Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woöchentlich fünfmal: Am Moutag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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M 59.“ 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Neich. 
Aus München wird dem „Frkf. Journ.“ 
eschrieben: Der Finanzminister v. Riedel dem 
ie Bergwerks- und Salinenadministration unter⸗ 
ellt ist, hat auf Anregung der letzten Abgeordne⸗ 
enkammer in jüngster Zeit bestimmt, daß zwei 
)berbergrathsstellen als überflüssig eingezogen und 
afür ein Regierungsrath der Generaladministration 
reigegeben werde. Ferner wurden seit Jahresfrist 
ereits drei Inspectorstellen bei der Bahn nicht 
nehr besetzt und jollen weitere derartige Stellen 
m Erledigungsfalle in Verwaltersstellen umgewan⸗ 
zelt werden. Minister v. Crailsheim scheint dem⸗ 
nach auch die Ueberzeugung gewonnen zu haben, 
zaß eine Reorganisation der Verkehrsanstalten noth- 
vendig ist und daß man dabei nicht, wie es seit⸗ 
jer immer geschehen ist, von „unten“ anfängt, um 
zum Ziele zu gelangen. Ersparungen können und 
nüssen gemacht werden, um die große Pensionslast 
zu mindern, die ein wunder Fleck im bayerischen 
Budget ist, aber nur auf diese Weise, daß man die 
höheren überflüssigen Stellen etwas zuschneidet und 
zaran haben wir bei Post und Bahn noch eine 
hinreichende Anzahl, die unbeschadet des Dienstes 
n weniger kostspielige umgewandelt werden können. 
Als künftiger Chef des Generalstabes der bayer⸗ 
schen Armee an Stelle des verstorbenen Generals 
. Diehl bezeichnet man in Muͤnchener mili⸗ 
tärischen Kreisen den jetzigen Komandeur der 7. 
Infanterie⸗Brigade in Würzburg, Generalmajor 
hrafen Verri della Bosia. 
Der Reichsanzeiger publicirt folgenden Erlaß 
)es Kaisers an den Reichskanzler: 
„Wiederum habe Ich durch Gotses Gnade ein 
ieues Lebensjahr begonnen, wiederum hat daraus 
die Nation Veranlassung genommen, Mir ihre 
Zegenswünsche in ungewöhnlich tzahlreichen Zu⸗ 
chriften die mannigfaltigsten Kundgebungen darzu⸗ 
xingen. Adressen, Telegramme, dichterische und 
ünstlerische Gaben, Blumenspenden und Angebinde 
er verschiedensten Art sind Nir von Stadn und 
land⸗Gemeinden, Corporationen, Vereinen, Festver⸗ 
ammlungen und einzelnen Personen innerhalb und 
uußerhalb des deutschen Reiches, selbst von fernen 
Welttheilen in reicher Fülle zugegangen. Die Spen⸗ 
den, welche sämmtlich das lamere Gepräge aufrich⸗ 
ider Liebe und Anhaͤngüchteu tragen, haben Mich 
iief bewegt, Ihre Durchsicht wie die Wahrnehmung 
daß, wo Deutsche wohnen, Mein Geburtstag zu 
unem daterländischen Feste benutzt wird, hat Mir 
das wohlthuende uͤnd ermuthigende Gefühl gewährt, 
daß Mein vnnachlassendes Vestreben, den umfaf— 
enden Pflichten neine Würde für das stete Wachs⸗ 
hum und Wohlsaht meines Velte Genüge zu 
un, im Herzen Meiner Deutschen Widerhall sindet. 
doll freudiger Befriedigung uüber die liebeboslen 
Aufmerksamteitem wodurch diese Zeit Mir zur herz⸗ 
shebenden Feier geweiht worden muß ich dem Ge⸗ 
i jeden Glückwunsch besonders zu erwidern 
unausführbahr entsagen, vielmehr die Zuflucht 
azu nehmen, öffentlich den wärmsteu Dank auszu⸗ 
srechen. Ich beauftrage Sie, diesen Erlaß zur 
ösfenllichen Kenntniß zu bringen. 
der höchst umsassende und alle Vorgänge in 
7 ommission enthaltende Bericht über den Gesetz 
wurf, beireffend die Krankenversicherung der Ar⸗ 
er, ist den Mitgliedern des Reichstags zu⸗ 
engen. Voraussichtlich werden die Verhandlungen 
Plenum darüber, sd. h. die zweite und dun— 
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Dienstag, 27. März 1883. 
—18. Jahrg. 
desung bald nach dem am 3. April erfolgenden 
Wiederzusammentritt stattfinden. 
Die Nachricht, daß Viceadmiral Batsch 
vegen der Ernennung des Generals Caprivi zum 
Marineminister seinen Abschied erbeten habe, wird 
als unbegründet bezeichnet mit dem Bemerken, daß 
der Kaiser das weitere Verbleiben des Admirals 
im Dienste ausdrücklich gewünscht habe. 
Ausland. 
Der Zwist Frankreichs mit Madagas- 
ar eröffnet auch die Perspective auf Verwickelungen 
nit den Vereinigten Staaten von Nordamerika. 
Die amerikanische Regierung hat gleichfalls die 
ẽntsendung eines Kriegsschiffes nach Tamatave an⸗ 
jeordnet, welches Weisungen erhalten wird, an der 
West⸗ und Nordwestküste von Madagascar zu kreu—⸗ 
en. Dieses Vorgehen der Regierung der Verein 
Staaten hat den Zwech, die amerikanischen Bürger 
auf der Insel in den Rechten, welche ihnen durch 
den jüngst zwischen den Verein. Staaten und Ma— 
dagascar geschlossenen Vertrag gesichert worden sind. 
zu schützen. Der Besuch, den die madagassische 
Besandtschaft in New-York abgestattet, dürfle nicht 
zanz ohne Einfluß auf die Maßnahme der nord— 
merikanischen Regierung gewesen sein und es bleibt 
abzuwarten, ob dem ersten Kriegsschiff nicht noch 
andere folgen werden. — Der Kommandant des 
französischen Geschwaders an der Küste von Mada⸗ 
jascar hat übrigens, wie verlautet, neue Instructi— 
onen erhalten, welche ihn anweisen, Tamatave so 
weit als möglich zu schonen und nur einige Punkte 
zu blokiren, damit der Handelsverkehr nicht günzlich 
anterbrochen werde. 
Die englische Regierung hat bei der nord⸗ 
amerikanischen in freundschaftlicher Weise remon⸗ 
trirt, indem sie auf das Vorhandensein irländischer 
kFomplotte und die aufreizenden Declamationen der 
Dynamitpresse hinweist, in welcher eine wirkliche 
Befahr liege. Namentlich durch die Irish Worid 
vürden die Irrländer aufgereizt. Dieses Blatt 
zrophezeit unverhohlen eine Reihenfolge von Dy— 
namit⸗Explosionen, die wie ein Erdbeben wirken, 
ich längs der Temse fortpflanzen und nicht eher 
wufhören würden, als bis Irrland von England 
reigegeben sei. 
Bei der Krönung des Zaren wird nach den 
bis jetzt in die Oeffentlichkeit gelangten Anzeigen 
die Mehrzahl der Höfe durch Mitglieder derselben 
dertreten sein. Gleichwohl wird aber auch die Ent⸗ 
endung specieller Vertreter der Regierungen zur 
krönung erfolgen. Französischerseits wird die Re— 
zierung durch Herrn Waddington, der Präsident 
»er Republick durch einen General repräsentirt sein. 
Für Italien wird seitens des Hofes Prinz Amadeus 
seitens der Regierung wahrscheinlich General Cial⸗ 
zini erscheinen. Auch der Sultan wird durch einen 
Specialgesandten, als welcher Server Pascha ge— 
nannt wird, vertreten sein. Auch österreichischer⸗ 
und deutscherseits sollen außer je einem Mitgliede 
der beiden Herrscherhäuser auch noch hohe Würden⸗ 
räoer als Specialgesandee nach Mostan kommen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 27. März. Die gestern 
Abend im Oberhauser'schen Saale vom hiefigen 
driegervereine zur Feier des Geburistages 
Sr. Majestät des deutschen Kaisers veranstallete 
Reunion war seitens der Mitglieder des genann— 
en Vereins und ihrer Familien sehr zahlreich be— 
ucht. Jedes Plätzchen in dem großen Saale war 
esetzt und nur mit Mühe gelang es, sich zwischen 
den Reihen hindurch zu winden. Mit einer kernigen 
Ansprache, in der er kurz auf die Veranlassung des 
sestlichen Beisammenseins und auf die Bedeutung 
des kaiserlichen Geburtsfestes für den Deutschen, 
insbesondere den deutschen Krieger hinwies, eröffnete 
der J. Vorstand, Herr Kaufmann Fischer, die 
Festfeier. Das von demselben am Schlusse der An⸗ 
prache auf S. Maj. den Kaiser ausgebrachte Hoch 
vurde begeistert aufgenommen. Es folgten nun in 
hunter Reihenfolge allgemeine Chorlieder, Vorträge 
»er Musikkapelle, theatralische Darstellungen und 
Deklamationen. Ein von Herrn Steiger Klein 
Dudweiler) auf S. Mäjestät König Ludwig II. 
yon Bayern ausgebrachter Toast fand allgemeine 
»egeisterte Zustimmung. Besondern Beifalles hatte 
ich das von den Herren F. und Sch. sehr gelungen 
vorgetragene komische Duett „Ein Jägerfrühstück“ 
‚u erfreuen. Als außerordentlich gelungen und 
wirkungsvoll muß auch die Darstellung der leben⸗ 
den Bilder: Der Kaiser, die Samariter und im 
Biwak bezeichnet werden. So verlief der Abend 
in recht angenehmer Weise bis die vorgerückte 
Stunde zum Aufbruch mahnte. 
* St. In gbert, 27 März. Die Osterfeier⸗ 
tage brachten uns weit besseres Wetter als wir kurz 
vorher hoffen durften. Infolge dieser günstigen 
Witterung hatte sich unsere Stadt eines sehr zahl⸗ 
reichen Besuches aus der preußischen Nachbarschaft 
zu erfreuen. In erster Linie kam dies unseren 
Wirthen zu gute, denn ihren Salvator⸗, Bock⸗ und 
anderen Bieren wurde tüchtig zugesprochen. 
— Durch Verfügung der Direktion der 
Pfälz. Bahnen wird den Mitgliedern des 
Bezirksvereins Pfälzischer Post- und 
Telegraphenbeamten bei ihren vierteljähri⸗ 
zen Versammlungen auf den Pfälz. Bahnen eine 
Oprocentige Fahrpreisermäßigung ge—⸗ 
vährt, indem die einfachen Fahrbillete zur freien 
Rückfahrt berechtigen. Zu den 22 namentlich an⸗ 
Jeführten Stationen, welche an die sich legitimiren⸗ 
den Mitglieder des gen. Vereins Billete abzugeben 
hderechtigt sind, gehören auch St Ingabert und 
Blieskastel. 
— Der „Pf. Pr.“ wird aus dem Bliesgau 
geschrieben: In der Adti'schen Dosenfabrik in 
Ensheim sind nun die 500,000 Sädbelscheiden 
aus Papiermachee für die russische Armee beinahe 
jertig gestellt. Gegenwärtig ist die Fabrik beschäf⸗ 
igt mit der Anfertigung von Figuren für das 
Scheibenschießen resp. die Schießübungen in den 
Harnisonen der deutschen Armee. Diese Figuren 
bestehen, statt der jetzigen von Papier auf Leinwand 
jeklebten, in ganzer Körpergröße (d. h. so groß, 
zreit und dick wie der ganze Umfang des Mannes) 
benfalls aus gepreßter Papiermasse. — Demselben 
Blatte wird mitgetheilt, daß vergangene Woche in 
Armesheim ein Wittwer, seiner Profession ein 
)immermann, unter Zurücklassung seiner Schulden, 
bkleiner Kinder und seiner blödsinnigen Haushäl- 
erin nach Amerika (nach Lindenau, wie er Tags 
uvor sich ausdrückte) abgereist ist, nachdem er vor⸗ 
jer noch seine gepfändete Kuh zu Geld gemacht 
hatte. 
— In einer kürzlich in Kaiserslautern stattge— 
habten Ansschußsitzung der „Pfälzischen 
Kampfgenossenschaft wurden die Gelder 
(1850 M.) vertheilt, welche für die von der 
Wassersnoth betroffenen Krieger des Verbandes aus 
fast allen Theilen Deutschlands eingegangen waren. 
— Der Verband zählte Ende 1882 561 Vereine 
mit 2500 Mitgliedern. — Der pfälzische Krieger—