Full text: St. Ingberter Anzeiger

waährend der Besitzer des Etablissements sich eben 
allein in demselben befand. Der Herr verlangte 
certige Kleider, da er, wie er sagte, seine Frau mit 
iner hübschen Toilette überraschen wolle. Nach 
inigem Suchen entschied er sich für ein schweres 
Zeidenkleid und fragte den Verkäufer: „Haben Sie 
nicht eine Probirmamsel zur Hand, damit ich sehen 
ann, wie das Kleid sitzt?“ Der Kaufmann be— 
auerte, daß keine seiner Domen anwesend sei. 
Thut nichts, wollen Sie das Kleid für einige 
lugenblicke anziehen?“ Der Ladeninhaber nichts 
Arges ahnend, zog das Kleid an, knöpfte es zu 
ind wendete sich nach allen Seiten. „Großartig!“ 
uft mit scheinbarem Entzücken der Käufer, aber in 
ꝛemselben Momente sprang er zur Geldlade, riß 
ie heraus, steckte sie unter den Mantel und rannt⸗ 
»avon. Der entsetzte Kaufmann läuft hinter ihm 
jer; auf der Gasse packen ihn die Vorübergehenden 
ind führen ihn mitleidsvoll in den Laden zurück 
da sie glaubten der Arme sei verrückt geworden 
his er den Sachverhalt zu erzählen vermochte, war 
»er Gauner spurlos verschwunden. 
Tours, 8. April. Ein gräßlicher Mord 
vurde gestern Nachmittag in einem Tunnel der vor 
Fhinon nach Tours führenden Eisenbahn verübt. 
Fin junger Mann, welcher sich von Chinon nach 
Tours zurückbegeben wollte, ließ unvorsichtiger Weise 
„eim Einkaufen seines Fahrbillets eine Anzahl Gold⸗ 
dücke so wie Bankbillets sehen. Zwei Jndividuen, 
welche ihrem Aeußeren nach kaufmännische Reisende 
varen, stiegen in dasselbe Coupé, in welchem der 
unge Mann sich befand. Als der Zug kaum in 
»em Tunnel eingefahren war, fielen die Beiden über 
den jungen Mann her, entrissen ihm seine Boͤrst 
und Uhr und warfen den Hilflosen aus dem Coupé 
wobei sich der Unglückliche den Schädel einstürzte. 
die Mörder sollen nach Paris entkommen sein. 
Scheveningen zählt jetzt 105 Fischer⸗ 
wittwen mit 171 Waisen. Der Sturm vomn6 
März hat allein 19 zu Wittwen und 45 zu Waisen 
gemacht. 
EGür 2,550,000 Mark Diamanten!l) 
füt zwei und eine halbe Million und fünfzigtausend 
hark Diamanten! Und wo ist dieser Schatz zu 
inden? Auf der Amsterdamer Ausstellung, die im 
Mai eröffnet wird, in einigen gläsernen Spindchen 
es „Diamanten-Häuschens“. Die Amsterdamer 
diamantenschleifer sind weltberühmt, und ihrer 
weiundfünfzig haben sich zusammengethan, um diesen 
weig einer hoch entwickelten Kunst-Industrie den 
hesuchern in allen Einzelheiten vor Augen zu führen 
NVatürlich wird der Schaß Tag und Nacht bewacht 
verden. Auch ist die Einrichtung getroffen, daß 
eei dem geringsten Druck gegen die gläsernen Wände, 
welche die Diamanten umschließen, die begehrten 
Schätze in einer eisernen feuer⸗ und diebessicheren 
dersenkung verschwinden. 
fFerdinandov. Lesseps hat seine Unter— 
iuchungereise in Algerien beendet und glaubt, daß 
die Anlage eines Binnenmeeres südlich von Algier 
und Tunis keine großen Schwierigkeiten bieten 
würde. Der Sand 'ist bis zu einer Tiefe von 
73 Metern gleichmäßig kompakt, und Lesseps glaubt, 
ß die nothwendigen Erdaushebungen mit 100 
baggermaschinen, die 100,000NAcdeiter ersetzen 
bürden, vollendet werden könnten. Lesseps wurde 
don der arabischen Bevölkerung sehr freundlich auf— 
enommen und gedenkt bis zum 10. d. M. nach 
durs zurückzukehren. Da nun aber ein solcher 
Angriff in die Natur, wie die Anlage eines nenen 
eeres es doch einmal ist, auch noch andere Men— 
hen als die Franzosen angeht, so wird es mit 
em Binnenmeer doch wohl noch gute Weile haben. 
belanntlich haben sich sehr gewichtige Stimmen 
—X ausgesprochen, daß ein nordafrikanisches 
dimenmeer oder vielmehr die durch die Anlage 
vselben herbeigeführte Vernichtung des Wärme⸗ 
—— — genannt, für ganz Mitteleuropa 
ie schwersten klimatischen Folgen haben könnte. 
n In der baltischen Stadt Reval sind am 
J Märʒz waͤhrend eines Concerts die Guttapercha⸗ 
3 in denen das Gas behufs Erzeug⸗ 
n es Drummond'schen Lichtes aufgestellt und 
ehufs Auspressnng des Gases mit Steinen bis 
a Pud (140 Pfund) Gewicht belastet waren. 
spert von Personen, welche in der Nähe der 
9— und der Gassäcke saßen, wurden an die 
schleudert und mehr oder weniger gefähr— 
* etzt, sämmtliche Feuster und Thüren des 
* von dem Gasdrug zerstört. Ueber hunder! 
nen wurden im bewußtlosen Zustande nack 
Sbital überführt. 
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F Ein schrecliches Schiffsunglüd— 
vird dem Londoner Standard unterm 9. ds. Mis 
zemeldet. Der Kapitän eines englischen Schiffes 
d)es „Royal Albert“, das in Hondluͤlu vor Auker 
lag, hatte eine zahlreiche Gesellschaft zu einem von 
hm und seinen Offizieren an Bord ihres Schiffes 
heranstalteten Balle eingeladen. Am bezeichnelen 
Tage fanden sich die Gäste, über 300 an der Zahl, 
ein, als die Matrosen, um größeren Raum zu 
»erschaffen, die großen Kanonen des Verdeces all 
auf die eine Seite des Schiffes schoben, so daß der 
Schwerpunkt desselben sich derrückte. Plötzlich erhob 
äch ein Windstoß, so daß die Kanonen uͤber Bord 
ollten. Die erfolgte Erschütterung war so hetig 
aß in wenigen Sekunden das Schiff umschlug und 
iich mit Wasser füllte! Alle Bemühungen, die Ret— 
ungsboote flott zu machen, waren vergeblich, und 
„Royal Albert“ versank im Angesicht des Hafens 
don Honolulu, indem er alle diejenigen, die sich 
am Bord befanden, in den Abgrund riß. Von 
337 Personen, unter denen sich auch die Schiffs— 
naunschaft befindet, gelang es nur 40, sich durch 
Schwimmen zu retten. Die ganze Stadt Honoluta 
ist in die tiefste Trauer verseßt. 
F(Wiemansin Mexiko denHof macht. 
Die Rolle, die ein Mann spielt, wenn er einetr 
Dame in Mexiko den Hof macht, wird dort ‚nhace, 
ꝛJ oso“ oder in unserer Sprache „den Bären ma— 
hen“ genannt. In Mexiko ist es gaug und gäbe 
zu sagen: „Ich mache dem Fraulein Soundso den 
Bären!“ oder ein Mädchen sagen zu hören „dieser 
lunge Mann macht mir den Bären.“ Hacer ei 
»00 besteht einfach darin, in der Straße, wo der 
Begenstand der Bewunderung wohnt, zwischen fünf 
und acht Uhr Abends zu promeniten und dabei' di— 
Augen auf den Balkon geheftet zu halten, wo die 
Angebetete in der Regel sieht, falls sie ihn oder 
kgend einen Anderen oso zu ermuthigen wünscht 
Der Bär kann seine Promenade zu Fuß oder zu 
Bferd machen, allein letztere Position ist die wirk— 
jamere; auch ist er dem Balkon näher. Der Bär 
geht ferner in dieselbe Kirche, zur selben Messe wie 
iie und blickt sie underwandt an, so lange sie betet. 
Wenn er sie im Theater sieht, so läßt er seinen 
Blick nicht von ihrem Gesichte ist für alle Vorgänge 
auf der Bühne vollständig unaufmerksam. Aus 
der Straße geht er hinter ihr, wenn sie, von einer 
ilteren Dame begleitet, ihre Kommissionen besorgt 
— kurz, ein Baär folgt dem Gegenstande seiner 
duldigung auf Schritt und Tritt, ohne je ein Wort 
an ihn zu richt, es wäre denn, daß er das Glug 
jat, auf einem Balle mit ihm zu tanzen. „Den 
Bäreu zu machen“ erfordert einen riesigen Aufwand 
bon Geduld, ein besonderes Studium im Gebrauch 
der Augen und sehr viel Selbstverleugnung, wenn 
man seine, Rolle anständig durchführen wiͤl. Die 
Geduld wird auf die Probe gestellt, venn der Bär 
oft stundenlang in irgend einer Thoreinfahrt zu 
kehen hat; die Augen müssen im Stande sein, auf 
veträchtliche Entfernung alles Mögliche auszudrücken, 
ind Selbstverleugnung wird zu den Fensterprome⸗ 
naden in Sonne und Regen erfordert, denn kein 
Wetter ist so schlecht, daß es einem richtigen oso 
ils Entschuldigung dienen könnte, seinen Posten zu 
vernachlässigen. Wenn ein Mann das Herz einer 
nexikanischen Schönen erobern will, so muß er 
einen ganzen Muth zusammenraffen und diesen 
chwierigen Weg betreten, denn es ist unmoöͤglich 
hre Neigung zu gewinnen, ohne „den Bären zu 
machen.“ 
F. In New-York wird nun auch eine Sub⸗ 
kription angeregt, um ein Denkmal des großen Re⸗ 
'ormators Luther bei Gelegenheit der 400. Jahres⸗ 
eier der Geburt des Reformators, 10. Novbember 
1883, im „Central⸗Parke“ zu errichten. 
F Das New-Yorker Central⸗Hilfs⸗Komite 
zur Unterstützung der Ueberschwemmten am Rhein ꝛc 
hat dieser Tage seine Schlußsitzung abgehalten 
Aus dem dabei vorgelegten Bericht ergiebt sich, 
daß das Komité im Ganzen 71,086.61 Dollat⸗ 
»der in deutschem Gelde 296,000 Mark gesammelt 
zat. Der Vorsitzende hob hervor, daß außer den 
Sendungen des Hilfs-Komilés in der Stadt New— 
Hhork noch 223,797 Mark zusammengetzracht und 
aach Deutschland befördert wurden, so daß die Ge— 
ammtunterstützungen aus New⸗NYork und Umgegend 
ich auf mehr als eine halbe Million Rürf 
belaufen. 
FGicht übel) In Louisville (Ken⸗ 
ucky) werden von den dortigen Wirthen zu jedem 
Drink“ (ausgenommen einen Schooner“ 6 h 
iin kleines Glas Bier) je nach Wunsch entsvede 
eine gebratene Auster, ein hartgesottenes Ei oder 
ein Wiener Würsichen gratis verabreicht. 
Bei dem Städtchen Pottsville in Penn⸗ 
sylvanien wüthet ein seit fast fünfzig Jahren an— 
dauernder Grubenbrand mit ungeschwächter Heftig⸗ 
keit fort. Das Feuer entstand im Jahre 1835 
und alle Anstrengungen, es zu löschen, blieben er— 
folglos. Der in den Gebirgen angehäufte Brenn- 
toff bietet dem Brande reichüche Nahrung noch auf 
Jahrzehnte hinaus. 
FEin zorniger Baum verdient eine in 
Birginia, Nevada, wachsende Akazie genannt zu 
verden, die wohl die sensitivste aller bisher bekannten 
Pflanzen ist. Sie wird beiläufig acht Fuß hoch 
und wächst ausnehmend rasch. Bei Sonnenunser. 
zan falten sich die Blätter zusammen und die 
Zweige rollen sich auf; faßt man nun die letzteren 
an, so zeigt die Pflanze deutliche Spuren des Unbe⸗ 
hagens. In eine außerordentliche Aufregung gerieth 
ein Exemplar dieser wunderbaren Akazie als der 
Kübel in welchem sie gepflanzt war, mit einem 
andern ausgetauscht wurde. Sie wurde ganz wild,“ 
erklärte der Gärtner. Alle Blätter standen aufrecht 
und sträubten sich wie die Haare am Schweife 
einer zornigen Katze, und gleich darauf verfiel sie 
in ein heftiges Ziltern, wobei fie einen so üblen 
Heruch ausströmle, daß alle Fenster und Thüren 
geöffnet werden mußten. Erst nach Verlauf einer 
Ztunde beruhigte sich die Pflanze, faltete die Blätter 
zusammen und rollte die Aeste auf, als verfiele 
sie nach der überstandenen Aufregung in einen 
wohlthätigen Schlummer. 
.Photographieper Dampf.) Einem 
Amerikaner Namens Ch. Fontayne (wohnhaft in 
Cincinnati) war es vorbehalten, den Dampfbetrieb 
auf die Photographie anzuwenden und eine Maschine 
zur Erzeugung von Copien zu bauen, die selbst die 
Zeitungs-⸗Rotationspressen iu Bezug auf Leistungs— 
fähigkeit hinter sich läßt. Er stellt mit derselben 
200 Photographien in der Minute her, so daß 
das empfindliche Papier nur 0.23 Sekunden der 
Finwirkung der Sonnenstrahlen ausgesetzt bleibt! 
Diese Geschwindigkeit ist allerdings nuͤr bei kleinen 
Photographen erreichbar; bei größeren bringt es 
die Maschine nur auf 2500 Erxremplare in der 
Stunde, was immerhin sehr anständig ist. Danach 
assen sich z. B. die photographischen Illustrationen 
zu einem Buche — wohlgemerkt nicht Lichtdrucke, 
sondern echte Photographien — ebenso rasch oder 
vielmehr rascher herstellen als der Text, da ge— 
wöhnliche Buchdruckpressen, wie fie für bessere Är— 
beiten gebraucht werden, selten mehr als 1000 
Bogen stündlich bedrucken. 
F Gas ist Alles, was ich für Dich 
thun kann.) Dieser Tage trafen zwei Studien 
zenossen nach 11jähriger Trennung zu Austin in 
Texas zusammen. Der eine ist Reporter für die 
dortige Zeitung und feierte das Wiedersehen dadurch, 
daß er mehrere Flaschen Wein auffahren ließ und 
bezahlte. Der Andere trank tapfer mit und ant⸗ 
wortete auf die Frage, was aus ihm eigentlich ge— 
worden sei: „Komme heute früh in mein Hotel. 
da will ich Dir eine ausgezeichnete „Lokalnachricht“ 
ür Deine Zeitung mittheilen.“ Der Reporter ließ 
sich dies nicht entgehen, und als er die Thür zu 
dem Zimmer seines Freundes öffnete, sah er den 
Letzteren an seinem Hosenträger an der Wand 
hängen. An seinem Rocke war ein Zettel befestigt, 
auf welchem stand: „Das ist Alles, was ich für 
Dich thun kann.“ 
Ein neues Riesenhotel von 7 Stock⸗ 
werken und mit 407 Zimmern erhält Minneapolis, 
die große Mühlenstadt im Staate Minnesota. Das⸗ 
selbe soll aus Stein, Ziegeln und Eisen bestehen, 
ieuerfest sein und 887.1000 Dollars kosten. 
F Zwei Norweger im nördlichen Theile des 
Territoriuns Dakota stritten sich neulich um 
den Besitz eines Stück Regierungslandes, auf wel— 
hem ein kleines Blockhaus stand und einigten sich 
»ahin, ein Jeder sollte sein Gespann an eine Seite 
des Hauses schirren; wer es daun bon der Stelle 
rücke, sei der glückliche Eigenthümer. Der Eine er— 
chien mit acht Pferden, der Ander— mit sechs und 
einem Joch Ochsen. Während der Procedur barst 
das Haus in zwei Theile, das Dach stürzte ein, 
die Thiere wurden scheu, ein werthvolles Prerd 
mußte hinterher erstochen werden, die beiden Geg— 
ner und ihre beiderseitigen Anhänger pritgelten sich 
weidlich durch, Viele wuͤrden verwundet und Einer 
erlitt einen schlimmen Schäödelbruch. 
F Die erste Trauung, die in den Vereinigten 
—A weiblichen Geistlichen