Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich funfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A6 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 60 , einschließlich 
10 Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaliene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Reclamen 30 3. Bei 4maliger Einrüchung wird nur dreimalige berechnet. 
M 243. I Sonntag, 10. Dezember 1882. 17. Jahrg. 
Politische Uebersicht. waarengeschäftIsoll sogar einen Schaden von 20,000 
M. erlitten haben. 
—A — Eine hübsche Abfindungssumme ist, wie das 
Berlin, 7. Dez. Wie die „Nat.⸗Ztg. hört, PhJourn.“ mittheilt, dieser Tage in Wachenheim 
soll der Zoll auf rohes oder mit der Au dearbei. n einem drohenden Theilungsprocesse bezahlt wor ⸗ 
eies Hoiz von 10 auf 80 Ppf., der fuͤc gesägtes »en: Die eine Partei erhielt nämlich sofort baar 
der sonft vorgearbeiteies Holz bon 28 anf 0 Pf. ine Million Mark nebst ca. halbjährigen Zinsen 
xhöht werden. ind außerdem wurde derselben eine jährliche Rente 
Berlin, 7. Dez. Dem „Tageblatt“ zufolge ꝰon 60, 000 Mark zugefichert. 
soll de Reichzkanzler Fürst Bismark 
wieder von seinem alten Uebel, sehr heftigen neu⸗ 
ralgischen Schmerzen, befallen worder sein, so daß 
er in der verflossenen Nacht nicht schlafen konnte. 
Infolge dessen mußten Herren, die der Fürst Vor⸗ 
mittags empfangen wollte, das Palais unverrichteter 
Sache wieder verlassen. 
Welche Massen Eier der Kreis Nieder—⸗ 
za yern producirt, ist daraus ersichtlich, daß z. B. 
zie Ausfuhr allein pro Jahr 46 Millionen Stück 
neträgt; die Gesammtproduction wird auf annähernd 
38 Millionen Stück berechnet, welche einen Geld⸗ 
verth von etwa fünf Millionen Mark revräsen⸗ 
tiren. 
F Köln, 8. Dez. Mittags 1 Uhr war der 
Wasserstand des Kheins hier 670, in Bingerbrüd 
120, in Coblenz 600, der Stand der Mosel in 
Trier 374. 
F In Westphalen erregt es Aufsehen, daß 
der Neffe des Zentrumsführers, der Gerichtsassessor 
Max Windthorst zu Duisburg, Leiutenant der 
RKeserve im Westf. Inf.⸗“Regt., den Staatsdienst 
suittirt und sich im Seminare zu Eichstätt (Bayern) 
um geistlichen Stande vorbereiten will. 
Pauline Lucca und die Berliner Studenlen. 
Aus Berlin, 6. ds. M., wird gemeldet: „In 
der gestrigen Studenten⸗Versammlung kam auch ein 
Borfall zur Sprache, daß Frau Lucca einem jungen 
Mediziner, der ihr ein Bouquet übersandte, zwei 
gzillets mit dem Bemerken schicdte, er solle den 
Breis des Bouquets dem Gärtner durch den Ver⸗ 
sauf der Billets bezahlen. Tiese Handlungsweist 
der Diva hatte das Ehrgefühl einiger jungen 
ßrauseköpfe verletzt, und man hatte in Folge dessen, 
vie die Berl. Z. schreibt, den Plan zu einer Katzen⸗ 
nusik bereits entworfen, als es einigen vernünftigen 
Musensöhnen gelang, diesen Plan zu vereiteln.“ 
FGeichsgerichtsentscheidung.) Die 
daftpflicht des Unternehmers einer Eisenbahn, einer 
zabrik ꝛc. dem beim Betriebe der Eisenbahn ꝛc. 
Kerletzten gegenüber zur Zahlung einer dauernden 
Entschädigungsrente geht nach einem Urtheil des 
Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 14. Okt. 1882 
aur so weit, als der Verletzte durch den Unfall 
iberhaupt erwerbsunfahig geworden ist; ist er aber 
sur zur Ausübung seiner bisherigen Thätigkeit 
Handwerk) unfähig geworden, und vermag er 
urch eine andere Thätigkeit einen Erwerb, wenn 
uch einen minder lohnenden, sich zu schaffen, so 
eschränkt sich die Höhe der Rente auf die Differenz 
wischen dem bisherigen und dem künftigen, dem 
zerletzten offen stehenden Erwerbe. 
Ueber das Schicksal des Dampfers „Lotha⸗ 
ingia“ von der Westindischen Linie ist man in 
damburg ernstlich besorgt. Derselbe verließ Ham⸗ 
yurg am 24. October, und man hat, seit er am 
olgenden Tage Cuxhaven verließ, keine Nachricht 
von ihm, obwohl seit Mitte November Kabelde⸗ 
eschen über die Ankunft von anderen Dampfern 
zleicher Route vorliegen. An Bord befanden sich 
z5 Personen. 
Einen Herrn aus Zürich tkraf letzten Mon⸗ 
ag auf der Fahrt von Lindau nach Romanshorn 
in „theures Mißgeschick.“ Ungefähr auf der Mitte 
es Sees wollte der Reisende, der eine Geldtasche 
nit 2800 Mtk. in Gold in der Hand trug, das 
Ausland. 
Wien, 7. Dez. Das „Armee-Verordnungs⸗ 
zlott“ veröffentlicht die am 1. Januar k. J. in 
straft tretenden organischen Bestimmungen über die 
ieue Armee-Organisation und die Inspi— 
irungsvorschrift für das Heer. 
In Folge einer von Seiten der russischen 
Kegierung an die Bahnverwaltungen ergangenen 
Aufforderung legten letztere Ausweise über die im 
Betriebe angestellten fremden Unterthanen vor mit 
er Anmerkung, ob und wo dieselben um die Er—⸗ 
angung des russischen Staatsbürgerrechtes einge⸗ 
chritten sind. Es wird dies als ein Zeichen der 
zevorstehenden Entfernung der fremden Unterthanen 
rus dem Bahndienste angesehen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
Aus dem Bliesgau, 8. Dez. Gestern 
Mitlag ercignete sich in dem nahen Erfweiler 
in schrecklicher Unglücksfall. Der dor— 
ige Oekonom J. Langen bahn hat eine Dresch⸗ 
naschine, welche durch Pferde in Schwung gesetzt 
vird. Ein jugendlicher Taglöhner trieb die Pferde 
ind kam, wahrscheinlich durch Unvorsichtigkeit, dem 
dammrad zu nahe. Sofort erfaßte ihn die Stange, 
ind während der eine Fuß in dem Kainmrad stecken 
lieb, wurde der ganze Körper des Unglücklichen 
örmlich um die Stange gewickelt. Der Tod muß 
rugenblicklich eingetreten sein. Man bekam erst 
denntmmiß davon, als die Pferde nicht mehr gehen 
vollten. Der Hausherr rief nach ihm, fand ihn 
iber bereits entseelt. Heute Nachmittag wird durch 
as Gericht der Thatbestand festgestellt werden. 
— Bei seiner Anwesenheit in Zweibrücken 
vies Se. Exz. der kgl. Staatsminister des Innern 
Freiherr v. Feilitzsch aus der von S. Maj. 
sem König bewilligten Summe 3500 Mk. an, 
vovon 2700 Mk. für die Stadt Zweibrücken und 
300 Mk. für den Distrikt bestimmt sind. 
— Aus Zweibrücken wird der „Kaisl. Ztg.“ 
etreffs des dortigen letztea Unweiters geschrieben, 
aß dasselbe ganz besonders die Keller⸗, Laden⸗, 
heschafts- und Wohuräume nachstehender Firmen 
eimgesucht habe: der Buchbinderei Friedrich Roe⸗ 
ner, Posamentier Koch, der beiden Apotheken, Buch⸗ 
andlung Schuler, Modegeschäft Bühler⸗Bauer, 
hlas- und Porzellanhandlung L. Jansohn ꝛc. ꝛ⁊c. 
Letztgenannte Firma hat durch das Unwetter für 
ich allein schon einen Schaden von 2800 M., in⸗ 
ein ihr 2000 Dutzend Lampenchlinder sowie viele 
indere Glas⸗ und feine Porzellanwaaren jernichtet 
purden. Das Schuler'sche Gold- und Silber⸗ 
Deck des Schiffes überschreiten, als er an einer 
chlüpfrigen Stelle ausglitt. Um das Gleichgewicht 
eines Körpers wieder herzustellen, focht derselbe 
min seinen Armen so heftig in der Luft herum, 
daß die Geldtasche hoch im Bogen über Bord flog. 
Wer ihm das Geld vom Grunde des See's herauf⸗ 
holt erhält 300 Mk. Belohnung. 
F Paris, 7. Dez. Gambetta's Zustand 
vird als bedenklicher bezeichnet. Man befürchtet, 
daß die geringste Verschlimmerung eine Amputation 
des rechten Armes nöthig machen werde. 
F Paris, 8. Dez. Die Seine ist diese Nacht 
vieder gestiegen und hat die Inseln der Bannmeile 
überschwemmt. Im Quartier Saint Germain, auch 
vor dem Hotel der deutschen Botschaft, drückt sich 
das Wasser durch die Canalöffnungen auf die Stra⸗ 
ßen. Die Champs-Elysees sind von dem Wasser 
hedroht. 
F (Ein kleiner Held.) Aus Paris schreibt 
nan vom 3. d. M.: Die Gemeinde von Thiais 
var gestern der Schauplatz einer aufregenden Szene. 
Zwei Kinder, Bruder und Schwester, spielten in 
einem Hofe, als das eine derselben, die vierjährige 
Albertine in einen Brunnen stürzte, dessen Oeffnung 
nur mit Laubwerk bedeckt war. Der kleine Jules 
ꝛilte, als er den Unfall gewahrte, zur Mutter und 
ief: „Schnell, Mama, Albertine ist in den Brunnen 
zefallen.“ Die arme Frau rannte, halb wahn—⸗ 
innig vor Schrecken, an den Ort des Un— 
Jlückz, und als sie dort die Hülferufe 
des armen Opfers hörte, belam sie einen so heftigen 
Nervenanfall, daß er sie zu jeder Hilfsaktion un— 
ähig machte. Der kleine Jules verlor jedoch- keinen 
Augenblick die Geistesgegenwart; er befestigte einen 
kimer an die Brunnenkette und sagte zu seiner 
Mutter: „Laß mich hinunter; ich verspreche Dir, 
Albertine zurückzubringen. Die verzweifelte Mutter 
ögerte einige Augenblicke, da sie aber kein anderes 
tdettungsmittel sah, ließ sie ihren Sohn in den 
zrunnen hinab. Jules nahm die Schwester in 
eine Arme und rief: „Jetzt zieh uns hinauf!“ 
die Mutter zog, aber plötzlich überkam sie die 
Furcht vor einem neuen Unfall, die Kräfte verließen 
ie und fie mußte innehalten. Jules, der sofort 
zie Ohnmacht der Mutter begriff, rief ihr mit be— 
uhigender Stimme zu: „Befestige nur die Kette, 
zas Uebrige werde ich schon machen!“ Die Mutter 
zehorchte mechanisch. Jules stieg sodann aus dem 
rimer heraus, setzte sein halbohnmächtiges Schwester⸗ 
hen hinein, kletterte bis an die Brunnenöffnung 
ind ging an die Rettung der kleinen Albertine, 
velche sich im Fallen eine Schulter verrenkt hatte. 
Wer schildert die Freude der Mutter, als sie ihre 
dinder wieder in ihre Arme schließen konnte. Jules, 
zer kleine heldenmüthige Retter, dem von der Ge⸗ 
neinde eine formliche Ovation dargebracht wurde 
st erst acht Jahre alt. 
London, 8. Dez. In England, Schott⸗ 
and und Wales hat starker Schneefall stattgefunden, 
vodurch empfindliche Stockungen des Eisenbahn⸗ 
verkehres, sowie zahlreiche Unfälle entstanden. — 
In vergangener Nacht ist in der Woodstreet (City) 
eine große Feuersbrunst ausgebrochen, wodurch das 
Magazin von Foster, Porter und Comp., Engros⸗ 
Jeschäft für Strumpfwaaren, sowie 7 —8 anstoßende 
Hebäude ganz oder theilweise niederbrannten. Der 
Verlust beträgt über 2 Millionen Pfund Sterling. 
F London, 8. Dez. Die große Feuers⸗ 
zrunst ist endlich gelöscht. Zehn große Gebäude 
ind ein einziger rauchender Trümmerhaufen. In 
Woodstreet ist Philipp Lane, in Addlestreet der