung unseres Kaisers, die derselbe bei Eröffnung 
des Landtages seinem Volke und ganz Deutschland 
m Bezug auf die Friedenslage Europas gegeben 
hat, ist gewiß geeignet, alle Kriegsbesorgnisse zu 
dannen. Die Börsen wüthen gegen 'ihr eigenes 
Fleisch, wenn sie fort und fort darauf bedacht sind 
Besorgnisse im Publicum zu erwecken. Sie schwächen 
dadurch nur den Unternehmungsgeist und vermehren 
—XR 
ustriellen Geschäften.