Full text: St. Ingberter Anzeiger

werden sich die Prinzen Bonaparte und Radzi— 
1 die Hauptinhaber des Etablissements von 
ate⸗Carlo, wohl in ihren Verlust fügen müssen. 
Aus Quimpeer (Departement Finistere 
rankreich) wird gemeldet, daß dort kürzlich bei 
n Eisfeste 14 Personen durch das Eis brachen 
dertranken. Die übrigen Theilnehmer des 
ases, statt Hülfe zu leisten, rannten schreiend am 
J und her. Die Verunglückten standen im 
er von 16 bis 24 Jahren und gehörten den 
sen Familien der Stadt an. 
6Gin Opfer der Freude.) Im „Evo⸗ 
ment“' ist zu lesen: Denjenigen unserer Leser, 
alche seit lange ungeduldig eine Erbschaft erwarten, 
ichen wir, daß sie nicht das Schicksal des Herrn 
htet, Rue Montdétour, theilen. Eine Erbschaft 
400, 000 Francs fällt ihm ins Haus, ohne 
cufgepaßt“ zu schreien. Herr Diecker, von einem 
uden-Delirium ergriffen, legt sofort unzweideutige 
dichen von Geistesstörung an den Tag; er be— 
afnet sich mit einem Stocke und beginnt auf das 
Hestmädchen loszuschlagen, das halbtodt auf dem 
boden liegen bleibt. Dann rennt er auf die 
taße und verfolgt die Passanten, indem er ein 
aschrei ausstößt, das nichts Menschliches mehr hat. 
din nimmt ihn fest und bringt ihn in seine 
phnung; dort will er sich zweimal zum Fenster 
auswerfen, dann versucht er das Haus anzu— 
den. Schließlich mußte der unglückliche Erbe 
wein Irrenhaus gebracht werden. 
EGOas Telephonim Dienste der 
zaucher.) In London haben kürzlich mehrfache 
zcsuche stattgefunden, welche die Verwendbarkeit 
3 Telephons im Dienste der Taucher zum Gegen— 
nde hatten. Nach den gewonnenen Erfahrungen 
diese Verwendbarkeit außer Zweifel. Die in 
ler Ausrüstung auf den Grund des Wassers 
abgestiegenen Taucher konnten mit den auf dem 
de verbliebenen Personen ungestört verkehren. 
Taucher verlangten mittels des Telephons vom 
unde der Themse aus die Herabsendung von 
rithschaften, stellten und beantworteten Fragen 
ohne daß auch nur das geringste Mißverständ— 
vorkam. Das Verbindungskabel zwischen dem 
ende und den Tauchern war 550 Mir. lang. 
ne Zweifel hat die Taucherei durch die Verwend⸗ 
thit des Telephons für ihre Zwecke viel ge— 
lite 
Mädchen als — Lotteriegewinnste. 
er russischen Stadt Belgorod des Gouverne— 
s Charkow starb neulich ein Mislionär Namens 
J. Tschumitscheff, welcher beiläufig eine halbe 
lion Rubel für heirathsfähige Mädchen, Töchter 
it Eltern aus dem Gouvernement Charkow, mit 
nvermachte, daß die Procente von dem ganzen 
ztal im Betrage von 1000 Rubeln alljaͤhrlich 
heine Lotterie an zehn verschiedene heiratbs— 
ige, solide, arme Mädchen zu 100 Rubel unter 
Bedingung vertheilt werden, daß die glücklichen 
uinnerinnen sich verflichten, sofort zu heirathen. 
ie Lotterie fand heuer am 19. v. M. zum ersten 
ie statt. Zu der Ziehung erschienen 25 Mäd— 
welche sich an der Ziehung der Loosen 
reilüigten. Die zehn glücklichen Gewinner— 
in von je 100 Rubeln waren meist Bauern— 
ddhen, welche zu der Ziehung zugleich ihre Bräu— 
me mitbrachten. Die Gewinnste erhielten sie 
wtroßdem nicht sofort ausbezahlt, sondern wur— 
naufgefordert, früher zu heiralhen und die Trau— 
Pdocumente mitzubringen, worauf sie auch die 
winnste erhalten werden. Die nächste Ziehung 
»t im September dieses Jahres stait. 
Ewa 2000 Weiber, meist Soldaten Witt⸗ 
stürmten am vorigen Mitiwoch das Finanz— 
erium in Konstantinopel und verlangten un— 
im die Auszahlung ihrer seit längerer Zeit rück— 
idigen Pensionen. Da Zahlung nicht geleistet 
de drangen die Frauen in das Arbeitszimmer 
Ninisters und ůberhäuften den unglückichen 
mit Schmähungen aller Art. — 
(GUnerwartete Entschädigung.,) 
xwisser Wakefield aus Austin (Texas) wurde 
miger Zeit beim Ueberschreiten der Eisenbahn, 
iend die Barriere offen stand und er das Heran⸗ 
un des Zuges nicht bemerken konnte, von einer 
motide erfußt und sammt dem Thiere, auf 
—X er ritt, getödtet. Als seine Frau dies hörte, 
it durchaus nicht betrübt daruͤber, daß ihr 
getödtet wurde, denn sie war oft mißhandelt 
ogar manchmal eingesperrt worden, nur ver— 
sie einen Schadenersatz wegen des Maulesels 
degab sich dieserhalb zu dem betreffenden Eisen— 
vahn-Direktor. „Well, Madame“, fiel ihr der 
Direktor der Gesellschaft ins Wort, als sie diesem 
hr Anliegen vortragen wollte, „wir sind bereit, 
n dieser traurigen Angelegenheit zu thun, was wir 
oͤnnen; nur möchten wir nicht, daß die Sache vor 
»em Gerichte zur Entscheidung gebracht werde, da 
s für uns unangenehm ist, wenn die Sache in 
veiteren Kreisen bekannt wird. Ich offerire Ihnen 
ils Entschädigung 3000 Dollars, wenn Sie dieses 
Schriftstück unterzeichien und von jeder weiteren 
rorderung zu Lasten der Gesellschaft absehen.“ 
Ddie Wittwe traute ihren Ohren nicht und fragte 
rochmals: „Wie viel?“ — „Ich bin ermächtigt, 
zhnen 8000 Dollars auszuzahlen“, replicirte der 
Direktor. „Die nehme ich sofort an“, antwortete 
ie, unterzeichnete das Schriftstück und entfernte sich 
eiligst. „Ich glaubte nicht mehr als 50 Dollars 
zu erhalten“, sagte sie zu ihrer Nachbarin, „der 
Eisenbahndirector hat sicherlich nicht gewußt, wie 
alt der Maulesel war!“ 
F (GEhristian Schulze in Wisconsin.) 
Auch jenseits des großen Wassers scheint sich der 
in der deutschen Reichshauptstadt so ausgicbig ver— 
kretene Name Schulze bereits einer lebhaften Ver— 
bindung zu erfreuen. Eine der jüngsten Nummern 
des „Dodge County Pionier“ in Wisconsin schreibt 
darüber: Der Scheriff unseres County war beauf⸗ 
ragt, einen wichtigen Zeugen, Namens Christian 
Schulze, nach Madison zu schaffen, um in dem 
Zßrozeß gegen Friedensrichter Kube von Watertown 
zuszusagen. In Dodge County gibt es aber gar 
biele Schulzen und darunter auch eine erkleckliche 
Anzahl von Christianen, was der Scheriff nach 
Madison berichtete. Die Madisoner Behörden 
viesen den Scheriff hierauf an, alle Christian 
Schulzes aach Madison zu schicken. Gesagt, ge— 
han. Im Ganzen wurden 28 Christiane gefunden, 
ie auf den Zunamen Schulze hören, und die 
Zzene im Kreisgericht zu Madison muß sehr nied— 
ich gewesen sein, als der Ausrufer Christian 
Schulze vorriff und 28 Mann sich auf einmal 
nordrängten. 
F Auf einer Regatta in Hongkong (China), 
velche am 15. und 16. Dez. vorigen Jahres statt⸗ 
'and, haben sich die deutschen Ruderer mit Ruhm 
»edeckt. Ihr Boot hieß dem deutschen Kaiser zu 
Ehren „Kornblume“ und siegte im Ganzen vier Mal; 
am 1. Tage gewann der deutsche Club das deutsche 
Rtennen, am 2. Tage siegte er sowohl über die 
Engländer wie Amerikaner. Die in Honkong er— 
cheinende tägliche Presse rühmt die Ausbildung 
vie die Haltung der Deutschen. 
Wie dann, wenn unsere Kohlenschaͤtze 
sich erschöpfen? 
Zur Beruhigung ängstlicher Gemüther gibt 
Prof. Jul. Frühauf auf vorstehende Frage fol— 
zende Antwort: In England ist man schon längst 
in großer Sorge um die Zukunft des Landes und 
stellt seit einem Jahrzehnt Berechnungen über die 
wahrscheinlich noch vorhandenen Vorräthe der Erde 
in. Ein Aufhören der Kohle, der „schwarzen 
Diamanten“, wie sie der Engländer nennt, oder 
auch nur eine sehr wesentliche Vertheuerung der— 
elben, stetig wachsend, bedeutet für Großbritannien 
d»en Zusammenbruch des Wohlstandes und der 
Weltmacht; die Erschöpfung der deutschen Kohlen— 
elder wäre natürlich ebenfalls von zerstörender 
Wirkung für Deutschland, die Folgen unabsehbar, 
inabsehbar selbst für alle Cultur! Merkwürdiger— 
veise hat sich in der Geschichte der Menschheit siets 
die Erscheinung wiederholt, daß, wenn die Menschen 
»ang frugen: Was soll denn werden, wenn das so 
ind so fortgeht, die Hilfe schon im Anzuge war. 
AV europäischen Län— 
er nehmen ab, einmal tritt, früher oder später, 
»ie Abnahme sichtbar vor das dann lebende Ge— 
chlecht, gewiß mit Schrecken — nach unseren heu⸗— 
igen Begriffen. Und siehe da, abermals wieder⸗ 
yolt sich, lange Zeit vor diesem gefürchteten Moment, 
ene geschichtliche Erscheinung, die Hilfe kommt dies 
nal in der glänzenden Gestalt der elektrischen 
draft, bereit, zu leuchten, zu ziehen, zu kochen, 
»ald auch zu heizen. Noch nie trat eine eminent 
Jroße Erfindung bescheidener in den Dienst der 
Menschheit, noch nie waren die weittragenden Fol⸗ 
jen für zahlreiche Betriebe und Zweige menschlichen 
Schaffens sofort so klar erkennbar, wie hier. 
Die Electricität bedeutet eine Revolution im 
jesammten Wirthschaftsleben! Wir stehen heute erst 
im ersten Anfang der Entwicklung, deren Gang 
völlig unberechenbare Folgen mit sich bringen, ganz 
ingeahnte Veränderungen für Volks- und Pribat— 
virthschaft bewirken kann. — Das „Jahrhundert 
»es Dampfes“ wird abgelöst vom „Jahrhundert der 
ẽlectricität“! Sie wird tausendfache Dienste thun, 
vo heute Dampf⸗, Pferde- und Menschenkraft ar— 
ꝛeitet, sie wird eingreifen in allen Fabrik— und 
handwerksbetrieb, in die Landwirthschaft, Schiff⸗ 
ahrt, Güterbewegung, sie wird voraussichtlich die 
Frage der Luftschiffsahrt lösen und, während jetzt 
Nillionen Zentner Kohlen auf weite Entfernung 
ransportirt uud doch nur zu noch nicht 10 Pro— 
ent ausgenutzt werden — da 90 Prozent verloren 
ind (Siemens) — in den Kohlenrevieren selbst 
rzeugt werden, wie später das Gas. Bei der 
jeutigen Feuerungsweise und schlechten Ausnutzung 
»es Brennmaterials beträgt der Verlust besonders 
an uugusgenutzten Nebenprodukten sammt den 
Spesen der Kohlenheranschaffung ꝛc. für England 
nach Siemens 3 Millionen Pfund Sterling, das 
ist gleich dem Werth der von sämmtlichen englischen 
Sasanstalten verarbeiteten Kohle! 
Der Zweifel ist eine zu natürliche Erscheinung, 
als daß er nicht auch hier gegenüber den auf die 
Llectricität gesezten Hoffnungen negirend auftreten 
ollte, ganz wie einstmals im englischen Parlament, 
in welchem verschiedene Mitglieder den Erfinder der 
Lotkomotive für's Irrenhaus reif hielten. Nannte 
doch auch Napoleon J. den Erfinder des Dampf-⸗ 
chiffes, Foulton, einen „Narren, der ihm (erzählte 
er dem Fürsten Metternich) angeboten habe, Trup— 
»en mit Dampf zur Invasion Englands über 
den Canal zu setzen“. 
Wer heute die doch über Kurz oder Lang kom— 
mende Möglichkeit von regelmäßigen Luftschifffahrts- 
ügen zu prophezeihen sich unterfängt, wird einfach 
ausgelacht. Und doch führt hoͤchst wahrscheinlich 
die Electricität aaf dem Wege der mittels Ac— 
umulatoren aufgesparten Kraft zur Lösung des 
roblems. Es ist eine alte Erfahrung, dieselben 
Henschen, die anfangs spotten oder weise lächeln, 
nehmen alsbald, wenn eine große Erfindung ihre 
»raktische Thätigkeit begonnen, die ganze Sache als 
wie „selbstverständlich“ hin, von der sie nur nicht 
begreifen können, „warum sie erst so spät erfun⸗ 
)en“ sei. 
Die Kohle wird noch auf lange Zeiten ihren 
Werth behalten; darüber können sich doch nur 
Wenige täuschen. Wenn aber, wie Sieimens glaubt, 
Almälig Wasserfälle sowie das fallende Wasser der 
Flüsse allerorts werden zur Erzeugung von Elec— 
tricität angespannt werden, wenn einst auch Ebbe 
und Fluth, ferner der Wind, ja die ewig auf- und 
niedergehende Bewegung der Meereswellen ebenfalls 
Spanndienste thun müssen, dann haben wir oder 
unsere Nachkommen eine überall thätige Krafts⸗ und 
Lichtquelle von unversiegbarer Nachhaltigkeit, welche 
alljährlich Millionen Tonnen Kohlen ersetzt. Des⸗ 
halb räth Siemens den Kohlenwerken auch schon 
)eute an, sich auf Bereitung des Brennstoffs der 
Zukunft zu werfen: auf Fabhrikation von Heizgas. 
Man mache sich bei der Versendbarieit der 
Electricität auf 50, nach Anderen auf 200 Meilen 
nur klar, was beispielsweise der Niagara-Wasserfall 
für Nordamerika zu bedeuten haben wird, welchem 
in der Minute 3 Millionen Pferdekraft zugeschrie⸗ 
ben werden, mit deren Anspannung die jetzt mit 
20 Millionen Dollar gegründete Attiengesellschaft 
50 Städte erleuchten zu können hofft. In llen 
Kohlenrevieren werden einstmals sich großartige 
Maschinenanstalten zur Erzeugung von Electricitaäͤt 
für die Provinzen vorfinden. 
So jung die ganze Erfindung ist, so rapid ist 
hre Entwicklung. Eine Londonet Gesellschaft ver—⸗ 
ffentlicht bereits einen Tarif für Göstündige Arbeits- 
Bermiethung: 1) für Ommbus zu 40 Personen, 
2) Familien-Wagen, 3) Velocipedes, 4) Nähma⸗ 
chinen (mittels aufgesparter Eleltricität). Die Ei— 
enbahn zu Lichterfelde (bei Berlin) geht seit drei 
Jahren, der Pferdebahnwagen zu 20 Personen lief 
Nonate hindurch mit bedeutender Steigung zur 
Zufriedenheit; Häfen und Docks sind bereits viel⸗ 
ach erleuchtet, Siemens zieht ausgezeichnele Ge— 
nüse, Beeren, Ananas, miitels elektrischen Lichts. 
Das Alles ist aber nur das erste Kindheits— 
Stadium der Erfindung. Lasse man doch der Wis⸗ 
enschaft Zeit, größere Resultate in ruhigem Fort⸗ 
irbeiten zu erringen. Bei dem ganzen Zank um 
—DD— zweierlei 
ibersehen: die Jugend der Erfindung und, daß 
die wohlhabenderen Städte und Klassen di⸗ für 
etzt noch theuere Beleuchtung dennoch bezaͤhlen 
verden. Wie rasch das Auge sich verwöhnt, wie 
chnell sich der Begriff „genügende Helligkeit“ stei—