Full text: St. Ingberter Anzeiger

wir hierzu noch den Schaden an Gebäulichkeiten 
im Kanion Ludwigshafen mit 442,700 M. und 
nehmen wir ferner diejenigen in den übrigen Rhein⸗ 
gemeinden unserer Pfalz approximativ zu 358, 100 
M. an, so ergiebt sich allein an Gebäulichkeiten 
schon ein Schaden von über 19 Million Mark. 
— Von zuverlassiger Quelle wird der „Sp. 
Zig.“ mitgetheilt, daß von liberaler Seite der kgl. 
dandgerichts⸗Direktor Herr Faher in Frankenthal 
zum Landtagsabgeordneten für den Wahl⸗ 
ireis Frankenthal⸗Speyer ausersehen ist. 
Herr Fahr ist ein Speyerer. 
— Gleishorbach, 14. Fegr. Heute be— 
suchte Dr. C. Mehlis von Dürkheim das wieder⸗ 
jolt besprochene, am Fuße des Hatzelberges, gegen⸗ 
uͤber von Landeck gelegene Gräberfeld. Unter der 
Ldeitung des genannten Archäologen und in An—⸗ 
vesenheit des Hrn. M. Rollmer von Billigheim, 
dehrer Hollinger von hier und des Oekonomen 
Witting von hier wurden 4 große Sarkophage. 
ämmtlich von Osten nach Westen liegend, bloßge⸗ 
legt. Die Särge, welche 2 Meter lang, 45 Centi⸗ 
meter breit und aus rothem Sandstein plump her⸗ 
geftellt sind, bergen vollständige Skelette mit zum 
Theil wohl gebildeten Schadeln. In der Nähe 
wurden Bruchstücke eines irdenen Gefäßes aus der 
merovingisch⸗fränkischen Periode und zwei kleine 
Silbermünzen gefunden. Auf der einen kann man 
deutlich das Bild eines Christuskindes mit Kreuz 
erkennen. Die Sarkopharge bilden die mittlere Schicht 
des Gräberfeldes. Es unterliegt kaum einem 
Zweifel, daß wir hier den Friedhof des Klofters 
Bliedenfeld“, aus dem später die Abtei Klingen⸗ 
münster (clunga Monasterium, „Münster am Bach“) 
entstand, vor uns haben. Der erste Abt dieses 
dlosters, Celebris, wird in einer Urkunde vom Jahre 
655 genannt. — Die gefundenen Münzen kommen, 
wie uns mitgetheilt wird, in das Museum in Speyer, 
die Schädel aus den 4 Särgen werden der Samm⸗ 
ung der „Polichia“ in Dürkheim einverleibt. 
(Land. Tgbl.) 
— Die Aufnahme in den Verein pfälzischer 
Verkehrsbeamten geschieht bis zum 1. März l. J. 
anentgeltlich, von diesem Zeitpunkte ab beträgt die 
Aufnahmsgebühr eine Mark. Der Quartalbeitrag 
der Mitglieder ist auf 1Mk. 50 Pfennig festgesetzt. 
Als Tag der nächsten Zusammenkunft wurde der 
Mars. als Ort derselben Kaiserslautern ge— 
wählt. 
— Die „Augsb. Abdztg.“ berichtet: Die Post⸗ 
voten in der Rheinpfalz beabsichtigen auch 
dieses Jahr wieder eine Eingabe zur Verbesserung 
ihrer Lage an die Kammer der Abgeordneten zu 
richten, da die Eingabe von 1881 bis jetzt noch 
ohne Erfolg bei der köngl. Regierung liegt. Die 
Pfälzer Postboten haben sich deshalb nach Augs- 
zurg um eine Abschrift der dort beschlossenen Peti⸗ 
— gewendet, da sie sich derselben anschließen 
vollen. 
— — 
Vermischtes. 
4 Die Nachricht von dem Ableben Richard 
Wagners hat besonders in München große Theil— 
nahme hervorgerufen, dürften doch auch kaum in 
einer Siadt sich verhältnißmäßig so viele Verehrer 
uind Freunde Wagners befinden als in München. 
Die Neuesten Nachrichten“ daselbst eröffnen bereits 
ine Sammlung zu einem dem verlebten Meister 
würdigen Denimal und hat der Verleger dieses 
Blattes hierzu sofort 300 Mark gezeichnet. Die 
Leiche Wagners kommt nach dem himnterlassenen 
Wunsch des Verlebten nach Bayreuth, um in dem 
HBarten bei „Wahnfried“ beerdigt zu werden. 
Bayreukth, 15. Febr. Der Magistrat 
beschloß einstimmig, die Leichenfeier Wagner's auf 
Kosten der Stadt zu begehen. 
Die „M. N. Nachrichten“ berichten aus Er⸗ 
langern: Das von Professor Filehne hier entdeck 
—XXD 
dargestellte „Kairin“ — Orychinolinäthylhydrur 
— 'hat die Feuerprobe seiner Wirksamkeit glänzend 
destanden. Kairin ist das fieberwidrige Mittel par 
xxcellence, mit welchem kein älteres oder neueres 
Antifebrile in die Schranken treten kann. Bis jetzt 
jat es in allen Fällen, in welchen es angewendet 
vurde, seinen Dienst gethan und die Temperatur 
Jerabgesetzt. Bei geschickter Dosirung kann jede 
Heliebige normale oder fubfrebile Temperatur belie— 
„ig lang festgehalten werden und zwar innerhalb 
veniger zehntel Grade. Es kann in chronischen 
Fällen wochenlang angewendet werden, ohne un⸗ 
angenehme Nebenwirkung, ohne in nachtheiliger Weise 
uf das Herz zu wirken, ohne Kräfteverfall herbei⸗ 
zuführen.“ Die nächste Zukunft muß lehren, in 
velchen fieberhaften Krankheiten Kairin eine gün⸗ 
tige Wirkung thut und in wie weit und ob es 
ingezeigt, das Fieber durch dieses Mittel in den 
inzelnen Krankheiten zu maßigen oder es ganz zu be— 
titigen. 
F Im Krankenhause zu Lands hut verschied 
ürzlich das 11/3 Jahre alte Kind eines Taglöhners 
zach unsäglichem Leiden. Der entmenschte Vater 
»em bereits ein älteres Kind wegen Mißhandlung 
jerichtlich entzogen worden war, haite das letzt⸗ 
enannte absichtlich in ein Gefäß mit siedheißem 
Wasser gestellt und ist das arme Geschöpf an den 
herbrühungen und Brandwunden gestorben. 
F(Wie man sein eigenes Geld hei— 
zathen kann.) Dieses Räthsel löste kürzlich 
in wohlhabender Fleischermeister in Mannheim. 
Dderselbe fühlte sich nach dem Heimgange seiner 
Frau allzu einsam und allein und beschloß, trotz⸗ 
sem er sich schon in vorgerückten Jahren befand 
ind bereits heirathsfähige Kinder hatte, sich eine 
weite Lebensgefährtin zu erkiesen. Seine Wahl 
iel auf eine erprobte, tüchtige Ladenmamsell, ob⸗ 
chon dieselbe kaum das Alter seiner ältesten Tochter 
rreicht hatte und von Hause aus vollständig mit⸗ 
ellos war. Der wohlhabende und noch rüstige 
zreier fand Gehör und Standesamt und Kirche 
nüpften bald den Herzensbund zum festen ehelichen 
gunde. In einer glücklichen Stunde der Flitter⸗ 
vochen fühlte sich nun die junge Frau ihrem feu— 
igen Alten gegenüber zu der interessanten Eröff⸗ 
jung gedrungen, daß sie doch nicht so ganz arm 
ind mittellos sei, denn sie habe sich während ihrer 
Fonditionszeit bei ihm ein ganz ansehnliches Sümm⸗ 
hen zum Theil von ihrem Salair, zum anderen 
Theil durch freiwillige Darlehen aus der Ladenkasse 
— erspart. Der junge Alte, zuerst erstaunt, pries 
im so mehr die Gunst des Schicksals, das ihn da⸗ 
zu geführt hatte, mit der jungen Verkäuferin auch 
ein eigenes Geld zurückzuerobern, nur soll er im 
Innern fest beschlossen haben, keine Ladenmamsell 
nehr zu halten, außer er käme in die Lage, wieder 
inmal — zu heirathen. 
Mainz, 13. Febr. Gegen den Heraus⸗ 
zeber eines hier erscheinenden, sich „Wucherpille“ 
iennenden Antisemitenblättchens ist von der Staats⸗ 
mwaltschaft auf Grund des 8 130 des Strafge— 
etzbuches (Anreizung zu Gewalthätigkeiten) Anklage 
erhoben worden. 
fF Darmstadt, 14. Febr. Heute Nacht starb 
der älteste Mann hiesiger Stadt und des Landes, 
der pensionirte Rentamtmann Königer, der am 
7. Märzec. das seltene Alter von 101 Jahren 
urückgelegt haben würde. 
F Erxplosion) Aus Ramersdorf bei 
Oberkassel erhält die „Bonner Ztg.“ Kunde von 
inem gräßlichen Unglück, welches sich am 10. ds. 
Morgens daselbst zugetragen. In der Wohnung 
ines Arbeiters der dortigen Steinbrüche explodirte 
ine Dynamitpatrone, während der Mann, seine 
Frau und ihre beiden Kinder gerade am Kaffee⸗ 
ische saßen. Das Häuschen brach unter furcht— 
arem Getöse zusammen und bedeckte die Bewohner 
nit seinen Trümmern. Der Mann und ein Kind 
vurden zwar noch lebend, aber sehr verletzt aus 
dem Schutt gegraben, während die Mutter und 
das andere Kind bereits todt waren, als man sie 
zu Tage förderte. 
F Dirschau. (Außergewöhnlich hohes Alter.) 
Vor einigen Tagen starb hier die älteste Bewohnerin 
inserer Stadt, Frau Liebe Großmann, im Alter 
yon 104 Jahren. Dieselbe hatte mit ihrem ver— 
torbenen Gatten 6 Kinder von denen 4 noch leben 
Außerdem hinterläßt die Verstorbene 60 Enkel, 
velche ebenfalls schon verheirathet sind und gleich 
alls Kinder haben, 53 Ururenkel und 1 Ururenkel. 
die ganze direkte und indirekte Nachkommenschaft 
der Frau Großmann beträgt 118 Personen. Eine 
Tochter derselben hat bereits 1876 in Lauenburg 
n Pommern ihre goldene Hochzeit gefeiert. Die 
Verstorbene hat die Noth- und Drangsalsperiode 
Dirschaus im Jahre 1806, 1807 und 18183 durch- 
Jemacht und konnte von derselben, besonders von 
der Ankunft Napoleons 1807 und 1813, lebhaft 
zerichten. 
F(Golirirte Spitzbuben.) Aus einem 
Ztädchen in nächster Nähe von Greiz wird der 
Hreizer Zeitung folgendes hübsche Geschichtchen ge— 
neldet. In der Nacht vom Sonntag zu Moniag 
zelang es Dieben, die Werkstatt eines Färbers vom 
dofe aus zu erbrechen und schon hatten sie aus 
den zum Theil noch nassen Zeugen sich einen an 
sehnlichen Packen zurecht gemacht, als der Fuͤrber 
von dem Geräusch erwacht, mit einem Doppelge 
wehr bewaffnet, ihnen entgegentrat. In der mond. 
scheinhellen Nacht gewahrte er zwei Gestalten, die 
sich bei seinem Herrannahen rückwärts zu concen. 
triren versuchten: Auf den Ruf: „Steht, oder ich 
jebe Feuer!“ spraugen beide, wie auf Commande 
in den großen beinahe gefüllten Indigobottich und 
zaten flehend um ihr Leben. Der Färber aber 
der sich an der Angst der Diebe weidete, feuert 
nun sein Gewehr in die Luft, was zur Folge hatte 
»aß beide Spitzbuben untertauchten. Dies gesie 
»em Färber so wohl, daß er die Herren Spiztzbu— 
yen dieses Kunststück dreimal wiederholen ließ. Ge— 
jörig gefärbt und durchtränkt entließ er dann die 
Beängstigten; eine Anzeige hat er nicht gemacht 
zenn der Indigo hatte seine Schuldigkeit gethan. 
Eine poetische Absage.) Im PVürsch 
sause Gabelbach nahe dem Kickelhahn bei Ilmenau 
jat sich seit Jahren eine kleine Gemeinde älterer 
derren gebildet, deren „Poet“ und Ehrenmitglied 
zer Dichter Viktor v. Scheffel ist. Die kleine 
hemeinde feierte auch diesmal ihre Kirmes bei 
Zraten und Kartoffelllösen und lud ihren Poeten 
azu ein. Er antwortete mit einem Gedicht: — 
Gern käm' auch ich, doch plagt mich hart — 
rfin Zahnweh mit Zwicken und Reißen — Und 
vär' der Braten auch noch so zart — Ich könnt 
hn heut nicht beißen.“ 
F Dem „Börsen⸗Kurier“ zufolge starb Richart 
Wagner auf dem Sessel in seinem Arbeitscabinet 
seine Gemahlin und Kinder waren um ihn ver— 
ammelt. Der König von Bayern sandte noch in 
der Nacht ein Beileids⸗Telegramm und bat, seine 
Wünsche wegen der Beisetzung oder Ueberführung 
der Leiche in die Heimath abzuwarten. In Vene— 
dig beabsichtigt man, eine allgemeine Leichenfeier 
zu veranstalten, zu welchem das Liceo Marcello 
und die Bürgerschaft die Initiative ergreifen 
Wagner hatte vor wenigen Tagen geäußert, Parfi— 
jal werde sein letztes Werk sein, und auf die Fragt 
Warum? erwiderte er: „weil er sterben werde. 
FODie Weine der Zukunft.) Mit den 
Weinen vom Weinstock — so schreibt der „Klad- 
deradatsch“ — geht es zu ende. Täuschen wir 
uns nicht darüber! Es ist leider so. Seit einer 
Reihe von Jahren schon ist kein trinkbarer Wein 
nehr gewachsen. Regelmäßig im Frühjahr komm' 
der Frost über den Weiaberg und was er übrig 
läßt, holt sich die Reblaus. Auch im lezten 
Jahre haben die Rebenhügel unseres Vaterlandes 
nur einen mäßigen Essig getragen, und auch in 
Frankreich ist diesmal die Weinernte vollkommen 
nißrathen. Es ist zur Bereitung der nöthigen 
Thateaux auf den Import deutscher Blaubeeren 
angewiesen. Mit einem Wort, es die höchste Zeit, 
daß wir uns nach einem guten Surrogat für Wein 
amsehen. Manches ist schon vorgeschlagen und ver⸗ 
sucht, aber nichts hat sich bewährt. Gyps allein 
liegt zu schwer auf dem Magen, während eine 
Mischung von Holzessig und Glycerin wiederum 
aicht angenehm für die Zunge fallt. Die Blau⸗ 
beere mundet nicht übel, ist aber doch so blau. 
Anilinlösung sieht gut im Glase aus, ist nur leider 
zu giftig, verdünnte Schwefelsäure wieder zu scharf. 
da hat zum Glück derz Franzose Deteuil die 
Enideckung gemacht, daß sich aus der rothen Runkel⸗ 
rübe ein famoser, halt⸗ und trinkbarer Wein her⸗ 
tellen läßt. Welch' eine gute Aussicht vor allem 
nuch für das rübenbauende Deutschland, denn es er⸗ 
cheint uns selbstverständlich, daß aus anderen Rü⸗ 
zen sich ein nicht weniger guter Wein wird her⸗ 
tellen lassen, als aus der rothen Runkel. Im 
Beiste sehen wir auf den Weinkarten der Zukunft 
zereits folgende Sorten verzeichnet: 1) Rothet 
Runkelfeldetr. 2) Chateau Carotte. 3) Kohlrabi 
nousseux. Dazu werden mit der Zeit noch viele 
mdere Sorten kommen. Ein Glück ist es dabei, 
»aß die Rübe sich von der Rebe nur durch einen 
Pokal unterscheidet, so daß das schöne Rheinwein⸗ 
ied von Claudius mit der kleinen Veränderung:! 
„Am Rhein, am Rhein, da wachsen uns're Rüben,“ 
mmer noch fortgesungen werden kann. 
F (An Blutvergiftung), hervorgerufen 
zurch gefärbte Strümpfe, ist in Marklinde bei Ka⸗ 
trop ein 18jähriger Knabe gestorben. Der Knabe 
jatte sich beim Schlittschuhlaufen eine kleine Ver⸗ 
etzung am Beine zugezogen, durch welche der 
ziftige Farbstoff Eingang in den Körper fand. 
F Einen eigenthümlichen Selbstmord beging 
ürzlich ein 40 Jahre alter Kellner, Namens Wil⸗