Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Die Gesanstalt Kaiserslautern zaählt 
hren Aktionären für das abgelaufene Geschäftsjahr 
1500 Dividende. 
— In Kusel ist die Gründung eines Fröbelschen 
dindergartens in Anregung gebracht worden und 
dereits so weit gediehen, daß ein provisorischer 
Ausschuß gewählt wurde, der die Vorarbeiten zu 
besorgen hat; demselben gehören neben an deren 
Herren auch die drei Geistlichen von Kusel an: De⸗ 
tan Schätzler, Pfarrer Münch und Pfarrer Decken⸗ 
hrock. 
— In Ludwigshafeu feierte, wie die 
„Frkthl. Ztg.“ erfährt, Herr Telegraphenamtsvor⸗ 
tand Gleber sein 25jähriges Dienst jubiläum im 
Ktreise einer großen Anzahl Beamten, welche ihm 
zum Andenken an diesen schönen Tag eine goldene 
Dose widmeten. Der Jubilar erfreut sich einer 
zroßen Beliebtheit namentlich bei den ihm Unter⸗ 
zebenen. 
— Oggersheim, J. Febr. Heute Morgen 
8 Uhr wurde die neue Klostercapelle hier eingeweiht. 
den Weiheakt nahm mit Bewilligung des Bischofs 
Ehrler der hier lebende vertriebene Bischof von 
Jassy vor. Morgen Nachmittag ist noch Fortsetzung. 
Pf. J.) 
Vermischtes. 
* Die kgl. preußische Berginspek— 
tion J zu Ensdorf schreibt für das Jahr 
1882/83 die Lieferung der nachstehenden Materialien 
mus: 1) für Abtheilung Schwalbach-Gries— 
born: 250 ebm Bruchsteine, 200,000 Stück 
Backsteine, 200 cbm Bischmisheimer Kalk, 80 cbm 
Felsberger Kalk, 900 ebm Sand, 200 chm unzu⸗ 
gerichteter Kalk; 2) für Abtheilung Geislautern⸗ 
Wehrden: 150 ebm Bruchsteine, 50,000 Stück 
Backsteine, 70 cbm hydraulischer Kalk, 270 ebm 
Sand. Submissionen sind zu richten an die kgl. 
Hrubenkasse zu Ensdorf. Termin: 17. Februar c., 
vormittags 10 Uhr. 
f Stuttgart, 28. Jan. Die Strafkammer 
des Landgerichts verurtheilte gestern den Buchhändler 
Schneck dahier wegen Wuchers zu 3 Wochen Ge—⸗ 
ängniß und 500 M. Geldstrafe. Derselbe hatte 
einem Familienvater von einem Capital von 4000 
M. monatlich 57 M., also 15 M. pCt. Zins ab⸗ 
genommen, und noh dazu hatte der Schuldner die 
1000 M. nie baar erhalten, sondern dieselben setzten 
ich aus früheren Wechselforderungen und rückständigen 
sohen Zinsen zusammen. 
F In Nürnberg wurde angeregt, einen As⸗ 
hestvorhang an Stelle eines eisernen im Stadt⸗— 
heater zum Abschluß des Bühnenraums gegen den 
Zuschauerraum anzubringen. Asbest ist ein unver⸗ 
»rennbares Mineral, dessen einzelne parallel ge⸗ 
lagerte krystallinische Fasern in Gewebeform gebracht 
verden können. Ein solcher Vorhang würde auch 
siemlich schwer, also widerstandsfähig gegen Luftzug 
jsein und billiger als ein eiserner zu stehen kommen. 
F Ueber einen unnatürlichen Vater wird aus 
Fibelstadt (Unterfranken) berichtet: Am ver⸗ 
flossenen Sonntag Abend wurde der hiesige Arzt 
Dr. Schaller von einer ungekannten Person zu dem 
dreijährigen Kinde eines hiesigen Bürgers M. Th. 
gerufen, wo sich ihm ein trauriger Anblick darbot. 
Das Kind sah sehr abgemagert aus und waren am 
ganzen Körper und im Gesichtchen Spuren von 
Schlägen und Stößen ꝛc. bemerkbar, die offenbar 
auch die Ursache des Nachts 12 Uhr erfolgten Todes 
varen. Auf Anzeige bei dem Untersuchungsrichter 
vurde die Leiche secirt und wurden am ganzen 
örper mit Blut unterlaufene Stellen, von denen 
besonders eine am Kopfe sehr groß war, gefunden; 
odann wurde ein Oberschenkelbruch constatirt, der 
allein ohne jegliche Beihilfe wieder geheilt war, 
zis auf eine kleine Geschwulst. Wie weit der un⸗ 
natürliche Vater in seinen Mißhandlungen ging, 
ist daraus zu entnehmen, daß erzählt wird, das 
arme Kind sei zwei Tage zu den Schweinen ge—⸗ 
perrt gewesen, und habe mit dem „Futter“ dieser 
Thiere seinen Hunger gestillt. Weil diese, wie 
Th. selbst einem Verwandten erzählt, es nicht ge⸗ 
fressen, habe er es in den Stall geworfen, damit 
die Ziegen es todtstoßen sollten. Als es wieder 
herausgelassen wurde, hat das Kind gesagt: „Die 
Häpperli waren gar gut mit mir, ich hab auch 
nit ihnen gessen“'. Der Unmensch hat das Kind 
in den Füßen aufgehängt und mit einer fingers⸗ 
dicken Weidenruthe geschlagen, angeblich weil es 
sich nicht reinlich halte. Die Einzelheiten alle 
wiederzugeben, ist unmöglich. Es ist schauerlich 
erzehlen zu hören, wie das arme Kind hungern 
nu, wie es gemartert had zeguälte Arde. um 
es einem langsamen aber sicheren Tode entgegen zu 
ühren. Th. wird als ein roher, dem Branntwein— 
rinken ergebener Mensch geschildert, der schon seine 
nach der Geburt dieses Kindes im Wochenbette ge⸗ 
torbene Frau in ähnlicher Weise behandelte. Die 
-„chnapskneipe war sein Hauptaufenthaltsort. 
Der Weinhändler David Zeysolt in Straß⸗ 
»urg wurde dort am 25. Januar wegen Wein⸗ 
teuer⸗ Defraudation und Oktroi⸗Kontravention zu 
12,397 Mtk. Geldbuse verurtheilt, für den Fall 
»er Uneinbriuglichkeit in 2 Jahre Gefängniß um—⸗ 
gewandelt. Es wurden nicht weniger als 152 
trafbare Fälle konstatirt. 
F Mainz, 30. Jan. Ein mysteriöses Gerücht 
sat seit zwei Tagen unsere Stadt in Aufregung 
»ersetzt. Die Wittwe eines vor längerer Zeit ver— 
torbenen Arztes, eine Dame aus den ersten hiesigen 
Familien, verheirathete sich vor ungefähr einem 
zahr an einen in Darmstadt wohnenden Privat⸗ 
nann. Die Wittwe hatte sich wegen dieser Ver⸗ 
jeirathung mit ihrer Familie entzweit. Im Laufe 
ieser Woche traf nun die Nachricht hier ein, daß 
sie Frau, die noch in den besten Jahren war, 
»lötzlich in Folge eines Schlaganfalls verstorben sei 
ind wirklich traf am Freitag — ohne vorherige 
Anzeige bei der Familie — die Leiche der Ver⸗ 
torbenen mit der Bahn hier ein, um in der Fa⸗ 
niliengruft auf dem hiesigen Friedhofe beigesetzt zu 
derden. Mitlerweile verbreitete sich plötzlich hier 
ind in Darmstadt das Gerücht, die Frau sei durch 
hift gestorben. Das Gerücht kam auch zur Kennt— 
iß der Staatsanwaltschaft und fand heute Vor—⸗ 
rittag die Untersuchung der Leiche statt. Sie hat 
inen schrecklichen Verdacht von dem Gatten der 
hderstorbenen genommen, denn es wurde konstatirt, 
aß die Frau eines natürlichen Todes verstorben ist. 
FIn Mainz wurden dieser Tage auf Ver— 
mlassung der Zollbehörde über 100 Zentner Zimmet 
nersteigert. Die Waare ging um nahezu 4000 Mk. 
n den Besitz einer Materialwaarenhandlung über. 
der Grund dieser Versteigerung ist der folgende: 
zor einiger Zeit traf auf Rechnung einer aus— 
ärtigen Handlung — wie wir hören, einer Ma— 
erialwaarenhandlung en gras in Hanau — eine 
roße Sendung (laut vorliegender Deklaration) 
zassaparillholz ein. Der Mainzer Zollbehörde kam 
s sonderbar vor, daß ein Handlungshaus so große 
ZQuantikäten des sehr theuren Sassaparillholzes, 
velches zollfrei eingeht, beziehe. Man sah sich ver⸗ 
inlaßt, die Sache einer näheren Untersuchung zu 
interziehen, wobei festgestellt wurde, daß das an⸗ 
jebliche zollfreie Sassaparillholz vorzügliches zoll⸗ 
flichtiges Zimmetholz war. Nach den bestehenden 
ollgesetzlichen Bestimmungen erfolgte die Konfis— 
ation der Waare und der Besteller wurde zur 
zahlung des vierfachen Betrages der Zollgebühren 
erurtheilt. Diese Summe, sowie die übrigen Un— 
osten sollen sich für das betheiligte Handlungshaus 
iuf über 15,000 Mark belaufen. 
F Ein Rencontre. Dem „Mainzer Journ.“ 
ninehmen wir folgende Mittheilung: „Auf der 
rudwigsstraße in Mainz fand am Sonntag 
bend ein heftiges Rencontre zwischen einem Offi— 
ier und einem Civilisten statt. Der Offizier soll 
rzämlich dem Civilisten gegenüber eine Aeußerung 
jethan haben, die der letztere als Beleidigung auf⸗ 
aßte. Der Civilist verlangte, der Offizier solle 
ieses Wort zurücknehmen. Da aber der Offizier 
ies verwéigerte, so verabfolgte der Civilist dem 
Iffizier eine so derbe Ohrfeige, daß derselbe der 
änge nach auf das Pflaster fiel, worauf der Civilist 
ich entfernte. Vieles Aufsehen machte dieser Vor⸗ 
all, da die Straße noch sehr belebt war.“ 
f Ein armer Musikant, Mitglied einer 
zrankfurter renommirten Kapelle, hat vor einiger 
zeit, wie wir zufällig in Erfahrung gebracht haben, 
00,000 Lire in der Mailänder Lottéerie gewonnen. 
fr hat über sein Glück kein Sterbenswörtichen ver⸗ 
auten lassen und bläst seine Clarinette harmlos 
veiter, als wäre er noch so arm als vorher. 
Da der Hauptpalast der Frankfurter 
datentausstellung bei'm Abbruche nur einen Erlös 
on etwa 90,000 Mk. bringen würde, während 
zie Baukosten 500,000 Mk. betrugen, wurde jetzt 
eschlossen, das Gebäude noch weitere 3 Jahre 
tehen zu lassen, um eine Nutznießung aus dem⸗ 
elben zu ermöglichen. 
Freiburg i. Br., 30. Jan. Studentenduelle 
ind'so zu sagen hier an der Tagesordnung. Letzte 
Voche hatte ein nach einer Narbe im Gesicht be—⸗ 
cieriger Akrdemiker die unwillkommene Befriedigung, 
nittelst Schlägerhiebs das eine Ohr beinahe weg— 
banen. die Nasenspitze abgeschnitten und die aroße 
Zehe durchschlagen zu bekommen, was ihn jetzte 
den Wintervergnügungen theil zu nehmen hinder 
(B. L.«3) 
FGWeibliche Riesen und Zwerge, 
In einigen Tagen wird Berlhin um eine rech 
nteressante Größe reicher sein, wodurch den Be— 
vohnern der Kaiserstadt Gelegenheit geboten wird 
wei Personen, die die Natur in denkbar möglichsten 
Begensatz geschaffen hat, zu bewundern. Neben der 
leinen „Prinzeß Pauline“ wird sich in Berlin ein— 
hübsche junge Thüringerin präsentiren, welche, ob 
vohl erst 16 Jahre alt, die fabelhafte Größe von 
3 Fuß und 7 Zoll besitzen soll, mithin alle bis 
jer gesehenen weiblichen Riesen aus dem Feld⸗— 
chlagen wird. 
F Unliebsame Verwechslung. Au— 
Mayen, Regierungsbezirk Koblenz. wird folgenden 
paßhafte Vorfall gemeldet: In einem unserer 
dachbardörfer herrscht während der Nacht, da trotz 
er sehr großen Ausdehnung des Oertchens nin 
einige Nothlampen brennen, ägyptische Finsterniß 
hor einigen Tagen erscholl nun das Feuerhorn 
n einer Scheune war Feuer ausgebrochen Zwei 
ifrige Gemeindeglieder kamen etwas angeheitert 
jerade nach Hause und bei dem sehr alten halb 
ffenen Spritzenhause vorbei. Schnell und ent—⸗ 
chlossen rissen sie, in der Hoffnung, wenigstens 
ine Belobigung zu verdienen, eine kleine Spritze 
jeraus und keuchten damit in der Finsterniß zu 
Brandstelle, kamen auch als die Ersten mit Lösch— 
nitteln an. Leider entdeckten sie zu spät, daß sie 
n der Hast mit einem — großen Leierkasten ab 
jefahren waren, den ein Invalide für die Nacht 
m Spritzenhause untergebracht hatte. Mit der 
Belobigung war es also nichts. 
f Eine der tragikomischsten Ehe— 
cheidungs-Geschichten schwebt in diesem 
Augenblicke bei den Gerichten Berlins. Vor noch 
nicht ganz zwei Monaten wurde die Hochzeit gefeiert 
Er der Assistenz-Arzt eines unserer bedeutendsten 
Spezialisten, sise eine reiche Erbin, die ihm 80,000 
haler in die Ehe mitbrachte. Drei Wochen hatten 
ie Flitterwochen gewährt, als der junge Ehemann 
einer Frau mittheilte, daß er, einer Verabredung 
nit Collegen gemäͤß, den Abend mit denselben bei 
inem Glase Bier verbringen werde. Aber da kam 
r schlecht an, bei der Frau und der ebenfalls im 
dause lebenden Schwiegermutter. Es wurde ihm 
undweg erklärt7 er dürfe nicht allein ausgehen und 
ils er darauf bestand, ihm eröffnet, er thue es auf 
eine Gefahr. Und er ging. Nach Thoresschluß 
ehrte er, heimn. Er fand die Thür verschlossen. 
dach langem vergeblichem Läuten endlich von Junen 
sie Stimme seiner Frau. Er bat um Einlaß. 
Zergeblich. Er solle des Nachts bleiben,, wo er 
en Abend gewesen. Zuerst hielt er es für Scherz. 
Uber es war bitterer Ernst. Nach einer halben 
Stunde zog er ab und blieb im Kaiserhof. Aber 
r kehrte überhaupt nicht mehr in „sein Heim“ 
urück. Der Appetit nach diesen Ehefreuden war 
hm vergangen. Selbst die 80,000 Thaler ver⸗ 
nochten ihn nicht zu locken. Die Scheidungsklage 
st, bereits eingeleitet, und da, wie man hört, ernst⸗ 
icher Widerspruch nicht erhoben werden wird, so 
ürfte er von den Rosenfesseln, in die er geschmiedet. 
ald befreit sein. 
7 VEin Kassenbeamter, der nach Unterschlagung 
on 120,000 M. aus Tilsit (OOstpreußen) flüchtig 
jeworden ist, wird gegenwärtig von der Criminal⸗ 
olizei in Berlin gesucht. Nach den bisherigen 
Ermittelungen ist der Flüchtling dieser Tage in 
»inem dortigen Balllokale gesehen worden. 
F Das Reichsgesundheitsamt läßt bekanntlich 
recht wenig von sich hören. Jett liegen von ihm 
inige Mittheilungen über Desinfektion vor, die 
on allgemeinem Interesse sind. Darnach hat sich 
darbolsäure, das heute vielgerühmte sauveräne 
Desinfektionsmittel, als solches gar nicht erwiesen 
5s wird als ein gewaltiger Irrthum erklärt, zu 
slauben, der bloße Karbolgeruch vermöge Infektions— 
eime in der Luft zu zerstören. Schwefelige Säurt 
vurde als unsicher wirkend gefunden, ebenso Chlor— 
ink. Als stets sicher wirkend, erwies sich nunr 
Chlor, Brom und Sublimat die zwei ersteren in 
gasform für geschlossene Räume, das Sublimaf 
iberall, wo man mit Gas oder Hitze nicht an— 
ommen kann. Das Sublimat wird uͤberhaupt al⸗ 
ꝛas allein praktische gerühmt. Losungen v. 1 
000 selbst 1. 5000 tödteten durch einfache Be— 
euchtung die schlimmsten Feinde des Lebens, die 
Nilzbrandsporen in kurzer Zeit. Dabei kostet es 
venig. 590 1. (1: 1000) brauchen kg. Sub— 
imat für 3 Mk. wohingegen 5 Prozent LKarbol⸗ 
e 
I. 
ul 
ra 
i 
ro 
j 
m⸗ 
iof 
ift 
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