Full text: St. Ingberter Anzeiger

GEine Bande,, welche sich die Ausbeutung 
ar Lebensbersicherung mittelst Mordes und Betruges 
am Gewerbe gemacht hatte, ist in Rosenau in 
ingarn entdeckt worden. An der Spitze der sau⸗ 
am Bande stand der Kaufmann Sigmund Mos- 
iß, vormaliger Großtrafikant; seine Genossen 
ind der Gastwirth Gutmann, Tapezierer Sztarna, 
hastwirth Hofmann und ein gewisser Ketzi aus 
dabula. Sie sind sämmtlich hinter Schloß und 
diegel gebracht. Ihr Geschäft war, das Leben 
erschiedener Personen bei verschiedenen Gesellschaften 
nit hohen Summen zu versichern und alsdann die 
zersicherten aus der Welt zu schaffen oder aber die 
zersicherung kranker Personen mittelst Betruges zu 
ischwindeln. So hatten sie einen notorisch brust 
anken Advokaten Rutényi mit 28,000 fl. auf be⸗ 
růgerische Weise bei einer ungarischen Lebensvber⸗ 
icherungs-Gesell schaft zu versichern gewußt. Wenige 
Hochen nach der Versicherung starb Rutényi, und 
c Bande erhob das Geld. Das Leben der schwer 
rankten Tischlergattin Lenkei versicherten sie auf 
do fl. und stellten bei der Visitation eine gesunde 
zrau vor. Frau Lenkei starb bald darauf. Andere 
Fersicherte, die zu lange lebten, wurden gewaltsam 
ius der Welt geschafft. Die Verbrecher sind be— 
chtigt, Gift angewendet zu haben, welches in 
zpirituosen geschüttet wurde, die den Opfern 
Fchlich und uünentgeltlich verabreicht wurden. So 
oll der Hausknecht vom „Schwarzen Adler“ aus 
et Welt geschafft worden sein, der auf 6000 fl. 
eersichert war und als pensionirter Honved⸗Ritt⸗ 
neister figurirte. Ein Häusler war auf 15,000 fl. 
erfichert und soll ebenfalls durch unmäßigen Genuß 
on Spirituosen getödtet worden sein ꝛ⁊c 
F Eine schreckliche Fahrt in einem brennenden 
isenbahnwagen wird aus Ungarn berichtet. 
rürzlich gerieth bei einer Nachtfahrt in dem nach 
großwardein fahrenden Zuge außerhalb der Station 
zzolnok ein Waggon in Brand. Ein Funke war 
us der Heizröhre herausgesprungen und hatte den 
ußboden entzündet. Die zwei Reisenden, die im 
oupé saßen, bemerkten wohl das Feuer sofort, 
ermochten es aber wegen des scharfen Luftzuges 
icht zu unterdrücken. Sie öffneten die Fenster und 
jefen hinaus, aber das Rasseln des Zuges und 
ner tosende Wind verschlangen ihre Rufe. Der 
ine öffnete die Thür, stieg auf das Trittbrett hinaus 
nd schritt auf demselben der Lokomotive zu. Auch 
er andere Passagier mußte alsbald den Wagen 
erlassen; er klammerte sich an den Wagengriff und 
eß sich so an dem im Innern brennenden Wagen 
angend, weiterschleppen. Der erstere erreichte glück⸗ 
ich den Tender und brachte den Zug zum Stehen. 
Rittlerweile stand der verunglückte Wagen bereits 
n hellen Flammen; er konnte nur eben noch rasch 
bgekoppelt werden und verbrannte dann auf der 
ffenen Strecke, so daß nichts als die Eisenkon— 
ruktion übrig blieb. 
F Augenblicklich weilt im Spital zu Konstanz 
er vor Jahren vielfach genannte und auch schon 
inmal todtgesagte Apostel für Mäßigkeit und Ab— 
ärtung, Ernst Mahner. Sein Bravourstück 
in der kalten Jahreszeit über einen Strom zu 
chwimmen — wird der Alte sobald nicht wieder 
usführen, denn er ist in Folge eines Falles am 
ollen Gebrauch des einen Armes gehindert. Mahner 
iell sich zuletzt in Zürich auf, wurde von dort 
degen Mittellosigkeit abgeschafft. 
— Die franzoͤsischen Provinzialblätter sind voll 
on Berichten über den „Märzschnee“, der 
frankreich heimsucht. In Rouen und Umgegend 
ntlud sich unter Schnee und Graupeln ein befüges 
hewitter. In Angers, Perigueux, Nanch, Orleans 
us. w. fiel am Dienstag und Mittwoch starker 
SIchnee; in St. Malo war der Schneesturm so 
lark, daß die Schiffe, die zum Fischfang nach Neu⸗ 
undland auslaufen wollten, ihre Abfahrt aufschie⸗ 
en mußten. Aus Cannes wird gemeldet, daß seit 
Nenschengedenken dort und in der Umgegend nicht 
o hoher Schnee im März gefallen sei. 
fGEinMaskenball im Irrenhause.) 
Nan schreibt dem „Berl. Tgbl. aus Paris: In 
er weiblichen Irrenanstalt der Salpetriére hat 
ieser Tage ein großer Maskenball stattgefunden, 
welchem mit Ausnahme der Tobsüchtigen sämmt⸗ 
3* Kranke der Heilanstalt lebhaftesten Antheil 
ahmen. Die hysterischen, melangolischen und 
neagestörten Frauen und Mädchen trugen mit 
7 ihre bunten und flitterbesetzten Kostüme 
9* chau, welche größtentheils von den Patientinnen 
st angefertigt worden sind. Eine an Größen— 
abhn leidende Kranke. als inekovahls du Ditectuire 
zekleidet, theilte mit graziösem Lächeln Veilchen⸗ 
‚ouquets und Rosen aus; eine Blödsinnige in der 
Tracht einer Magierin durcheilte den Saal und wollte 
inem Jeden aus den Linien der Hand wahrsagen. 
die Kranken, welche mit wahrer Leidenschaft tanzten, 
ührten Rundtänze und Quadrillen aus. Eine 
vahrhaft kindische Freude spiegelte sich auf ihren 
Hhefichtern wieder, als man zum Schluß einen Ko— 
illon aufführte. Die im Saal vertheilten Wärter⸗ 
nnen trugen ebenfalls Maskenkostüme. Außer den 
Aerzten und Internen der Anstalt waren vorüber— 
jehend auch die Doktoren Charcot, Blanche und 
indere Koryphäen auf dem Gebiete der Nerven— 
rankheiten und Irrenheilkunde anwesend. Erst in 
iemlich vorgerückter Stunde nahm dieser Masken— 
zall ein Ende, wo unter der Narrenkappe der wirk 
liche Blödsinn hervorgrinste, und in die tändelnden 
dlänge des Orchesters zuweilen das schrille Lachen 
des Wahnsinns hineingellte. Einige Kranke waren 
aur mit Mühe schließlich aus dem Ballsaal zu ent⸗ 
ernen und leisteten in ihren Zellen verzweifelten 
Widerstand, als ihnen die Wärterinnen die bunten 
Mastenflitter vom Leibe nehmen wollten. 
— Cierzehnjähriges Einsiedlerleben eines Deser⸗ 
teurs. Aus Eppan (Grirol) wird Folgendes 
Jeschrieben: Mathias Pircher aus Gaid bei Eppan 
a Südtirol war in den sechziger Jahren zum Mi— 
itär eingestellt worden und diente bis zum Jahre 
1866 im Kaiser⸗Jägerregiment, in welchem er le⸗ 
ziglich aus dem Grunde, weil es ihm beim Militär 
nicht mehr gefiel, aus dem Spital zu Eppan, wo 
er als fieberkrank sich befunden hatte, desertirte 
pircher flüchtete in die Schweiz, von- wo er jedoch, 
bon Heimweh erfaßt, schon nach zwei Jahren in 
ceine Heimathgegend zurückkehrte, um nun durch 
volle vierzehn Jahre ein förmliches Einsiedlerleben 
u führen. In der Nähe seines väterlichen An— 
vesens erheben sich steile, fast senkrecht abfallende 
Felsenwände von mitunter 150 bis 200 Fuß Höhe, 
‚on denen er jedoch das Plateau einer derselben 
»on oben heräb mittels einer Leiter zugänglich 
nachte. Am unteren Ende der Leiter befand sich 
ein ziemlich geräumiger, grünbewachsener Vorsprung, 
velchen nun der Deserteur zu seinem Aufenthalte 
ich erkor. Er baute sich aus Steinen und Moos 
nn eine ziemlich tief in die Felsenwand einschnei— 
dende Nische eine Hütte, die er mit allem versah, 
vas er für seine geringen Bedürfnisse gebrauchte; 
in dem wenigen Quadraiklafter messenden Raume 
Fefand sich ein Kochherd, eine äußerst primitive 
Zettstatt, Schüsseln und Pfannen, ja, sogar ein 
hewehr hat sich der neue Robinson von seinen 
Zrüdern geben lassen. Neben dem „Hauptgebäude“ 
zefand sich eine kleine Unterkunftshütte für 
wei Ziegen, die auf dem einige Hundert Quadrat⸗ 
uß großen Vorsprung weideten und den sonderbaren 
lausner mit Milch versorgten. Seinen Lebens⸗ 
interhalt verdiente er sich dadurch, daß er soge—⸗ 
iannte „Bennen“ und sonstige Korbflechterwaaren 
erfertigte, sowie daß er auch das Schuhflickerhand⸗ 
verk betrieb. Mit der Außenwelt stand Pircher 
in keinem andern Verkehr, als daß ihm seine zwei 
Zrüder, Joseph und Johann, nach ihrer eigenen 
Aussage die zwei Ziegen, Handwerkszeug und Le—⸗ 
ensmittel verschafften, die sie an Seilen hinabließen 
owie sie ihm auch behilflich waren, seine fertigen 
Arbeiten zu verwerthen. In solcher Weise lebte 
nun der Mann vom Jahre 1868 bis vor ungefähr 
14 Tagen als Einsiedler in seiner Felsenhöhle und 
zrauchte dort nur die Leiter gegen sich herabzu— 
ziehen, um vor jeder Nachstellung sicher zu sein, 
da über und unter ihm sowie zu beiden Seiten 
teile, unersteigliche Bergwände fast senkrecht ab⸗ 
ielen. Im Laufe der Jahre mochte aber dem ein⸗ 
amen Klausner das Leben in seinem Felsenkastell 
enn doch zu eintönig geworden sein, er stellte sich, 
etzt vierzig Jahre alt, vor zwei Wochen selbst der 
Behörde, die ihn in den Brigade-Arrest nach Trient 
zur Bestrafung der Desertion einliefern mußte. 
F Ueber den neusten Aetna-Ausbruch 
vird geschrieben: Das Schauspiel, das der Vulkan 
yon Catania aus darbietet, ist in der That groß⸗ 
artig und überwältigend. In Zwischenräumen von 
dier bis fünf Minuten brodelt aus dem Krater 
eine riefige Lavasäule hervor, um mit ohrenbe— 
säubendem Geknatter auf den Rand des Kegels 
urückzufallen. Wenn der Wind gut steht, vernimmt 
nan das unheimliche Bombardement bis nach 
Latania. Außer dichten Dampfwolken wirft der 
herg auch glühende Mineralprojektile und einen 
eichten Aschenregen aus. Die Asche aber ist von 
hänomengler Feinheit Der Krater gleicht bei 
Nacht einer Riesenfackel, die bei klarem Wetter 
iele Meilen weit sichtbar ist. Der Lavafluß ist 
iemlich bedeutend. Wie eine feurige Schlange 
ingelt er sich den Kegel hinab. Was die aus— 
zeworfenen Minerale anbelangt, so sind sie stark 
yon Schwefelsäure angegriffen. Dagegen herrschen 
in der Asche Kalksulphat- und stark glänzende 
mikrolitische Kristallbildungen vor. Merkwürdig 
sst bei dieisem Ausbruch der Umstand, daß gleich— 
zeitig in Paterno die Schlammauswürfe begonnen 
Jaben. Aber sie haben diesmal nur wenige Stun— 
den gedauert. Der Schlammstrahl erreichte eine 
Höhe von 10 Metern. Außerdem werden aus 
Catania starke meteorologische Störungen gemeldet. 
Auch sie stehen zweifelsohne mit dem Aetna-Aus— 
yruch in Zusammenhang. 
In New⸗York ist soeben die erste Num— 
ner einer chinesischeenglischen Zeitung unter dem 
Namen „The Chinese-Americaun“ erschienen. Chef⸗ 
Redakteur ist Wong Tschin Foo. Die Herstellung 
des Blattes ist in Anbetracht dessen, daß die chine⸗ 
siche Sprache 60,000 Worte hat, keine leichte. Das 
Blatt wird zuerst geschrieben, resp. die chinesischen 
Tharactere mit indischer Tusche gemalt, sodann 
»hotolithographirt und gedruckt. In New⸗York 
giebt es 8000 Chinesen mit 900 Waschanstalten 
ind 30 Spezereiläden. 
F Eine etwas geschäftsmäßige Predigt 
hdielt vor einigen Tagen in New-York Dr. Braur 
hei der Eröffnung eines jüdischen Tempels. Früher 
war das Haus eine Methodistenkirche. Darauf an⸗ 
pielend, sagte der Rabbi: „Unsere Gemeinde hat 
in Haus bezogen, welches früher den methodistischen 
Frommen gehört hat. Deshalb haben wir es heute, 
um mich eines Geschäftsausdruckes zu bedienen, mit 
iner Wiedereröffnung zu thun. Die alte Firma 
zestand aus dem Vater, Sohn und heiligen Geist. 
Das Compagnie-Geschäft ist nun aufgelöft. Sohn 
ind heiliger Geist sind ausgetreten, aber das Ge⸗ 
chäft wird vom Vater allein fortgeführt werden, 
dem Haupte der alten Firma, der Ihr allein cre— 
ditirt hat. Dieselben Waaren werden zum Kaufe 
ausgeboten werden. Wir handeln in Tugend, 
ziebe und Wohlthätigkeit und hoffen, alle unsere 
unden zu behalten.“ 
F Geiseinem neuen Gesellschafts— 
ipiel) in Texas stehen die Mädchen in einer 
steihe und jede hat einen leeren Stuhl vor sich. 
die jungen Herren befinden sich in einem anderen 
zimmer und werden einer nach dem andern her—⸗ 
ingerufen. Sobald einer erscheint, sucht er sich 
einen Stuhl aus und die hinter ihm stehende 
dame verbindet ihm die Augen. Darauf tritt laut⸗ 
os die alte schwarze Köchin ein, küßt ihn und 
»erschwindet wieder. Der Jüngling erhebt sich 
zberglücklich und begibt sich an das andere Ende 
)»es Gemaches. Wer beschreibt aber, was er em⸗ 
yfindet, sobald er sieht, wie es seinem Nachfolger 
ergeht ? Nur der Gedanke tröstet ihn, daß alle seine 
dameraden so genarrt werden wie er. 
F Die Fabrikation von Gummiwaaren in den 
Ver. Staaten im Jahre 1882, beschäftigte 120 
Fabriken, mit 76,000,000 Dollars Kapital und 
15,000 Arbeiter. Nach dem letzten Zensus⸗Aus— 
veise wird die jährliche Erzeugung auf 250,000, 000 
doslars geschätzt und an Rohmaterial 30,000 
Tonnen Roh⸗Gummi verbraucht, wozu außerdem 
ast 270,000 Tonnen verschiedener Beimischungen 
erwendet wurden, so daß sich das Gesammtgewicht 
der erzeugten Fabrikate auf 300,000 Tonnen jährlich 
zeläuft. Der Preis des Rohmaterials betrug in 
1876 48 Cents, in 1882 jedoch 1,25 Dollars 
»ro Pfund. Trotzdem hat sich die Erzeugung von 
hummiwaaren gesteigert und zu einer Industrie 
ntwickelt, in welcher die Vereinigten Staaten den 
PBorrang gegen alle anderen Länder der Erde be— 
sjaupten. 
Als Mittel gegen Zahnweh wird empfohlen, 
ine Messerspitze voll Borsäure im warmem Wasser 
zu lösen und diese Mischung alsdann in den Mund 
zu nehmen. Nur in seltenen Fällen soll es nöthig 
werden. das Mittel zu wiederholen, und ist das⸗ 
elbe vorzugsweise dann wirksam, wenn die Schmer—⸗ 
en von dem Beinfraß der Zäbhne herrrühren. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Queichhambach Jakob, S. v. 
Friedrich Matz; in Kaiserslautern Joh. Henn, 
22 J. a.; in Zweibrücken Friedrich Portner, 
74 J. a., ebenda Otto, 6 J. 4 M. a., S. v. F. 
Larbonnet. 
Fur die Nedaktion verantwortsia — — D 2