Full text: St. Ingberter Anzeiger

*) St. In gbert, 16. Jan. Der Can—⸗ 
tonalHilfsverein der Kaiser-Wil— 
helm⸗Stiftung, dessen Generalversammlung 
uͤnd Ausschußsitzung unter dem Präsidium des Herrn 
Heinrich Kräm er gestern im Stadthaussaale statt⸗ 
fand, konnte wieder für das laufende Jahr Unter⸗ 
stützungen im Betrage von 408 Mark an 7 er— 
fratte Combattanten aus den Jahren 187071 
oder deren Hinterbliebene bewilligen und damit 
manchen Bedrängten eine Freude bereiten. Diesen 
seinen edlen Zweck lann der Verein nur erfüllen 
wenn ihm thaͤtiges Interesse in bleibender Weise, 
ja in steigendem Maße entgegengebracht wird. Ne⸗ 
ben einer außerordentlichen Gabe der Familie 
Krämer von jährlich Mk. 127 betragen ja die 
ordentlichen Mitgliederbeiträge nur noch Mk. 85 
der weilere Bedarf wird aus den Zinsen eine? 
allmälig angesammelten Capital's bestritten, durch 
welches die Ünterstützung der Meistbedürftigen blei⸗ 
bend gesichert werden sollte. Möge den unter dem 
Wahrzeichen des rothen Kreuzes arbeitenden Ver⸗ 
einen eine lange Frieden sSthätigkeit und be— 
sonders auch dem neugegründeten Frauenver— 
eüne dessen Mitgliederliste dem Vernehmen nach 
schon 150 Namen aufmweist, ferneres ersprießliches 
Gedeihen beschieden sein! 
Dieser Tage entdeckte nach der „Zw. Ztg.“ 
der Bergwerkbesitzer Herr Seibert von Hüffler 
zwischen Hüffler und Wahnwegen ein neues Kohlen⸗ 
lager, das reichlichen Gewinn verspricht. 
—Kaiserslautern, 14. Jan. Wie man 
uns eben mittheilt, verunglückte heute Nachmittag 
beim Schlittschuhlaufen der hoffnungsvolle 15jährige 
Sohn einer hiesigen Familie (Zimmermeister Nitk. 
Römer), indem die Eisdecke unter seinen Füßen 
brach und er unter derselben verschwand und nach 
Stunden noch nicht wieder aufgefunden werden 
konnte. (Pf. J.) 
— In Kaiserslhautern traafen viele Ar⸗ 
beiter der Ludwigshafener Eisenbahnwerkstätte mit 
ihren Werkführern und Vorarbeitern ein, um in 
der dortigen Eisenbahnwerkstätte beschäftigt zu werden. 
Durch das Hochwasser ist nämlich ein großer Theil 
der Maschinen und Gebäulichkeiten erstgenannter 
Werkstätie defekt geworden, und find die daselbft 
auszuführenden Reparaturen bis auf Weiteres der 
Eisenbahnwerkstätte Kaiserslautern zugewiesen. 
— Ein am Sonntag Nachmittag in Kaisers- 
lautern unter gemeinschaftlicher Zusammenwirk⸗ 
ung des Cacilien⸗ und Musikvereins ver— 
ansialtetes Conzert zu Gunsten der Ueberschwemm⸗ 
ten in der Pfalz erzielte den namhaften Ertrag von 
350 M. 
— Weidenthal, 13. Jan. Heute Abend 
gegen 8 Uhr wurde der ca. 70 Wagen lange 
FZuͤterzug Nc. 317, welcher hier nicht anhält, sondern 
—E 
ein sogenanntes stumpfes Geleise eingelassen. Der 
Aufmerksamkeit des Lokomtivführers ist es zu ver⸗ 
danken, daß der ganze Zug nicht in eine 15 Meter 
hohe Tiefe stürzte, in welcher das ganze Zugperson al 
sicherlich den Tod gefunden hätte. (B.3.) 
— Wichtig für alle Feuerwehrpflichtige 
ist eine Enischeidung der kgl. Strafkammer in Landau 
bezüglich der Befreiung vom Dienste wegen schweren 
körperlichen Gebrechens. Das Schöffengericht in 
Edenkoben hate sich dahin ausgesprochen, daß 
ein solches gehoͤrig ärzilich constatirtes Leiden, ähnlich 
wie hohes Alter, vom Feuerwehrdienste von selbst 
befreie, ohne daß es der Entscheidung der Ver—⸗ 
waltung bedürfe, während die Berufungsinstanz 
fich dahin entschied, daß der Leidende seine Be— 
freiung vom Dienst nachzusuchen habe und bis zu 
seiner Entlassung dienstpflichtig bleibe; im Ver⸗ 
hinderungsfalle müsse derselbe sich entschuldigen und 
habe der Aufsichtsrath sich schlüssig zu machen, ob 
ber Enischuldigungsgrund ein genügender sei, und 
im Falle der Versagung der Befreiung sei der Re⸗ 
curs an das k. Bezirksamt zu richten. 
— Ludwigshafen, 15. Jan. Gestern 
früh 7 Uhr 40 Min. trafen der Herr Staatsmi- 
nister v. Feilitzsch und Herr Regierungspräsi⸗ 
dent Braun, in Begleitung der Herren Oberbaurath 
Heuser, Landrathspräsident Commercienrath Dr. 
Armand Buhl, Bezirlsamtmann Regierungsrath 
Röm mich, Kreismedicinalrath Dr. Karsch und 
Regierungsassessor Thelemann hier ein, um die 
Wasserschäden zu besichtigen und Einsicht von den 
zur Ueberbringung und Versorgung der Obdach⸗ 
—RU— 
Staatsbeamten wurden am Bahnhof von dem Vor⸗ 
sißzenden und dem Kassier des Hilfscomite's aus 
dem Stadthause, Herreu Bürgermeister Kutterer 
und Stadtrath Lederle, sowie von den Herren 
Directoren der Anilinfabrik, Dr. Carl Clemm 
und Engelhorn empfangen. Auch der Vor⸗ 
sihende des vaterländischen Frauenvereines für 
Rheinpreußen, Herr Commercienraih Frowein 
aus Elberfeld, hatte sich zur Theilnahme an der 
Besichtigung eingefunden. Zunächst wurden die 
beiden Schuͤlhäuser in der Stadt besucht und ge⸗ 
aaueste Kenniniß von allen Verhältnissen genom⸗ 
men. In gleich eingehender Weise wurden die 
Einrichtungen in der Anilinfabrik und in dem 
Schulhause auf dem Hemshof in Augenschein ge— 
nommen. Vom Hemshof aus wurde der Weg 
nach dem schwer betroffenen Friesenheim angetreten 
Gegen Mitiag fuhren die Herren mit einem Arn⸗ 
heiter'schen Schraubendampfer, den der Besitzer 
selbst begleitete, rheinabwärts bis zur Durchbruch 
ttelle bei Oppau. Die Beschädigungen an den 
Dämmen wurden genau besichtigt und zugleich über 
deren schnellste Herstellung Berathung gepflogen. 
An der Bruchstelle nahmen die Herren Bezirksamt 
mann Frhr. d. Löffelholz und Assessor Kraz- 
zisen die Commission in Empfang, um dieselbe 
nach den von den Fluthen gräßlich mitgenommenen 
ulen Oppau und Edigheim zu geleiten. Um 40940 
Ahr trafen die Herren wieder hier ein und fuhren 
ofort nach Speher zurück. Wie wir vernehmen 
jat Herr Minister v. Feilitzsch.im Einverneh⸗ 
nen mit dem Herrn Regierungsprasidenten und dem 
dandrathsausschuß die sofortige Bereitstellung eines 
Ztaatszuschusses bis zu 200,000 M. fur Baraken 
dau zur Unterbringung Obdachloser, für Entfeucht 
ung der Wohnungen und sonstige polizeiliche wie 
sanitare Zwecke in den überschwemmten Gebieten 
—A 
Pfalz ist von dem Staatsminister der Finanzen 
ur Auszahlung dieser Summe jogleich telegraphisch 
angewiesen und auch bereits entschrechend dotir— 
worden. Herr Minister v. Feilitz sch stellte ferner 
in Aussicht, daß schon in der ersten Sitzung des 
dandrathes ein Beschluß über die schleunigste Her⸗ 
tellung der Dämme gefaßt haben würde. Auf 
Anregung des Hrn. Kreismedicinalrathes Dr. Karsch 
vurde die Versügung getroffen, daß überschwemm 
zewesene Wohnungen nicht eher bezogen werden 
zürfen, bis sie von einer Commission untersuch 
and für bewohnbar erklärt werden. Die freiwillig 
eingelaufenen Gaben werden vorerst nicht in An⸗ 
grisf genommen; der Betrag, welcher sür Baraken⸗ 
dau aus diesem Fonds schon in Aussicht genom⸗ 
men war, bleibt weiterer Verfügung vorbehalten 
(Pf. K.) 
— Ludwigshafen. Die Zahl der Er— 
runkenen beträgt außer den dreißig, welche der 
Rhein bei Oppau verschlang, einundzwanzig, dar— 
unter Bahnwärter mit Frau und sechs Kindern. 
— Die Inspizirung des Straßen⸗, Brücken⸗ und 
Wasserbauwesens in der Pfalz im Jahre 1888 
st . Oberbaurath Heuser übertragen worden. 
Vermischtes. 
pMünchen, 14. Jan. Die Sammlungen für 
die UÜeberschwemmten liefern hier, abgesehen von 
den Sammlungen von Haus zu Haus, forwährend 
einen sehr reichlichen Ertrag; fast kein Abend, an 
velchem nicht Concerte, Baͤlle ꝛc. zum Besten der 
leberschwemmten abgehalten werden. So hat ein 
Blückshafen bei dem gestrigen Balle der Gesellschaft 
„Concordia“ etwa 1700 Mark ergeben, welcher 
KBetrag vollstandig für den schönen Zwed abgeliefert 
werden kann, da alle Gewinnste aus Geschenken 
der Mitglieder der Gesellschaft bestanden. 
Prinz Otto von Bayern hat demkgl. 
Staatsmintsterium des Innern als weitere Unter⸗ 
ützung für die in Bayern von Ueberschwemmungen 
heimgesuchten neuerdings den Betrag von 2000 
Nark zur Verfügung gestellt. 
Verlässigen Nachrichten zufolge ist die Ziehung 
der Ulmer Münsterbau⸗Lotterie, wohl 
aus Mangel an Absaß der Loose, auf 19. Februar 
derschoben. Die Nachfrage nach Würzburgen 
Dombauloosen dagegen ist so stark, daß z. B. 
in Stuttgart bei einer dortigen Haupt⸗Agentur 
jäglich 3-—500 Briefe und Post-Anweisungen 
einlaufen, welche zum größten Theil zurückgewiesen 
werden müssen. 
F Aus Freising, 10. Jan. schreibt man 
dem „Bayer. Kur.“: Beim Kochbräu zechten geftern 
Nachmittags mehrere Burschen und geriethen her⸗ 
ömmlich auch bald darauf in einen heftigen Wort⸗ 
wechsel. Die Krakehler wurden aber bald ins Freie 
gesetzt, bei welcher Gelegenheit der berüchtigte Rauf 
bold P. seinem Gegner — einem sonst friedlicher 
Manne — mit einem Schlageisen einen so mäch 
tigen Hieb auf die Stirne versetzte, daß der Ge— 
troffene gleich einem Stück Vieh, das der Metzge 
zu Boden streckt — betäubt auf das Pflaster fie 
und schwer verletzt in seine Wohnung getragen 
werden mußte. Der Thäter rühmte seine Tha 
noch mit den charakterisirenden Worten: „Mie 
kennt's noch zu wenig, mir darf keiner trauen!“ 
Wegscheid. Gahyerischer Wald.) Kürz 
lich wurde eines Nachts von den Grenzaufseher 
der Station Kohlstatt eine österreichische Schmug— 
lerbande mit einem Triebe Ochsen angehalten. Di 
his an die Zähne bewaffneten Schmuggler setzte 
sich indessen auf Kommando ihres Anführers zu 
Wehre und streckten den Grenzaufseher Greiner 
velcher einen lebensgefährlichen Schuß in die Bru 
rhielt, alsbald nieder. Dem Vernehmen de 
Donauzeitung“ zufolge lieferten die Schmuggle 
»en Grenzaufsehern, die sich in Folge des lang an 
zauernden Geplänkels von den Stationen Breiten 
erg, Kohlstatt, Meßnerschlag und Wegscheid bereit 
auf 13 Mann verstärkt hatten, ein förmliche 
Treffen, ohne daß es letzteren dabei gelungen wäre 
eines Individuums der frechen Bande, die, sovi⸗ 
bemerkt worden ist, einige verwundete Mitgliede 
und auch noch den Trieb der Ochsen in Sicherhei 
hringen konnte, habhaft werden zu können. Dieß 
chon auf nahezu 80 Köpfe angewachsene Ge— 
ellschaft treibt in neuester Zeit das Schwärzerge 
chaͤft mit einer Unverfrorenheit, daß das Grenz 
chutzpersonal seines Lebens nicht mehr sicher ist. 
FSaarbrücken, 13. Jan. Gestern fan 
zieselbst der „Sbr. Ztg.“ zufolge, eine Vorstands 
itzung des, Vereins zur Wahrung der gemeinsame 
wirihschaftlichen Interessen der Saar⸗Industrie“ un 
der Suͤdwestlichen Gruppen des Bereins deutsche 
Eisen⸗ und Stahl⸗Industrieller“ unter dem Vorsiß 
von Herrn Reichsrath G.Krämer (St. Ingberh 
statt. Die Vorstände nahmen die Wahl zu der 
Bezirkseisenbahnrath vor und wählten: seitens de 
wirthschaftlichen Vereins als wirkliches Mitglie 
Herrn E. Wagner in St. Johann, als stellvertre 
sendes Herrn R. Boch in Mettlach; seitens de 
Eisenvereins als wirkliches Mitglied Herrn Geh— 
Zommerzienrath, C. Stumm, als stellvertretende 
Herrn H. R. Seebohm in Burbach. 
Das 4. bayer. Infanterie⸗Regiment in Me 
hat nach einer Mittheilung des „Fr. T.“ 300 
Mark für die Ueberschwemmten gespendet. D 
Soldaten gaben 10 Pf., Gefreite 15, Unteroffizie 
20, Sergeanten 30 Pf., Feldwebel 1 Mk. un 
das an obiger Summe Fehlende legten die Herr 
Offiziere zu. 
Frankfurt, a. M. 14. Jan. Geste 
Abend ist der Berlin⸗-Frankfurter Schnellzug no 
Aussage von Eisenbahnbeamten bei Bebra entglei 
Die Sache lief ohne Unfall ab. 
(Goethes Verwandtischaft.) Goen 
erwähnt in „Dichtung und Wahrheit“, daß 
Verwandte däterlicherseits in der wetterauisch 
Reichsstadt Friedberg gehabt habe. Genaueres üd 
dieselben finden wir aber weder bei ihm, noch 
seinen Biographen. Erst der Gymnasiallehr 
Schäfer in Friedberg hat Forschungen darüber o 
gestellt und deren Resultate in der Darmstäd 
Zeitung veröffentlicht. Nach diesen Untersuchung 
welche biz Allstedt (Sachsen⸗Weimar) und Arte 
Grafschaft Mansfeld) führten, ergab fich, daß! 
GBroßvater des Dichters und der Stammvater 
Friedberger Familie Goethe Brüder waren. 
gemeinsamer Vater war der Hufschmid Hans Ct 
stian Goethe zu Artern, F 1684. Sein Sol 
der Schreiner Johann Christian Goethe zu Fri 
berg, hatte eine Tochter geb. 1731, welche v 
Frau Cornelia Goeihe zu Frankfurt, der Gre 
mutter des Dichters, aus der Taufe gehoben wur 
und deren Namen führte. Die Familie Got 
ist in Friedberg erloschen und das Haus zum 
der, welches ihr von 17380 —70 gehörte, ist 10 
abgebrochen worden. 
GDerrichtige Berliner) — jene fleis 
Sammlung von Berliner Redensarten, die im* 
lage von H S. Hermann erscheint — hat aberm 
eine neue (die vierte) Auflage erlebt. Unter 
neueren, interessanten geflügelten Berolinismen fin 
wir , Ritzenschieber“ für, Gleisereiniger bei der Pfel 
bahn.“ Ein Schüler sagt zu einem andern: „ 
Dir zeig' ick an“ Die Antwort ist: „Na, 
man nicht vorbei!“ Für „eenen drinken“ heiß 
auch „eenen uf'n Diensteid nehmen.“ Weil