Full text: St. Ingberter Anzeiger

geholten Schneidermeisters Ott von hier der Mante 
ZFebeutend an Werth verlieren würde. Das Gericht 
suchte nun einen Vergleich zu Stande zu bringen 
der nach Hin⸗ und Herreden in der Weise gelang 
daß die deiden streitigen Gegenstände zur Ver—⸗ 
steigerung gebracht werden sollen. Durch öffent⸗ 
üüche Versteigerung im hiesigen Orie wurde der 
Mantel zu i13 Mi. und der Ambos zu 22 Mt 
zugeschlagen. Nach dem Vergleich haben Beide die 
Gerichts⸗ und Versteigerungskosten gemeinschaftlich 
zu tragen. 
Wie die „Pf. Pr.“ erfährt, ist Ihre Maj 
die Kaiserin von Oesterreich am Samstag Vormit⸗ 
tag in Speyer eingetroffen, und widmete den 
Sehenswürdigkeiten der Stadt, vor AV 
Kaiserdom einige Stunden ihres Aufenthaltes. Um 
1 Uhr fuhr die hohe Dame über Heidelberg nach 
Baden⸗Baden zurück. 
Das allgemeine Missionsfest findet dieses 
Jahr am 23. Mai zu Speyer statt und sollen 
auf demselben namhafte Theologen als Redner 
auftreten. 
AnIn Ludwigshafen traf ein junger 
Mann, welcher sich anschickte, einen starken Schrot⸗ 
schuß auf Tauben abzufeuern, den in der Nähe 
stehenden Gehilfen eines Schlossermeisters derart, 
daß derselbe infolge der erhaltenen Wunde in den 
Unterleib schwer erkrankt darniederliegt. 
Ergebenheitsadresse.) Die Herren 
Beamten und Bediensteten der Werkstätten der Pfälz. 
Bahnen widmeten ihrem hochverdienten, in den 
Ruhestand tretenden Herrn Director M ündler in 
Ludwigshafen eine Ergebenheitsadresse; dieselbe ist 
von Herrn Götz, Professor der Kunstschule in 
Karlsruhe, äußerst künstlerisch ausgeführt. Die 
Adresse wurde am Sonntag Vormittag im Dienst⸗ 
gebäude zu Ludwigshafen Herrn Director Mündler 
don Delegirten aus Kaiserslautern, Ludwigshafen, 
Reustadt und Zweibrücken überreicht. 
— Das Zaͤhlungsmaterial der am 10. Januar 
d. J. vorgenommenen Viehzählung ist nun— 
mehr im Allgemeinen von dem köonigl. statistischen 
Bureau soweit durchgesehen und bearbeitet, so daß 
ein vorlaufiges Ergebniß der Viehzühlung nach den 
groͤßeren Verwaltungsbezirken veröffentlicht werden 
Dunte. Die Tabelle, welche die Gesammtzahl der 
am 10. Januar d. J. ermittelten Vie hstücke aus⸗ 
weist, giebt zur Vergleichung auch das Resultat der 
Zahlung vom 10. Januar 1873. Wir entnehmen 
der Ausstellung die auf die Pfalz —X 
Zahlen und bemerken, daß die in Parenthese beige⸗ 
fügten Ziffern den Stand vom Jahre 1873 
angeben. Die procentuale Zunahme () bezw 
Abnahme (—) der einzelnen Viehgattungen nach 
den Ergebni ssen der Zählung von 1883 gegenüber 
jenen von 1873 ist aus folgenden Zahlen ersicht⸗ 
lich: Pferde — 0,6, Rindbieh — 1,9, Schafe 
P lIO, Schweine — 27, Ziegen 15, Bienen⸗ 
stöcke — 14. Bezüglich der Stückzahl der einzelnen 
Viehgatiungen ergeben sich folgende Ziffern: Pferde 
33,869, (34,064), Maulthiere 10, (21), Esel 35 
(50), Rindvieh 217,699 (221,834), Schafe 37.469 
(33.95 7), Schweine 72,535 (56,922), Ziegen 
39.724 (34. 512). Bienenstde 19 941 (23,299). 
Vermischtes. 
Würzburg, 26. April. Eine nicht un⸗ 
interessante Statistik veröffentlichte in der gestrigen 
Magistratssizung das Rentamt des Bürgerspitals 
betrefss des von ihm eingerichteten Weinstübchens. 
Im Laufe des Jahres 1882 wurde daselbst der 
Hals gebrochen: 2728 ,Boxbeuteln⸗ à Liter 
7862 Vorbeuteln à 0 Liter, 62 Flaschen „Hof⸗ 
seslerwein· und 233 Flaschen „Schwarzklävner“ 
und dafür das nette Sümmchen von 11,797.90 
Mark vereinnahmt. Der größte Durst herrschte 
während der fünf Tage des Universitätsjubiläums 
an welchen eiwa 6000 Mark hinter die Binde ge⸗ 
gossen wurden, also mehr als an den übrigen 360 
Tagen des Jahres zusammen. Wenn diese Klei⸗ 
nigkeit im Bürgerspitalweinstübchen allein vertrunken 
wurde, was mag dann wohl erst in den sonstigen 
Weinkneipen geleistet worden sein! 
pPwWürzburg, 80. April. Hartmaunn 
hdon Gaubültelbrunn und dessen Schwägerin Schell 
sind heute wegen des an der zweiten Frau Hart— 
mann's begangenen Giftmordes zum Tode verur— 
theilt worden. 
Eine aufregende Szene spielte sich 
am 22. April im Stadttheater zu Augsburg 
während der Aufführung der Oper „Carmen“ ab 
Als im letzten Akt vier Pferde über die Bühne 
zaloppirten, gerieth eines derselben mit dem Hinter⸗ 
suß in den Souffleurkasten, wurde dadurch scheu 
und zertrümmerte denselben sowie mehrere Lampen. 
Die hierdurch verursachte Aufregung im Publikum 
war derart, daß der Vorhang heruntergelassen 
werden mußte, zumal auch das Orchester die Fluch! 
ergriff. 
Ansbach, 26. April. Das hiesige Land 
zericht verurtheilte drei Brauer aus Gunzenhausen, 
Neunstetten und Forsthof wegen Malzdefraudation 
und Nahrungsmiltelverfälschung zu ansehnlichen 
Geldstrafen. Bierbrauer Müller von Gunzenhaufen 
hat neben den nicht unbedeutenden Gerichts kosten 
noch 1100 Mk., und zwar 600 Mi. wegen Malz- 
defraudation und 500 Met. wegen Nahrungsmittel ⸗ 
oerfülschung, zu zahlen; derselbe hat Süßholz bei⸗ 
zemischt. Andere benutzten Natron. 
FNürnberg, 209. April. Von glaubwürdiger 
Seite wird dem „ärk. Kur.“ das folgende, in seiner 
Schlußpointe trotzdem kaum glaubwürdige Vorkomm⸗ 
niß berichtet: Vor einigen Tagen verlor auf der 
Ludwigsbahn ein Geschäftsmann ein Paket mit 
57.000 Mt. in Werthpapieren. Dasselbe fand ein 
Zondukteur, lieferte es dem Eigenthümer unversehr! 
aus und erhielt von diesem eine Belohnung von 
— 1 Mk.! 
Kissingen, 209. April. Der Großherzog 
don Baden ist Nachts 11 Uhr 10 Min. mit Ge— 
folge zum Curgebrauch hier eingetroffen, und im 
föniglichen Curhause abgestiegen. 
Hach Anordnung des Kriegsministeriums ist 
in Bayern als Theil der diesjährigen Uebungen 
des Beurlaubtenstandes bei jedem Armeekorps ein 
vollständiges, kriegsstarkes Landwehr-Bataillon zu 
300 Mann zu formiren. 
F Aus allen Theilen der Mosel lauten die 
Berichte dahin, daß der Weiuhandel vollständig 
darniederliege und der Winzer gern losschlüge, wenn 
nur eben Käufer kämen; an der Obermosel sind 
kleine 1881Ier, die noch vor einigen Wochen ca 
100 Mk. standen, heute gern 30 Mk. per Fuder 
billiger zu haben und 1882er werden zu 270 Mt. 
nit Faß angeboten. An der Untermosel werden 
240 Mt. ohne Faß, für 1881er 390420 Mtk. 
Jefordert. Wo vereinzelt noch 1880er liegen, werden 
hohe Preise gefordert und auch gern bezahlt; auch 
zie wirklich guten 188ler halten sich auf hohen 
Preisen; 6000- 750 Mk. sind keine außergewöhn⸗ 
ichen Forderungen, aber auch nicht au hoch im 
Verhältniß zur Waare. 
GEin geriebener Junge.) Die Düsseld. 
Volksz. erzählt: Ein früherer Professor am Düssel— 
borfer Gymnasium erzählte, daß er am zweiten 
der dritien Tage seines Hierseins sich im Nebel 
berlaufen und seine Wohnung nicht habe finden 
znnen. Er fragte deßhalb einen Jungen von hier 
Kleiner, wenn Du mir zeigst, wo die Schadow⸗ 
jraße ist, so erhälst Du zwei und einen halben 
Zilbergroschen.“ „Dann mößt ehr se mir evver 
vorher geve“, habe der Junge geantwortet. Seinem 
Wunsche sei willfahrt worden, worauf der Junge 
seine Führerdienste dadurch kurz erledigte, daß er 
sagte: „Här, ehr stoht drop!“ Der Junge, der 
die Wahrheit gesagt hatte sei darauf im Nebel 
—XX 
Dortmund, 26. April. Deutscher 
Bergmannstag.) Im September ds. Is. 
indet in Dresden, wie vor drei Jahren auf 
dem ersten deutschen Bergmannstage in Kassel be—⸗ 
chlossen worden, der zweite deutsche Bergmannstag 
fatt. Die Zusammenkünfte werden am 3., 4. 5 
September abgehalten und ist eine allgemeine Be— 
heiligung umsomehr zu erwarten, als das vorläu 
fig aufgestellte Programm viel des Interessanten. 
ind Lehrreichen bietet. Die Anmeldungen der Be— 
heiligung an dem Bergmannstage sind an der 
—„chriftführer des Dresdner Lokal⸗Komitees, Herrn 
gergwerksdirekteor Dannenberg in Hänichen be' 
Dresden zu richten; Anmeldung von Vorträgen 
nimmt der Vorsitzzende des Dresdner Lokal⸗Komitees 
derr Oberbergrath Förster in Zaukeroda bei Pot- 
chappel entgegen. 
FGotha. Ein Begräbniß unter Beifügung 
eines Rettungsapparates für Scheintodte hat kürz⸗ 
ich hier stattgefunden. Eine Frau Hartmann wurde 
heerdigt, an deren Sarg zum ersten Mal ein Rekt—⸗ 
tungsapparat für Scheintodte angebracht und in 
die Erde mit eingelassen wurde. Der obere Theil 
des Apparates, in welchem ein elektrisches Läute— 
verk sich befindet, das durch einen in der Hand 
des Todten liegenden Zug in sehr geräuschvolle und 
fundenlang anhaltende Bewegung gesetzt werden 
kann, bleibt oberhalb der Erde, so daß man ihn 
jederzeit beobachten kann. War der Beerdigte wir 
lich nur scheintodt, dann muß beim Erwachen sein⸗ 
Hand unter allen Umständen den Zug in Bewegung 
setzen, durch die ein am oberen Theile des Appa 
rates befindliches Thürchen aufspringt und dat 
Läutewerk so anregt, daß man dasselbe ziemlich wei 
hören kann. (Mainz. Anz.) 
Aus Blankenstein erzählt das „Prümer 
Intgbl.“ folgende merkwürdige Geschichte: „Ein— 
qganze Schwadron Kavallerie vor Gericht. Ange 
flagt war ein Bäuerlein, das gelegentlich des letzien 
Manövers die Saat auf einer Ackerparzelle, um sic 
die für Flurschäden festgesetzte Entschädigung zi 
sichern, persönlich zerstört hatte. Die Verhandlung 
ergab folgenden Thatbestand: Beim Betreten des 
Aders findet der Eigenthümer, daß die Saat an 
Rande des Grundstücks durch Ueberreiten von Ka 
dallerie unbedeutende Beschädigungen erlitten hat 
Unser Bäucrlein grübelt hin und her, wie dem 
wohl nachzuhelfen wäre. Endlich kommt er au' 
einen originesllen Einfall. Ein Paar Hufeiser 
find leicht beschafft und untergeschnallt. Und nun 
Schwadron marsch! Trab! Rechts schwenkt, link⸗ 
chwenkt, kehrt marsch! Zur Attaque marsch! Hurrah 
Endlich ist die That gelungen: der zweibeinige Gau— 
hat die Saat gründlich verdorben. Die Entsche 
digung wird von dem schmunzelnden Bäuerlei⸗ 
ingestrichen und — der Schluß der Geschichte fin 
det'den bösen Bauern mit dem Pferdehuf vor den 
Zchöffengericht.“ 
Berlin, 30. April. Die Schwurgerichtz 
Verhandlung gegen den Mörder des Geldbriefträger 
Cossäth, Sobbde, hat heute begonnen. Der Andran— 
zu derselben ist sehr groß. Ein gewähltes Publi 
lum wohnt derselben bei. Mehrere Posträthe und 
der wirkl. Geh. Rath Starke vom Justizministerium 
sind anwesend. Der Angeklagte erklärt laut mi 
großer Ruhe, ich bekenne mich schuldig, den Vrieh 
rräger Cossäth vorsätzlich ermordet zu haben, un 
hn zu berauben. 
Schulze⸗Delitz schr.) Hermann Schulz 
Delitzsch, der Anwalt der deutschen Genossenschaften 
ist, wie in vor. Nr. kurz erwähnt, am Sonmia 
Morgen in Potsdam im Alter von beinahe 7 
Jahren gestorben. Hermann SchulzeDelitzschei 
am 29. August 1808 in Delitzsch, woselbst sei 
Vater Bürgermeister war, geboren. Er widmete sie 
der Rechts wissenschaft, wurde im Jahre 1838 zun 
Assesor ernannt und übernahm im Jahre 1841di 
Sitelle eines Patrimonialrichters in seiner Vaterstad 
Im Jahre 1848 in die Nationalversammlung ei 
Zerlin gewählt, schloß er sich dem linken Zentrun 
an. Nach Auflöfung der Nationalversammlung in 
November jenes Jahres kehrte er in seine Vaten 
tadt zurüd, die ihn im folgenden Jahre wiederun 
ils ihren Vertreter nach Berlin sandte. Nach der 
wbermaligen Auflösung dieser Versammlung, in wel 
her der Verstorbene kraftig gegen die immer schärfe 
nuftretende Reaktion ankämpfte, wurde Schulze we 
zen seiner Theilnahme an dem Steuerverweigerung⸗ 
deschlusse vor Gericht gestellt, von den Geschworene 
aber freigesprochen. Unterdessen war das Patr 
monialgericht in Delinsch aufgehoben worden und 
Schulze minßte in den Staatsdienst zurüchtreter 
die Realktion hatte aber seine Betheiligung an der 
Kampie für die Rechte und Freiheiten des Voll 
nicht vergessen. Er wurde, gewiß zur Strafe fir 
sein politisches Verhalten, als Kreisrichter ue 
Wreschen in die Provinz Posen verseßt Troßden 
er sich hier durch seine eminente Arbeitskraft u 
die Justizpflege in hohem Grade verdient gemen 
hatte, erschwerte das Ministerium ihm seine Stel 
ung so, daß er im Jahre 18851 um seine Eutl 
ung bat, die ihm auch ohne Weiteres gewh 
—X Echult 
nach Delitzsch zurüch und und widmete seine That 
keit von nun an einer Aufgabe, welche ihm wãhren 
seiner Wirksamkeit als Mitglied der preußisch 
Volkavertretung nahe gelegt worden war. Zu jeu 
Zeit machte sich bereits in Deutschland die zerst 
ende Einwirkung der aufstrebenden Großindust 
zuf das Kleingewerbe bemerkbar. Besonders wart 
e8 die kleinen Handwerker, welche unzufrieden m 
der freiheitlichen Gestaltung der preußischen Gewer 
hegesetzgebung die Rückkehr zu den Zunftordnun 
es Mutelaliers verlangten. Eine Anzahl von pr 
itionen wurden iu diesem Sinne an die Nationn 
ersammlung gerichtet. Durch dieselben wurde 
Auͤfmerksamtein Schulze-Delitzsch's auf die Rettu 
»es Handwerks gelenkt und er veranlaßt. über 
Mittel nachzudenten, vermittelst deren man dien