Full text: St. Ingberter Anzeiger

dienstboten am dritten Feiertage freien Tag zu 
saben und dann zum Tanz zu gehen pflegen, heißt 
ne nicht sehr noble Tanzgesellschaft „Drittes Feier⸗ 
ags· Publicum.“ „Was is schneller wie'n Ge— 
anke?“ Antwort: „'n berliner Droschkenpferd; wenn 
san denkt et fällt, denn liegt et schon.“ „Sein 
Ze milde,“ deutet an: „Sie übertreiben. „Eenen 
nit de Rase uf die Dischecke traktiren“ heißt: „Je⸗ 
Jandem nichts vorsetzen,“ und die Frage; „Haben 
Dir denn wat vorgesetzt?“ wird beantwortet: 
Die sind froh, dat se alleene nischt haben.“ Haare 
part. Bouletten apart“ sagt man, wenn man ein 
daar im Essen findet. Mit „Kellneer, 'n andern 
dast, giebt man einem mißliebigen Tischnachbar in 
er Kneipe sein Unbehagen zu verstehen. Vocabeln 
die „Thranconditor“ für Materialwaarenhändler“ 
ind „Wadenoper“ für „Oper mit Ballet“ können 
zewiß nur in Berlin entstehen. Für „Er heirathet 
ne Waise“ ist die Redensart aufgekommen: „Er 
zenießt seine Schwiegereltern kalt.“ „Ick habe 
los eenen Jungen“ wird auch ausgedrückt 
ucch: „Ick habe blos den eenen Jungen zu ver⸗ 
ehren.“ Schon früher sagte man: „Er is'n 
isken schüchtern uf de Oogen“ für „Er schielt.“ 
danach ist gebildet: „Er is schüchtern uf de Casus“, 
aß heißt er „kann“ mir und „mich“ nicht unter⸗ 
heiden. Zur Empfehlung eines Magenliqueurs 
aigt man: „Er hiztt, kühlt, führt ab, stoppt ooch, 
imumt den Schwindel, stärkt's Jedächtniß un jiebt 
nverlorenen Verstand wieder.“ Zur Definition 
on „Stiesel“: Präsident: „Angeklagter, Sie sollen 
um Zeugen „Stieseler“ gesagt haben.“ — Ange⸗ 
lagter: „Nischt vor unjut, Herr Jerichtshof, aber 
rschtens heeßt et „Stiesel“ det is nämlich 'n 
Naun, der immer so thut, als wenn er wat dächte, 
ind am Ende en janz jewöhnlicher Ochse is, aber 
weetens habe ick del Wort jar nich jeien ibm 
ebraucht. 
Windsor, 183. Jan. Die Heczogin von 
Lonaught (driite Tochter Sr. kgl. Hoheit des Prin⸗ 
en Friedrich Karl von Preußen) ist heute Mittag 
jon einem Sohn entbunden worden. 
4 Welche Namen sind in der preußischen 
Rang⸗ und Quartierliste am häufigsten vertreten 7 
Fine Zählung in dem Namensverzeichniß ergiebt 
Jas folgende, vielleicht nicht ganz uninteressante 
tesultat: Es führen Offiziere den Namen: Müller 
14, Schmidt, bezw. Schmid oder Schmitt 208, 
zchultz, bezw. Schultze, Schulz oder Schulze 174, 
Neyer 104, Hoffmann, bezw. Hofmann 99, 
zischer 75, Wolff 62, Schneider 62, Becker 57, 
deumann 48, Richter 47, Lehmannn 46, Krüger 
6, Krause 45, Koch 48 und Bock 89. Von den 
ilten Adelsfamilien ist in dem Offiziersstande am 
järksten vertreten das Geschlecht derer von Arnim 
15; es folgen v. Bülow 41, v. Kleist 84, v. We⸗ 
ell 33, v. Winterfeld 29, v. Oertzen 28, v. 
zchwerin 27, von der Groeben 26, v. d. Schulen⸗ 
urg 26, v. Sydow 25, von der Osten 24, v. 
gßonin 23, v. d. Goltz 23, v. Maltzahn 21, von 
Alvensleben 19 und v. Alten 17. 
(Eine Moden-Revolution.) Wie die 
Voltaire“ meldet, ist in Paris seit Beginn der 
Zaison eine wichtige Neuerung eingetreten. Nach 
ieser gilt es fir mauvais genre, wenn Herren 
der Tamen im Theater mit Handschuhen erscheinen; 
elbst bei Bällen und Soireen lassen die eleganten 
hariser und Pariserinnen die Handschuhe im Vor⸗ 
immer. Die Damen sind zur Erkenntniß gelangt, 
daß es unlogisch ist, Arme und Schultern zu zeigen 
ind die Händchen in eine lederne Umhüllung zu 
tecken. Die Herren haben doppelten Gewinn durch 
die neue Mode. Sie ersparen es, ein unbequemes 
dleidungsstück zu tragen, und können ohne jegliches 
dinderniß die Hand der schönen Tänzerin drücken. 
Die in Brüssel ansässigen Deutschen haben 
ür die Ueberschwemmten am Rhein 20.000 Fres. 
gewährt. 
Grauenrechte in England.) Mit 
seujahr tritt in England die in verflossener Par⸗ 
amentssession genehmigte . Married Women's Pro- 
erty Act? in Kraft, wonach allen Frauen, welche 
ich nach jenem Datum verheirathen, die unbeschränkte 
Berfügung über ihr eingebrachtes oder spater er— 
vorbenes oder ihnen zufallendes bewegliches oder 
inbewegliches Vermögen, sowie über alles während 
hres Ehestandes durch ihr Talent oder ihre Ärbeit 
Erworbene, sei es Geld oder Geldeswerth, zusteht, 
aic der 8 Zukunft das Vermögen oder 
um seiner Frau ohne deren Bewilli 
nicht mehr anrübren — willigung 
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F Bon dem Reichthum in Englandkann man 
ich eine Vorstellung machen, wenn bedacht wird, 
daß im letzten Jahre zum Beispiel vierzehn Personen 
tarben, welche an beweglichem ermögen allein je 
300,000 Pfd. Sterl. (6 Millionen Mark) hinter— 
ießen. Das Oberhaus besteht ans 516 Lords. 
diese besitzen zusammen über 14 Millionen Acker 
rand mit einem Einkommen von 15 Millionen 
ßfd., also per Mann über 29,000 Pfd. (580,000 
Mark) ohne ihr bewegliches Vermögen. Das Ein⸗ 
'ommen der englischen Hochkirche beträgt über 4*45 
Hislionen Pfd. (90 Millionen Mark) jährlich, an 
200 Mitglieder des Unterhauses besitzen über zwei 
Millionen Acker Landes mit einem Einkommen von 
aahezu zwei Millionen Pfd. Sterl. 
FPetersburg, 15. Jan. In Berdetschew 
zrannte in der Nacht zum Sonntag ein Circus 
nieder. Dreihundert Menschen sind umgekommen. 
Berditschew, im Gouvernement Kiew, ist eine Stadt 
don etwä 60,000 Einwohnern und einer der be— 
eutendsten Getreideplätze Rußlands. Es finden 
ort alljährlich vier große Märkte, für Getreide, 
deder, Vieh, Wein und Honig statt.) 
GDas Geheimniß der eisernen Maske.) Die 
n Bordeaux erscheinende Gironde öffnet der 
iterarischen Sensationsnachricht ihre Spalten, daß 
zas bis jetzt ungelöste Räthsel des Mannes miit 
der eisernen Maske nun endlich seine Aufklärung 
inden werde. Ganz neuerdings zugänglich ge— 
vordenes aktenmäßiges Material hat die Forschung 
iunmehr auf den richtigen Weg geleitet und man 
ört verfichern, daß das Problem der eisernen Maske 
n seinem authentischen Zusammenhange noch außer⸗ 
ewöhnlicher sei, als bisher angenommen wurde 
die das vielbehandelte Thema erörternde Studie 
vird dieser Tage im Verlage eines Herausgebers 
n Bordeaux vor die Oeffentlichkeit treten. 
pNew⸗Yort, 185. Jan. Der englische 
dampfer „Egypt“, von Charlestown nach Bremen 
restinunt, scheiterte an der virginischen Küste. 
4— Ein fürstliches Geschenk hat der amerikanischt 
zisenbahnkönig Hil gard, genannt Henry Villard, 
Zräsident der Nord⸗Pacifichahn, dem Staate Oregon 
jemacht. Vor einiger Zeit gab Herr Villard seine 
Absicht zu erkenner, daß, wenn die Universität von 
Dregon einer jährlichen Beihilfe von 5000 Dollars 
us Staatsmitteln sicher wäre, man ihn zu einem 
Akte der Freigebigkeit bereit finden würde, und da 
ene Vorbedingung jetzt erfüllt worden ist, so hat 
r aus seiner Privat⸗Schatulle genannter Univer⸗ 
ität die Summe von 50,000 Dollars überweisen 
assen, wöfür ihm die Legislatur in feierlicher Weise 
)en Dank des Volkes ausgesprochen hat, Hilgard 
st das lebende Beispiel für die Machtstellung, zu 
er sich das deutsche Element in den Vereinigten 
Staaten emporgeschwungen hat; denn er hat es 
urch Fleiß, Ausdauer und Treue und jene Eigen⸗ 
haften, welche von jeher die deutsche Nation aus- 
jezeichnet haben, vom einfachen Journalisten bis 
um vielfachen Millionär gebracht, und wenn er 
eine Gelegenheit vorübergehen lätt, um für natio⸗ 
jalen Ackerbau nach echt deutscher Weise, rationelle 
Forstwissenschaft, wie sie bei uns betrieben wird, 
ind Hebung des Volksunterrichts Propaganda zu 
nachen, so wollen wir uns diese Gelegenheit eben⸗ 
alls nicht entgehen lassen, unserer Freude über die 
xẽrfolge und Noblesse unseres Landmannes Ausdruck 
u geben. 
4 Ein fürchterliches Dramu spielte sich in einem 
zachthofe unweit Little Ridean in Ontario 
Nord-Amerika) ab. Frederick Mann, welcher jüngst 
us England angekommen und daselbst Beschäftigung 
erhielt, wurde plötzlich irrsinnig. Er griff Emma 
Toot, die älteste Tochter des Farmers, an und 
vürgte sie mit einem Stricke. Dann ergriss er die 
Punter, welche ihrer Tochter zu Hilfe geeilt war, 
ind erdrosselie auch diese. Zunägchst begab er sich 
nach der Scheune,. griff den Vater mit einer Axt 
in und hieb dessen Kopf buchstäblich in Stücke. 
Nach oben gehend, griff er den Sohn des Farmers, 
heorge, der im Bette lag, an, und tödtete ihn mit 
»er Äxt. Dann fiel er über den Sohn Willis her 
ind fuügte demselben eine gefährliche Wunde zu. 
Willis rang mit dem Irrsinnigen und das Geräusch 
zlarmirte zwei Schwestern, welche ihrem Bruder 
ur Hilfe eilten. Eine derselben bemächtigte sich 
er AÄxt. aber Mann schlug das andere Mädchen 
nit der Lampe nieder. Mann eilte jetzt nach unten, 
rgriff ein Schüreisen und drang mit demselben 
nuf die Mädchen ein; denselben gelang es indeß, 
ie Thür hinter ihm zu schließen und dann riefen 
e außerhalb des Hauses laut um Beistand. Mann 
ergriff darauf die Flucht, nachdem er vier Personen 
gelödtet und zwei verwundet haite. 
F (GGefahr durch Elektricität) Bei 
dem immensen Aufschwunge, den die elektrische Be— 
leuchtungsindustrie gegenwärtig nimmt und der sich 
durch die unleugbaren Vorzüge der neuen Lichtquelle 
zur Genüge erklärt, mag auch der Hinweis auf die 
mit dem neuen System verbundenen Gefahren Be— 
achtung verdienen. In den Vereinigten Staaten, 
wo die unermüdliche Energie des Erfindungsgenies 
Edison der neuen Leuchtkraft den ergiebigsten Spiel⸗ 
raum geschaffen, hat die Statistik eine Zusammen⸗ 
tellung der Unfälle veranlaßt, welche soeben im 
Zcientific American erschienen dist. Die Aufnahme 
erstreckt sich über 61 industrielle Etablissements und 
jat constatirt, daß in 22 () derselben Feuersgefahr 
'n Folge des zur Beleuchtung verwandten elektrischen 
Stromes eingetreten ist. Acht Brände allein wurden 
zurch geschmolzene Partikelchen des metallenen Lei⸗ 
tungsdrahtes resp. herabfallende glühende Kohlen— 
tücke herbeigeführt. Man ersieht daß die Sicher— 
deitstechnik sich um die Gefahrlosmachung des elek⸗ 
trischen Lichtes noch große Verdienste erwerben muß. 
F Naiv. Zu einem amerikanischen Friedens- 
richter kommt ein Mädchen und fragt, was eine 
Verheirathung koste. Die Antwort lautet: „2 
Dollar.“ „Gut, so werde ich morgen um diese 
zeit wieder kommen, daß Sie mich verheirathen. 
dalten Sie alles bereit!“ Am andern Tag kommt 
)as Mädchen wieder und fragt, ob jetzt die Ver⸗ 
jeirathung stattfinden könne. „Gewiß!“ erwidert 
der Friedensrichter, „aber wo haben Sie denn den 
Bräutigam?“ „Ei!“ ist die Antwort, „ich glaubte 
um zwei Dollar stellen Sie auch den Bräutigam!“ 
F Er will der Einzige sein. John Smith, 
ein reicher und excentrischer Kalifornier, hat an 
iebzehn im Staate Kalifornien lebende Personen 
desselben Namens je 300 Dollars bezahlt, damit 
ie ihre Namen ändern. Wenn das bei uns einem 
Meyer oder Cohn einfiele! w 
FWunderliche Dinge scheinen sich die Mächte 
don der bevorstehenden Krönungsfeier Sr. kaffee⸗ 
»raunen Majestät von Honolulu zu versprechen. 
Ein Telegramm aus San Francisco meldet, daß 
zie ersten Seemächte Europas Kriegsschiffe nach 
donolulu senden, welche die Aufgabe haben, Zeugen 
der Krönung Kalakau's zu sein und im Falle von 
Ruhestoörungen ihren resp. Staatsangehörigen Schutz 
angedeihen zu lassen. Die Vereinigten Staaten 
jenden drei Schiffe. Offenbar meinen die Mächte, 
die Herren Kanaken werden in ihrem Freudentau⸗ 
nel über die neue Reichsherrlichkeit nach alter Sitte 
einmal wieder Schweine- und Menschenfleisch nicht 
recht zu unterscheiden vermögen. 
7 Die nächste totale Sonnenfinsterniß, die am 
. Mai d. J. stattfindet, wird von ungewöhnlicher 
Dauer sein, sechs Minuten. Nun berührt aber die 
Linie der totalen Verfinsterung fast gar nicht Land, 
aur eine kleine Insel der Karolineninsel im Stillen 
Ocean liegt in der Zone der totalen Verfinsterung 
velche sich sonst über dem Stillen Ocean hinzieht. 
Jene kleine Insel ist daher das Ziel mehrerer wissen⸗ 
cchaftlichen Erpeditionen. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Speyer Peter Striebinger, 
Bäckermeister; in Duttweiler die Gattin von Joh. 
Jelacie, Barbara geb. Seeber, 29 J. a.; in 
Kaiserslautern Frau Karoline Carra, geb. Zinn; 
ebendaselbst Ftanz Scheer, 51 J. a. in Erfen⸗ 
hach Johann Karlé, Wirth, 53 J a. in Rhein⸗ 
zönnheim Konrad Müller, 65 J. a.; in Zwei⸗ 
drücken Johann Weiß, Dirigent der Musikgesell- 
schaft „Concordia“, 29 J. a.; in Nünschweiler 
Georg Hofmann; in Wachenheim der Gutsbe⸗ 
sißer Friedr. Th. Foltz. 
AInr die Redaltion verantwortlich Fsf. X. Deme ß. 
Nr. 15 des praktischen Wochenblattes für 
alle Hausfrauen „Fürs Haus““ (Preis vieriel⸗ 
jährlich 1 Marh) enthält: 
Unter Larven die einzige fühlende Brust! 
— Mädchenerziehung in Süddeutschland. — 
Unsere Dienstboten. — Flaschenklinder. — 
Das Vorlesen. — Mode und Tracht. — Das 
Spielen der Kinder. — Heizung. — In—⸗ 
disches Thier⸗Hospital. — Drei Hausmittel. 
— Die amerikanische Hausfrau. — Dos Rind⸗ 
chlachten. — Ueber die Aufbewahrung einiger 
sahrungsmittel. — Für die Küche. — Sil— 
zenräthsel. — Fernsprecher. — Inserate. — 
Zrobenummer gratis in jeder Buchhandlung.