Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Jugherter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
der „St. Iugberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchenilich mit Unterhaltungs— 
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1 A 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1MA 60 A, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 , bei Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 65. 
Zur Eröffnung des bayerischen! 
Landtages. 
In der sonst so öden Prannerstraße zu München 
vird es jetzt wieder lebendig werden, denn die Er—⸗ 
bählten des Landes versammeln sich heute (Donners⸗ 
ag) zur Wiedereröffnung und treten wahrscheinlich 
hon am kommenden Samstag zur ersten Sitzung 
m Parlamentshause zusammen. Einstweilen läßi 
ie Regierung noch in aller Eile das Innere des 
zauses „herunterputzen“ und die Säle etwas „re⸗ 
auriren“, eine Arbeit, die selbst von den Spar⸗ 
amsten der Landesboten kaum mit unzufriedener 
Niene begrüßt werden dürfte. Wir haben schon 
nanderer Stelle gesagt, daß die Dauer der Land⸗ 
agssession diesmal kaum eine allzulange sein wird 
mnd können dies auch heute nur wiederholen. Für 
iese Anschauung spricht erstens die Thatsache, daß 
n dem gleichzeitig tagenden Reichstage diesmal eine 
icht geriuge Anzahl wichtiger Gesetzentwürfe, wie 
olzzölle Militärpensionsgesetz ꝛzc. auf die Tages⸗ 
rdnung gesetzt sind, bei deren längerer Berathung 
»ie sogen. „amphybischen“ Mandate jedenfalls in 
herlin sein werden; sodann in weit höherem Maße 
och der Umstand, daß die Regierung nach Allem, 
pas bis jetzt bekannt geworden, selbsi keine weitere 
größere) Vorlage, außer der Ueberschwemmungs⸗ 
rage, dem Landtage zu machen gedenkt. 
Was die Physiognomie des Hauses anbelangt, 
dürfte sie sich gegen das Vorjahr nur wenig ver⸗ 
indert haben. Zwar treten in die politische Ärena 
er Abgeordnetenkammer (auch der Reichsrath zählt 
ier neue Mitglieder) fünf Herren — Dr. Orterer⸗ 
Rünchen Jl,. Commerzienrath Clemm⸗Speyer, Guts⸗ 
ꝛesitzer Schloßstein -Kaiserslautern, Gutsbesitzer 
zritsche Kulmbach, Bürgermeister Seeburger⸗Kauͤf⸗ 
euren — durch Neuwahl ein. Deshalb wird je⸗ 
och der Bestand der beiden Hauptparteien — Li⸗ 
rerale und Patrioten — nicht wesentlich tangirt 
verden. Vielleicht, daß sich die Zahl der Wilden“ 
mein oder die andere Nuͤmmer vermehrt. Auch 
vird eine kleine Verschiebung auf der Rechten zu 
zunsten der gemäßigten Ultramontanen zu verzeich⸗ 
en sein. Das Hauptinteresse — sagen wir es 
fen — wird sich wieder auf Dr. Rinsler concen 
titen, namentlich, wenn er wieder zum Referenten 
esp. in den Finanzausschuß gewähli wird. Der 
leine Conflict, in welchem sich der ehemalige Wal⸗ 
ahrtspriester von Maria Eck, nunmehrige Lyceal⸗ 
rofessor in Regensburg, mit seinen bischöflichen 
jorgesetzten zur Zeit befindet, hat jedenfalls auf 
iese Kammer⸗Wahl⸗Intecessen keinen Einfluß. 
Das Directorum bleibt voraussichtlich dasselbe 
e seither. Recht begierig ist man auf die Zu⸗ 
ammensetzung der einzelnen Ausschüsse, da diese 
uch in der Herbstsaison, in welcher das Budget 
erathen wird, foribestehen müssen. Der Finanz⸗ 
usschuß wird im Herbst in erster Linie über die 
Heamtengehälter berathen, da in dieser Hinsicht 
dieder viele Petitionen an den Landtag gerichtet 
derden. Voraussichtlich ist aber die Kammerma— 
orität nichts weniger als in diesem Punkte will⸗ 
ährich, und die meisten der Petitionen werden 
vohl ad acta gelegt werden. 
Wenn wir zum Schluß noch einen Blick auf 
en Regierungstisch werfen, wie ser sich der Kammer 
egenüber prasentirt, so ist es fast unnöthig, zu er⸗ 
pahnen, daß an ein Wanken nd Weichen“ jeßt 
pu viel weniger zu denken ist als im Vorjahre. 
ei der Berathung der Noihstandsvorlage wird 
hne Zweifel ein sa pweutente Kirchthurmrennen 
Donnerstag, 5. April 1883. 
18. Jahrg. 
von localen und persönlichen Interessen (um mit 
Dr. Sigl zu reden) losgehen, daß man das „Schießen“ 
nach dem Regierungstisch darüber wohl vergessen 
vird. Wenn aber nicht mehr hingeschossen wird, 
o wird auch nicht zurückgeschossen, wie Minister 
rutz sich ausdrückte; od Dr. Rittler, selbst im Falle 
r in den Finanzausschuß gewählt wird, überhaupt 
ioch ein scharfgeladenes Gewehr gegen jene Seite 
ichtet, erscheint aus bekannten Gründen mehr als 
weifelhaft. Es lassen sich zwar derartige Situati⸗ 
men nicht voraussehen, da ja oft ein paar Worte 
jsenügen, um dieselben plötzlich zu verändern; in⸗ 
essen dürfte wohl die jetzige Session im Großen 
ind Allgemeinen friedlich verlaufen, was beiden 
kheilen nur erwünscht sein kann. 
Anzahl der auf dem Dampfer Angestellten verhaftet 
vorden. Man fand bei ihnen Dynamit und wich— 
ige Papiere. 
Eokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 5. April. Im neuesten 
dreis amtsblatte der Pfalz werden die Namen der 
Dienstboten veröffentlicht, welche heuer aus 
»em pfälzischen Dienstbotenstifte Prä— 
hjenden oder Aufmunterungspreise erhielten. Dem 
hetr. Namensverzeichniß entnehmen wir, daß aus 
dem Kanton St. Ingbert folgende Dienst⸗ 
voten Preise erhielten: eine erhöhte Geldbe— 
ohnung von 30 Mk.: Elisabetha Wannen⸗ 
nacher, 76 Jahre alt und gebrechlich, schon 46 
J. bei Ackerer Mathias Wannenmacher in Ommers⸗ 
jeim; eine Geldbelohnung von 10 Mk.: 
Barbara Bickel, 12 J. bei Bäcker Thiery hier, 
Anna Verschneider, 10 J. bei Stadtschreiber 
Bayer hier, Charlotte Lswenberger, 11J. 
nei Oberamtsrichter König, früher hier, jetzt in 
Zweibrücken; einen Ehrenbrief: Frida Guttmann, 
3 J. bei Buchdruckereibesitzer Franz Xaver Demetz 
zier, Elisabetha Kempf, 5 J. bei Kaufmann Joh. 
Uhl hier. 
MWSt. Ingbert, 3. April. Nachdem auf 
vem vorigjährigen Verbandstage der Pfalzischen 
dampfgenossenschaft zu Lambsheim die Frage 
ingeregt wurde, ob von Seiten des Reichs⸗Invaliden⸗ 
Anterstützungsfonds für Solche, welche nach dem J. 
April 1874, dem Endtermin zur Anmeldung um 
Anterstüstung und Pensionirung, in Folge der 
Strapazen des Krieges nachtrchhlich erkrankten, eine 
Pensionirung oder Unterstützung zu erlangen sei, 
iahm sich Herr Reichs⸗-Landtagsabgeordneter Dr. 
hroß von Lambsheim warm der Sache an und 
dersprach vor dem Reichstag mit einem diesbezüg⸗ 
ichen Antrage zu treten, wenn ihm genügende 
Füälle zur Motivirung seines Antraqes vorgelegt 
vürden. 
Es werden nun alle diejenigen um Einreichung 
hrer Gesuche, mit ärztlichem Zeugniß versehen, auf- 
jefordert, welche nach dem 1. April 1874 in Folge 
»er Strapazen des Krieges erkrankten und ist fuͤr 
St. Ingbert und Umgegend zur Eutgegennahme 
ieser Gesuche Herr Hermann Fischer, Ausschuß⸗ 
nitglied der Pfalzischen Kampfgenossenschaft und J. 
VBorstand des Kriegervereins St. Inabert dazu be— 
timmt. 
— In Ommersheim erhängie sich Ende 
horiger Woche ein wohlhabender Ackerer, Namens 
darz, an einer Kette. Verfolgungswahn soll den 
Anglücklichen zum Selbstmorde getrieben haben. 
— Neustadt, 31. Marz. Herr Krafft hatte 
or Monaten im Hinweis auf die fust allgemeine 
dlage über Ueberbürdung mit Gewerbesteuer den 
Antrag gestellt, das Bürgermeisteramt wolle Erheb⸗ 
ingen machen über die Höhe dieser Steuer in den 
indern pfalzischen Städten. Dieser zum Beschluß 
rhobene Antrag wurde ausgeführt und folgendes 
desultat in heutiger Stadtrathssitzung bekannt ge⸗ 
jegeben: In Dürkheim erhöhte sich die Gewerde— 
teuer in Folge des neuen Gesetzes um 46 pCt. 
ein Steuerbarer stieg von 9 M. 40 auf 46 M.), 
n Edenkoben um 23 pCt., in Frankenthal um 
135 pCt. (die dortige Zuderfabrik zahlt hievon 
Allein 39,600 Mark mehr, als früher), in Ger—⸗ 
nersheim um 18 pCt. ((auptsächtich von drei 
Steuerbaren getragen), in Grünstadt um 9 pCt., 
n St. Ingbert um 11 pCt. (zumeist durch 
Zergrößerung des Eisenwerkes) in Zaiserslautern 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
In den nächsten Tagen tritt in München 
ruf Befehl des Königs unter dem Präsidium des 
PBrinzen Luitpold eine Kommission von Generälen 
usammen, um sich darüber schlüssig zu machen, ob 
ür die Zukunft an Stelle, der zur Zeit noch gil⸗ 
igen bayerischen Verordnung über die Ergänzung 
er Offiziere des stehenden Heeres vom Jahre 1872 
ie bezügliche preußische Verordnung über die Er—⸗ 
änzung der Offiziere des Friedensstandes, welche 
eit dem 11. März 1880 nicht allein in Preußen, 
ondern auch in Sachsen und Württemberg in Gel⸗ 
ung ist, zur Annahme gelangen soll. Der Unter⸗ 
hied in diesen beiden Verordnungen besteht in der 
danptsache darin, daß bezüglich des Offizierersatzes 
n Bayern bislang an der Beibringung eines Gym⸗ 
asial⸗Absolutoriums bei den Offizieradspiranten 
estgehalten wurde, während in Preußen schon mit 
em Zeugniß der Reife für Prima (3. Gamnasial⸗ 
lasse) die Zulassung zur Portepéefähnrichprüfunq 
rmöglicht wird. 
Die „Nat.lib. Corr.“ schreibt: Der Reichs⸗ 
agsabgeordnete Petersen, bisher Senaispräsident 
im Oberlandesgericht zu Colmar, ist zum Reichs⸗ 
jerichtsrath ernannt worden. Der Reichstag ver⸗ 
iert in ihm eine seiner tüchtigsten juristischen Kräfte, 
ie nationalliberale Fraction eines ihrer treuesten 
Nitglieder, die socialpolitische Commission des Reichs⸗ 
ags einen ihrer fleißigsten und hingebungsvollsten 
Irbeiter. 
Am 83. ds. Mis. (Dienstag) nahm der deutsche 
steichstag seine Arbeiten wieder auf. Der Prä⸗ 
ident gab zunächst unter dem Beifall des Hauses 
kenntniß von zahlreichen Gaben, welche aus Amerika 
ind mehreren europäischen Ländern neuerdings bei 
em Präsidium für die Ueberschwemmten Deutsch⸗ 
ands eingegangen sind. Zur Berathung kam so⸗ 
ann das Gesetz betr. die Abänderung des Zoll⸗ 
arifs, resp. Erhöhung der Holzzoͤlle. 
Ausland. 
Paris, 3. April. Den Abendblättern zufolge 
par die Discussion im heutigen Cabinetsrathe eine 
ebhafte und lang. Mehrecre Minister forderten 
Thibaudin auf, sein letztes Circularschreiben zurück⸗ 
unehmen. Dieser machte verschiedene Cinwendungen 
ind verließ den Cabinetsrath vor seinem Schluß. 
der France zufolge erklärte Thibaudin, er würde 
her seine Entlassung nehmen, als das Circular⸗ 
chreiben widerrufen. Das Blatt hält den Rücktritt 
Thibaudin's für wahrscheinlich. 
London, 3. April. In dem irischen Hafen 
Fork ist Henry Morgan, auf den man so lange 
ifrig gefahndet. von Amerika kommend mit einer