Full text: St. Ingberter Anzeiger

In Berlin fand vor einigen Tagen ein 
Herr, als er, um die Stadibahn zu benutzen, am 
Zahnhof Bellevue in ein Koupe stieg, einen un— 
heimlichen Reisegeführten. Am Ende des Koupe's 
sah er einen Passagier, der, anscheinend eingeschlafen, 
den Kopf in die Ecke nach dem Fenster zu neigte. 
Zuerst nahm der Neuangekommene keine Notiz von 
dem schweigsamen Reisegefährten, als er aber vor 
demselben plötzlich einen Revolver liegen sah, neigte 
er sich vor, um dem anderen in's Gesicht zu sehen. 
Da' war dena freilich sein Schreck nicht gering, 
denn der vermeintliche Schlafende stierte wie ein 
Todter sein vis-a-vis an und von seiner linken 
Schläfe tropfte das Blut auf seine Kleider herab. 
Der Mann hatte sich in der That erschossen. 
Die Berliner Hygiene-Ausstel- 
lbung wird am 10. Mai eröffnet, Eine Hygiene⸗ 
Aussiellungs⸗Zeitung erscheint räglich und bringt 
popular⸗ wissenschaftliche Artikel aus den Federn 
namhafter Hygieniker, Mediziner und anderer Fach⸗ 
leute, Besprechung der Aussiellungsobjekte und Dar⸗ 
stellung des Ausstellungs-Lebens und Treibens in 
allen seinen Beziehungen. 
F Im letzten Jahrzehnt hat die Frequenz an 
den drutschen Universitäten eine so be⸗ 
deutende, die Bevölklerungszunahme weit übersteigende 
Vermehrung erfahren, daß dieselbe mit Recht Be— 
sorgnisse hervorruft. Die Zahl der auf sämmtlichen 
deutschen Hochschulen Inscribirten stieg von 15,118 
im Sommer 1872 auf 283,834 im Sommer 1882, 
erfuhr also binnen 10 Jahren eine Zunahme von 
57,5 Proc. Aber die letzten vier Jahre unter⸗ 
scheiden sich wesentlich von den sechs ersten. Denn 
während in diesen die höchste Zunahme etwa 600 
betrug, stieg sie mit dem Jahre 1878 fast auf das 
Doppelte, auf 1117, und stieg weiter von Jahr zu 
Jahr auf 1136, 1139 und 1392. Ob der Be— 
darf an Siudirten sso stark gestiegen ist, um dies 
enorme Angebot zu rechtfertigen, müssen die nächsten 
Jahre lehren. Vor den „Gefahren des juristischen 
Studiums“ wird wegen Ueberproduktion auch im 
deutschen Reiche offizios gewarnt. Außer der phi⸗ 
losophischen Fakultät ist es denn auch die juristische, 
auf welche die höchsten Zunahmeziffern gefallen sind. 
Hier betrug das Wachsthum in der Frequenz in der 
Zeit vom Sommer 18602 bis zum Winter 1881 — 
Z2 in Summa 1867 oder 48,7 Proc. Die Zu— 
nahme in den verschiedenen Fächern der philosoph⸗ 
ischen Fakultät belief sich zusammen auf 4142 
Sludirende oder auf 89 Prozent. Die Vermehrung 
der Mediziner datirt erst vom Jahre 1876; bis 
dahin fand eine Abnahme statt; auch setzte 1876 
die Vermehrung erst gering ein, um dann immer 
stärker anzuschwellen. Sie betrug in den 10 Jahren 
24 Prozent. Dem Gange in der Frequenz bei der 
medizinischen Facultät ist der bei der evan⸗ 
gelisch- theologischen sehr ähnlich. Auch hier 
zuerst eine Reihe von Jahren hindurch Abnahme 
ie in die Mitte des Jahrzehnts, dann eine all⸗ 
mähliche Zunahme und von 1878 an eine starke 
Sleigeruns (um 53 Proch In den gesammten 10 
Jahren vermehrten sich die Theologen um 39 Proc. 
Rur das Universilätzsiudium der katholischen Theo— 
cogie weist in den genannten 10 Jahren eine con⸗ 
jtante Abnahme auf: sie betrug auf den sieben 
deutschen Hochschulen, welche eine katholische Facul⸗ 
tät haben, fast 20 Prozent. 
f Wien, 5. Mai. Circa 1000 Bäcker⸗Ge⸗ 
hilfen demonstrirten heute im Vereinshause, zer⸗ 
Terten Möbel und Fenster und wurden mit den 
Wachtleuten handgemein. Die Straße wurde ab— 
jesperrt und die Ruhe wieder hergestellt. Gleich⸗ 
einig fand vor der Wohnung des Vorstandes der 
häckergenossenschaft eine Demonfstration von ca 
100 Gehilfen siatt, wobei Fenster und Thüren zer⸗ 
rümmert wurden. * 
PPortmouth England), 5. Mai—. XR 
deute Vormittag einige Soldaten in dem Pulver⸗ 
nagazin Priddys Hard im hiesigen Hafen mil 
Füllung von Granaten beschäftigt waren, explodirte 
qine Granate, in Folge dessen die Explosion des 
Hulbermagazins erfolgte. Sechs Personen sind tod! 
und mehrere verwundet. 
4 Ein eigenthümlicher Monstre⸗Prozeß 
pielt sich gegenwärtig in Tyamah im Mendi— 
ande (Afrika) ab. Mehr als hundert Eingeborene 
ind des Cannibalismus angeklagt. Unter den Ein⸗ 
Jeborenen herrscht der Glaube, daß diese Personen 
ich durch Zauberkräfte in Leoparden oder Tiger 
Jerwandelten oder zum Mindesten ihre Leiber mii 
Tigerfellen bedeckten und arglose Reisende und Ge⸗ 
chaftsleute außerhalb der Stadt überfielen und 
odteten. Sämmtliche Könige und Häuptlinge der 
henachbarten Staaten wohnen den Verhandlungen 
hei, welche, wie man erwartet, ca. 4 Wochen in 
Anspruch nehmen dürften. Die Strafe für Canni⸗ 
alismus ist Rösten bei lebendigem Leibe und 
iese barbarische Hinrichtung wird mit fetischen 
Riten im Mai stattfinden. 
F New-York, 6. Mai. Union City (In⸗ 
diang) ist von einer Feuersbrunst heimgesucht worden, 
pelche einen Schaden von zweihundertfünfzigtausend 
Dollars verur sachte. 
Geue Goldfunde in Alaska.) Aus 
dem Territorium Alaska, früher Russisch-Amerika. 
ind, wie der „Allg. Ztg.“ geschrieben wird, Nach— 
ichten eingetroffen, welche in ganz Nordamerika 
ngeheures Aufsehen gemacht haben. Einige kürz⸗ 
ich in Sitka, der Hauptstadt des Landes, aus der 
AInion angekommene Bergleute haben einige Meilen 
istlich von der Stadt Gold gefunden. Das Gold 
st mit Quarz gemischt und leicht zu gewinnen. 
die namhaftesien Kaufleute von San Franzisko, 
velche mit Sitka in Handelsverbindung stehen, be⸗ 
chlossen, das ganze Gebiet südlich vom St. Elias⸗ 
zerg zu durchforschen, und wenn dasselbe sich als 
verihvoll erweisen würde, es in der am geeignet ⸗ 
tten erscheinenden Weise dem Verkehr zugänglich zu 
nachen. 
Kräftig angesungen wird der Sozial— 
demokrat Most in der Freien VPresse von Chiago 
mit foldenden Versen: 
Johann, der faule Seifensieden 
Henker, Mordbud', Fürstenfresser, 
Ddynamitprinz, Pulvermolch, 
Bluthyäne, Geldverpresser, 
Unsinnsschwätzer, Kleisterstrolch! 
„Greenhorn⸗Mörder, Weltshallunke 
Sternenbanners-Lästerer, 
Wüstenschakal, Scheusalsunke, 
Feigheitskalbfell⸗Märtyrer! 
Hundegroßsohn, Eselsjunge, 
Elendspfefferpaprika, 
Wahre Deine Lästerzunge 
Bei uns in Amerika! 
Dolchscorpion, Giftwürmerspeise, 
Teufelsmutterbratenkost, 
Glück, viel Glück zur Weiterreise 
In die Hölle, Johann Most. 
4 Unter den Kohlengräbern Pennshylde 
niens herrscht die Sitte, die Wittwen der in du 
dohlengruͤben verunglückten Kameraden dadurch z 
unterstutzen, daß irgend ein Lediger unter ihnn 
eine solche Wittwe heirathet und sammt ihren r 
dern verforgt. Noch hat keine Wittwe ein Ju 
ang im Witwenstande zu verharren gebrau 
Auch werden Lotterien veranstaltet, bei welchen d 
Zoose zum Besten der Wittwen und Weisen der 
kauft, aber auch die Gewinnste — gewöhnlich unen 
hehrliche Haushaltungsgegenstände — vom Gewinn⸗ 
der Wittwe geschenkt werden 
— ———— — 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Böchingen Lorenz Tischbein 
33 Jahre alt; in Speier die Gattin von Joho 
Stowitzer, Sibylla geb. Ehrstein, 54 J. a. 
Finselthum PhilippFalger, 837 J. a.: in Hůj⸗ 
rieth in Thüringen die Gattin von Eduard Wi 
der in Neustadt a. H., Josephine geb. Lindt, 
J. a.; in Einöd Heinrich Grünagel, Aler 
18 J. a.; in Ludwigshafen Fräulein Kathche 
Reucker, 23 Jahre a; in Mittelbrunn Rudeh 
Brügel, 21 J. a.; in Pirmasens Adelher 
Breitth, geb. Harteneck, 65 J. a.; ebenda Vn 
Magdalena Jung, geb. Faul; in Neustadt Kath 
ina Rischar, geb. Münch, 76 J. a; in Ed⸗ 
oben Karl Ludwig, 75 J. a—.; in Kaiserslaut 
Metzger Wilhelm Becker, 40 J. a.; in Leisn 
Flifabetha Gans, Hebamme 62 J. a.; in Fut 
enihal Wilhelm Baptist Meumaner 244 
— — — — 
Nr. 31 des praktischen Wochenblattes für! 
Hausfrauen „Fürs Haus““ (Preis viertelin 
ͤch 1 Mark) enthält. 
Lebens⸗ und Aussteuerversicherungen 
Die Impffrage. — Dienstmädchenthees 
Der Hausgarten im Mai. — Eine Sa 
werbung. — Hausdoktor. — Die Wi 
Fur die Kuͤche. — Räthsel. — d 
sprecher. — Anzeigen. — Probenummer 
iis in cllen Buchhandluugen. — Nop— 
henlaubigte Auflage 15000 
Fur die Redaktion verantwortlich J. X Deme 
Conventionelle 
Zwangs·Versteigerung. 
Freitag, den 11. Mai 1883, 
Nachmittags 23 Uhr zu St. Ing⸗ 
bert in der Wirthschaft von Johann 
Adam Beck, Wittwe, 
wird durch den unterzeichneten Amts⸗ 
verweser des kgl. Notars Franz Sauer 
in Si. Ingbert die nachbeschriebene, 
den Eheleuten Paul Woll, Schmelz⸗ 
urbeiler und Maria Weiland, ge⸗ 
werblos, beide in St. Ingbert wohn⸗ 
haft, angehörige Liegenschaft in der 
Si Gde.Sct. Ingbert wegen Nicht⸗ 
bezahlung des Erwerbspreises offentlich 
zu eigen versteigert, nämlich: 
Plan Nr. 36542/5, 4 a 9 qm 
Fläche, worauf ein neuerbautes 
Wohnhaus mit Zugehör, Hofraum 
und Garten, gelegen in der Stadt 
Sct. Ingbert an der Blieskasteler— 
straße neben Georg Woll und 
Georg Stachel, mit Ausnahme 
einer Fläche vom Garten in der 
Vreite von 20 Fuß und in des 
ganzen Tiefe des Gartens neben 
Georg Stachel. 
St. Ingbert, 17. April 1888 
Der Amtsberweser des kgl. Notars 
Sauer; 
— 6. Wiest. — 
De untere Stock mit 4 Zimmer 
und Küche oder der obere Stod 
mit 6 Zimmer und Küche, meines 
Hauses in der Kohlenstraße ist, sofort 
beziehbar, 
zu vermiethen. 
Lorenz Offner. 
Wohnungsveränderung. 
Ich zeige meinen geehrten Kunden 
ergebenst an, daß ich im Fries'schen 
Zause neben Photograph. Ollig am 
Fabellenweg wohne. 
O. Ungewitter, 
Gärtner. 
Pfingstmontag von Nachmittags 
3 Uhr an 
Tanzuusfik 
ti Jakob Quirin, 
Rentrisch. 
Imdnnd Versagbon F. X. Demestz in St. Inabert 
Todes- Anzeige. 
Gestern Nachmittag gegen 3 Uhr verschied in Gott, versehen m 
den hl. Sterbsakramenten, unsere innigst geliebte Gattin, Muiten 
Schwester, Schwägerin und Taute 
a * — 2 
Elisabetha Stief. 
geb. Dawo 
nach kurzem aber sjchweren Krankenlager, im Alter von 46 Jahrer 
Um stille Theilnahme bitten 
St. Inabert, den 7. Mai 1883. 
Die trauernd Hinterbliebenen. 
Die B⸗ard:e enin a findet margen Dienstao Normifftaa9 Uhr statt 
Traunfteiner1 Mark-Loo 
Ziehung Ende Mai 
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