Anzeiger
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich füufmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
zlait und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 14 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 A, einschließlich
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M 53.
Samstag, 16. März 1883.
—18. Jahrg.
144 sind seit einem Jahr hundert solche Demonstrationen
VPolitische Uebersicht. n der Straße stets sichere Anzeichen der mehr
Deutsches Reich. »der weniger allgemeinen Mißstimmung gewesen.
—A
ꝛs auch diesmal gehen. Selbst die optimistischsten
und ansehnlichen Organe müssen eingestehen, daß
zegenwärtig viele Uebelstände vorhanden, und na—
nentlich die wirthschaftliche Lage große Schwierig⸗
eiten bietet. Industrie und Handel befinden sich
in einer unläugbaren Nothlage, weshalb in Paris
vie in den Provinzen zahlreiche Arbeiter ohne Er—
verb sind, während die Preise aller Lebensmittel
durch die Ueberspekulation und die Mißernten der
etzten Jahre bedeutend gestiegen sind. Die Arbeiter
jaben zwar während derselben Zeit hohe Löhne er⸗
halten, aber wegen dieser Steigerung konnten sie
doch nicht viel erübrigen. Zudem sind fie durch
das vorgehaltene Trugbild einer Altersversorgung
durch den Staat gerade nicht sehr zur Sparsamkeit
und Wirthschaftlichkeit angeregt worden. Die nie
ruhende anarchistische, sozialistische und radikale Pro—⸗
daganda hat das Uebrige gethan.
Das französische Generalconsulat in Triest
erhielt von der französischen Regierung den Auf—⸗
trag, die legitimistischen Agitationen in Goerz zu
überwachen und hierüber zu berichten. Der Herzog
»on Parma weilte kürzlich in Goerz und ist von
dort in Venedig eingetroffen.
Im italienischen Parlament trat der
Minister Mancini warm für die Verbindung
Ftaliens mit Oesterreich und Deutschland ein, welche
die freie Entwickelung Italiens im Inneren nicht
jindere. Der Irredentismus mache dieselbe nicht
inmöglich. Die irredentistischen Bewegungen seien
Werke der irregeführten Jugend und einer anti—
monarchistischen Minorität, welche der Regierung
Berlegenheiten bereiten wolle. Dagegen einzu—
chreiten, sei Sache der Gerichte sowie des Ministers.
Alle Redner, einer ausgenommen, hätten die An—
näherung Italiens an Oesterreich und Deutschland
gebilligt. Die Regierung werde auf diesem Wege
ortschreiten und daraus einen Zuwachs an Stärke
und Sicherheit ohne Einbuße an Freiheit, Würde
ind Unabbanaigkeit ziehen.
unter den armen Vögeln, denn im Vertrauen auf
»ie milden Tage der letztvergangenen Wochen war
so mancher Zugvogel aus wärmeren Regionen ge—
ommen, um sich bei uns sein Nest zu bauen. Er
indet bei dem jetzigen Wetter kein Kerbethier zu
einer Atzung, kein Samenkorn, kein Wuüͤrmchen
ann er sich aus der mit einem unendlichen weißen
Bahrtuche bedeckten Erde herausholen. Bittere,
zarte Fasten sind für ihn eingetreten, und das
dergste droht ihm, wenn ihm die Mildthätigkeit der
Menschen nicht zu Hilfe kommt. Darum: Ge—
denket der hungernden Vögel!
— Se. Majestät König Ludwig II. hat dem
Bemeindediener von Sand zur Bestreitung der
Wochenbettkosten seiner Frau, welche ihm kuͤrzlich
Zwillingsknaben geboren, 40 Mk. geschenkt. Die
Vorletztgeborenen waren auch Zwillingsknaben
einer davon ist gestorben. Den Eltern leben nod
10 Knaben und l Mädchen.
— Nach einem Beschlusse des Ausschusses des
Pfälz. Kreis-Lehrer-Vereins soll die 9.
dreis-Versammlung dieses Vereins im Monat Sep⸗
ember d. J. in Pirmasens abgehalten werden.
— Kaiserslautern, 10. März. Das
jiesige, durch seine herrlichen Garten⸗ und Wirth⸗
chaftsanlagen weithin bekannte historische „Thier⸗
zäuschen“ sah in seinen Wirthschaftsräumen heute
vohl die letzte Festlichkeit, da nach der bereits er—
olgten Genehmigung der Generalversammlung das
janze Anwesen für die Steingutfabrik Kaiserslautern
rworben ist und bald industriellen Zwecken dienen
vird. Die letzte Feierlichkeit war die Heirath der
Tochter der Besitzerin selbst mit einem Herrn v.
Fleischbein, Geschäftsführer der v. Gienanth'schen
Bierbrauerei in Winnweiler. Frhr. v. Gienanth
elbst war als Brautführer dabei zugegen; die Auf—
'ahrt zur Kirche geschah in 6 Chaisen. Den
Schlagendienst versah der Kammerlakai des Herrn
d. Gienanth in Livree; das Fest war glänzend und
zin würdiger Abschluß der vielen und großartigen
Festlichleiten, die im Laufe der Zeiten auf dem
Thierhäuschen stattfanden. (Pf. Pr.)
— Die am Dienstag im Saalbau in Neustadt
abgehaltene Weinversteigerung der Familie Exter
von da war nur schwach besucht und im Verlaufe
uuch ziemlich flan. Wenn auch aus Mangel an
dauflust etwa 10 Nummern zurückgezogen werden
nußten, ist doch eine erhebliche Anzahl Weine zum
Zuschlag gekommen und zwar zu folgenden Preisen:
187 2er hiesiger, Schanz 800 M.; 1876er hiefiger
stulander 870 M.; 1878er Freinsheimer und
derxheimer 800, 875, Herxheimer 800, 955, 965,
Deidesheimer 1000, hiesiger Rulander 1000 Mtk.;
1879er hiesiger gemischter 4200 M.; 1880er hie⸗
iger Mandelring Auslese 1240, Ungsteiner 1250
Mk.; 1881er Frankweiler 305, Burrweiler 350,
hiesiger 5885, Erkenbrecht 660, Grain 705, Gut—
leuthaus 810, Königsbacher 7380, Gimmeldinger
735, Herxheimer Auslese 905 und 915 Mk. per
1000 Liter.
— Die am letzten Montag auf der Haardt im
Gasthaus zum Weinberg abgehaltene Weinversteige⸗
cung des Herrn Friedrich Fischer, Gutsbesitzer von
der Haardt, ist glänzend ausgefallen. Mit wenigen
Ausnahmen namentlich der edleren Weine hat der
zroße Vorrath willige Abnahme gefunden. Es
amen zum Ausgebote nur 1881er Weine, die
olgende Preise erzielten: Hiesige 725, 730, 745,
750, 765, 775, 805, aus der Gewann Böhl 875,
ius dem Becker'schen Gute 700, 760, 850, 1015,
Weyherer 395. St. Martiner 400, Gimmeldiuget
Müuchen, 14. März. Die von mehreren
enungen gebrachte Notiz über eine amtliche Auf⸗
orderung der Oberlandesgerichte oder der Anwalts⸗
ammern des Königreichs zur Abgabe von Gut—
ichten über die Frage der Wiedereinführung der
derufung in den landgerichtlichen Strafsachen ist,
rie wir aus bester Quelle mittheilen können, un—
egründet.
Berlin, 14. März. Der „Nat.«Ztg.“ und
em, Tageblatt“ zufolge hätte der Kaiser v. Stosch's
demission nicht angenommen.
Berlin, 15. März. Am Geburistage des
taisers unterbleibt diesmal die gewöhnliche Gratu
ationscour. Der Kaiser empfängt nur die Mit—
lieder der Königsfamilie zur persönlichen Gratu—
ation.
Unserem Kriegsminister von Maillinger
ovom deutschen Kaiser das Großkreuz des
kothen⸗Adler⸗Ordens verliehen worden.
Der Reichskanzler richtete ein Schreiben
n den Bundesrath, worin er zur Verhinderung
der Umgebung des Einfuhrverbotes für Schweine
4. s. w. aus Amerika empfiehlt, die Einfuhr der⸗
ntiger Gegenstände auch aus andern Ländern als
Umerika künftig nur zuzulassen, wenn durch be—
hÿrdliche Atteste nachgewiesen wird, daß die Gegen⸗
tände nicht amerikanischen Ursprungs find.
Der Nat.«Ztg. geht über die Swatow⸗ Angele⸗
eenheit, welche bekanntlich zu einem Stein des An—⸗
lßes zwischen der deuischen und chinesischen
degierung zu werden drohte, folgende Mittheilung
u: In Swatow, so berichtet der Briefschreiber,
ate ein deutscher Kaufmann ein Stück Land von
der chinesischen Regierung für 200,000 Dollars
plauft. Nach kontraktlichem Schluß dieses Ge—
dafts bot eine englische Handelsgesell schaft für das⸗
elbe Land 250,000 Doll. Der Mandarin ließ
um ohne Weiteres den Grenzstein, durch welchen
er Deutsche das Grundstück als sein Eigenthum
Llennzeichnet hatte, fortnehmen und an dessen
ctelle ein chinefisches Grenzzeichen hinsetzen. Da
ih S. M. Schiff . Eusabelheim Hafen befand,
wurde der Capitän desselben bewogen, für das
kecht des bedrängten Deutschen einzutreten. Am
vonntag den 26. Oktober wurden sämmtliche Boote
xt „Elisabeth“ zum Landen fertig gemacht. Rach
yt Landung nahmen die Mannschaften der beiden
dutter vom bestrittenen Terrain ohne Widerstand
ufinden Besiz. Die herandrängende chinesische
oehöllerung wurde mit Hilfe von Gewehrkolben
zm Platzmachen gezwungen. Nachdem der deutsche
brtenzstein wieder aufgestellt worden, wurde die
butsche Flagge aufgeheßt nnd sodann ein Detache⸗
von der „Elisabeth“ zur Bewachung des
ie zurückgelassen. Inzwischen dauerten die
handlungen mit dem Mandarin fort, der sich
zur Nachgiebigkeit bereit zeigte, als ihm der
nmandani der „Elisabeth“ erklärte, daß Swatow
e beiden Forts beschlossen werden würden,
und der deutsche Kaufmann in seinem Besitz ge—
würde. Nach anderthalb Wochen konnte die
« —— der „Elisabeth zurückgezogen
iden und kehtte S. M. Schiff nach Amoy zurück
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 16. März. Wir erlauben
ins hiermit, wiederholt daran' zu erinnern, daß am
nächsten Sonntag Abend im Grewenig'schen Saale
iochmals zum Besten der armen Erstkommunikanten
ine Theatervorstellung seitens der Schülerinnen der
bern kath. Mädchenschule stattfinden wird. Bezüg—
ich des Programms erweisen wir auf No. 49 ds. Bl.
die Vorstellung beginnt um 8 Uhr und ist das
ẽntree auf 40 Pf. festgesetzt, ohne jedoch der
Nildthätigkeit Schranken ziehen zu wollen.
— Der „Zw. Ztg.“ wird unterm 14. ds. aus
zaarbrücken geschrieben: Bei der Abfahrt des
ayerischen Zuges um 11 Uhr Vormittags nach
St. Ingbert wurde gestern an einem Wagen J.
ind II. Klasse noch rechtzeitig ein Bandagenbruch
»emerkt. Der Wagen wurde ausgesetzt, wodurch
zer Zug eine kleine Verspätung erhielt. Auffallend
var es, daß für den ausgesetzten Wagen, der einzige
Wagen II. Klasse im Zuge, kein Ersatz eingestellt
vurde und die Reisenden bis Zweibrücken III.
Zlasse fahren mußten.
— (Gedenket der darbenden Voͤgell)
Ddichter Schnee deckt wiederum die Erde und hindert
zie gefiederten Sänger in Wald und Flur, sich ihr
Futter zu suchen. Doppelt groß ist heute die Noth
Ausland.
ine Pariser Correspondenz der „Allgem'
tg. warnt davor, die letzten Demonstrationen zu
acht zu nehmen und sagt? „Unter jedem Regime