St. Jugherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich füunfmal: Am Montag, Dienstaßg, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich JI A 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1A 75 B, einschließlich
d ¶Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr far die Agespaltene Garmondreile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Neclamen 30 5. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet
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Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 18. April. Die Kammer der
Aogeordneten hat das Nothstandsgesetz
niit 88 gegen 68 Stimmen nach dem Ausschuß—
intrag angenommen. Dagegen stimmte die Linke
eschlossen; Bucher und Schels enthielten fich der
lbstimmung. Die in vor. Nr. mitgetheilten beiden
rsten Artikel sind die wichtigssten. Art. 3 handelt
on der Vertheilungskommission und
eren Zusammensetzung (in der Pfalz besteht die—⸗
Abe aus dem Regierungspräsidenten, 2 Mitgliedern
es Landrathsausschusses, aus 5 vom Landraihs⸗
usschuß zu wählenden Vertrauensmännern aus den
eschuͤdigten Bezirken und aus zwei Delegirten des
zentralhilfskomités). Art. 4 bestimmt, daß Bei—
ilfen an Gemeinden und Distrikte nur
ils unverzinsliche Darlehen gegeben werden. Art. 5
ewährt die Gebührenfreiheit, Art. 6 er⸗
nächtigt zur Aufnahme eines Anlehens zum
zweck der Deckung des Gesammtbedarfs von
410,000 Mk., und der 7. und letzte Art. schreibt
jesondere Rechnungs-Nachweisung über die Ver—
nendung vor.
München, 19. April. Die Abgeordneten⸗
tammer überwies den Antrag Keßler bezuglich der
lhänderung der Social⸗Gesetzgebung an eine Com⸗
aission von 21 Mitgliedern. Der Minister des
jznnern erklärte den Zeitpunkt für eine Revision
peciell des Armengesetzes gegenwärtig als nicht
üünstig, da die projectirte Reichsktranken⸗Versicherung
as bayerische Armengesetz influiren werde.
Wies baden, 18. April. Der Kaiser ist
eute Vormittag um 10 Uhr 20 Min. wohlbehalten
ier eingetroffen und am Bahnhof von den Spitzen
er Behörden empfangen worden. Bei prachwollem
Better fuhr der Kaiser in offenem Wagen durch
iie festlich beflaggten Straßen nach dem Schlosse,
hberall von der Volksmenge mit Hochrufen begrüßt.
Bonn, 18. April. Der hiesige Verein für
körperpflege in Volk und Schule hat vor einigen
Tagen eine Eingabe an den Culiusminister von
hoßler gerichtet, worin derselbe gebeten wird, er
nöge seine Fürsorge für das körperliche Wohl der
ie Schule besuchenden Jugend ganz besonders auch
ven Volksmädchenschulen zuwenden, wobei die Ein—
ührung eines geregelten Turnunterrichts an den⸗
lben als das dringendste Bedürfniß zu erachten sei.
Berlin, 18. April. Aus der Audienz, die
er Reichskanzler gestern beim Kaiser hatte, will
jan schließen, daß die bereits avisirte Beantwortung
er deutschen Note durch den Cardinal Jacobim
vatsächlich eingetroffen sei.
Berlin, 19. April. Dem Vernehmen nach
t General Verdy du Vernois zum Comman—
eur der 1. Division (Königsberg) ernannt worden.
Die Nat⸗Ztg. schließt ihre Besprechung der
aiserlichen Botschaft mit folgenden Worten:
Fürst Vismark scheint ja seit längerer Zeit prin
chiell dahin zu streben, daß die Krone in den ein⸗
ainen Tagesfragen ihr Gewicht in die Wagschaale
verfe; aber es wird uns scheinen, als ob es auch
s iner solchen Taktik zu Grunde liegenden grund⸗
dichen Auffassung dem Bestreben der Krone die
deutung eines selbstständischen Faltors unseres
fentlichen Lebens auf die Dauer zu wahren, wenig
mgemessen wäre, wenn so außerordentliche Mittel,
die der Erlaß einer kaiserlichen Botschaft, durch hau⸗
ige Anwendung und namentlich durch i⸗Mume⸗nd⸗
Samstag, 21. April 1883.
—18. Jahrg.
ing in Fragen von untergeordneter Bedeutung den
Tharakter des ungewöhulichen einbüßen sollten.
Die Debatte über die Krankenkassenvor—
age wird im Reichstage jedenfalls zu großen
dundgebungen der Parteien führen. Es erscheint
nicht ausgeschlossen, daß Fürst Bismärck sich per⸗
önlich betheiligt. Das Befinden des Kanzlers ist
echt gut und gilt es als zweifellos, daß er selbsi
chon längst sich an den Reichstagsarbeiten direct zu
jetheiligen wünscht.
Ausland.
Die französische Regierung bringt bei Zu—
ammentritt der Kammer die Vorlage auf Bewillig⸗
ing von fünf Millionen Francs für die Expedition
nach Tonkin ein.
Marseille, 19. April. In einer Versamm⸗
ung von ca. 2000 strikenden Hafenarbeitern wurde
rotz der zur Verständigung ermahnenden Reden
iniger radikaler Deputirten beschlossen, auszuharren.
Rittlerweile fängt der Strike an auch auf die
debensmittelverpflegung der Stadt Paris seinen
Finfluß zu üben. Die Pariser Markthallenver⸗
valtung mußte eigene Beauftragte nach Marseille
inntsenden, um die Verladung der Gemüse, Früchte
ind sonstigen Viktualien, welche in den von Algerien
jekommenen Schiffen lagerten, auf die Eisenbahn
zu bewirken. Trotzdem verdarben mehrere Ladungen
zänzlich und mußten als ungenießbar ins Wasser
zeworfen werden. In Folge der Unregelmäßigkeit
der Zufuhren haben die algerischen Produkte schon
einen Preisaufschlag erfahren. Die großen Amerika⸗
ind Indienfahrer müssen in See gehen, ohne die
zeringste Waare an Bord zu haben, auch die Post—
ampfer führen außer den Briefschaften und
zaͤckereien nur Ballast. Dagegen lagern auf den
Quais zuund in den Waarenmagazinen ungeheuere
Nassen von Gütern, aber es fehlen die Hände—
im sie in den Handelsverkehr zu bringen.
Aus Rom wird nun auch offiziell verbreitet
aß die Gerüchte von einem Besuche des italienischen
dönigspaares in Berlin unbegründet seien. Die
reundschaftliche Entente mit Deutschland sei eine
illzu feste, um der Bestätigung durch äußere Kund⸗
—XWXX
Hinsichtlich der von der französischen Presse zu—
erst signalisirten angeblichen Monarchenzusammenkuunft
vird als Thatsache bezeichnet, daß König Hum⸗
»ert von Italien seit längerer Zeit wiederholt den
Wunsch geäußert hat, dem deutschen Kaiser einen
Zesuch abzustatten. Es gilt daher in Berliner
dofkreisen keineswegs als unwahrscheinlich, daß dieser
Vunsch im Laufe des Frühlings oder Sommers
ur Ausführung gebracht werden wird. Dieser
ventuelle Besuch würde indessen einen rein persön⸗
ichen Charakter tragen und mit der neuen euro⸗
oäischen Constellation in keinem Zusammenhange
tehen, was schon daraus hervorgeht, daß von einem
Jeichzeitigen Besuche des Kaisers von Oesterreich
iberhaupt keine Rede ist.
London, 19. April. Der bei der Salisbury⸗
Fakhedrale gefundene Behälter enthielt keine Spreng⸗
toffe.
Dublin, 18. April. Im Phönixparkprozeß
vurde Curley von den Geschworenen für schuldig
rklärt und zum Tode verurtheilt. — Heute wurde
n Liverpool ein gewisser Kington unter der An⸗—
chuldigung der Betheiligung an den Morden im
3hönixpark verhaftet.
Petersburg, 19. April. Das für die
drönungsfeier designirte combinirte Gardecorps unter
vom Ohorhofohste-desx Kroßfürsten Mladimir üher
13,000 Mann mit 22 Geschützen, beginnt am 2.
Mai echelonweise nach Moskaus abzugehen. Das.
elbe bezieht am 19. Mai die Wachen und Ka—
ernen der ständigen Moskauer Garnison und kehrt
sofort nach den Feierlichkeiten nach Krasnoje Selo
zurück.
Aus zuverlässiger Quelle wird aus Peters⸗
burg gemeldet: die öffentliche Aufmerksamkeit ist
durch die umfassenden Vorarbeiten zu den nahe ge⸗
rückten Krönungfeierlichkeiten fast ganz absorbirt
Die getroffenen Bestimmungen lassen die Krönung in
der letzten Maiwoche erwarten. Daran, daß große
politische Acte mit der Krönungsfeierlichteit verbun⸗
den sein werden, glaubt man nicht. Neben Gnaden⸗
verleihungen sfind auch eine Anzahl von Begnadig-⸗
ungen in Aussicht genommen, wie aus eingeforder⸗
ten Berichten und Gutachten zu schließen ist. Eben⸗
so sollen eine Anzahl Steuernachläsfse erfolgen, zu
deren Feststellung Vorarbeiten stattfinden. Das Be—
iinden des Kaisers. über welches auswärts wieder—
im allerlei Gerüchte verbreitet wurden, ist ganz
»orzüglich und die Theilnahme desselben an aällen
Vorgängen eine sehr lebhafte
Lokale und pfälzische Nachrichten.
R. Breitfurt, 19. April. Gestern sind 2
Familien und 2 junge Leute, zusammen 14 Per⸗
jonen, von hier fort nach Amerika, um sich dorten
ein neues Heim zu gründen. Ob dieses neue Heim
üür sie ein behaglicheres und ein weniger durch
jarte Arbeit erträglicheres werden wird, müssen die
raglichen Auswanderer erst noch abwarten. Auch
hier hätte es ihnen an Arbeit nicht gefehlt, aber
an einem anderen Faktor, der unumgaͤnglich nöthig
ist, wenn eine Famlie durchkommen und existenz⸗
ähig bleiben will.
? Von der Blies, 19. April. Was im
horigen Sommer so verderblich auf unsere Felder⸗
eugnisse einwirkte und so einmüthiglich entfernt
worden wäre, wenn es im Bereiche menschlicher
Macht gelegen hätte, das wird eben sehnlich begehrt,
der Regen. Aber es gibt auch noch solche Füchse
anter den Menschen, die denselben noch auf etliche
Tage aufhalten möchten, da er ihnen noch unpassend
ame. So nicht alle Zeichen trügen, wird er nicht
mehr lange auf sich warten lassen.
— Vom Bruch. In hiesiger Gegend ist
bben starke Nachfrage nach Kartoffeln und wird
etzt schon, trotzdem die Saat erst beginnt, für den
Zentner Mk. 4.20 bezahlt. Man glaubt allgemein.
daß solche im Preis noch höher steigen. (K. 3)
— Kaiserslautern, 18. April. Dem Vver—
nehmen nach beabsichtigen die Herren Gebr. Ben—
der dahier auf dem sogenannten „Lothringer
Hause“ eine Baumwollspinnerei zu errichten.
(Pf. K.)
— Wir berichteten kürzlich nach der „Pf. Pr.“
daß bei einem Conscribirten in Kaiserslautern
auf dessen Arm die Inschrift „Tod den Reigen“
entdectt worden sei und daß sich der Träger dieser
Inschrift als Socialdemokrat bekannt habe. Nach
der „Pf. V.“ lautet die Inschrift „Tod den Fei⸗
gen“; ferner soll der junge Mann sich keineswegs
selbst als Sozialdemokrat bezeichnet haben.
— In Nußdorf bei Landau wurden drei
Personen, welche des Meineids verdächtig sind, ver—
haftet. — In Gossersweiler fand zu Anfang
dieser Woche eine Messeraffaire statt, welche wahr⸗
cheinlich ein Menschenleben fordern wird. Aders—
vann Joseph Stoll wurde von Wirth Hammer und
⸗invm Sbpranor Kromiibeee db