Full text: St. Ingberter Anzeiger

xt. Ingherter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
er „St. Jugberter nzeiger?“ erscheint wbchentlich füufmalz AUm Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Tonutag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungt 
lan und Sonntags mit 8seitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1A 40 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 60 —, einschließlich 
d A Zustellungsgebaͤhr. Die Einrückuugsssgebühr für die Agespallene Garmondzeile oder deren Kaum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Srpedition Auskunft ertheilt, 15, bei Neclamen 30 3. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
32. 
Donnerstag, 15. Februar 1883. 1. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutlches Reich. 
RNünchen, 12. Februar. Se. Maj. der 
donig ist heute Morgen 83*2 Uhr mittels Extra⸗ 
uges zu monatlichem Aufenthalt hier eingetroffen. 
Straßtzburg, 13. Febr. Durch paͤpstliches 
greve ist der Bischof von Straßburg, der hochbe⸗ 
agie Herr Andreas Raß, auf sein wiederholtes, 
urch den Hinweis auf seine zunehmende Kränklich⸗ 
eit begründeten Ansuchen von der Weiterführung 
ser bischoflichen Geschäfte in Gnaden entbunden 
vorden. Der bisherige Koadjutor cum ape gucce- 
lendi, Bischof von Casaropolis i. p. i. Herr 
ztumpf, ist zum Administrator der Didzese 
traßburg ernannt und mit der Führung sämmt⸗ 
cher Geschaͤfte betraut worden. 
Berlin, 183. Febr. Die Kreuzzeitung glaubt, 
aß der Rücktritt des Kriegsministers, nach dem das 
nilitar⸗Pensionsgesetz mit dem fortschrittlichen An⸗ 
rage über die Communalbesteuerung der Offiziere 
om Reichsstage an die Commission zurückverwiesen 
st, nicht mehr in Aussicht stehe. 
bon offizibser Seite wird hervorgehoben, daß 
er Kaiser einen sehr lebhaften Aniheil an dem 
tandekommen des Gesetzentwurfes wegen der 
ilitärpensionen habe, und angedeutet, daß die Ab⸗ 
nung möglicherweise zu einer Auflösung des 
teichslages führen könne. 
vei dem Reichstage isi eine Petition des 
entralrathes der deutschen Gewerkvereine gegen 
inführung obligatorischer Arbeitsbücher für er⸗ 
ʒachsene Arbeiter eingelaufen. Die Eingabe zählt 
9,7580 Unterschrifen aus 277 Ortschaften. Unter 
en letzteren sind folgende pfälzische Städte vertre⸗ 
n: Frankenthal, Kaiserslautern, Neustadt a. H. 
und Zweibrüdden. In derselben Angelegenheit ha⸗ 
ꝓn sich auch Josephh Kammeter und Genossen in 
dandau an den Reichstag gewendet. 
Ausland. 
Paris, 183. Febr. Da in der heutigen 
yung der Kammer Faure Gonapartist) jur 
nimisterbank hinüber: „Feiglinge!“ gerufen, forderte 
Ackerbauminister Mahh den Deputirten Faure 
Duell. 
Paris, 18. Februar. Das Gesammicabinet 
eemissionirte, bleibt aber bis auf weiteres in Func⸗ 
iion. — Das Gerücht geht, Prinz Napoleon werde 
EIn England aus ein neues Manifest erlassen. — 
Die Kammer dürfte das Senals⸗Amendemem Say 
Amt einigen Verschärfungen annehmen — Frey⸗ 
qnet wurde wieder ins Elysée berufen, auch Say 
und Waddington. 
London, 13. Febr. Prinz Jerome Napo— 
eon ist, begleitet von seinem Sohne, dem Prinzen 
wuis, gestern Abend, von Paris kommend, in Lon— 
don eingetroffen. Im Charing⸗ Croß ⸗Bahnhofe wurde 
dr Prinz von einer grohen Anzahl von Vonapar 
iß üsfen empfangen und auf das Herzlichste begrüßt. 
Die „Kreuzzeitung“ beschäftigt sich nochmals 
nit der Frage: Wie steht es mit den Rüstungen 
Rußlanda * und kommt zu folgendem Resultat: 
Daß die gegenwärtigen mitacischen Visposu 
uen Rußlands nichts weiter sind, als die Aus— 
„trung einer großen Armeeorganisation an Fuß 
und Gliedernm: daß Deutschland ihm gegenüber 
n großen Vorsprung hat. 2) Daß nach Ver— 
w —— Umgestaltung und nach 
usführung der im Vau begrfenen Festungen und 
eenbahnen in Rußland auch in dieser Beziehung 
ue Ueberlegenheit auf Seiten Deutschlande bleibt 
3) Daß, wenn die russische Heeresziffer auf dem 
Papier die Deutschlands übertrifft, legteres seine 
Streitkräfte schneller aufstellen und vollzählig in's 
Feld führen kann, während Rußland mehr Zeit 
zur Mobilmachung und zum Aufmarsch gebraucht 
ind es außerdem stets gezwungen ist, einen be⸗ 
rächtlichen Theil, eiwa seiner Armeecorps, im 
igenen Lande zu belafsen. 4) Daß Warschaus 
Festungsdreieck so lange einen devensiven Charakter 
trägt, wie die Weichsel nicht zahlreicher von stehen⸗ 
»en Brücken überspannt ist. — Vor vier Wochen 
Aatte der Artikels jedenfalls groͤßeren Effect gehabt. 
hobene Bezirksarztstelle durch den k. Bezirksarzt in 
st. versehen. Wie alljährlich, ließ er sich im Fruh⸗ 
jahre die Impflisten der verschiedenen Gemeinden 
einsenden. Die Gemeinde B. wartet aber bis heute 
bergebens auf den impfenden Arzt. Weder an den 
lleinen Kindern, noch an den Schülern der Werk⸗ 
agsschule wurde die Impfung im Jahre 1882 be—⸗ 
haͤtigt! (Frih. Tgbl.) 
Verm ischtes. 
F Passau. Einem hiesigen Geschäftsmanne 
vurden dieser Tage einige Zwanzigmarkstücke von 
iner Bankstelle als minderwerthig zurückgegeben. 
Bei näherer Untersuchung zeigte sich, daß bei voll⸗ 
jändig unveränderter Prägung und ohne auffallen⸗ 
»es Kennzeichen die Stücke durch eine ätzende 
Flüffigleit gezogen waren, wodurch eine Ablösung 
zon Gold gewonnen wurde, welche bei 8 Zwanzig⸗ 
narkftücken einem Manko von annähernd dier 
Mark gleichkommt. 
fF In Bahyern, woselbst landesgesetzlich das 
Bier nur aus Hopfen und Malz gebraut werden 
darf, ist nach einem Urtheile des Reichsgerichts jede 
inderweitige Zuthat, z. B. Süßholz, zu dem Bier 
als Nahrungs⸗ und Genußmittelfälschung zu bestra⸗ 
en, selbst wenn dieses Bier ohne eine Zuthat ein 
mn sich gutes war und die Zuthat nur den Zweck 
jatte, die Meinung zu erregen, daß sich im Biere 
in größeres Malzquantum befinde, als sonst ge⸗ 
wöhnlich in Bayern zum Brauen verwendet wird. 
MScheidt, 18. Febr. Auch die hiesige 
Simultanschule ist der Strömung auf schul⸗ 
politischem Gebiete bei uns zum Opfer gefallen. 
VBom 1. April ds. Is. ab ist dieselbe aufgehoben 
uind in eine confessionell getrennte um— 
jewandelt. Durch diese Umwandlung müssen die 
either bestandenen 2 Schulen um eine vermehrt 
werden; wir bekommen damit 2 evangelische und 
lkatholische Schule. Auf die neugegrundete zweite 
vangelische Schulstelle ist Herr F. Bickert aus 
dindenheim (Pfalz) ernanni und wird derselbe mit 
dem 1. April seine Funktion dahier antreten. Da 
es vorläufig an einem dritten Schullokale fehlt, so 
ist die Gemeinde genöthigt, ein solches zu miethen. 
FEchultze mit'n „zz“.) Schultze heeß ick, 
det stimmt, Herr Jerichshof, aber ick spreche mir 
nit'n „iz“. So replizirte der Tagelöhner August 
-chultze, welcher sich wegen wiederholien Betteins 
zor dem Schöffengericht in Berlin zu verantworten 
jatte, auf die Frage nach seinem Namen. Vor—⸗ 
itzender: Geboren sind Sie? Angeklagter: Woll', 
voll', Herr Jerichtshof. sojar wohljeboren; indem 
t uff die Adresse von meen' Vater immer druff je⸗ 
tanden hat. Ick stamme nämlich aus 'ne sehr 
ropre Familje — wat meen'se woll — Vorf.: 
rassen Sie nur ihre Familie⸗Angelegenheiten und 
intworten Sie nur auf das, was ich Sie frage 
AV 
zeboren? Angekl.: Det steht ja mang die Altens 
— in Oderberg, so'n Stückerner drei Dage un 
ween Nächte von Berlin. Vors.: Das Oderberg in 
der Mark meinen Sie doch — das ist doch nicht 
so weit. Angekl.: Ick bin et jeloofen, ick wers 
)och wissen — natürlich bei jutes Wetter. Vors.: 
Was sagen sie auf die Anklage, die Sie des wie— 
»erholten Bettelns bezichtigt? Angekl.: Wat soll der 
Densch dadruff noch wat sagen! — ick bin ganz 
aff! Vors.: Sie sollen unter dem Vorgeben, Ueber⸗ 
chwemmter zu sein, gebettelt haben. Ist das rich⸗ 
ig? Angekl.: Ick Ueberschwemmter? Nee sowat lebt 
nich — ick soll überschwommen sind! Und jebeitelt 
Lokele und pfälzische achrichton. 
D Niederwürzbach, 13. Febr. Ein hier 
vohnhafter Mann, der bezüglich seiner Stellung 
einen Einfluß ausüben kann, hat letzthin mit aller 
heatralischen Pathetik erklärt: „Ich würde, wenn 
nein Kind vom Lehrer in der Schule geschlagen 
oürde, denselben in vier Theile zerreißen.“ Dieser 
jebenswürdige Repräsentant des Faustrechts scheint 
ine sehr eigenthümliche Sympathie für die Kin⸗ 
zerzucht zu haben, und wünschen wir ihm wirklich 
Blück ob seiner Energie, doch hätte er verdient, 
rüher gelebt zu haben; denn das 19. Jahrhundert 
etzt den Freunden des mittelalterlichen Faustrechts 
jar enge Schranken und weist ihnen gegebenen 
Falles ein stilles Plätzchen zum Nachdenken darüber 
m, daß ihre Zeit vorbei ist. 
— Wie das „Pf. J.“ aus zuverlässiger Quelle 
erfährt, soll die Gründung eines Kapuzinerklosters 
n Blieskastel die staatliche Genehmigung nicht 
erhalten haben. I 
— Herr Polizeikommissar Feiertag in Kai⸗ 
erslautern veröffentlicht folgende Erklärung: 
Wie bekannt, beschäftigt seit einigen Tagen die hie⸗ 
ia Zeitungen die Angelegenheit mit den fingirten 
Todesanzeigen des Eduard Weiler von hier. Ge⸗ 
opiß mit Recht bezeichnen die öͤffentlichen Blätter 
olches Thun als ein frevelhaftes, niederträchtiges, 
iner Stadt nicht zur Ehre gereichendes. Dem 
jegenüber halte ich mich verpflichtet, zu erklären, 
»aß ich durch meine gepflogenen Recherchen fest⸗ 
tellte, daß der todtgesagte Eduard Weiler diese 
Inzeigen selbst schrieb. 
— Lambrecht, 183. Febr. Hier ist gestern 
n einem Hausgarten ein Meisennest mit 4 bereits 
usgekrochenen Jungen gefunden worden. Nächstens 
soͤren wir wohl auch von den ersten Schwalben. 
— Eine große Zahl pfälzischer Post- und Tele⸗ 
zraphenbeamten vereinigte sich am Sonntag in 
steustadt zur definitiven Gründung eines Ver—⸗ 
ines, dessen Zweck sein soll: Förderung der Col⸗ 
egialität und Wahrnehmung der Standesinteressen. 
der Verein wird alle Vierteljahr Sitzung an je⸗ 
veils zu bestimmenden Orten abhalten. 
— Russisches aus der Pfalz. Sie 
rachten unlängst die Mittheilung, daß in Sibirien 
ine Ortschaft entdeckkt wurde, die bisher ohne 
Oberhaupt regiert und in der bislang keine Steuern 
rhoben worden und zwar deshalb, weil die Be— 
jörden von dem Vorhandensein dieser Gemeinde 
eine Kenntniß hatten. „So was kann nur in 
stußland vorkommen,“ dachte gewiß gar mancher 
deser. Daß aber auch in unserer Pfalz eine Ge⸗ 
neinde für eine amtliche Behörde nicht zu existiren 
cheint und in einer sehr wichtigen Angelegenheit 
»ergessen worden, wird kaum glaublich klingen. 
Und doch dürfte dies nach den uns gewordenen 
uverlässigen Mittheilungen der Fall sein. Im 
dantone G. wird seit mehreren Jahren die aufge—⸗