Brüssel, 20. April. Ein hier stattge⸗
jabter tragischer Vorfall erregt großes Aufsehen.
inter den hervorragenden Besuchern der Stadt be—
indet sich auch der russische Graf Delafonda, wel⸗
her mit einer französischen Künstlerin, in Bühnen⸗
reisen unter dem Namen Blanche Miroir bekannt,
erheirathet ist. Der Graf, eifersüchtig auf die
einer Gattin vielfach von deren Freunden und Be—
punderern dargebrachten Aufmerksamkeiten, schoß
zestern in einem Anfall von Wuth und Eifersucht
uuf seine Frau und erschoß sich dann selbst. Die
gräfin wird mit dem Leben davonkommen.
Venedig, 19. April. Heute war unsere
omantische Lagunenstadt der Schauplatz eines
—chauspiels, wie man es großartiger, erhebender,
rgreifender selten irgendwo gesehen haden dürfte.
Zzu Ehren Richard Wagner's fand auf dem Canale
srande vor dem durch seine architektonische Schön⸗
eit weltberühmten Palazzo Vendramin, in welchem
er Meister gestorben war, eine imposante Trauer⸗
eier statt. Das Orchester des Richard Wagner⸗
cheaters kam auf einer großen, schwarz ausge⸗
hlagenen Barke bei dem grandiosen Palaste, einem
——
ngefahren und führte in entsprechenden Pausen
ie Ouvertüre „zum Tannhäuser“ und den Trauer—⸗
narsch aus der „Götterdämmerung“ aus. Von
er hinreißenden musikalischen Wirkung dieser Auf—
ührung auf den Fluthen des Canale grande kann
nan sich kaum eine Vorstellung machen. Der Ver⸗
ehr quf dem Canal war während der Feier voll⸗
ündig abgesperrt und es durften nur Gondeln cir—
uliren, welche Theilnehmer oder Zuschauer zu dem
roßen Todtenfeste brachten. Trotzdem war der
anal mit Hunderten von Fahrzeugen überfüllt,
enn Alles, was Venedig an hervorragenden Per—⸗
zulichkeiten besitzt, hat sich in dem Umkreise des
zalazzo Vendramin eingefunden. Als das Orchester
ie Feier mit dem italienischen Königsmarsche be—
ann, brach endloser frenetischer Jubel aus, der sich
biederholte, als zum Schluß dasselbe Tonstück in—
onirt wurde. Noch lange, als die große Barke
niit dem Orchester bereits abgefahren war, verweil⸗
en die Gondeln in dem Canale grande. Alles
var von der eigenartigen imvosanten Todtenfeier
egeistert.
Marseille, 23. April. Sonntag Abend
sog in St. Chamas, einer Stadt mit circa 3000
inwohnern, das Pulvermagazin mit dreihundert
dilogramm Pulber in die Luft. Die dadurch ent⸗
andene Feuersbrunst äscherte sieben Gebäude ein;
s gelang mit Mühe eine zweite, die ganze Stadt
zefährdende Explosion zu verhüten. Ein Mann
i todt.
fDr.Strousberg soll sich jetzt ganz dem
ournalistenthum in die Arme geworfen haben und
ur Zeit in London als Correspondent zweier großer
merikanischer Journale thätig sein.
FEine Riesenorgel.) Der Londoner
kngineer“ bringt eine ausführliche Beschreibung
er Riesenorgel des Krystallpalastes zu Sydenham.
Hdiese Orgel, deren Klänge die mächtige Halle zu
cfüllen vermögen, hat nicht weniger als 4400
Feifen, d. h. es stehen dem Spieler 4400 ver⸗
hiedene Toͤne zur Verfügung, die er mit Hülfe
on einigen 80 Registerzügen nach Belieben ver⸗
'inden kann. Die Orgel hat vier Manuale und
in Pedal. Der Wind wird von Bälgen geliefert,
die durch einen hydraulischen Mechanismus getreten
rden, während komprimirte Lufi das Oeffnen der
feifenventile besorgt, so daß die Orgei sich so
eicht spielt, wie etwa ein Harmonium. Die Orgel
Ahst, d. h. das Pfeifenwert, ist 12 Meter hoͤch
und 8 Meter breit. Die größten Pfeifen fim
960 Meter (32 Fuß), die kleinsten nur 18 Milli—
meter lang.
„ Liverpool, 28. April. Das am Samstag
magebrochene Feuer zerstörte drei große vorwiegent
aumwolie emhaltende Magazine Der Echeden
vird auf 250,000 Pf. St. geschäßzt.
JGEin englischer Student und sein
Startungsmittel.“) Auf der Universität
Orford verstoößt es gegen die Studientegein,
n Studenten geistige Getränke auf ihren Zimmern
88 Ein Student, der unter dieser Anklage
Reltor zitirt und befragt wurde, ob es wahr
j. ah er ein Faßchen Ale in seiner Wohnung
bejahte dies einfach. — „Welche Enischun
s fragte der strenge Padagog, „können Sie
ang angeben?“ — „Magnifizenz,“ entgegnet der
ent. „der Arzt hat mir derordnet, jseden Tag
paar Glas zur Stärkung meiner Gefundben
in
uu trinken, die nicht sehr kräftig ift. Um nicht ge—
nötigt zu sein, öffentliche Restaurationen zu besuchen,
am ich auf die Idee, mir ein Fäßchen Ale nach
»ause bringen zu lassen.“ — „Und haben Sie“,
autete das Examen weiter, „wirklich einen Nutzen
abon verspürt?“ — „Gewiß, einen sehr bedeutenden,“
ersicherte der Gefragte. „Den ersten Tag, als das
zäßchen zu mir gebracht wurde, konnte ich es kaum
ewegen, heute hebe ich es bereits mit ausgestreck⸗
em Arme.“
Eine waghalsige Bootfahrt.) Ein
lmerikaner, Namens Gilfoy hat jüngst in einem
Zoot, dessen Tragkraft nur zwei Tonnen beträgt,
ne etwas abenteuerliche Reise über den Stillen
Rean zurückgelegt. Es sollte eine Lustreise sein,
ber die Abenteuer, welche er durchzumachen hatte,
varen durchaus nicht angenehmer Natur. Gilfoy
ind sein kleines Fahrzeug begegneten am 21. Jan.
»em Schooner „Albert Vittery“. Er befand sich
»amals 160 Meilen von Cap Sandy entfernt, und
ils er von dem Schooner aufgenommen wurde, war
er in einem Zustande völliger Erschöpfung. Er
ührte ein Tagebuch über die Reise, in welchem
ille seine Erlebnisse verzeichnet waren. Es scheint,
aß er San Franzisko am 19. August v. J. mit
der Absicht verließ, den Stillen Ozean zu durch—
kreuzen und Australien zu erreichen. Er erwartete,
die Reise würde etwa 5 Monate in Anspruch nehmen,
iür welchen Zeitraum er sein Boot verproviantirt
jatte. Außerdem hatte er 140 Gallonen Trink—⸗
vasser mitgenommen. In der ersten Woche ging
sles sehr befriedigend von Statten, aber dann
tellten sich abwechselnd Windstislen und widrige
Binde ein, welcher Witterungswechsel mindestens
1 Tage andauerte. Am 26. Sept. überschritt er
zei günstigem Winde den Aequator. Hierauf stellte
ich wieder Windstille ein und die Fahrt ging so
angsam von Statten, daß Gilfoy es nothwendig
and, seine Rationen zu kürzen; allein vorher war
r aus Mangel an Bewegung außer Stande ge—
oesen, viel zu essen. Es war seine Gewohnheit
ewesen, 3 oder 4 Stunden vor Tagesanbruch zu
chlafen, aber sein Schlummer wurde oft durch das
Anschlagen von Fischen gegen sein Boot gestört.
Sehr oft näherten sich Haifische dem Boot und
jerschwanden wieder, nachdem sie das Maul mit
leinen Fischen vollgenommen. Gilfoy fürchtete sich
ndeß sehr vor den Haifischen und fertigte aus
inem Boothaken eine Harpune und damit spieste
r alle Haifische, die in seinen Bereich kamen. Die
haie witterten indeß bald die Gefahr, sich dem
Zoote so sehr zu nähern und hielten sich dann in
icherer Entfernung von demselben. Mehrere wurden
jon der improvisirten Harpune getroffen, Gilfoy
var indeß außer Stande, sie heranzuziehen. Wenn
r sich indeß nach unten begab, fand er, daß die
Zaifische sich in; gefährlicher Weise seinem Boote
räherten, und um sie abzuhalten, nahm er zu einer
Ldist seine Zuflucht. Jedesmal, wenn er sich zur
kuhe begab, legte er sein Hemd auf den Plaztz,
vo er zu sitzen pflegte, und die Haie, wähnend,
aß er noch immer da sei, wagten sich nicht zu
nahe heran. Am 10. November wurde die Bri⸗
jantine „Tropic“ angesprochen und Gilfoy war
m Stande, seinen Kompaß zu rektifiziren. Er
mpfing von dem Schiffe auch eine Quantität
Früchte. Am 9. Dezember segelte er rasch dahin,
ils sein Boot plötzlich von einer Welle getroffen
vurde und kenterte, wodurch er in das Wasser ge⸗
chleudert wurde. Nach unsäglichen Anstrengungen
zelang es ihm, das Boot wieder aufzurichten, aber
inverzüglich darauf schlug es zum zweiten Male
im. Glücklicherweise war er wiederum im Stande,
as Fahrzeug aufzurichten, allein er fand, daß der
rößte Theil seiner Lebensmittel und seines Wassers
ntweder verloren gegangen oder durch das Salz
vasser verdorben worden war. Er befand fich zur
Zeit 1400 Meilen von Cap Sandy. Sieben Tage
rauchte er, um sein Boot in Ordnung zu bringen,
vorauf er seine Reise fortsetzte. Kurz darauf
chlug ein Schwertfisch gegen das Boot, wodurch
ein großes Leck erhielt, welches Gilfoy erst be⸗
nerkte, als dasselbe beinahe voll Wasser war.
Durch das Kentern des Bootes hatte er Uhr und
dompaß eingebüßt und er beschloß demnach den
Furs nach Neu⸗Caledonien einzuschlagen. Am 7.
ganuar fing er einen Vogel, der auf sein Boot ge—
logen und 4 Tage später einen zweiten, der sich
nerkwürdigerweise auf den Kopf des Abenteurers
niederließ; beide waren ihm willkommen als Nah⸗
ungsmittel. Am 14. Januar verzehrte Gilfoy
as letzte Ueberbleibsel seines Probiants, nämlich
wei Pfund eingemachtes Fleisch, welche ihm eine
anze Woche gereicht hatten. Bei mehr als einer
ßelegenheit wurde ein fliegender Fisch gefangen und
ihne viel Ceremonien verspeist. Gilfoh wurde nun
zus Mangel an Lebensmitteln fast heißhungrig.
Der 16. Januar brachte ein neues Unglück. Das
studer zerbrach, aber dem Verlust desselben wurde
bis zu einem gewissen Grade durch eine zeitweilige
Vorrichtung abgeholfen. — Auf der Höhe des Caps
Zellonia-Insel wurde ein weiterer Vogel gefangen,
aber Gilfoy's Hunger war fast unerträglich gewor—
»en und schließlich nährte er sich von den Muscheln
im Boden des Bootes. Am 24. schoß er einen
Vogel mit seinem Revolber, aber er war außer
Stande, denselben aus dem Wasser zu holen. Am
aächstfolgenden Tage war er glücklich genug, wieder⸗
um einen Vogel zu fangen, der zwei Mahlzeiten
lieferte. Er kochte denselben über einigen zerbroche⸗
nen Zündhölzchen. Der Sonntag und Montag
»ergingen, ohne daß er etwas zu essen hatte und
ich nicht darum kümmernd, welche Richtung das
Boot einschlug, legte er sich nieder, um zu schlafen.
Bald darauf erwachte er und sah zu seiner Ueber⸗
raschung in kurzer Entfernung ein Schiff, welches
augenscheinlich auf ihn zufuhr. Dieses Schiff war
der „Albert Vittery“, der ihn aufnahm und bei
Maryborough, Australien, an's Land setzte. Gilfoy
st ein Mann von 33 Jahren. Den neuesten Be—
cichten zufolge hat er sich von den ausgestandenen
Sztrapazen vollständig wieder erholt.
— Interefsante Passagiere hat der am Dienstag
»on New-York abgegangene Dampfer ‚Wis—
ronsin“ an Bord, nämlich 60 männliche und 5
veibliche Mormonen⸗Apostel, welche England, Deutsch⸗
and, die Schweiz und die standinavischen Länder
»esuchen und eine allgemeine Bekehrung zum Mor⸗
nonenthum ins Werk setzen wollen.
F Briefe nach Amerika, so schreibt wiederholt
der Sekretär des General⸗-Postmeisters aus New⸗
York, müssen ausnahmslos die Adresse in lateini—
chen Buchstaben tragen, sehr deutlich geschrieben
ein und stets den Namen des Staates, wo der
hetreffende Ort gelegen, genau angeben.
F Ein hundertfacher Millonär.) Wie
den Daily News aus New-NYork gemeldet wird, hat
der bekannte Speculant Jay Gould Freunden gegen⸗
iber erklärt, daß er sich in einigen Monaten vom
Heschäftsleben zurückziehen werde. Er läßt sich eine
Vergnügungs-Yacht mit einem Kostenaufwande von
iner Viertel Million Dollars bauen, welche im
August oder September fertiggestellt sein wird und
uuf welcher er mit seiner Familie eine Rundreise um die
Weltlantreten wird. Er beabsichtigt, sein Geschäft seinem
iltesten Sohne zu übergeben. Sein Vermögen wird
auf 100 Millionen Dollars geschätzt. Davon sind
20 Millionen in Western Union Actien und ein
zleicher Betrag in den Actien der Missouri⸗ und
Pacific⸗ Eisenbahn angelegt. Sein Grundeigenthum
cepräsentirt einen Betrag von 5 Millionen Dollars
ind der Rest seines kolossalen Vermögens ist in
Ibligationen verschiedener Eisenbahngesellschaften an⸗
zelegt. Der hundertfache Millionär ist 47 Jahre
ilt und hat sechs Kinder.
F Gatron in den Restaurants.) In
nanchen Bier⸗ und Weinstuben stehen große Ta—
‚alsdosen mit mehr oder weniger feinem Tabak,
zuch wohl Teller mit geschnittenem oder geriebenem
Rettig zum unentgeltlichen Gebrauch für die Gäste.
Reuerdings ist in mehreren Berliner Restaurants
»azu noch eine Porzellanbüchse mit doppeltkohlen⸗
aurem Natron gekommen, wovon die Besucher zur
Tilgung der Magensäure und zur Anregung des
LIpyetits nach Belieben nehmen!
Sterbef lle.
Gestorben: in Speier Frau Kathchen Grehl,
zeb. Hahn, 34 J. a.; in Mannheim Jakob Arm⸗
mecht, 81 J. a.; in Klingen Jakob Wacker,
2531 J. a.; in Kirchheimbolanden Frau Philip⸗
pzine Schach, geb. Wagner, 55 J. a.; in Marn⸗
jeim Frau Louise Spacke; in Zweibrücken Paul,
7123 M. a., S. v. Lehrer J. Becker; in Deides⸗
jeim Georg Adam Stadler, 60 Jahre alt; in
deustadt Frau Marie Diffiné Wittwe, geb.
holler, 48 J. a.; ebenda kgl. Amtsanwalt Karl
Schuhmacher; in Landau Mathilde 3 J. a.,
T. v. Franz Schmitz; in Dürkheim Anna Mar⸗
jaretha Wolf, geb. Lansché 60 J. a.; in Neun⸗
irchen a.Bl. Christien Schmidt, Gastwirth, 67
J. a.
Für die NRedallion verantwortlich F.X. Demeßn.