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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
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M 241.
Donnerstag, 7. Dezember 1882.
17. Jahrg.
iti es als gleichberechtigt mit dem Gymnasium aner⸗
Politische Ueberficht. kannt wird.“ (Frankf. Journ.)
Das neueste Heft der „Grenzboten, widmet
»em Besuch des Herrn v. Giers bei dem Für—⸗
ten Bismark einen leitenden Artikel, dessen Schluß⸗
atz wie folgt lautet: Irgendwelche offensive Poli—
ik hatte Rußland von den verbündeten Kaiserreichen
Nittel-Europas nicht zu befürchten; denn dieselben
oaren seit ihrer Vereinigung allezeit lediglich auf
Vahrung des Friedens bedacht. War also mit
»em Giers'schen Besuche eine größere Annäherung
stußlands an Dentschland beabsichtigt, so konnte
zas nur Erfolg haben, wenn Rußland deutlicher
ind bestimmter als bisher merken ließ, daß es auf
Fortsetzung einer Politik verzichtet habe, die man
hm in den letzten Jahren nicht ohne Grund zu—
chrieb. Zweitens sollen die Beziehungen zwischen
en Cabineten von Wien und Petersburg in diesem
Sommer einigermaßen gespannt gewesen sein. War
ies in Wirklichkeit der Fall, so ist zu hoffen, daß
ꝛer Besuch in Wien, den Herr v. Giers für seiue
Rückreise aufgespart hat, dieses Verhältniß bessern
verde. Kaum erwähnt braucht dabei zu werden,
zaß das Entgegenkommen Rußlands auf das Ver—
zältniß Deutschlands zu Oestereich Ungarn keinen
Finfluß üben kann. Das Bündniß der
beiden mitteleuropäischen Kaiser —
jon dem wir jetzt sagen dürfen, daß es ein
degelrecht und in aller Form abge—⸗
schlossenes, in Documenten nieder—
jelegtes ist — ist, auf gegenseitigem Bedürf⸗
liß beruhend, durch beider Mächtẽ Interessen fest⸗
ekittet, die bleibende Grundlage der Verhältnisse
MNittel⸗Europas, von der die Strömung der Tages⸗
reignisse nichts abzuspülen vermag. So viel wir
ins erinnern, wird in dem oben gesperrt gedruckten
3atze zum erstenmal officiös die positive Mittheilung
»on der Existenz eines in aller Form abgeschlossenen
gündnisses gemacht. Obwohl die politische Welt
»as Vorhandensein fester Abmachungen zwischen
Vien und Berlin annahm, wird die hier mitge—
heilte Thatsache doch nicht verfehlen, allen Kriegs—
Jetzereien einen starken Dämpfer aufzusetzen.
K
Vorhaben der „Gemüthlichkeit“ der erhoffte Erfolg
nicht fehlen!
*— Sicherem Vernehmen nach hält der Verein
„Gemüthlichkeit,“ behufs Besprechung der in
ziesem Jahre abzuhaltenden Kappensitzungen, im
zaufe nächster Woche eine außerordentliche General⸗
»ersammlung ab.
— Vom Schwurgerichte wurde am Montag der
52 Jahre alte, ledige Cravattenmacher Ludwig
Bünnig von Dürkheim wegen Verbrechens wider
die Sittlichkeit zu einer Zuchthausstrafe von 5 Jahren
»erurtheilt. — Am Dienstag wurde der eines
zleichen Verbrechens angeklagte 36jährige Ackerer
Jakob Schlachter von Nußdorf freigesprochen.
— Der „Pirm. Anz.“ erfährt aus sicherer
QDuelle, daß der Fabrikdirektor Bruinier in Schönau
von einer Frankfurter Finanzgröße den Auftrag
erhalten hat, bei der bayerischen Staatsregierung
die Conzession zur Erbauung einer Secundärbahn
taltenbach-Schönau-Walburg GElaß,
Route Weißenburg-Straßburg nachzusuchen.
— In Landstuhl wurde am Samstag Vor⸗
mittag *410 eine Erderschütterung verspürt.
— Die Sammlungen für die Wasserbeschädig⸗
en im Bezirksamte Kusel haben bis ijetzt
jegen 38,000 Mark ergeben. In Berücksichtigung
der neuerdings in der Pfalz eingetretenen Wassers⸗
ioth sollen jene Sammlungen alsbald geschlossen
verden.
— Kaiserslautern, 5. Dez. Der Stadt⸗
ath hat am Freitag in geheimer Sitzung zur Unter⸗
tützung der Nothleidenden in Neustadt die
Summe von 800 Mk. bewilligt.
— Der Stadtrath von Kaiserslautern
hat dem Antrag seiner Commission gemäß be—
cchlossen, das neue Schlachthaus am Forrellenweiher
zu erbauen. Die Kosten werden über 100,000
M. betragen. Dazu drohen die Mezzer jetzt schon
vegen vermehrter Ausgaben für Personal, Wagen
zc. mit einem Aufschlag von 2 Pf. für das Pfund
Fleisch.
— In Neustadt haben am Sonntag Dele—
zirle der Geflügelzuchtvereine Frankenthal, Kaisers⸗
autern, Neustadt, Pirmasens J. und II. Speyer
und Zweibrücken einen „pfälzischen Kreis—
bverein für Geflügelzucht und Vogel—⸗
schutz“ konstituirt und die betr. Statuten berathen
ind festgesetzt. Als Vorort wurde Speyer auf
2 Jahre gewählt.
— In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch
vurden zu Landau aus dem Schaufenster des
Boldarbeiters Heilsberg Waaren im ungefähren
Werthe von 900 Mk. gestohlen.
— In Grünstadt wurden für die Wasser⸗
»eschädigten in Neustadt ash. 875 Mark gesammelt
ind dahin abgeschickt. Eine einzige Firma zeichnete
150 Mark.
— Ludwigshafen, 5. Dez. Die Baye—
rische Notenbank hat Herrn Director Lederle da⸗
hier beauftragt, dem Regierungspräsidium den Be—
rag von 500 Mk. zu Gunsten der durch die
leberschwemmung beschädigten Rheinpfälzer zu
ibermitteln und die genannte hohe Kreisstelle zu
ersuchen, die Vertheilung nach eigenem Ermessen
vornehmen zu wollen.
Deutsches Reich.
München, 5. Dez. Se. Maj. der König
„aben zur augenblicklichen Unterstützung der durch
ie jüngsten Hochwasser Beschädigten die Summe
on 40,000 zur Verfügung gestellt und den kgl.
„taatsminister des Innern, Frhrn. v. Feilitzsch be⸗
nuftragt, die am meisten beschädigten Gegenden zu
jereisen und die hienach veranlaßten nöthigen Vor—
ehrungen zu treffen. Derselbe ist im Vollzuge
ieses allerhöchsten Auftrages bereits in der Pfalz
ingetroffen und wird sich von da nach Unter—
ranken begeben.
Berlin, 5. Dez. Der Kaiser conferirte
estern Nachmittag eine Stunde lang mit dem
rürsten Bismark.
Berlin, 5. Dez. (RKeichstag.) Zum An—
cag Philipps, Entschädigung unschuldig Verur—
heilter, erklärt Staatssekrär Schelling, der Tendenz
»es Antrags könne man sympathisch gegenüberstehen.
Ddie Ausführbarkeit sei aber zu bezweifeln, weil
»ie Voraussetzungen zur Entschädigung nicht greif⸗
ar festzustellen seien. Eine bloße Freisprechung
ach der Wiederaufnahme des Verfahrens reiche
uicht aus. Darauf werde die Regierung nimmer—⸗
nehr eingehen. Die Freisprechung sei kein Beweis
ür die Nichtschuld, sondern nur ein Beweis, daß
ie Schuld nicht bewiesen sei. Der Antrag Philipps
vird nach längerer Debatte an eine vierzehnglieder⸗
ge Kommission verwiesen.
Berlin, 6. Dez. Den Mitgliedern des
teichstags ist soeben seitens des „Deutschen
sdealschulmännervereins“ eine Schrift
hersandt, welche „Betrachtungen über die Leher⸗
läne der höheren Schulen nebst der darauf
ezüglichen Zirkularverfügung vom 31. März 1882*
etitelt ist und den auf dem Gebiete des Realschul⸗
vesens rühmlichst bekannten Direktor Dr. Krumme
n Braunschweig zum Verfasser hat. Die in einem
ehr ruhigen Tone gehaltene Shhrift kommt nach
mer eingehenden Besprechung der im Titel ge⸗
annten Lehrpläne zu dem Ergebniß, daß in den
zteren auf die Frage nach der Möglichkeit der
xinheitsschule eine abschließende Antwort gegeben
verde. „Die Einheitsschule wird von der
zehörde unter den gegenwärtigen Cul—
ur⸗Verhältnissen für unmöglich er—
lärt. Mag man darin eine Concession an den
Naterialismus, an das Nützlichkeitsprinzip, eine
bwendung von allem Idealen oder sonst etwas
ehen, die Thatsache, daß die Unterrichtsbehörde das
dealgymnasium neben dem Gymnasium als noth⸗
nenig erachtet, läßt sich damit nicht wegleugnen.
in der Annerkennung der Existenzberechtigung des
ealgymnasiums neben dem Gymnasium liegt das
jeständniß, daß eine Schule eine gründliche Un—
erweisung in allen denjenigen Fächern nicht geben
inn, die im Laufe der Zeit Eingang in die Schule
efunden habe. Jeder Schüler wird also Schwierig⸗
eiten finden, wenn er sich einem Fache widmet,
uür welches er auf der Schule die nöthigen Vor—⸗
ennknisse sich nicht aneignen konnte. Das gilt für
eie Schüler der einen Schule so gut wie für die
er anderen. Ein Unterschied zwischen beiden An—
ralten, der die Zurücksetzung der einen und die
Zevorzugung der anderen begründete, ist nicht vor⸗
anden. Aber abgesehen von aller Billigkeit, —
it das Realgymnasium neben dem Gymnasium
zothwendig, so muß es auch lebensfähig gemacht
derden, und das kann nur dadurch geschehen, daß
Ausland.
Madrid, 5. Dez. Sechzig Arbeiter sind
ingeblich wegen einer karlistischen Verschwörung
verhaftet worden
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 7. Dez. Wie aus dem
Inseratentheile dieser Nummer zu ersehen, veran⸗
daltet der Verein „Gemüthlichkeit“ Sonntag,
en 17. ds. Mts. eine musikalich-theatra—
ische Abendunterhaltung, deren Ertrag
um Besten der Wasserbeschädigten in
er Pfalz bestimmt ist. Zur Aufführung kommen
iie beiden Lustspiele „Mr. Herkules“ und „Sing—
zögelchen“. Bei der bekannten Leistungsfähigkeit
ꝛer „Gemüthlichkeit“ zweifeln wir nicht, daß auch der
ausikalische Theil der Unterhaltung ein sehr gewählter
»in wird. — Daß das löbliche Vorhaben der „Ge—
nüthlichkeit“ bei der hiesigen Bevolkerung, die ja im
zanzen bei der allgemeinen Wassersnoth ziemlich
nädig davon gekommen ist und sich noch nie die
dheilnahme an einem Werke der Barmherzigkeit
ersagt hat, gewiß lebhafte Anerkennung finden
odird, davon sind wir überzeugt. Die Noth ist ja
cuch an einzelnen Orten und in vielen Familien
zar zu groß und Hilfe dringend nöthig. Möge
zarum im Interesse der armen Nothleidenden dem
Vermischtes.
F Für die Verloosungen der bayer—
schen Staatsschuld nd folgende Termine
estgesetzt worden;: 1) am 1. März 1883: 17