„eingetheilte Armee“ und das geworbene Heer ab—
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ein Gendarmerie-Corps von 15,000 Mann zu
errichten sei, und daß die schwedische Regierung
für ein internationales Schiedsgericht einzutreten
jabe.
Petersburg, 7. Dez. Dem Golos zufolge
zucht das Marineministerium um die Assignirung
bon 513 Millionen Rubel zum Bau von vier
neuen Kriegsschiffen nach, von denen zwei nach Art
des englischen Panzerschiffes „Imperious“ für das
daltische Meer, zwei ähnliche Panzerschiffe wie
„Peter der Große“, für das schwarze Meer bestimmt.
gebaut werden sollen.
Der seltsam verzwickte Verlauf, den die jüngste
türkische Cabinetskrisis genommen, wird jetzt auf
den gestörten Gesundheitszustand des Sultans
zurückgeführt. Nach Berichten, die der „N. Fr.
Pr.“ aus Konstantinopel zugehen, soll der Sultan
sich in einem Zustand des Paroxismus befinden,
welcher dem Wahnsinn gleichkomme. Der Sultan
leide an Verfolgungswahn und sehe in seiner Um—
zgebung nur Verräther und Mörder. Die Anfalle
jeien jetzt häufig und sehr akut. Jeden Augenblick
wechsele er seine Umgebung, indem er äußere, er
nöchte nicht das Schicksal uihdul Aziz' theilen.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
IL St. Ingbert. In seiner Dienstagsprobe
hat der Sängerchor des Musil-Vereins be—
schlossen, unter Mitwirkung mehrerer Vereine und
Musikfreunde der Stadt zum Besten der Wasserbe—
schädigten der Pfalz ein allgemeines Konzert zu
deranstalten. Obschon ein anderer hiesiger Verein
zum gleichen Zwecke auf Sonntag über 8 Tage
eine Unterhaltung bereits anzeigte, so wird doch
der Musik-Verein sein Vorhaben ebenfalls ausführen
und zwar, wie anfangs projectirt, in den nächsten
Tagen. Zeit und Programm, welch' letzteres fast
nur aus gewählten neuen Piècen besteht, werden
demnächst publizirt werden.
-In Nr. 240 dieses Blattes vom 5. Dez.
zaben wir einen Artikel der „Pfälz. Pr.“ wieder,
her sich mit Herrn Dekan Huthin Pirmasens
zeschäftigte. Der Inhalt des Artikels findet nun
in der „Pf. Pr.“ von Speyer aus folgende Be—
richtigung: 1. daß Dekan Huth in Pirmasens für
die Pfarrei Schifferstadt nicht in Vorschlag gebracht
verden konnte, da er freiwillig ein Bewerbungsge⸗
uuch um diese Pfarrei zurückgezogen hat, 2. daß
Dekan Huth in Pirmasens nicht identisch mit De—
lan Huth in Zweibrücken ist, welcher ein Anwesen
in Blieskastel für eine Kapuzsinerniederlassung
gekauft haben soll.
e— Ensheim, 7. Dez. Viktualienmarkt:
Fier per Dutzend 1 M., Butter s Kilo 1.20 M.
Kartoffeln —.
— In Zweibrücken traf gestern (Donners⸗
jag) Mittag Se. Erz. Staatsminister des Innern
Freiherr v. Feilitz sch als Abgesandter Sr. Maj.
des Königs ein und nahm im „Zweibrücker Hof“
Absteigequartier. Der Herr Minister ist am Dienstag
Nachmittag in Speyer angekommen, woselbst er bei
dem Hrn. k. Regierungspräsidenten v. Braun Woh⸗
nung nahm. Am Mittwoch hat derselbe Neustadt
besucht. Dem Vernehmen(nach hat er aus de
don S. Maj. dem König zur Verfügung gestellten
Summe von 40,000 Mk. den Betrag von 4000
Mk. für Neustadt und den Betrag von 1000 Mk.
für Winzingen angewiesen.
— Zweibrücken, 6. Dez. (Pfälzisches
Schwurgericht.) Verhandlung gegen Daniel
Bgraun, 21. J. a., Tagner, Sohn von Georg,
Uckerer in Offenbach, wegen Körperverletzung mit
aachgefolgten Tode und Körperletzung mittelst
Jefährlichen Werkzeugs. Vertreter der kgl. Staats⸗
hehörde: Herr Staatsanwalt Wagner; Vertheidiger
derr Rechtsanwalt Schuler. Braun erhielt eine
Zuchthausstrafe von 5 Jabren und
Monate.
— Vom Potzberg wird der „Pf. Z.“ be⸗
richtet: Gelegentlich des jüngsten Miesenbacher
Marktes wurde ein Handel abgeschlossen, der zwei⸗
jelsohne einzig dastehen dürfte. Ein westricher
Handelsmann wollte einem Landmanne eine Kuh
abkaufen. Im Verlaufe des nun beginnenden sehr
lebhaften Gesprächs machte der Bauer dem Händler
scherzweise den Vorschlag, er wolle ihm die Kuh
auf 3 Terminen geben. Der erste Termin sei sofort
zahlbar, der zweite, wenn ihn — den Händler —
der Teufel hole, der dritte, wenn ihn der Teufel
vwieder hringe. Mit diesen Bedinquugen war der
Handelsmann einverstanden. Nachdem dieser noch
ofort den ersten Termin ausbezahlt hatte, zog er
n dem Bewußtsein, ein gutes Geschäft gemacht zu
Jaben mit seinem Kaufobjecte vergnügt von dannen,
»em Bäuerlein das Nachsehen lassend,
— Bei Kusel ist in Folge der jüngsten
Regengüsse die Burgruine Lichtenberg theilweise in
das Thal gestürzt und hat dabei zwei Häuser begraben.
— Aus Kaiserslautern wird der „Pfälz.
Ztg.“ berichtet: „Die Nachricht von der erfolgten
Kerufung des Herrn Dr. Recknagel in's Reichs⸗
gesundheitsamt nach Berlin hat sich nicht bestätigt,
wenn auch über den Eintritt desselben verhandelt
worden ist. Vielmehr wird — sicherem Vernehmen
nahh — Hr. Dr. Recknagel voraussichtlich nach
darlsruhe übersiedeln, um eine Professur am
dortigen Polytechnikum zu übernehmen. Für die
Annahme dieser Stellung mag u. a. auch der Um—
tand von Entscheidung sein, resp. gewesen sein,
»aß dadurch die Lehrthätigkeit des Berufenen nicht
zeschränkt, sondern vielmehr erweitert wird.“
— Der Gewerbeverein zu Neustadt hat aus
einen Mitteln 700 Mk. zur Unterstützung der durch
Wassersnoth geschädigten Gewerbetreibenden daselbst
»ewilligt.
Die Verwaltung der Kreis-Irrenanstalt
dlingenmünster richtet wie alljährlich die
Bitte an die Familien, welche Angehörige in der
Anstalt haben, die für dieselben bestimmten Christ-
jeschenke spätestens bis zum 21. ds. Mts. ein⸗
reffen zu lassen, den Sendungen kein Verpfleggeld
eizupacken und die Begleitbriefe der Post gesondert
u übergeben.
— Zum Neubau der katholischen Kirche in
Neuhofen, kgl. Bezirksamts Speyer, ist eine
FTollekte in sämmtlichen katholischen Kirchen der
Pfalz bewilligt und zur Vornahme dieser Collekte
der erste Tag des Weihnachtsfestes. 25. Dezember
hestimmt worden.
Vermißchtes.
Aus München erhält der „Pf. K.“ von
seinem !⸗Correspondenten folgende interessante Mit—
heilung: Der pfälzer Landrathsbeschluß,
welcher den P. P. Capuzinern eine Niederlassung
in Blieskastel verweigert, wird dier zumal in geist⸗
lichen wie in Regierungskreisen eifrig besprochen.
Auch in letzeren Kreisen neigt man sich der in
tlerikalen Blättern vertretenen Ansicht hin, daß
dieser Beschluß für die Staatsregierung in keiner
Weise maßgebend sein könne, da derartige Beschlüsse
nicht zu den Befugnissen des Landrathes gehören.
Fine andere Frage wird aber nun in geistlichen
Zreisen aufgeworsen, ob die Capuciner geneigt sein
verden, nach solchem Beschlusse in der Pfalz eine
Filiale ihres Ordens zu errichten — eine Frage,
velche, wie ich höre, zwischen dem Orden und der
irchlichen Oberbehörde gegenwärtig in reifliche Er⸗
vägung gezogen wird. Dem Bestreben des Herrn
Bischofs Joseph Georg ist es erfreulicher Weise ge⸗
ungen, in den nächsten Jahren durch eine größere
Anzahl neugeweihter Priester den Bedarf in der
ZSeelsorge zu decken, ja der Zuwachs wird sogar
iber den Bedarf gehen. Damit wird auch erstere
Frage nach einer Seite wenigstens hinfällig.
F In Neunkirchen a. B. verunglückte nach
der „S.⸗ u. Bl.⸗ZJ.“ ein noch junger Arbeiter, wel⸗
her öfter an Epilepsie litt, daß er mit dem Kopfe
rückwärts in einen offenen Abort siel und erstickte.
F Aus demOberelsaß erfährt der „Pf. K.“
olgende bemerkenswerthe, die echt deutsche Gefinn⸗
ing der Elsässer dokummentierende Correspondenz:
Ich hatte einen Ausflug nach einem großen, an der
lsässer⸗schweizerischen Grenze gelegenen Marktflecken
uinternommen. Die zahlreiche, aus Einheimischen
ind Altdeutschen bestehende Gesellschaft, in welcher
ch mich Abends befand, kam auch auf die Spra—
henfrage im Landesausschuß zu sprechen und ein
»eutscher Unterbeamter, in der Meinung, elsässsischer⸗
eits Beifall zu finden, nahm dabei Gelegenheit,
eine Ansicht dahin zu äußern, daß der Reichstag
»em Antrag der Herren Winterer und Genossen
nuf bedingte Zulassung der französischen Sprache
m Landesausschuß wohl hätte stattgeben können.
Ich möchte nun wünschen, daß alle diejenigen
Deutschen, welche für die „gemaßregelten“ Landes⸗
russchußmitglieder so viel Mitleid übrig haben, bei
vem folgenden Act zugegegen gewesen wären.
—8 war der Bürgermeister des Orts, der fast wüth⸗
nd aufsprang und dem Beamten im elsässsichen
Dialekt zurief: So Sie wollen ein deutscher Be—
amter sein! na, oa sieht's schöun aus, wenn auq
noch die (Beamten) solches Zeug schwatzen! Mu
Ihnen hat der Deutsche Kaiser unser Ländel sicher
nicht erobert. Sparen Sie doch ihr Mitleid für
sich, Sie werden's brauchen können; wir danken
Ihnen nicht dafür. Wir haben schon deutsch ge—
prochen, ehe Sie hieher gekommen sind und es
irgert einen schon lange, daß die Herren von der
Regierung das welsche Gepappel leiden. Wenn die
zaar Lothringer (hier folgte ein bekannter Spitzname
der Lothringer) nicht deutsch verstehen wollen, sollen
ie ihre Wölfe wegschießen und andere Leute in
den Landesausschuß hineinlassen. Die Herren sollen
m Landesausschuß reden, daß man's auch versieht,
nämlich ditsch und nicht welsch. Es wäre schon
ange anders im Ländeh, wenn die Herren in der
segierung recht wüßten, was wir über das Ge—
velsch denken. Hat da so ein halbwelscher Kaib (Tropf,
derl) einen Gramaire studirt, damit er im Bezirks
ag sein Zeug hat herwelschen können! Den soll doch
der. ..... Man kann nicht lachen, aber er—
ticken möchte man vor Zorn, wenn man in den
Zeitungen lesen muß, daß wir welsch reden. Ich
Jab' lang zurückgehalten, jetzt aber muß heraus.
vas wir Leute denken; meinetwegen koͤnnen Sie
es schreiben, wem Sie wollen. Sie müssen sich
hei'm Gambetta melden.“ Diese Philippika nahm
sich im elsässer Ditsch viel massiver aus, als in dem
zier — allerdings dem Wortlaut möglichst ange—
»aßten — niedergeschriebenen Hochdeutsch. „Ja
vohl, so ist's, das Gewelsch ist unnöthig!“ stimmten
ämmtliche Elsässer lebhaft zu, und der Abgetakelte
wurde deshalb zusehends verlegener und meinte
leinlaut, er habe ja nur sagen wollen, daß man
die Gefühle der französisch⸗sprechenden Elsaß⸗-Loth—
ringer schonen solle und dergleichen „Was Gefühlt
chonen!“ entgegnete der Bürgermeister, „unser Ge⸗
'ühl ist das, daß man dem Gewelsch einmal ein
kEnde macht, damit man weiß, woran man ist
Wenn's Ihnen nicht so gefällt, so gehen Sie zr
den Welschen; wir bekommen kein Heimweh nad
Ihnen und die Regierung muß sich eben ohne Sie
behelfen.“ Es versteht sich von selbst, daß wi
übrigen Deutschen dem wackeren Bürgermeister leb
haft zustimmten und ebenso, daß Alt- und Jung
deutschland die übrigen Stunden im schönsten Ein
vernehmen verbrachte — allerdinas ohne den Ge—
fühlvollen.
Mülhausen, 5. Dez. Gestern Mitta—
sind die jungen Leute, die hier wegen betrügerischen
Umgehung der Militärpflicht in Haft saßen, wieder
aus derseiben gegen Zahlung einer Kaution ent
lassen worden; die Kaution belief sich je nach der
Vermögensverhältnissen des Betreffenden auf hoh—
Summien; für einen der wohlhabendsten unter ihnen
betrug sie z. B. 16,000 M.
FeFrankfurt, 5. Dez. Vor dem hiesiger
Landgericht wurde heute gegen einen aus Frankfur
stammenden jungen Mann, Emil Dörr, verhandelt
welcher seine Vertrauensstellung in einem Hause zu
Paris dazu benutzte, 1 Million 910,831 Frankt
zu unterschlagen. Seine Handlungsweise wußte er
iange Zeit durch die raffiniertesten Buchfälschungen
zu verdecken. Er wurde von dem Assisenhof in
Paris wegen fortgesetzter Unterschlagung und Fälsch
uͤng in eine Zuchthausstrafe von 10 Jahren, sowit
zur Zahlung von 100,000 Franks als Theilent
schädigung an das betrogene Haus verurtheilt
Doörr hat im Deuischen Reiche keinen Wohnfit
mehr, sondern befindet sich in Frankreich, wo e
sich hatte naturalisieren lassen, im Gefangniß zu
Mazas. Er hat aber in dem Bezirke des hiesigen
Gerichts noch bei dem Frankfurter Bankverein
Attien im Werthe von 15,000 Mk. liegen. Et
handelte sich heute um Erwirkung eines Versäum⸗
nißurtheils, damit das geschädigte Haus in den
Besitz diese Summe komme, und erließ der Ge⸗
richtshof ein dem Antrage entsprechendes Urtheil.
'Coblenz, 7. Dez. Die Höhe des Rheint
ist hier unverändert. Bei Mannheim ist derselbe
nuf 7,22 gesfiegen und sieigt noch. Auch die Mosel
steigt. Der Main und Nedar fallen.
F Koln, 7. Dez. Um 1LVs Uhr stand der
Rhein auf 6,70, derselbe steht still.
4 Ein Pendant zum „ewigen Juden“ dürft⸗
als „ewiger Handwerksbursche“ ein Individuum
bilden, das dieser Tage einem Gothaer Gendarm
in den Wurf kam und diesem gegenüber konstatierte
n dem fur Handwerksbursche höchst ungewöhnlichen
Alter don 72 Jahren zu siehen und seit dem 18
debensjahre, also während eines Zeitraums von
Jauhren auf der Wanderschaft begriffen zu sein