Full text: St. Ingberter Anzeiger

hinderung des Hausbettels umherziehender Personen 
im Jahre 1882, unter Vorlage einer Uebersicht 
der Ab⸗ und Zugänge, Bericht zu erstatten. Die 
Ausschüsse der Vereine gegen Hausbettel, sowie 
die Bürgermeisterämter sind ersucht, das geeignete 
Material zu liefern. 
Vermischtes. 
F München, 26. Dez. Der König hat die 
Majorsgattin von der Tann, die im vorigen Jahre 
wegen „fahrlässiger Tödtung“ eines illegitimen Kindes 
ihrer Tochter zu zwei Jahren Gefängniß verurtheilt 
worden war, begnadigt, nachdem sie ca. *4 Jahre 
in der hiesigen Frohnfeste zugebracht hat. 
4 CEin schauerliche Familien-Drama.) 
Von Landausa / J., 21. Dez., geht der „Donauztg.“ 
folgende schauerliche Nachricht zu: Heute habe ich 
Ihnen schon wieder einen gräßlichen Vatermord, 
velcher in dem eine Viertelstunde entfernten Klee— 
zarten vorkam, zu berichten. Gestern Nachts kam 
der übelberüchtigte Gütler Kumpfbeck von Klee— 
garten wie gewöhnlich mit einem Branntweinrausche 
nach Hause und verlangte von seiner Frau Geld. 
Als ihm solches verweigert wurde, bedrohte er selbe, 
owie seine Tochter mit zwei Messern, so daß die 
Tochter entfloh und den in der Nähe wohnenden 
Bruder herbeiholte. Als derselbe ebenfalls von 
jeinem Vater, welcher in jeder Hand noch ein Messer 
zqatte, bedroht wurde, ergriff er eine in der Nähe 
tehend Misthacke und hieb sie seinem Vater in den 
stopf, so daß derselbe sofort eine Leiche war. Der 
uinglückliche Vatermörder hat sich heute Morgen der 
zjiesigen Gendarmerie freiwillig gestellt und selbst 
Anzeige erstattet. 
F (Wie man sich oft unterhält.) Aus 
S hywabmünchen schreibt man: In einer Abendge—⸗ 
sellschaft beim Glase Bier wurde dieser Tage zu— 
ammengezählt, daß am hiesigen Orte gegenwärtig 
veit mehr als hundert heirathsfähige Mädhhen und 
war lauter Töchter wohlsituirter Familien vor—⸗ 
handen sind. Gewiß glänzende Aussichten für hei⸗ 
rathslustige Männer. Also auf nach Schwab—⸗ 
nünchen! 
5 (Eine staunenswerthe Magen— 
pro be) vollbrachte vor einigen Tagen der Bürger⸗ 
meister von Alling, indem er 50 Paar Brat—⸗ 
würste auf einer Stelle verzehrte, wobei er sich nach⸗ 
räglich ganz wohlbehaglich fühlte. 
Durch Unvorsichtigkeit verunglückte am 17. 
d. M. ein Schauspieler in Krumbach auf eine sehr 
bedauerliche Weise. Unmittelbar vor Beginn des 
Stückes wollte nämlich derselbe ein Gewehr, das 
im Stücke Verwendung finden sollte, untersuchen, 
ob dasselbe geladen oder nicht. Er blies zu diesem 
Zwecke in den Lauf des Gewehres, brachte aber 
ainglücklicherweise den Zündkegel an ein Licht, so 
daß sich das Gewehr entlud und ihm die ganze 
Ladung leichter Schroie in den Mund giug und 
Jjauptsächlich die Zunge auf eine gräßliche Weise 
verletzte. 
(Alle Füchse mögen die Ohren 
'pitzen) In Waldershof bei Tirschenreuth ist 
die ledige Anna Fuchs gestorben und hat 100,000 
Bulden hinterlassen. Am Wohnort sind keine 
Erben vorhanden, das Geld soll die Wanderschaft 
mtreten in die weite Welt. Also aufgepaßt, 
ven's angeht! 
FGayerische Staatsbahnen) Vom 
Anfang des heurigen Jahres bis Ende November 
vurden vereinnahmt 73.221,551 M. gegen den⸗ 
elben Zeitraum des Vorjahres mehr 4,004,550 M. 
F Noch sind an vielen Orten die Folgen der 
letzten Ueberschwemmung sichtbar und schon wieder 
vird von allen Sciten zunehmendes Steigen der 
Flüsse und Bäche gemeldet. Rhein, Neckar, Saar, 
Mosel und Main sind in den letzten zwei Tagen 
zanz enorm gestiegen und haben eine Höhe erreicht, 
die derjenigen bei'w letzten Hochwasser entspricht, 
a sie stellenweise übertrifft. 
. Der Rhein bei Maxau war gestern 
5.48 Mi. hoch, heute ist er auf 6.79 Mt. gestie⸗ 
zen und steigt immer noch. 
Der Rhein bei Mann heim hat eine Hoͤhe 
don 9,67 Mt. und steigt noch. 
Die Neue Bad. Lodsztg. erzählt unter dem 
—E 
den Spaß: Auf dem letzten Viehmarkte zu Bretten 
yerkaufte der Bauer K. .von Sprauthal ein Rind, 
zei der Kaufsumme erhielt der Verkäufer 2 Einhundert⸗ 
Markscheine, welche der kluge Bauer, vorsichtshalber 
den einen in der Westentasche, den andern in der 
dosentasche verwahrte. Vergnügt über den günstigen 
Gertauf wurden einige Schöpplein getrunken Und 
»s ward Abend, bis der Heimweg angetreten wurde 
Da nun die Sprauthaler, welche als sparsames 
Lölkchen bekannt sind, sich geniren, außer der Hei— 
nath etwas zu essen, so wurde denn unser Freund 
auch hungrig, weßhalb er, ehe er die Stadt ver— 
sieß, sich eine Portion Käs kaufte, um ein Nacht— 
ssen zu haben und steckte denselben in die gleiche 
Z)osentasche zu dem Hundert⸗Markschein. Auf dem 
deimweg gesellte sich ein Nachbar zu seiner Be— 
leitung und um aber diesen nichts von seinem 
Schmause merken zu lassen, rupfte er den Käs 
tückchenweise aus der Tasche, wobei er allerdings 
uuch immer etwas von dem Papier mitbekam, und 
verspeißte es in der Dunkelheit. Wie groß war 
ber sein Schrecken, als er nach Hause kam und 
and, daß er auch seinen Hundert-Markschein mit⸗ 
erspeißt hatte. 
F Mainz, 27. Dez., Mittags. Seit heute 
hormittag wird unsere früher schon so hart vom 
»ochwasser bedrängte Stadt von neuem alarmirt. 
sIm Stadthause sind wieder offizielle Wasserstands⸗ 
ijachrichten angeschlagen, die rapides Steigen des 
stheins und seiner Nebenflüsse melden. Aus Mann⸗ 
jeim meldet man zwischen 26. und 27. ein Stei—⸗ 
zen des Neckars von 1.87 auf 3.40 Mt., des 
stheins von 4. 40 auf 6.91 Mt., aus Waldshut 
von 2.56 auf 4. 25 Mt., aus Heilbronn von 3.40 
auf 5.17 Mt. der Rhein stand am hiesigen 
Pegel heute Mittag 3.30 Mi., aber schlammige 
jelbe Wasser, das rasch dahinfließt, läßt, wenn auch 
onst keine Nachrichten vorliegen, das Steigen absehen. 
FMainz, 28. Dez. Die Rheinhöhe beträgt 
bMet. 50 CEt. Der Rhein-Quai ist bereits über⸗ 
chhwemmt. Die Bürgermeisterei fordert auf, die 
edrohten Lokale zu räumen. Um einer letzten 
leberraschung vorzubeugen, sind alle Vorsichtsmaß— 
zegeln getroffen. 
F Frankfurt a. M., 28. Dezember. Der 
Main ist in verflossener Nacht wieder ausgetreten. 
Die Verbindungsbahn und ein Theil der Quais 
tehen unter Wasser. 
F (GEin angenehmer Weihnachts— 
mann.) Ein Frankfurter Kolonialwaarenhändler 
vurde in die angenehme Lage versetzt, verschiedenen 
Personen ein froöhliches Christfest zu bereiten. Der⸗ 
elbe gewann in einer auswärtigen Lotterie 50,000 
Mark. Seine Freude war darüber so groß, daß 
ex um sich her auch nur fröhliche Menschen sehen 
wollte. Von einem Schreiber wußte er, daß er 
chon seit Jahren Hochzeit zu halten wünsche, ihm 
iber die Mittel dazu, etwa 2000 Mk. fehlten. 
Der glückliche Kaufmann schenkte sie ihm. Einem 
indern Bedürftigen spendierte er 200 Mk., einem 
dritten 150 Mk. 
Wie ein junges Mädchen drei Burschen an 
Muth und Barmherzigkeit übertroffen hat, davon 
'olgende Thatsache: Wie überall, so war auch eine 
zroße Ueberschwemmung in Dörsdorf, Nassau. 
Das Wasser hatte sich am Backhaus so hoch gestellt, 
daß es zwei Fuß hoch in die Wohnung einer 
irmen Wittwe mit ihren zwei Kindern eindrang. 
Die Wittwe rief um Hilfe, aber vergeblich, obwohl 
3 Burschen mit angezogenen Wasserstiefeln und ihr 
Bfeifchen rauchend am Wasser standen und ihre 
sothrufe nicht beachteten. Die 20jährige Tochter 
iner Wittwe daselbst bat die drei Burschen, die 
zedrängte Frau und die Kinder zu holen, aber 
vergebens. Da wagt das Mädchen sich durch die 
Fluth, holt die alte Frau zum Fenster heraus, 
rägt sie 20 Fuß weit durch das tiefe Wasser, 
»arauf unternimmt sie noch zweimal den gefähr⸗ 
ichen Gang und rettet die beiden Kinder. Zur 
Ehre des Mädchens sei ihr Name hier genannt, 
ie heißt Wilhelmine Menges. 
4 Ein unerhörter Wucher gelangte dieser Tage 
n Limburg zur gerichtlichen Aburtheilung. Der 
gauer Rarx zu Oberndorf hatte von dem Handels⸗ 
nann M. ebendaselbst im Jahre 1875 zur Bezahl⸗ 
ing einer Schenkenschuld 15 Mark gegen einen 
Wechsel über 27 Mark entlehnt und nicht zurück⸗ 
ezahlt. Diese Schuld war nun in den sieben 
Jahren durch die strafbaren Manipulationen des 
M. auf 2520 Mark angewachsen. Ageklagter 
ehauptete zwar, daß Marx die in den Wechseln 
rufgeführten Beträge stets erhalten habe, die Be⸗ 
veisaufnahme führte aber zur Verurtheilung des 
Angeklagten in die wohlverdiente Strafe von 8 
zahren 6 Monaten Gefängniß und zum Verlust 
er bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 
zahren, sowie Kastentragung. 
olbin, 40 Dezember. Infolge ununie 
hrochenen Regens ist der Rhein heute Nacht um 
30 Centimeter gestiegen und hat die niedriger ge— 
legenen Stadttheile überschwemmt. 
F Elberfeld, 27. Dez. Gestern Abend 9 
Uhr fuhr der Deutz-Berliner Courierzug im hiesigen 
Hüterbahnhof auf den Aachen-Berliner Curierzug. 
) Personen sind theils schwer, theils leicht ver— 
vundet worden. 
FBerlin, 27. Dez. Der bekannte Schrift⸗ 
teller Dr. Mercon hat sich heute hier erschossen, 
aiachdem er vorher seine Gattin tödlich verwundet 
atte. 
F Das Reichsgericht in Leipzig hat eine 
vichtige Entscheidung gefällt, welche insbesondere 
für die Lehrerwelt von sehr großem Interesse ist. 
Nach derselben ist jedem Lehrer die Befugniß ein—⸗ 
zeräumt, an Schülern auch anderer Schulklassen in 
einem Betretungsfalle das Züchtigungsrecht auszu— 
iben resp. Schüler abzustrafen, indem ein jeder 
Lehrer als wirkender Faktor des großen Erziehungs⸗ 
örpers — der Schule zu betrachten sei. 
FBehufs einheitlicher Bezeichnuung der Ein— 
schreibsendungen im Weltpostverkehr sind die 
Lereinsverwaltungen übereingekommen, in den Auf— 
Jabezettel beziehentlich den besonderen Stempel, 
zurch welchen die Einschreibsendungen als solche 
enntlich gemacht werden, den Buchstaben R(Re—⸗ 
ommandirt) in lateinischer Schrift aufzunehmen. 
diese Maßregel kommt im Reichspostgebiete vom 
ak. M. ab allgemein zur Anwendung. Die aus 
andern Ländern des Weltpostvereins eingehenden 
kinschreibsendungen bleiben in der angegebenen Be— 
zeichnung, werden also von den Grenzpostanstalten 
aicht mehr neu bezettelt. 
Wie wir hören, beabsichtigt die Firma Thonet 
in Wien, eines der größten Häuser in der be— 
annten Wiener Specialität für die Herstellung 
zebogener Möbel, Zweigwerkstätten im Spessart zu 
ꝛrrichten und zwar unter thunlichster Förderung von 
Seiten der bayerischen Regierung, welche durch 
hderanziehung neuer Erwerbsgelegenheit hofft, der 
irmen und nur zu oft nothleidenden Bevölkerung 
jener Gegenden nachhaltig aufzuhelfen. Bekanntlich 
ind die Wälder des Spessart an Rothbuchen reich, 
deren Holz für die Fabrikation gebogener Möbel 
besonders geeignet ist. 
4 Brüssel, 22. Dez. Proceß Peltzer. 
Die Geschworencen bejahten die Schuldfrage, worau 
der Gerichtshof gegen Leon und Armand Peltzet 
die Todesstrafe aussprach. Beide Verurtheilte reich⸗ 
ten sofort Cassation ein. 
F(35 Schiffe) sind infolge eines heftigen 
Sturmes an der Küste von Neufundland innerhalb 
weier Tage (20. und 21 Dez.) gescheitert mit 
einem großen Verlust an Menschenleben. Ein gro— 
zer Schaden hat ferner die Gebäude und Häfen 
der Ortschaften an der Küste betroffen. 
Paris, 25. Dez. Eine Koryphäe der 
Spielerwelt befindet sich augenblicklich in Paris. 
Fs ist dies Mr. William Deutsch aus New⸗-York 
welcher innerhalb sechs Monaten im Baccarespiel die 
abelhafte Summe von 2,500,000 Francs gewonnen 
jat. Mr. Deutsch übertrifft also selbst den be—⸗ 
rühmten Spieler Garcia, welcher der Göttin Rou— 
ette zu Baden-Baden und Homburg zwei Millionen 
Francs verdankte. Das Sprüchwort „Wie gewonnen, 
o zerronnen“, hat sich übrigens bei diesem Spieler 
zuchstäblich erfüllt. Garcia, in übermäßiger Sie⸗ 
zesgewißheit, wollte sich nicht mit den normirten 
Spielsätzen begnügen und erwirkte dom Spielpächter 
Blanc die Erlaubniß, so viel ihm gut dünkte, auf 
den grünen Tisch zu setzen. Garcia setzte sich mil 
2 Millionen an den Spieltisch, und hatte innerhalb 
veniger Stunden sein ganzes Vermögen verloren. 
Ohne einen Sous in der Tasche, kehrte er der 
Roulette den Rücken. 
F (Eine neue Erfindung.) Ein fran—⸗ 
ösischer Mechanikus namens Perreaux hat ein 
Wunderwerk im wahren Sinne des Wortes zustande 
zebracht. Es ist dies eine Maschime, welche es er⸗ 
noöglicht, ein Millimeter, d. h. eine Länge, die bei 
chwachen Augen an sich nur noch wahrnehmbar ist, 
in 1500 Theile zu theilen. Die Maschine ist 
peciell für Naturforschee und Aerzte bestimmt. 
velche mikroskopische Gegenstande wie Infusorien, 
glutkügelchen und dergleichen, zu messen haben. 
F (Was der Friede kosteh). Die „Rivista 
Scientifica Svizzera“ veröffentlicht in ihrer letzten 
stummer eine hochinteressante statistische Arbeit über 
zen überall dominirenden Militarismus. Wir ent⸗ 
tehmen derselben folgende Zahlen: In Friedens⸗