Full text: St. Ingberter Anzeiger

ten auf der ganzen Erde 6 Msssonen Mãñn 
nter den Waffen. Dieses permante Heer kostet 
ährlich die ungeheure Summe von 37 Milliarden 
Franch, was ein Kapital von 732 Milliarden 
Francs voraussetzt. Für den Fall eines Weltkrieges 
jehen 43 Millionen Soldaten in Bereitschaft. 
4 Ein Knopf, der mit einem Drucke an jedem 
dleidungsstücke befestigt werden kann, wurde von 
iner Dame in Newhork erfunden und the self 
astening button (selbstfestigender Knopf) benannt. 
Die Erfinderin erhielt von einem Frauenverein eine 
adelnde Zuschrift, worin ausgesprochen wurde, daß 
ieser Knopf ein neues verderbliches Mittel sei, 
die ohnedies stark um sich greifende Abneigung 
her ledigen Männer gegen die Ehe noch zu ver⸗ 
nehren.“ 
— In der Stadt der Bruderliebe Philadel— 
»hi'a, scheinen eigenthümliche gesellschaftliche Ge— 
Fflogenheiten zu herrschen. Dieser Tage schrieb 
ine junge Dame an die dort erscheinende „Times“, 
ie haͤbe sich mit einigen Altersgenossinnen zu einer 
Besellschaft verbunden, deren Zweck in der Be— 
ämpfung des Cigarrettenrauchens bestehe. Die 
Hesellschaft. beabsichtige dies dadurch zu errcichen, 
daß niemand aus ihrer Mitte einem jungen Sanne, 
welcher der üblen Sitte huldige, einen Kuß gebe, 
vpährend alle übrigen „ermuthigt“ werden sollten, 
oweit sich dies mit wahrer Sittsamkeit ver⸗ 
rage.“ 
Eine Kabeldepesche aus Melbourne mel—⸗ 
jet die Einzelheiten eines furchtbaren Unglücks, 
oelches sich in einer Kohlengrube in Creswick im 
Talbot, Victoria, ereignete. Eine ungeheure Wasser⸗ 
nasse ergoß sich plötzlich aus einigen nicht mehr 
m Betriebe befindlichen Zechen in die Grube und 
iberschwemmte einen beträchtlichen Theil derselben. 
ttettungsmannschaften stiegen sofort in die Tiefe 
sinab und es gelang denselben, das Leben von 
ünf Arbeitern zu retten, allein der Lebensverlust 
st erheblich. Bis jetzt sind 22 Leichen an die 
Oberfläche gebracht worden. 
— Wie ein Capitel aus einem Sensations-Roman 
iest sich die Schilderung eines Abenteuers, welches 
ie schwedische Barke „Antoinette“, Capitän 
Rylen, unlängst nach den Berichten schwedischer 
Blätter bei Neu-Guinea zu bestehen hatte. Das 
nannte Schiff, ein schöner Dreimaster, war auf 
iner Reise von New-Castle mit voller Ladung Stein⸗ 
ohlen nach Manila begriffen, und weil tief beladen, 
ein besonders schneller Segler, während die Be— 
atzung, alles in allem, nur aus 14 Kopfen bestand, 
a einige Leute in Australien desertint waren und 
iicht wieder hatten ersetzt werden können. Bald 
ach dem Abgange von New-Castle hatte die 
Antoinette“ zunächst einen schweren Sturm zu be— 
tehen, durch welchen das Fahrzeug weit aus sei⸗ 
iem Curs vertrieben wurde, so daß der Capitän 
ich genöthigt sah, zwischen den berüchtigten Salo— 
non?-⸗Inseln und Neu⸗Guinea durchzusteuern, wäh— 
end er sonst eine weit östlichere Route verfolgt 
aben würde. Als die Salomons-Inseln erreicht 
varen, wurde die „Autoinette“ von einer Wind— 
tille überfallen, welche das Schlimmste befürchten 
ieß, da die Windstillen in jenen Gewässern nicht 
iur meistens mehrere Tage anhalten, sondern die 
Wilden auch grade solche Gelegenheit sich zu Nutzen 
nachen, um ihre Ueberfälle auszuführen. Nicht 
ange dauerte es denn auch, als eine aus etwa 
100 Kopfen bestehende Bande von schwarzen, nack⸗ 
en und tätowirten Gesellen in 12 Canoes auf 
as Schiff zugerudert kam. Die Vertheidigungs⸗ 
nittel an Bord bestanden aus einem englischen 
Rifle und zehn Revolvern, zu denen freilich nur 
wa 70 Patronen vorhanden waren, waͤhrend da⸗ 
jegen an Aexten, Piken und keulenartigen Hand— 
paken (zum Drehen der Ankerwinde) kein Mangel 
var. Da man auf der „Antoinette“ wußte, daß 
s hier nur „siegen oder aufgefressen werden“ hei— 
zen konnte, machte man sich auf die schärfste Ge— 
jenwehr gefaßt, die Schußwaffen wurden geladen 
ind die Mannschaft auf beiden Seiten des Schiffes 
»ostirt, um den Angriff der Wilden abzuschlagen, 
velche unter greulichem Geschrei heranruderten. 
Um die Schaaren zu schrecken, feuerte Capitän 
Nylen auf beträchtliche Entfernung ein paar Schüsse 
iuf dieselben ab, erreichte hiermit aber die entgegen— 
jesetzte Wirkung, indem die Angreifer, da die Schüsse 
aicht getroffen hatten, dadurch nur kühner gemacht 
vurden, so daß sie um so rascher heranruderten. 
die in größerer Nähe abgefeuerten Schüsse ver⸗ 
ehlten nun zwar ihr Ziel nicht und als die 
chwarzen Schurken einen ihrer Kameraden nach 
cm andern geioffen sahen, würden sie denn ooc, 
tutzig und hielten sogar, anscheinend in Verwirr⸗ 
ing, einen Augenblick inne. Bald aber war die 
jeringe Munition verschossen und als die Räuber 
Hessen inne wurden, gingen sie sofort wieder ener⸗ 
sisch zum Angriff über. Indessen hatten sie sich 
zie Besteigung und Eroberung des in der Entfer⸗ 
aung viel niedriger erscheinenden Schiffes viel zu 
seicht gedacht und sich in der Eroberung desselben 
)enn doch geirrt. Zwar durfte keiner von der 
Pdannschaft wagen, sich oberhalb des Schiffsbord 
zlicken zu lassen, um nicht von den Wurfspeeren 
»er Wilden getroffen zu werden, dagegen wurde 
zuch jeder Negerkopf, welcher sich oberhalb der Ver⸗ 
chanzung blicken ließ, sofort von dem wuch— 
igen Hiebe eines Matrosen getroffen, so daß 
ein zweiter Hieb mehr nöthig war, um 
»en Getroffenen in's Jenseits zu expediren. 
der Capitän leitete von dem Halbdeck aus die 
Bertheidigung, indem er, selbst in geschützter Lage 
tehend, seine Leute auf die Heraufkletternden auf⸗ 
nerksam machte. Etwa eine Viertelstunde hatte 
er Kampf so bereits gedauert, als die Schurken, 
inscehend, daß sie auf diese Weise nichts ausrichten 
vürden, eine andere Taktik ergriffen und einige 
Fanoes nach dem Bug des Schiffes dirigirte, 
velcher schwerer zu vertheidigen war, da derselbe 
nit einer sogenannten Back, einem kleinen Deck, 
iberbaut war, sodaß sich also die Vertheidiger den 
Purfspeeren der auf den Schiffsseiten befindlichen 
saubgesellen hätten aussetzen müssen. Indeß, diese 
driegslist sollte keinen Erfolg mehr haben, denn 
janz unerwartet füllten sich die Segel der „Antoi— 
jette“, erst langsam, dann schneller und schneller 
tzte sich das Schiff in Bewegung, die Wellen kräu⸗ 
iten sich bald vor dem Bug und die dort befind⸗ 
ichen Canoes mußten sich jetzt schleinigst salviren, 
im nicht übergefahren zu werden. Ebensowenig 
ermochten sich die Canodes auf den Seiten der 
Zark noch länger zu halten, und bald trieb die 
anze saubere Gesellschaft hinter der „Antoinette“, 
velche jetzt bei frischem Winde rasch wieder die 
Vogen durchschnitt. Capitän Nylen, überzeugt, daß 
er jetzt voslständig Herr der Situation sei, ließ hier⸗ 
auf sein Schiff wenden, segelte mitten in die Flo⸗ 
ille der Schwarzen hinein und bohrte noch mehrere 
der Canoes in Grund, so daß die Räuber diesmal 
ine Lektion erhielten, welche sie wohl sobald nicht 
oieder vergessen werden, während die ganze Mann⸗ 
chaft der Bark vollkommen unversehrt geblieben 
var. Ohne jene plötzliche „Frischung“ aber hätte 
eicht die „Antoinette“ das Schicksal so vieler an— 
erer guter Schiffe haben können, die als „ver⸗ 
hoflen“ in den Schiffslisten aüfgeführt werden 
Zukunftsbetrieb des Kleingewerbes. 
T.-G. K. Wie die ersten sechs Jahrzehnte unsres 
zahrhunderts das Zeitalter des Dampfes genannt 
dorden find, so wird man jedenfalls die letzteren 
zahrzente desselben einst als die Aera der Elektrizi⸗ 
ät bezeichnen, denn erstaunlich sind bereits jetzt die 
Fortschritte, welche man in Bezug auf die Nutzbar— 
nachung dieser uns im Bliztz so furchtbar verderd— 
ich entgegentretenden Naturkraft gemacht hat. Noch 
ind die Wunder, welche die Elektrizität bereits 
ollbringt, gar nicht bekannt genug und die, welche 
ie noch vollbringen wird, werden kaum geahnt. 
Freilich hat die Technik, die praktische Schwester 
der Wissenschaft, sich lange Zeit in Geduld fassen 
ind mit einer Zähigkeit ohnegleichen mit tausenden 
son Experimenten ins Feld rücken müssen, ehe es 
hr gelang, die freie Tochter der Natur, die im 
Zlitze der Menschenwerke im Nu zerstören kann, 
n den Dienst der friedlichen Menschenarbeit zu 
wingen. Zwar hat die Elektrizität schon seit 
nehreren Jahrzehnten im Dienste der Telegraphie 
em Welt⸗, wie dem Lolkalverkehr merkantilen und 
ndustriellen, wissenschaftlichen und politischen In⸗ 
eressen in einer Weise gedient, welche die hohe Be— 
eutung derselben im hellsten Lichte strahlen läßt; 
erner hat die Elektrizität sich Dank der genialen 
erfindungen des deutschen Siemens, des Franzosen 
zramme, des Amerikaners Edison, des Engländers 
zwan u. a. ducch die Emanation seiner außer— 
rdentlichen Leuchtkraft zur Rivalin nicht nur aller 
der kleinen irdischen Lichter, sondern sogar des himm⸗ 
ischen Sonnenlichtes aufgeschwungen. 
Und doch hat man bis vor kurzem noch ge— 
weifelt, ob sich die Kraft der Elektrizitüt auch als 
Triebkraft so nützlich erweisen werde; denn seitdem 
zakobi im J. 1839 die vorgefaßte Meinung, als 
ih dem Eisen mit Hilfe der Elektrizität eine unbe— 
zceugte raft eriheilt weroen wnnie, durch ven Aach⸗ 
veis zerstört hatte, daß auch der Elektromagnetismus 
als Betriebskraft denselben Bedingungen wie andere 
zräfte unterliege, zweifelte man überhaupt daran, 
»aß man mit Hilfe der Elektrizitit jemals würde 
zrößere Kraftleistungen hervorbringen können. Da 
seigte bei Gelegenheit der Berliner Ausstellung der 
Berliner Elektriker Siemens der erstaunten Welt 
n seiner elektrischen Eisenbahn, daß das Problem, 
die Elektrizität auch als bedeutsame Triebkraft zu 
zebrauchen, gelöst sei. Aber kaum hat die Technik 
iese große Aufgabe gelöst, so kommt auch schon 
ie nie zum Schweigen bringende Kritik mit dem 
rzinwurfe: „Alles ganz schön, aber wie theuer ist 
ine solche Anlage! Schon die Anschaffung einer 
dynamo⸗Maschine von 150 Pferdekräften, wie eine 
olche in Berlin nöthig war, verlangt ein Kapital, 
»as nur für wenige flüssig ist. Und die Gegner 
»er Elektrizität, welche dem Dampfe auch fernerhin 
eine Alleinherrschafft sichern möchten, wenden ein: 
Warum wendet man die Dampfkraft nicht direkt, 
ondern wieder erst zur Erregung des elektrischen 
Stromes an?“ Ja, wenn es überall nur mit Hilfe 
der Dampfkraft möglich wäre, den nöthigen elek— 
trischen Strom für einen Betrieb zu erzeugen, so 
würden diese Einwände stichhaltig sein. Aber liegt 
nicht in der Natur, d. h. in den Rinnsalen der 
Bäche, Flüsse und Ströme noch eine so ungeheure 
Summe von Kraft, daß Tausende von Dynamo— 
Maschinen dadurch in Bewegung gesetzt werden können? 
Unter diesem Gesichtspunkte ist auch der Siemenssche 
gedanke kein bloßer Scherz, die Kraft des Niagara 
ufzufangen und durch Drähte über das weite Ge— 
ziet der vereinigten Staaten zu leiten. Mächtige 
Wasserräder und Turbinen würden am Falle selbst 
ingeheure dynamo⸗elektrische Maschinen in Bewegung 
etzen, wodurch so starke elektrische Ströme erzeugt 
verden könnten, die nur dem Blitze vergleichbar 
vären. Diese Ströme würden dann in dem Haupt⸗ 
'abel zugeführt und aus diesem mit Blitzesschnelle 
n die Abzweigungen desselben übergehen. Am 
Ende jedes Leitungsdrahtes müßte eine kleinere Dy— 
namo⸗Maschine aufgestellt sein, welche natürlich alle 
Bewegungen ihrer Schwester am Niagarafalle mit⸗ 
nachen und ihrerseits Drehbänke, Bohrer, Nahma— 
chinen, Sägewerke u. s. w. in Bewequng setzen 
vürde. 
Verwirklichte sich einst diese großartige Idee — 
ind wer wollte angesichts der staunenswerthen Fort⸗ 
chritte der Elektro⸗Technik dies für unmöglich halten 
— so würde mit einem Male für Nordamerika die 
Frage gelöst sein, das Kleingewerbe mit einer billigen 
BZetriebskraft zu versehen, um es gegenüber der 
Broßindustrie konkurrenzfähig zu machen. 
Aber auch bei uns, die wir allerdings keinen 
Wasserfall besitzen, dessen Kraft auf Millionen von 
Pferdekräften geschätzt werden darf, ist eine Be⸗ 
iutzung der Elektrizität für das Kleingewerbe auf 
ihnliche Weise möglich, vorausgesetzt, daß sich der 
Zreis der Dynamo-Maschinen noch bedeutend er— 
näßigt; denn nicht nur sind in größeren Fabriken 
nit Dampfbetrieb fast immer einige Pferdekräfte 
erfügbar, sondern die zahlreichen Gießbäche der 
—Schweiz, die reißenden Wasserläufe der Mittelgebirge, 
Ebbe und Fluth des Meeres bergen auch Miilli— 
dnen von Pferdekräften in sich, die noch ihrer Nutz⸗ 
harmachung harren. — 
Daß die Elektrizität sogar dem beschränkten Be— 
trieb eines Hauswesens fast in allen seinen Zweigen 
dienen kann, dafür gab die Pariser elektrische Aus— 
tell. ig Zeugniß, indem sie eine Wohnung, bestehend 
aus 8 Zimmern, zeigte, in denen alles mit Elek⸗ 
trizität vor sich ging. Die Küche wurde von elek— 
rischen Lampen erleuchtet und der Herd mit Elek⸗ 
rizität geheizt; elektrisch erhitzte Eisenplatten hielten 
die Speisen warm. In allen Zimmern konnten 
zicht nur die Lampen durch den Druck auf einen 
Zdnopf entzündet, sondern auf diese Weise Diener, 
Freunde, Aerzte u. a. herbeigerufen und die 
-„”peisen mittels eines elektrischen Aufzuges her⸗ 
eigebracht werden. Elektrische Kronleuchter, elek⸗ 
rische Ühren, ele ktrische Heizung, ein elek— 
risches Piano, eine Toilette mit elektrischen Haar— 
ürsien u. s. w. vervollständigten die elektrische 
lusstattung. — Wenn auch eine derartige Ein— 
richtung zunächst nur eine Kuriosität bleiben wird, 
o beweist sie doch, wie mannigfaltig die Verwend⸗ 
zarkeit der Elektrizität ist. Ohne Zweifel wird 
nuch hieraus klar, daß die Elektrizirät diejenige 
kraft sein wird, welche in der Zukunft dem Haus⸗ 
irbeiter bei den verschiedensten mechanischen Ver—⸗ 
eichtungen wird helfend zur Seite stehen.