Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
tlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 40 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 B, einschließlich 
40 Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I5 , bei Neclamen 30 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
AMAS64. 
* Die polnische Frage. 
Steigen die Todten wieder auf, erheben sich 
längst untergegangene Reiche wieder? — So könnte 
man erstaunt ausrufen, wenn von einem Wieder—⸗ 
wuftauchen der polnischen Frage in der Politik die 
sede ist. Aber was soll dieses Beginnen bedeuten, 
vas sind für Ursachen flir eine Wiederherstellung 
des Polenreiches vorhanden? — Daß die Polen 
n ihren leidenschastlichen Herzen noch immer von 
iner Retablirung ihres Vaterlandes als selbstständiges 
keich träumen, ist richtig und ist ihnen auch nicht 
jerade zu verargen, denn diese Träume repräsentiren 
in gutes Stück Vaterlandsliebe, außerdem ist es 
iber auch bekannt, daß die Polen siets mehr mit 
»em Herzen und ihren Leidenschaften als mit dem 
Berstande Politik getrieben haben und ist in diesem 
MNißberhältniß auch das Verhängniß des Polenreiches 
zu suchen, welches mehr wegen seiner großen inneren 
Schwäche und Entartung als in Folge auswärtiger 
siederlagen unterging. Schon Jahrhunderte vor 
seiner Theilung an Rußland, Preußen und Oester⸗ 
reich war Polen ein Schattenreich, ein politischer 
Popanz und Zankapfel gewesen, Bürgerkriege, Re— 
olutionen und Contrerevolutionen, Gesetzlosigkeit 
und Corruption hatten Polen zu Grunde gerichtet 
ind in der darauffolgenden Theilung Polens waliete 
mschieden eine Art historischer Nemesis. Mehr 
als hundert Jahre befinden sich auch bereits die 
ehemals polnischen Landestheile unter russischer, 
reußischer und österreichischer Herrschaft und wenn 
s auch noch polnisch sprechende Einwohner in den 
etreffenden Gehietstheilen gibt, polnische Staats⸗ 
ʒürger existiren schon seit hundert Jahren nicht mehr. 
Es müssen daher offenbar recht seltsame Vor⸗ 
ussetzungen sein, welche das Aufrütteln der pol⸗ 
nischen Frage begünstigen sollen. In Russisch⸗ 
holen und Posen merkt man von denselben auch 
o gut wie nichts, aber in Galizien ist Dank den 
Begünstigungen, welche Oesterreich seinen verschie⸗ 
denen Nationalitäten seit einigen Jahren zu Theil 
verden läßt, den Großpolen der Kamm geschwollen, 
ie bauen Luftschlösser auf Oesterreichs Gutmüthig⸗ 
reit und malen sich das Ende der großen Aus⸗ 
anandersetzung zwischen Oesterreich und Rußland 
nit der Wiederaufrichtung eines selbstständigen 
bolenreiches im Hintergrunde auf. Das neue 
ßolen soll als Schutzdamm gegen Rußland ver— 
vardt und so die polnische Frage im Einklange 
nit den österreichijchen, deutschen und westeuropä— 
schen Interessen gelöst werden. Dieser Plan der Wie⸗ 
erherstellung Polens ist indessen weiter nichts als ein 
dommer Wunsch einer Anzahl ehrgeiziger Polen und 
redt sich nicht im Entfernesten min deru Wien, Berlin 
nd Petersburg praktisch geübten Politik. Denn um die 
Wiederherstellung Polens müßten die drei Groß— 
naͤchte Deutschland, Oefterreich und Rußland doch 
umächst einen Krieg unter sich führen da kein 
pneigt ist, freiwillig ihre ehemals polnischen Landes— 
crile abzutreten Da aberne de Großmächte 
ich einst in Polen getheilt haben, kann es keinet 
iinfallen, für die Wiederherstellung Polens zu 
kämpfen. Auch würden Deutschland und Oesterreich 
un einem neuen Polenreiche durchaus keinen sicheren 
Snutz gegen Rußland erblicken können, denn 
wãche und Ohnmacht würden wahrscheinlich auf 
ange Zeit auch wieder die Attribnte Neupolens 
n. Am bessen und sichersten schützt sich jeder 
gegen seine Feinde nur selbstt und dafür 
rge Deutschiand uͤnd Oesterreich gesorgt und 
üssen den Schuß durch ein Polenreich an ihren 
Dienstag, 3. April 1883. 
18. Jahrg. 
zftlichen Grenzen als eine Lächerlichkeit und alberne Paris, 1. April. Der Intranfigeant erzählt, 
Zumuthung zurückweisen. Ein tiefes Friedensbe- daß die Ankunft von Louise Michel in Saint— 
ürfniß ist auch gegenwärsig bei allen Großmächten Lazare für das Personal des Gefängnisses ein wahres 
borhanden und der Strauß zwischen Oesterreich und Freudenfest war. Icdermann wollte sie wiedersehen, 
Rußland, worauf die Polen ihre phantastischen dgar die barmherzigen Schwestern begrüßten mit 
Doffnungen setzen, liegt noch in nebelhafter Ferne. Ruͤhrung die „gottesleugnende Vorsehung“, welche 
Dafür bleibt aber die Wahrheit bestehen, daß Polen nichts fur sich zu behalten weiß, sondern alles her— 
dereits im vorigen Jahrhunderte unterging und jibt, was sie besitzt. Das Blatt, welchem man in 
daß die Polen deutsche, österreichische und ruͤssische diesem Punkte glauben darf, versichert, seine Freundin 
Staatsbürger geworden sind, also von einer pol- verde von der Direktion von Saint⸗Lazare mit der 
aischen Frage in der europäischen Politik keine Rede zrößten Rücksicht behandelt und genieße da so viel 
nehr sein kann. Freiheit, als in einem Gefängniß nur moöglich sei. 
Sie will die Einrichtung des Hauses genau studiren 
und die gesammelten Erfahrungen in ihrem nächsten 
Roman verwerthen. 
Varis, 2. April. Das von der Patrie ver⸗ 
zreitete Gerücht über den Verkauf des dem Herzog 
von Aumale gehörigen Schlosses Chantilly ist falsch. 
— Das Journal des Debats enthält einen heftigen 
Artikel gegen den Kriegsminister Thibauden. 
Alles scheint sich zu seinem Sturze vorzubereiten. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
S. Maj. König Ludwig IU. von Bayern 
hat auch heuer, wie in früheren Jahren, dem Fürsten 
Bismarck zum Geburtstage telegraphischen Gluͤck 
vunsch übermittelt. 
Die Mehrzahl der landwirthschaftlichen Kreis— 
comites in Bayern hat sich dem bereits vor 
einiger Zeit von dem Gutsbesitzer, des Landtags⸗ 
und Reichstags-Abgeordneten Frhrn. v. Soden ge⸗ 
tellten Antrag auf Erhöhung der Eingangszölle für 
Betreide angeschlossen und sich dahin gutachtlich 
ausgesprochen, daß für einen größeren und rentir— 
licheren Absatz des einheimischen Getreides eine Er— 
söhung des Gretreidezolles nothwendig ist. 
Köln, 81. März. In dem Congresse rhein⸗ 
scher Schulmänner, welcher hier abgehalten wurde, 
tand auch die Ueberbürdungsfrage auf der Tages⸗ 
ordnung. Die Wichtigkeit derselben wurde allseitig 
anerkannt, ebenso daß der dadurch drohenden Gefahr 
ibgeholfen werden müsse. Aber ehe man an das wie, wo 
uind wann kam, war die Zeit vorgerückt und die 
Verhandlungen mußten abgebrochen werden, trotz⸗ 
)em der Vorsitzende — Direktor Dr. Jaeger — 
ertlärte, daß die Sache weiter erwogen zu werden 
verdiente. Als nächstjährigen Versammlungsort 
vählte man wieder Köln. 
Berlin, 1. April. Prinz Wilhelm wird 
nach beendetem Studium bei der brandenburgischen 
Regierung auf ein Jahr zur Dienstleistung bei der 
Gardeartillerie commandirt werden. Es ist dies 
dann die dritte Waffe bei der er seine Ausbildung 
praktisch genießt. Als Wohnung wird er dann das 
Schloß Bellevue beziehen. 
Freitag Abend fand in Gegenwart der Kaiserin 
Augusta eine Sitzung des deutschen Central⸗Comi- 
és der Vereine vom rothen Kreuze statt, welcher 
jum ersten Male die dem preußischen Ceniralcomité 
ooptirten drei Vorstands mitglieder des deutschen 
driegerbundes beiwohnten. Die mit dem deutschen 
driegerbunde und dem deutschen Kriegerverbande 
eingeleiteten Verhandlungen über deren Anschluß an 
zas rothe Kreuz sind nunmehr zu einem gedeihlichen 
Abschlusse gelangt, und werden daher Bestimmungen 
iber die Orte getroffen werden, an denen die ein— 
zelnen Kriegerdereine, die sich hierzu bereit erklären, 
als freiwillige Sanitätscorps in Thätigkeit treten sollen. 
Ausland. 
Aus Wien, wird gemeldet: Am Mittwoch 
Jriffen 30 Montenegriner 25 Arnauten während 
der Ueberfahrt von der Insel Branjina aufs Land 
In, der Kampf fing mitien im Wasser mit Gewehr⸗ 
cchüssen an und wäaͤhrte zwei Stunden. Später, 
als die Barken sich näherten, wurde der Kampf 
mit blanker Waffe fortgesetzt. Alle 25 Arnauten 
vurden todtgeschlagen. Die Montenegriner hatten 
J Todte und 11 Verwundete 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 3. April. Am verflossenen 
Sonntag gingen in der hiesigen kath. Pfarrkirche 
263 Kinder der Pfarrei (St. Ingbert, Rohrbach 
und Hassel) zum ersten Male zur“ h. Kommunion. 
Die Zahl der Knaben betrug 123. die der Mäd— 
hen 140. 
* Auf der benachbarten Grube Dudweiler 
vwurden am Samstage einem Bergmanne bei der 
Sinfahrt in den Schacht beide Beine abgerissen. 
Der Verunglückte ist Vater von 7 unerzogenen 
Kindern. 
— Das landwirthschaftliche Bezirkskomite Zwei⸗ 
brücken hat die Errichtung einer landwirth— 
schaftlichen Winterschule in Z wei⸗ 
»rücken in Aussicht genommen. Die Stelle eines 
dehrers für diese Schule ist von dem J. Vorstande, 
herrn Freudenberg, mit einem jährlichen Gehalte 
von 1500 Mt. bereits zur Bewerbung ausgeschrie⸗ 
hen. Zweck der Schule ist, Landwirthe, namentlich 
Söhne der kleineren Ackerbautreibenden, für ihren 
fünftigen Beruf vorzubereiten. Die Schule soll 
chon im November ds. Is. in's Leben treten. Die 
Unterrichtszeit läuft jedes Jahr bis Ende März. 
— Auf Antrag der Firma „Gebrüder Bloch“, 
Eisenhandlung in Reichshoffen i. E., ist über das 
im Inlande befindliche Bermögen der unter der 
Firma „Schönauer Hütten werk“ mit dem 
Sitze in Amsterdam bestehenden Aktiengesellschaft 
durch das k. Amtsgericht Dahn am 29. März 
1883, Nachmittags 592 Uhr, der Konkurs eröffnet 
ind der geprüfte Rechtspraktikant August Bartel 
»on Pirmasens, zur Zeit in Zweibrücken, zum Kon⸗ 
ursverwalter ernannt worden. 
7 Kaiserslautern, 31. März. Ueber 
das Resultat der Arbeiten der Reichstagskommission 
ür das Krankenkassengesetz sprach gestern Abend 
derr Reichstagsabgeordneter Dr. Armand Buhl im 
rokale des Kaufmännischen Vereins. Zum Schluß 
eines mit Interesse aufgenommenen eingehenden 
Vortrages gab er ein Bild, wie das Krankenkassen⸗ 
wesen in der Stadt Kaiserslautern sowie in der 
Umgegend nach dem Inkrafttreten des Gesetzes sich 
Jestalten werde. Es würden in der Staͤdt di— 
größeren Fabrikkassen bleiben Knappschaftskassen 
wohl keine, Innungskassen vielleicht doch, dagegen 
Baukrankenkassen, Ortskassen für Arbeiter in kleine 
wen Faöriken, solche für gewerbliche Arbeiter, eud— 
ich noch eine Gemeindekasse fijr den Piaq v.