Full text: St. Ingberter Anzeiger

schleisen ausgehen. Auf den vier dorischen Grenz⸗ 
äulen des Wagens brennen Parfüms in silbernen 
Basen. Ueber und über Blumen und Kränze und 
vieder Blumen, diejenigen des Elsasses provpocirend 
die erste Stelle gerückt. .. Der Zug fing um 
(0.83 Min. an sich vom Palais Bourbon zu be⸗ 
vegen — und um 12 Uhr waren die letzten 
Truppen⸗Abtheilungen noch nicht von der Estrade 
des Invalides abgegangen, harrten die Vereine mit 
Fahnen und Kränzen noch auf dem Quai d'Orsay. 
ẽs hatte sich eben ganz Frankreich um den Sarg 
dieses einzigen Mannes zusammengefunden und ihm 
ein Geleit gegeben, 'wie sie die Asche Napoleons, 
als sie die Ration von Sankt Helena nach der 
Haupistadt brachte, gewiß nicht gehabt hbatte. ... 
Was soll ich Ihnen noch weiter von dieser bei⸗ 
spiellos glänzenden Feier berichten? Soll ich Ihnen 
die tausend Corporatiouen und Vereine, die Dele⸗ 
gationen aus der Fremde, die Abgesandten der 
ausländischen Colonien in Paris aufzählen? Das 
wäre eine fruchtlose Arbeit — genug, Gambeita, 
er Demokrat und Republikaner — ist wie ein 
müchtiger Kaiser zur Ruhe bestattet worden und 
der nicht französische Zuschauer dieses glänzenden 
Schauspiels konnte sich eines gewissen Unbehagens 
nicht erwehren, denn die Feier war mit zu viel 
Absficht in Scene gesetzt und überragte zu hoch die 
hatsächlichen Verdienste dessen, dem sie galt. 
Die Reden au Gambetta's Grab zeichneten sich 
Ale durch eine große Mäßigung in Gedanken und 
Form aus. Man hat Recht, diesen Umstand auf 
Fersönliche Intervention des Herrn Grevy zurüc⸗ 
zuführen, der die verschiedenen Reden vorher zur 
Durchsicht verlangt hatte. Fr. J.) 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
x) St. Ingbert, 8. Jan. Die Idee eines 
Frauen⸗Vereines hat eine über Erwarten 
günstige Aufnahme in unster Stadt gefunden. Dies 
jat die zahlreiche Versammlung bewiesen, welche 
üch gestern auf Einladung von Frau Marie Krämer 
im Siadthaussaale zusammenfand. Nach Darleg⸗ 
ung der Organisation, Ziele und Aufgaben des 
bayer. Frauen-Vereines entschied sich die in be⸗ 
wiegende Mehrheit für Gründung eines beson⸗ 
deren Zweig-⸗Vereines für den Canton 
St. Ingbert. Dann nahmen die anwesenden 
57 Damen die Wahl eines sechsgliedrigen Aus⸗ 
chusses vor, dem Herr Stadischreiber Bayer als 
Beirath und Cassier beigegeben wurde. Näheres 
dierüber folgt nach erfolgter definitiver Constituirung 
Zes Ausschusses. Für jetzt ist nur zu wünschen, 
daß die in Circulation zu setzende Liste noch recht 
iele neue Unterschriften finden und der Verein eine 
techt gesegnete Wirksamkeit enthalten möchte. (Der 
Arüike! war uns für die gestrige Nr. leider zu spät 
zugegangen. D. R.) 
LSrIngbert, 8. Jan. Am Samstag 
Nachmittag versiarb dahier in einem Alter von 40 
Jahren der Rentner Herr M. Beer an den Folgen 
ines langwierigen und schmerzlichen Magenleidens. 
Si. Ingbert, O. Jan. In der am Frei⸗ 
ag Abend statigehabten Generalversammlung der 
Gemüthlichkeit wurden mit Einstimmigkeit wieder 
jewählt: Herr Friedr. Steinfeld als J. Vorstand, 
derr J. Werrich als V. Vorst., Herr G. 
Zrunson als Schriftführer und Herr P. Uhl 
als Rechner. Auch die übrigen bisherigen Aus—⸗ 
schußmitglieder, die Herren Carl Schuster, Jos. 
ühl und Wilh. Schmelzer, wurden wieder 
zewählt. Heute (Dienstag) Abend wird durch die 
Attiven die Wahl des Dirigenten vorgenommen. 
— Angesichts des durch die Ueberschwemmung ver⸗ 
ursachten großen Elendes in der Rheingegend läßt 
der Verein für dieses Jahr die Carnevalsunterhal⸗ 
ungen Marrensitzungen) ausfallen. 
— Pirmasens. Für die vom hiesigen 
Bürgermeisteramte ausgeschriebene Bauschaffner⸗ Stelle 
Gehalt 1000 My haben sich nicht weniger als 
33 Bewerber gemeldet. 
Die fuͤr die Ueberschwemmten gesammelten 
Beiträge in der Stadt Kaiserslautern waren 
hbis zum Samstag auf 20,418 Mt. 16 Pf. gestiegen. 
RNeustadt, 6. Jan. Gestern Morgen 
zreignete sich auf der Konigsmühle — Eigenthümer 
hderr Correll — ein höchst bedauernswerther Un⸗ 
Il. Ein in der Mühle beschäftigter Praktikant, 
er 22jährige Sohn sehr achtbarer Eltern von Zwei⸗ 
rücken, stürzte durch Ausgleiten in den Wasserbau 
nid wurde von dem Mühlrad so schwer beschädigt, 
»aß sein Aufkommen fraglich ist. 
— Neustadt, 8. Jan. Auch der „Verein 
Ffälzischer Schriftsteller, Künstler und Freunde von 
dunst und Wissenschaft“ will sein Scherflein zur 
einderung der Noth in den Rheinorten beitragen. 
derselbe veranstaltet namlich, wie ich höre, die 
derausgabe eines Albums, dessen ganzer Reinertrag 
Ren Waͤsserbeschädigten zufließen soll. Dieses Al⸗ 
um wird Beittäge enthalten von Dr. Mehlis, Dr 
deyser, Johannes Hüll, Ed. Jost, Max Vollmar, 
gfarrer Bähring, Jatob Schneider, Lehrer Krebs 
ind Anderen. 
— Recht erhebend klingt, daß die Soldajen 
ind Unteroifiziere der Garnison in Landau auch 
hr Scherflei.n zur Linderung des großen Unglückes 
er vom Hochwasser Betroffenen beitragen. Sie 
Jaben unter sich 20 Pfund Kaffte und 171 Laib 
Brod gesammelt. 
Die 20.000 M., welche der Stadtrath von 
Speyer vorlänfig für einen Saalbau ausgeworfen 
jatte hatte, sollen für Ausbesserung der Hech⸗ 
vasserschäden auf dem Gebiete der genannten Stadt 
erwendet werden. 
— Höchster Entschließung vom 29. v. Mts. 
zufolge wird die Bezirksarztstelle zu Obermoschel 
uicht wieder besetzt und für diesen Amtsgerichtsbe⸗ 
irt ein praktischer Arzt als Stellvertreter des Be⸗ 
irksarztes 2. Classe zu Kirchheimbolanden bestimmit 
verden. 
Ludwigshafen, 8. Jan. Von der 
Redaktion der Munchener „Neuesten Nachrichten“ 
jeht uns folgendes Programm zu: „Unsere Samm— 
ung für die Pfalz beträgt momentan 24,000 Mk. 
Soeben gehen je 3000 Mark ab nach Ludwigs⸗ 
safen, Frankenthal, Kandel und Speher. 
dIhre k. k. Majestüti Kaiseciu Augusta hat 
dem Localhilfscomite Ludwigshafen zur Un⸗ 
erstützung der Ueberschwemmten Eintausend Mark 
ibermitteln lassen. 
ABeidemLudwigshafener Hilfs-Komitee 
inter Vorsitz des Herrn Bürgermeister Kutterer, 
baren bis Samstag Abend im Ganzen schon 55,000 
M. eingegangen, außerdem eine sehr große Menge 
m Lebenemilteln und Kleider aller Art. 
Aus Oggersheim meldet das „Fr. T.“: 
xin Vürger in Dannstadt fand in einem alten eigenen 
Schrank, der vielleicht 100 Jahre, ohne gerückt zu 
perden, auf seinem Platze stand, in einem Versteck 
des oberen Bodens 77 Kronenthaler und 1 Sechs⸗ 
treuzerstück. Der Finder hat noch 4 Geschwister 
ind'er wußte nichts Eiligeres zu thun als hierher⸗ 
ukommen um seinem Schwager, der ebenso wenig 
ie die andern Geschwister etwas vom Vorhanden⸗ 
ein des Geldes wußte, seinen Antheil zu über— 
hringen. 
Frankenthal, 6. Jan. Der von fre⸗ 
entlicher Hand gestern beabsichtigte Kanaldamm⸗ 
urchstich ist nunmehr auf natürlichem Weg erfolgt, 
ndem der südliche Kanaldamm dem Drucke der Wasser⸗ 
nassen gestern Abend gewichen ist. 
Zu Frankenthal wurden fur die Ueber⸗ 
chwemmten 10,000 Mark zusammengebracht, ob⸗ 
vohl die Stadt selbst gelitten und fast jede Fa⸗ 
nilie Geflüchtete aufgenommen hat und unterhält. 
luf Samstag war eine Versteigerung geretteten 
ziehes anberaumt, das von den Beschaͤdigten nicht 
nehr gehalten werden kann. 
Tas königliche Oberpostamt der Pfalz 
Jat gestattet, daß sämmtliche Sendungen, die für 
zas Central⸗Hilfscomite, Burgermeisteramt Lu d⸗ 
vigshafen, bestimmt sind, portofrei befördert 
derden, was wir hiermit zur Kenntniß bringen. 
unser wohlthätiger Landsmann in New⸗ York 
derr Henry Villard (Hilgard), Präsident der Nor⸗ 
hern⸗Pacific⸗ Eisenbahn, hat auf die erste Kunde 
oͤn der Ueberschwemmung und dem dadurch verur⸗ 
achten ungeheueren Unglück und Schaden sofort 
urch Vermittlung des Bankhauses FIrz. Nitlol. 
-chmidt in Frankfurt a. M. 10,000 M. an das 
fälzische Hilfskomite, speziell für seine nothleidenden 
anveleute, übersandt. Auch die übrigen Teutschen 
n New⸗Pork haben ihrer bedrängten Brüder im 
—DDDD 
dem sie die bedeutende Summe von 117,000 M. 
ür die Uebeschwemmten auf telegraphischem Wege 
der „Frankfurter Zeitung“ haben zugehen lassen. 
DBaAus der Rheinpfalz berichtet das 
Fr. J.“ Der Schaden, den die letzten Ueber⸗ 
Hwemmungen gebracht haben, beläuft fich schon 
etzt in die Millionen und wird noch täglich wach⸗ 
u. In den verschiedenen überschwemmten Ort⸗ 
haften sind über 600 Gebäude zusammengestürzt, 
dere werden noch folgen. Wird jedes Gebäude 
m Durchschnitt nur auf 2000 Mark geschätzt, so 
zeträgt dies schon 1.200,000 Mark. Nicht geinger 
vird der Schaden sein an Vieh, Viehfutter, an 
Beräthschaften, an Mobiliar- und Haushaltungs⸗ 
gegenständen, die in der Uebeschwemmung zu Grunde 
jegaugen sind. Und auf diefelbe Höhe etwa tarirt 
ich auch der aus der Ueberschwemmung für die 
Felder, Gärten, Straßen, Wege ꝛc. sich ergebende 
—XR 
Endlich fällt der Rhein schneller. Leider 
ibersieht man aber auch jetzt die Größe der durch 
das Hochwasser angerichteten entsetzlichen Verheer⸗ 
angen immer mehr. In Bezug hierauf ist es wahr⸗ 
Jaft wohlthuend, zu sehen, wie sich allerwärts die 
Privatwohlthätigkeit zur Linderung des großen 
Flends der Bettoffenen regt. Daß natürlich alle 
gemeinden der Pfalz wie Reich und Arm dazu 
etragen, die Bedauernswerthen so viel als moͤglich 
zu unterstützen, ist wohl nur zu natürlich. Aber 
zuch von auswärts fließen die Gaben reichlich. Bei⸗ 
pielsweise übersandie die „Kölnische Zeitung“ aus 
hren Sammlungen für die Ueberschwemmten M. 
1000; auch die Frankfurter, Berliner und Straß⸗ 
zurger, Münchener ꝛc. Presse tritt für die Noth in 
)er Pfalz in hochherzigster Weise ein. Aus New— 
York traf bereits auf telegraphischer Wege die 
zjunde ein, daß zwei dortige Bankhäuser allein 
21,000 M. für die Ueberschwemmten gespendet 
Jjaben. Möge es gelingen, den Bedrängten so gut 
die nur immer moͤglich, über ihre so höchst trau⸗ 
ꝛige Lage hinwegzuhelfen, wozu fortgesetzte Opfer⸗ 
villigken unablässig nothwendig ist! 
Auf Anregung des pfalzischen Verbands⸗ 
directors Dr. Knecht hat der Anwalt der deutschen 
Henossenschaften Dr. Schultze-Delitzsch in der letz⸗ 
ten der Genossenschaftsblätter einen Aufruf an die 
deutschen Genossenshaften erlassen und um Ein⸗ 
sendung von Beiträgen für die Wasserbeschädigten 
zebeten. Als Sammelstelle wurde der Vorschuß⸗ 
derein Wiesbaden bezeichnet. Bei demselben 
sind bereits einige Tausend Mark eingegangen. Die 
auf die Pfalz fallenden Beträge sollen dem Cen⸗ 
ral⸗Ausschuß in Speyer zur Verfügung gestellt 
werden. 
* — Aus der Pfalz, 8. Januar wird dem 
IPf. K.“ geschrieben: Das „Bayerische Vater⸗ 
sand“ hat die Stirne, folgeudes in einer seiner 
letzten Nummern zu schreiben: „Wir überlassen 
es den liberalen, jüdischen und preußelnden Blät— 
sern, für die Liberalen, „Altkatholiken“, Protestan⸗ 
sen u. s. w. der überschwemmten Vorderpfalz zu 
ammeln und fahren fort, für unsere Stammes— 
rüder in Thyrol zu sammeln.“ Ein solches unpa, 
riotisches und unchristliches Gebahren richtet sich 
von seibst. Bemertt sei nur, daß sich in Bayern. 
so in München, Nürnberg, Augsburg u. s. w. in 
regster Weise die helfende Theilnahme für unseren 
Zreis zeigt, und daß vom jenseitigen Hauptlande 
schon dbedeuteude Summen für unsere nothleidenden 
Bemeinden eintrafen. 
Welche außerordentliche Verbreitung da 
Turnen im letzten Jahrzehnt in der Pfalz gefunden 
jat, ersieht man am besten aus einigen statistischer 
Angaben. Im Jahre 1862 gründete sich der pföl— 
ische Turnerbund mit 5 Vereinen und 480 
Htiigliedern; 1863 stieg der Verband auf 15 Verein 
nit 1100 Mitgliedern, derselbe sank aber infole 
Jes Krieges 1866 auf 7 Vereine mit 400 Mi 
zliedern herab, 1870 zählte der Verband 18 Verei 
it 700 Mitgliedern, stieg 1872 auf 1000, 187 
iuf 1100, 1875 auf 1500, 1877 auf 160 
879 auf 2000, 1880 auf 2200, und Ende 188 
ählte der Verband 36 Vereine mit 2870 Mi 
liedern, also seit 12 Jahren hat der Bund u 
as vierfache sich vermehrt. Außerdem existiren m 
nehrere einzelne Vereine, die theils nicht aufe 
onmen wuͤrden, theils dem Bunde nicht beitreh 
pollen. Daß auch im Turnen etwas geleistet wir 
zeweist, daß auf dem ersten oberrheinischen Krei 
urnfest zu Lahr die Pfälzische Musterriege 
Fhrendiplom sich erwarb, während mehrere Ga 
des Kreises keine Riegen stellten und von den 
Riegen, die zum Preisturnen antraten, überhau 
ur'ß ein Diplom erhielten, der Pfälzer und d 
Zarläruher Gau waren die einzigen Gaue 
guten Leistungen“. 
Vermischtes. 
Munchen, 5. Jan. (Aus dem Gerich 
aale) Ob bei der Geburt eines Kindes ausschl 
ich der Vater zur Anzeige beim Standes 
erpflichtet ist und auch in dessen Auftrag