Full text: St. Ingberter Anzeiger

die brennende Flamme mittheilte, die sich dann 
rapide ausbreitete und die bekannte Katastrophe 
jerbeiführte. 
— Landau, 24. Febr. Den Haupigegen⸗ 
stand der Unterhaltung in allen Kreisen unserer 
Stadt am heutigen Nachmittag bildete die Nach— 
richt von dem Selbstmorde eines jungen Artillerie⸗ 
Offiziers, des Lieuterants Mark vom 2. Feld-Ar⸗ 
tillerie- Regiment, der sich kurz nach 2 Uhr in seiner 
Wohnung am Paradeplatz eine Revolverkugel in die 
rechte Schlaäfe schoß. Der Tod soll erst zwei Stun⸗ 
den nach der That, über deren Motiv man nichts 
Bestimmtes hört, eingetreten sein. — Ein zweiter 
Selbstmord wird aus Böchingen gemeldet. Dort 
suchte und fand heute Nachmittag eine bejahrte 
Wittwe durch Trinken von Vitriol den Tod. Motiv: 
Zerrüttete Vermögensverhältnisse. (Pf. Journ.) 
Spehex, 24. Febr. Eine gestern durch 
die Herren Medizinalrath Dr. Karsch sowie Dr. 
von Hörmann vorgenommene ärztliche Untersuchung 
der Zöglinge der hiesigen Lehrerbildungsanstalt 
»erursachte nach der „Pf. Pr.“ die Seitens der 
gl. Regierung heute verfügte Schließung des ka— 
holischen Schullehrerseminars und der Präparanden— 
schule. Es ist plötzlich der Typhus in solchem 
Maße ausgebrochen, daß 1 Lehrer und 88 Zöglinge 
des Seminars hieran erkrankt sind und letztere im 
„iesigen Spital liegen. Die gesunden Zöglinge 
wurden so rasch als möglich in die Heimath ent— 
lassen. Auffallender Weise beschränkt sich die Epidemie 
rein nur auf das Seminar und blieb die Präpa— 
randenschule resp. die 3 ersten Kurse der Anstalt 
von derselben bis auf einige Fälle verschont. Als 
bisher bekannte resp. vermuthete Ursache bezeichnet 
man das Trinkwasser der Anstalt. Der Unterricht 
„leibt bis zum 2. April ausgesetzt. 
— Aus der Pfalz, 25. Febr. Der Feuer— 
dersicherungsvertrag der „Pfälzischen Kampfgenossen⸗ 
schaft“ mit der „Providentia“ in Frankfurt a. M. 
jat dem Verbande für 1882 die Summe von 825 
Mark 62 Pf. eingetragen, welche für Unterstützungs— 
zwecke verausgabt werden. Da der Verband 1880 
ta. 400 M. und 1881 ca. 800 M. erhielt, so 
siind demnach bereits über 2000 M. dem Verbande 
zu gute gekommen. Hiernach hat sich der Ende 
1879 abgeschlossene Vertrag sehr gut bewährt. 
— Der GesammtUeberschwemmungsschaden an 
Gebäuden beträgt in Wörth 8080 Mk., in Pfortz 
19,290, Maximiliansau 6060, Neuburg 31,283, 
Hagenbach 3360, Rheinzabern 60, zusammen 68,133 
Mk. Der Gesammischaden an Mobilien beträgt 
in Wörth 19,039 Mk., Pfortz 12,345, Maximi⸗ 
liansau 19,837, Neuburg 8473, zusammen 53,694 
Mk. Hiezu der Schaden an Gebäuden 68,133 
Mk. Total 121,827 Mt. Der Schaden an Fel⸗ 
dern ist zur Zeit noch nicht festgestellt. 
— Die Direction der pfälzischen Eisen— 
bahnen spricht in einer Verfügung dem Personal 
ämmtlicher Dienstzweige den Dank und die Aner— 
kennung für die bewiesene Pflichttreue und Umsicht 
in der schweren Zeit der Ueberschwemmungen aus. 
Von den Oberbeamten der Direction bis zum letzten 
Bahnarbeiter habe Jeder seine Schuldigkeit in vollstem 
Maße gethan. Ferner bringt die Direction einen 
Frlaß Sr. Exc. des Herrn Regierungspräsidenten 
. Braun zur Kenntniß, in welchem gleichfalls 
die Thätigkeit des Personals in ehrendster Weise 
hervorgehoben mird 
Vermischtes. 
F München, 24. Febr. Eine für die Mit— 
glieder von Feuerwehren interessante Entscheidung 
jat gestern das hiesige Oberlandesgericht gefällt. 
Durch Urtheil des Schöffengerichts am Amisgerichte 
Rothenburg a. T. vom 19. Sept. v. Is. waren 
14 Pflichtfeuerwehrangehörige der Ortschaft Unter⸗ 
hegenau zu je 5 M., eventuell 2 Tagen Haft ver⸗ 
urtheilt worden, weil sie trotz richtiger Ladung bei 
ꝛiner auf Sonntag den 25. Juni v. Is. angesetz⸗ 
en Feuerwehrübung nicht erschienen waren. Die 
14 Angeschuldigten gaben zur Entschuldigung ihres 
Wegbleibens an, daß sie lediglich aus religiösen 
Bedenken von der Uebung fernblieben, weil dieselbe 
eine Entheiligung der Sonntagsruhe sei. Auf er— 
hobene Berufung erkannte die Strafkammer des 
dandgerichts Ansbach durch Urtheil vom 7. Nov. 
». Is. auf Freisprechung der 14 Angeklagten mit 
der Begründung, daß dieselben nicht entfernt gewillt 
wvaren, den gesetzlichen Vorschriften Ungehorsam ent⸗ 
gegenzusetzen, daß sie aber lediglich aus religiöser 
leberzeugung und aus Furcht vor Entheiligung der 
Sountöonsfeier sich an der Uohung nicht betbeiliaten 
und eine vom Glauben und der religiösen Ueber— 
zeugung gebotene Handlung oder Unterlassung nicht 
trafbar sein könne. Die Abhaltung einer Feuer— 
vehrübuug an Sonn⸗- und Festtagen widerspreche 
den 10 Geboten und speziell dem Gebote von der 
Zonntagsfeier. Es müßte demnach Freisprechung 
rfolgen und zwar mit Rücksicht auf die jedem 
Staatsbürger garantirte Gewissensfreiheit. Gegen 
ieses freisprechende Urtheil wurde von der Staats⸗ 
hehörde Revision angemeldet, die am Oberlandesge— 
richte zur Verhandlung gelangte. Staatsanwalt 
Zieler begutachtete die eingelegte Revision, da die 
zuwiderhandlung gegen 8 368 Ziffer 8 des R. 
„t. G. und eine Uebertretung der einschlägigen di— 
triktspolizeilichen Vorschrifen gegeben sei und ein 
inentschuldigtes Fernbleiben unter allen Umständen 
ils straffällig erscheine; gegen angebliche Beschränk⸗ 
ing der Gewissensfreiheit hätten sich die Beklagten 
nit ihrer Beschwerde an die k. Kreisregierung zu 
venden, das Landgericht sei hierin nicht kompetent. 
58 wurde demnach beantragt, das landgerichtliche 
— 
berhandlung an das Landgericht Fürth zu verwei—⸗ 
en. Dem Antrage entsprechend wurde das land— 
gerichtliche Urtheil aufgehoben und die Sache an die 
Borinstanz zurückverwiesen. 
F Neunkirchen a. Bl., 25. Febr. Wir kön⸗ 
ien die gewiß erfreuliche Mittheilung machen, daß 
n den letzten 12 Tagen ein neuer Pockenfall nicht 
vorgekommen ist. Im Orte liegen gar keine Blat— 
ernkranke mehr und im Pockenhause befinden sich 
außer 2 bettlägerigen nur noch einige bereits Ge— 
aesene, welche lediglich der Vorsicht halber noch 
urückgehalten werden. (S. u. Bl.-Ztg.) 
Dem sozialdemokratischen Abgeordneten Lieb⸗ 
knecht sind aus Nordamerika M. 10,300 zuge— 
zangen, welche von amerikanischen Arbeitern gesammelt 
vpurden und zu direkter Unterstützung durch die 
deberschwemmung beschädigter Arbeiterfamilien be— 
timmt sind. Es sind von diesen Liebesgaben bisher 
durch Vertrauensmänner in dem Kreise Offenbach, 
in der Pfalz, in Rheinhessen, Hanau, Darmstadt 
c. circa 6000 M. verausgabt worden. 
Aus Thüringen, 25. Febr. Die aus 
dem benachbarten Jena verbreitete Nachricht, daß 
dort an einem Tage 21 Mensuren gewesen, und 
daß, weil die dabei gebrauchten Schläger nicht 
ründlich gereinigt gewesen, bei fast all den bethei— 
igten Studenten Blutvergiftung eingetreten, wird 
yon der heutigen Jen. Ztg. zum Theil als unwahr, 
um Theil als entstellt bezeichnet. Unwahr ist 
siernach, daß an einem Tage 21 Mensuren statt⸗ 
gefunden und die Schläger nicht gründlich gereinigt 
sewesen; unwahr auch, daß bei fast allen bethei— 
igten Studenten Blutvergiftung eingetreten, und 
»aß 3 Studenten gestorben und noch 12 hoffnungs⸗ 
os krank seien. Richtig sei nur, daß bei einer 
Anzahl Studenten Kopfrose aufgetreten, welche aber 
ruch sich nicht auf studentische Kreise beschränkt 
ind nicht unmittelbare Folge von Mensurwunden, 
ordern von Uebertragung der Bakterien sei; an 
Zlutvergiftung hat keiner krank gelegen, sämmtliche 
xrkrankte bis auf 2 sind genesen und wo hlauf 
iner von diesen zweien, welche gestorben, hat im 
Fieberwahn Strychnin genommen und beim zweiten 
—— 
chrumpft nun eine sensationelle Kunde auf eine 
ninder bedeutende Affaire zusammen. 
fHalle a. S. 283. Febr. (Vom Enkel 
rmordet.) Der Verbrecher, welcher in vergangener 
Woche die alte Frau Sommer tödtete, ist in der 
zerson des eigenen Enkels der Verstorbenen, des 
7jährigen Malergehilfen Gustav Sommer, ermittelt 
vorden und hat bereits das Verbrechen eingestanden. 
der Bursche hat beabsichtigt, wie er aussagt, auch 
)en alten Großvater zu tödten, nach dem ersten 
kheile des Verbrechens hat ihn indessen der Muth 
erlassen und er ist entflohen, nachdem er noch aus 
inem Versteck zugesehen, wie der inzwischen aus 
em Wohnzimmer gekommene Ehemann die im 
»ausflur niedergeschlagene Frau nach dem Zimmer 
jebracht hat.. Der Zweck des Verbrechens war 
staub, um Geld zu erlangen, das er in unsinnigster 
Veise verschwendete. Schon öfter hat er die alten 
eute bestohlen, noch am Tage nach der That um 
00 Mk., die er zum Theil in berüchtigten Häusern 
reipzigs verpraßte. Mit größter Frechheit und 
iefe Trauer heuchelnd hat der Unmensch sowohl 
er Obduktion der Leiche wie dem Begräbnisse bei⸗ 
zewohnt. Zur Ausführung der That hat der 
ZJerbrecher ein Holzbeil aus der Wirthschaft seiner 
inige Straßen entfernt wohnenden Eltern henukt 
F (GAuch ein Protesther.) Nirx Deitso 
Nix Deitsch! Popolski! Das war die einzige Ant— 
vort, welche zu Berlin der angeklagte Arbeiter 
Ignaz Poprawski zunächst dem Schöffenrichter gah 
— Präs. Sie stehen hier unter daer Anklage de 
Sachbeschädigung und haben vor der Polizei Ihr— 
Erklärungen bereits abgegeben; wollen Sie jeht 
zehaupten, daß Sie nicht Deutsch verstehen? 
Angekl.: Will ich nirx verstehen Deitsch, kann 
ich nix verstehen Deitsch, leg' ich hier vor mein⸗ 
ZJapiere, wo sich kann Gerichtshof sehen, daß ich 
bin Pollack, was sich kann verlangen Dolmetsch!— 
Kräs.: Halten Sie uns doch nicht unnütz auf' 
Sie sind schon wiederholt bestraft und thun am 
Besten, wenn Sie sich auf die Anklage auslassen. — 
Angekl. (wüthend ein Pack Papiere auf den Tisch 
werfend): Wollen das Gerichtshof werfen genaue 
Blick in das Papieren, werden Gerichtshof schauen 
daß ich kann nix Deitsch. — Präs.: Sie sim 
m Jahre 1823 geboren? — Angekl. (auf di— 
Zarriere schlagend): So hoch verstehe ich nix die 
deitsche Sprach! Ich verstehe das eins und das 
wei, was soll ich aber verstehen das Tausend? — 
Präs.: Sie zeigen in Ihrem Benehmen, dor 
Zie die deutsche Sprache ganz gut verstehen. 
Angekl.: Was ich Sie sage, ist sich wahr, 
ich auch wahr, daß ich bin hart auf das eine Ohr— 
iberhaupt nix verstehn — taube — taube! 
Präs.: Dann will ich lauter sprechen, (ganz laut: 
Wollen Sie sich jetzt auf die Anklage äußern oder 
aicht? — Angekl. (ebenso laut): Wollen das 
Berichtshof mich nicht so anrennen auf solche 
zrobe Manier. Bin ich Pollack, hab' zu verlangen 
zu reden meine Muttersprach! Glauben das Ge— 
richtshof, daß Pollack können machen mit Redens— 
arten besoffen? Nix da! Nix da! Pollack mach 
sich selber besoffen! — Staatsanwalt: Ih— 
heantrage gegen den Angeklagten wegen Ungebühr 
eine sofort zu vollstreckende Ordnungsstrafe von 
„oei Tagen Haft. — Angekl.: Nehm' ich nix an 
— Präs.: Wenn Sie sich nun hier nicht anständig 
»enehmen, wird nichts übrig bleiben, als dem 
Antrage des Staatsanwalts zu entsprechen. — 
Angekl.: Entschuldigen, nix nehme ich an! Ent— 
chuldigen, hat sich auch schon das Polizei ver— 
tattet, zu mir zu sprechen in diese Ton. Pollat 
st anständig, Pollack braucht sich nix gefallen lassen, 
Jollack verlangt Dollmetsch. — Staatsanwalti: 
Ich wiederhole meinen Antrag, denn der Angeklagte 
geht ohne Zweifel darauf aus, den Gerichtshof zu 
‚erhöhnen. — Der Gerichtshof erkennt nach kurzer 
Zerathung auf Aufhebung des Termins und Ladung 
ines Dolmetsch zum neuen Termin und setzt gleich— 
eitig gegen den Angeklagten eine sofort zu vollb— 
treckende Ordnungsstrafe von drei Tagen 
»aft fest. — Angekl.: Dank' Ihne, besten 
dank Ihne! Freit sich Pollack, kriegt sich Essen, 
riegt sich Trinken, kriegt sich auch noch reine 
Strümpfe! — Damit verließ Ignaz Poprawsk 
den Gerichtssaal um auf drei Tage eingespert 
zu werden. 
F GWieder ein Nordpolfahrer ver— 
schwunden.) Der dänische Gesandte in Peters⸗ 
—E0— 
nach dem Verbleib des Nordpoldampfers ,Dymphna“ 
don Liapina (unweit Obdorsk) aus angestellten 
Recherchen resuliatlos gewesen seien; die am 6. d 
M. zum Markt nach Liapina gekommenen Samo— 
eden hätten übereinstimmend versichert, sie hätten 
ein Schiff im Meere wahrgenommen, auch nichts 
von gelandeter Mannschaft oder von Schiffbrüch— 
igen gehört. 
Vom Dampfer „Republik“ werden die Ueber 
sebenden des auf der Fahrt von Liverpool nadh 
Boston begriffenen Dampfers „Glamorgan“ hiet 
ingebracht welchen der ‚Kepublik“ am 16. d. ah 
Wrack augetroffen hatte. Der Capitän, der zweit 
Offizier, zwei Matrosen und zwei Passagiere des 
„Glamorgan“ sind bei dem Unfall desselben um“ 
Leben gekommen. 
(GBazaines Geständnisse.) Der Mar 
chall Bazaine steht im Begriff, ein Werk über den 
Zrieg von 1870 und die Belagerung von Meztz zu 
veröffentlichn. Das Buch, ein Quartband von d 
350 bis 400 Seiten, ist der Königin Isabelle zum in 
Dank dafür gewidmet, daß sie ihm während de 
Hrozesses und nach der Verurtheilung die herzlichst 
Sympathie bezeigte, und trägt den Titel: Npisodes 
de la guerre do 1870 et blocus de Metz, Du 
Pexmaréchal Bazaine,“ Dem Figaro“, welchet 9 
darüber Bericht erstattet und die ersten Aushänge w 
bogen erßalten bat entnebwen wir daß Bazaink 
F.