Full text: St. Ingberter Anzeiger

sumpfig, das Mädchen konnte sich nicht heraus 
helfen und bis Hilfe herbeikam, hutte dasselbe 
leider schon seinen Tod im Wasser gefunden. Ein 
schmerzliches Ereigniß für die armen Eltern und 
eine Warnung zu vermehrter Aufficht für alle 
Familien. 
— In Hasßsloch soll durch Maännheimer 
Firmen eine große Tabakfabrik errichtet werden, 
welche Hunderte von Arbeitern beschaftigen würde. 
Ebendaselbst ist auch die Errichtung einer mecha⸗ 
aischen Wollgarn-Spinnerei projektirt. 
Nach der Morialitätsstatistik der pfäl—⸗ 
zischen Volksschullehrer erreichten pro 1882 von 
32 verstorbenen Lehrern und Schulverwesern blos 
1, also nur 1292 pCt., ein Alter von 70 Jahren; 
»on den im Jahre 1881 Verstorbenen hatten es 
mter 36 neun, mithin 25 pCt., zu einem solchen 
debensalter gebracht. Bei den Geistlichen sind es 
zurchschnittlich 42 pCt., bei den Landwirthen 40 pCt., 
hei den höheren Beamten 85 pCt., bei den Mili⸗ 
särs 32 pCt., bei den Künstlern 28 pCt. und bei 
den Aerzten 24 pCt., die ein Alter von 70 Jahren 
rreichen. 
Vermischtes. 
München. Ein interessanter Bierprozeß, 
der insbesondere für die Freunde des Gerstensaftes 
—VDD0 
am juͤngsteu Sonnabend vor der Strafkammer des 
dandgerichts JI ab. Es handelte sich hierbei um 
bas bekannte Hofbräu- bezw. um ein anderes Brau⸗ 
produkt, das in betrügerischer Weise an Stelle 
senes berühmten Bieres nach Aachen versandt worden 
st. Der Agent Anton Edelmann in München 
machte im Sommer v J. dem Restaurateur Herr⸗ 
mnann Ohse in Aachen, den er im Jahre 1880 
in München kennen gelernt hatte, das Anerbieten, 
hm Bier aus dem königlichen Hofbräuhause in 
München, den Liter zu 28 Pfennig, zu liefern. 
Ohse ging sofort auf das Anerbieten ein und be— 
‚og durch Edelmann im vorigen Sommer und 
Herbste 8785 Liter angebliches Hofbräuhausbier, 
das er in Aachen zum Äusschank brachte. Er ließ 
zu diesem Behuͤfe in den Aachener Zeitungen mit⸗ 
heilen, daß in seiner Restauration Münchener Hof⸗ 
hräuhausbier geschenkt werde. Die Verwaltung 
des königlichen Hofbräuhauses erhielt von diesem 
Inserat Kenntniß und veröffentlichte eine Berich—⸗ 
igung, daß diese Anpreisung von Hofbräuhausbier 
eine Täuschung des Publikums sei, da kein Bier 
aus dem königlichen Hofbräuhaus an Herrn Ohse 
geliefert werde. Dieser gerieth natürlich gegenüber 
dem Aachener Publikum in eine sehr fatale Situ⸗ 
ztion und forderte den Edelmann auf, zu beweisen, 
daß von seiner Seite Hofbräuhausbier geliefert 
vorden sei. Edelmann schrieb zurück, daß er Den⸗ 
enigen, der ihm das Hofbrauhausbier geliefert 
Jabe, nicht nennen könne; später gab er Herrn Ohse 
zen Rath, sich dadurch aus der Schlinge zu ziehen, 
zaß er angab, das Bier sei aus dem kl. (kleinen) 
Hofbräuhause in München. In Wirklichkeit war 
Fas Bier aus der Gabelsberger Brauerei, 
zas in Aachen nicht beliebt war. Da Herrn Ohse 
ruch 21 Hektoliter verdarben, hatte er einen Ge⸗ 
ammtschaden von etwa 700 Mark. Zu seiner 
Vertheidigung gebrauchte Edelmann die faule Aus⸗ 
eden daß er dem Herrn Ohse versprochen habe, 
ein dem Hofbräuhausbier ähnliches Getränk zu 
liefern; übrigens hätte auch der Besitzer der Gabels— 
berger Brauerei beabsichtigt sich den Titel,Deutsches 
Hofbräuhaus“ beizulegen, und so sei denn auch 
— 
vesen! Zeuge Obse bekundet auf Eid, daß nur 
Bier aus dem königlichen Hofbräuhause bestellt ge⸗ 
wesen sei. Was die zivilrechtliche Seite der Sache 
mlangi, so haben sich Ohse und Edelmann ver⸗ 
tändigt. Nach mehrstündiger Verhandlung wurde 
Fdelmann wegen forigesetzten Vergehens des Bet ruges 
zu drei Monaten Gefängniß —8 
FGagdbegebniß.) Die Flinte auf dem 
Rücken ging Herr Förster A. von Bischmisheim, 
Kreis Saäarbrüden, vor einigen Tagen sein Revier 
ab. Kaum war er an eine Anhohe angekommen, 
da purzelten ihm zwei Rehböcke entgegen, die mit 
hren Hörnern beim Stoßen derart ineinander ge⸗ 
rathen waren, daß sie nicht wieder los kamen. Herr 
A. ndete bald ihren Streit, indem er einen nach 
dem andern niederschoß. 
Neunkirchen, 27. Mai. Der „S. u. Bl.⸗ 
Ztg.“ wird geschrieben: In einem kleinem Städtchen 
ines Nachbarkreises sollte ein neues Schulhaus ge⸗ 
daut werden, die Väter der Stadt aber waren der 
Meinung, daß das alte noch genüge, und sträubten 
iich daher, die erforderlichen Gelder zu bewilligen. 
Als nun zufällig der Herr Regierungsrath in der 
Hegend zu lhun hatte, besuchte derselbe das Städtchen, 
ieß den Gemeinderath zusammenrufen und suchte 
den Mitgliedern klar zu machen, daß ein Neubau 
och sehr nöthig sei. Er machte in längerer Rede 
nuf die Mängel des alten Schulhauses aufmerksam, 
esonders betonend, daß die Räume viel zu niedrig 
sestochen seien. Da fiel dem Herrn ein Rathsmit⸗ 
zlied mit den Worten in die Rede: „Dat sinn jo 
auter dumme Gesprächer; wo were dann die Stuwe 
u nedrig sinn, es sinn doch lauter kläne Kinn, die 
in die School geh'n, und die thun doch net owe 
instoße.“ Der Herr Regierungsrath war ob dieser 
iefsinnigen Bemerkung ganz verblüfft. 
EGrren ist menschlich. Folgende Epi⸗ 
ode wird aus der Nachbarschaft berichtet: „Willy 
zekommt in der Nacht den Krouphusten. Die Mutter 
pringt voll Angst aus dem Bett, ergreift schnell 
in großes wollenes Tuch und wickelt dem Jungen 
»en Hals damit ein, auf daß er schwitze. Willy 
vird darauf ruhiger und schläft die ganze übrige 
Nacht. Am Morgen, als die Mutter aufsteht, hat 
Willy noch einmal einen Anfall von Husten, und 
u dem Bett hingehend, bemerkt die Mutter: das 
—chwitzen hat doch geholfen, jetzt hat er doch die 
zjanze Nacht nicht mehr gehustet. Aber was ist das 
S ist hier Hexerei im Spiele? Willy hat gar kein 
Tuch um den Hals, dagegen ist sein neben ihm 
uhendes Schwesterchen über und über mit Schweiß 
zedeckt und fest in ein großes Tuch eingepackt. In 
der Schlaftrunkenheit hatte die geängstigte Mutter 
as Mädchen statt des Buben eingewickelt, und so 
nußte denn das Schwesterchen für des Brüderchens 
drouphusten schwitzen. Es hat aber auch so geholfen.“ 
Zwischen Auw und Kordel bei Trier ge— 
rieth dieser Tage das Kind eines Bahnwärters unter 
inen herankommenden Güterzug. Die Lokomotive 
ind drei Waggons waren bereits über das Kind 
ninweggegangen, als es gelang, den Zug zum Stehen 
u bringen. Man konnte trotzdem das Kind un— 
ersehrl unter dem Zuge hervorholen. 
In Wangen in Württemberg stellte sich 
ei der Rekrutenmusterung ein 31jähriger Mann. 
derselbe hatte sich seit 10 Jahren bei einem der 
bildesten Indianerstämme aufgehalten und ist, wie 
ich bei der Musterung ergab, am ganzen Körper 
ätowiert. Merkwürdig ist, daß der mächtige Wilde 
etzt in seiner Heimatbh sein Brot mit der Nadel 
erdient. 
4 Zwei Militärsträflinge ergriffen am 25. ds. 
n Köhn, von der Arbeit zurückkehrend, in der 
nähe der Rheinbrücke die Flucht und die Zurufe 
er begleitenden Patroulleure fanden keine Beachtung 
on Seiten der Flüchtlinge. So mußten diese denn 
hren Leichtsinn mit dem Tode büßen: zwei ihnen 
iachgesandte Kugeln trafen ihr Ziel und beide De—⸗ 
erteure stürzten todt zu Boden. 
F Ein furchtbares Unwetter hat in den Ort⸗ 
chaften des Rinnthales (SSchwarzburg-Rudol— 
tadt) unglaubliche Verwüstungen angerichtet. In 
»er Nacht vom 16. zum 17. Mai gingen in der 
hegend von Blankenburg u. s. w. mehrere Gewitter 
ind ein gewaltiger Wolkenbruch nieder. Das 
VPasser stürzte mit solcher Gewalt nach Blanken— 
zurg, daß viele Häuser stark beschädigt wurden. 
In dem Berichte eines Augenzeugen heißt es: Das 
inheimliche Gurgeln und Rauschen des Wassers, 
»as Angst- und Hilferufen der Menschen, das 
grüllen der Thiere — es war herzzerreißend. Auch 
»urch die Brauhausgasse in der Post nahm das 
Wasser seinen Lauf so stark, daß selbst kräftige 
Nänner Mühe hatten, sich im Strome zu halten. 
Fine Männerleiche schwamm die Straße entlang, 
ne andere durch die Stadt, auch die Leichen von 
gferden und anderen Thieren sah man vorbeitreiben. 
ẽbenso zerbrochene Balken, allerlei Möbel und 
sckergeräthe, sogar schwere Lastwagen trieb das 
Vasser mit sich. Der Mond leuchtete zum Glück 
twas, denn bei größerer Dunkelheit würde noch 
nehr Unglück geschehen sein, aber er beleuchtete ein 
rauriges Bild. Endlich gegen 1 Uhr wurde fest⸗ 
gestellt, daß das Wasser zurückgegangen war. Auf 
dem Markte sowie in der Uferstadt ist alles mit 
tiefem Schlamm bedeckt. Faste alle Häuser der 
Iferstadt hatten das Wasser fußhoch in Stuben und 
daden. Die Gärten, mit vielem Fleiß gepflegt, 
eigten sich heute als Wüsteneien. Die meisten 
Zrücken sind verschwunden, oder so verletzt, daß sie 
bgebrochen werden müssen. In der Stadtmühle 
at die Fluth furchtbar gewüthet, indem das Wasser 
durch die Mahlstuben seinen Lauf nahm und di⸗ 
Maschinen umstürzte. In den Häusern an der 
Thaussee entlang fluthete das Wasser durch die 
Fenster oder wusch die Wände durch und richtete 
arge Verwüstungen an. Ju diesen Häusern ist auch 
diel Vieh ertrunken. Manche Bauten sind for. 
Jjeschwemmt oder umgestürzt worden. In Kodiß 
osl eine Frau mit zwei Kindern ertrunken und iht 
daus fortgeschwemmt sein. Eine zweite Frau von 
Quittelsdorf wurde heute todt aufgefunden, das 
Wasser hatte den Körper gegen Bäume angetrieben 
wo derselbe in sitender Stellung verblieb. Nach— 
richten von Königsee berichten, daß das Unwetter 
dort weit ärgere Verwüstungen angerichtet hat, 
Aehnlich lauten die Nachrichten aus den Ortschaften 
»berhalb Blankenburg. Dazu kommen große Brände 
»urch den Blitz verursacht. Der Ort Aschau ist 
um großen Theil in Asche gelegt. In Schwarza 
»rannten mehrere Häuser ab. In das Rathhauͤs 
zu Königsee schlug der Blitz dreimal, abgeleitet 
indes durch den Blitzableiter. In Stadt-Ilm schlug 
der Blitz in die Schafställe des Oekonomen Hoff. 
nann; 131 Schafe und 36 Lämmer verbrannten. 
In der Umgegend von Gehren schlug der Blit 
neunmal ein. Bei Suhl wurden zwei Knaben von 
Blitz getödtet. 
F (Zu dem 1. Allgemeinen deutschen 
Triegerfeste) in Hamburg sind Anmeldungen 
ius allen Theilen des Reiches eingegangen. Bayern 
endet die Vertreter von nicht weniger als 17 Ver— 
inen. Außer den Hamburg-Altonger Kameraden, 
die natürlich ein großes Kontingent Theilnehmer 
tellen, beträgt die Zahl der bisher aus dem Reich 
gemeldeten Theilnehmer 8553, welche beinahe 2000 
Vereine vertreten. In Anbetracht der großen Zahl 
jon Freiquartieren, die angeboten worden sind, hat 
)»as Komité beschlossen, die Anmeldung bis zum 
15. Juni zu gestatten. An Festlichkeiten wird ge— 
»oten: Korsofahrt auf der herrlichen Alster, Con—⸗ 
zerte, Preisschießen mit Preisen im Gesammtwerthe 
von 10,000 M., Elbfahrten nach den reizenden 
Imgebungen, Volksbelnstigungen, Feuerwerke, Ertra⸗ 
zug nach Kiel u. s. w. Staats⸗ wie Privatbahnen 
zaben Ermäßigung der Fahrpreise eintreten lassen. 
F(u Fuß von Leipzig nach Wien) 
Fin altes sächsisches Ehepaar, welches in seinem 
Vaterlande bis jetzt auf keinen grünen Zweig ge⸗ 
ommen ist, bekam plötzlich zu Ostern den Einfall, 
nach Wien zu übersiedeln, um sich hier an seinem 
Lebensabende eine neue Existenz zu gründen. Die 
alten Leutchen, Jonas und Karoline Pfefferkorn. 
derkauften eiligst ihre geringen Habseligkeiten, 
machten Bilanz und bemerkten, daß der ganze Er⸗ 
ös lange nicht zur Bestreitung der Reisekosten 
ausreichte. Sie beschlossen nun, die Reise von 
Leipzig nach Wien zu Fuß anzutreten. Zwei Tage 
aach Ostern verließen die Alten die Stadt Leipzig, 
tanden unterwegs auf dem Lande überall gastfreund⸗ 
iche Aufnahme, berührten Chemnitz, Annaberg 
domotau und langten nach einer zehntägigen Fuß⸗ 
reise wohlbehalten in Pest an. Hier galt ses zu⸗ 
nächst, die Herrlichkeiten der böhmischen Haupistadt 
n Augenschein zu nehmen und in einem Gedränge 
— es war am hellen Tage — verlor die alte 
Frau ihren Gatten. Er war plötzlich wie in die 
ẽrde gesunken, die Frau suchte ihn bis zum Abende, 
die halbe Nacht hindurch, doch der Alte war nir⸗ 
jends zu finden. „Der hat sich ein Leids ange— 
han oder er ist schon vorausgegangen“, meinte die 
Frau. Sie überlegte nicht lange und trat zwei 
Tage später ihre Fußwanderung allein nach Wien 
an, woselbst sie kurz vor Pfingsten eintraf. Hier 
niethete sie sich in einem Vorort-Gasthause ein, 
uchte fleißig nach einer Existenz und zahlte jo 
ange ihre Gasthausrechnung, bis ihr Geld zu Ende 
zing, dann ließ sie aufschreiben, der Wirth erstattett 
edoch bald die Anzeige wegen Betrugs gegen die 
Frau Pfefferkorn; diefelbe wurde aber von dem 
Sechshauser Bezirkagerichte freigesprochen. 
Berlin. Der Looshändler B. hatte vor 
inigen Monaten einem Börsenmann ein Loos zut 
BZothaer Geldlotterie verkauft. Dasselbe wurde 
nit 100 Mk. gezogen und B. beeilte sich, diesen 
Blücksfall sofort dem Gewinner persönlich mitzu— 
heilen . Dabei bot er ihm fur das baare Gehd 
jegen Nachzahlung von 830 Mk. das ganze Loo— 
her Hamburger Lotterie Nummer 1948 an. Nach 
ielem Sträuben ging der Gewinner auf diesen 
Tausch ein und hat' bei der jüngsten Hamburget 
Hauptziehung auf die gedachte Nummer einen Ge 
dinn don 3000 Mt. demacht und dazu, weil— 
Fer lehte arößere Gewiun gewesen, vlanmäßig di⸗ 
ind 
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