Azeiger.
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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
Her St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 M 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 , einschließlich
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I3 , bei Neclamen 30 3. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet.
Z
M 1IID2.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Muͤnchen, 10. Juni. Se. Maj. der König
jaben Se. kgl Hoh. den Herzog Karl Theodor
um Generallieutenant zu befördern geruht.
Berlin, 10. Juni. Nach einer Depesche des
3. Tabl. hätte gesterm im Vatican eine mehr—
jündige Sitzung der Cardinalscongrega—
ion für auswärtige Angelegenheiten stattgefunden,
n welcher der neue preußische kirchen politische
hesetzent wurf zur Berathung gestanden habe
Fin Beschluß über die Stellungnahme zu der Vor
jage sei jedoch nicht gefaßt. Indessen verlaute mit
gestimmtheit, daß der Gesetzentwurf im Vatican
eine feindselige Aufnahme gefunden hade.
Berlin, 11. Juni. Herr von Bennigsen
Jat soeben sein Mandat zum Abgeordnetenhause
niedergelegt; es heißt, er stimme mit seiner Fraktion
zezüglich der kirchenpolitischen Vorlage nicht überein
die Angelegenheit macht großes Aufsehen.
Berlin, 11. Juni. Herr von Bennigsen
jzat auch sein Reichstagsmandat niedergelegt und
war ohne Angabe von Gründen.
Die sozialpolitische Kommission des Reichs⸗
ags hat angesichts der parlamentarischen Geschäfts⸗
age beschlossen in die zweite Berathung des Unfall⸗
hdersicherungsgesetzes nicht einzutreten, sondern in
iner Resolution Stellung zu den Prinzipienfragen
er Vorlage zu nehmen.
Von der Direktion der Main-Neckarbahn ist der
handelskammer mitgetheilt worden, daß auf der
eutsch⸗italienischen Conferenz zu Lugano
m 2. April die Anträge der Handelskammer Frank⸗
urt verhandelt und Aufnahme der Station Frank⸗
urt a. M. in die Aufnahmetarife für Kohlen,
Spiritus und Sprit, sowie Wein aus Italien be—
chlossen wurde. Die künftige Gleichbehandlung des
Frankfurter Platzes bezüglich der Maincanalisation
nit den Rheinhaͤfen Mainz und Mannheim wurde
uuf der Conferenz schon jetzt anerkannt und es soll
ierauf bei der bevorstehenden Umarbeitung der
hotthardtarife auf billigeren Grundlagen Bedach—
zenommen werden. Für die weiteren Ermäßigungen
ür Oelsaaten, Sumach (Ausnahmetarif 14) Leder,
egetabilische Oele und Schmieröle sollen nähert
rhebungen angestellt werden.
Ausland.
Madrider Informationen zufolge wäre die
keise des Königs Alphons nach Deutschland
xhufs Theilnahme an den preußischen Herbsimand
ern im Prinzip beschlossene Sache.
Moskau, 11. Juni. Vor seiner Abreise ver⸗
mmelte der Kaiser die gesammte Krönungs
ommission im Petrowsky'schen Palais und dankt⸗
ttselben in huldvollster Weise für die vortrefflichen,
ut reichem Erfolge gekrönten Anordnungen. Der
ute und ungestörte Verlauf der Kroͤnungsfestlichkeit
bor Allem der Commission zu danken. Jedes
Vitglied derselben erhielt die Erlaubniß, als dauern⸗
ð außere Andenken die Chiffre des kaiserlichen
uensuges. welche bisher das Abzeichen der Com⸗
ission bildete, auch ferner zu trogen
Lokale und pfl⸗ische Nachrichten.
St. Ingbert, 12. Juni. In der gest⸗
gen Stadtrathssitzung konnte die Tagesordnung
t vollsändig edit werden und fihen daue
t wir hören heute wiederholt eine Sihung stati.
Dienstag, 12. Juni 1883.
18. Jahrg.
J St. Ingbert, 12. Juni (Eingesandt.)
In einer am letzten Sonntag stattgehabten Sitzung
beschäftigte sich das Presbyterium u. A. auch mi
der Gesangbuchsfrage. Nachdem sich dasselbe
nit großer Majorität gegen das bis jetzt in der
hiesigen protestant:schen Gemeinde eingeführte sogen.
neue Gesangbuch und für das sonst in der Pfalz
illgemein im Gebrauche stehende alte Gesangbuch
nusgesprochen hatte, faßte es den einstimmigen Be—
chluß, vorläufig von einer Anderung abzusehen
Bestimmend für diesen Beschluß war die Mittheil⸗
ung, daß in nicht allzuferner Zeit die Einführung
eines völlig neuen Gesangbuches für die protestant
dirche der Pfalz bevorstehe.
—2. Niederwürzbach, 11. Juni. Die in
diesem Blatte angekündigte Generalversamm—
bung der kirchlichen Cacilien-Vereine des
Bliesgaues fand gestern dahier bei ungewöhnlich
darker Betheiligung statt. Sämmtliche Vereine,
mit Ausnahme von Bliesmengen, hatten sich einge—
funden. Der kirchlichen Produktion der Vereine
ging eine längere Ansprache seitens des Hrn. Pf.
Rütter von Erfweiler über Zweck und Schönheit
des Choralgesanges voraus. Die einzelnen Chöre,
die mitunter recht schwierige Gesänge zum Vortrage
brachten, sangen recht wacker und zeigten von guter
Schulung und Eifer für die Sache. Dabei ist die
prächtige Kirche akustisch gebaut und ermöglicht da—
durch einen präcisen Vortrag. Nach Schluß der
Produktionen versammelten sich Geistliche und Lehrer,
um über Vereinsangelegenheiten zu berathen und
zu beschließen. Als nächster Rersammlungsorf
wurde Rubenheim bestimmt, und wird die
herbstversammlung dorten Ende August abgehalten
werden. — In der Nähe der Kirche war ein
zrößerer Platz für die Vereine reserviert. Es war
hier reichlich Gelegenheit geboten, auch des Leibes
Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Weltliche Ge—
änge kürzten die Stunden und erzeugten eine
heitere Stimmung. Es sei nicht unerwähnt, daß
die Gemeinde zahlreich geflaggt hatte.
00 Aus dem Bliesthale. In dem nahen
Ballweiler herrscht schon geraume Zeit eine
zewisse Aufregung. Dort war schon einigemale der
Antersuchungsrichter, um zahlreiche Zeugen zu der⸗
nehmen wegen eines Verganges an der letzten
dZirchweihe. Es sollen naͤmlich daselbst in der
Wirthschaft des Adjunkten so grave Gottes
ästerungen zum Ausdrucke gekommen sein,
»aß sich die Feder sträubt, sie wiederzugeben. Ich
zlaube nicht, daß in der Pfalz, weder in latholischen
noch in protestantischen Gemeinden, Aehnliches vor
ommen dürfte. — Nachdem früher schon Meineide
in dieser Gemeinde eine große Rolle spielten, ist
man auf den Ausgang gespannt. Sollte sich die
Botteslästerung bewahrheilen, dann wäre exemplar⸗
sche Strafe eine Sühne für das einer ganzen
Umgegend gegebene Aergerniß. Bis jetzt stehen die
Aussagen einer Person aus Alschbach, die in frag⸗
licher Wirthschaft die Stelle einer Kellnerin versah,
und die Aussagen der Zeugen von Ballweiler
einander gegenüber.
— Kaiserslautern, 8. Juni. Der kgl.
Bezirksfeldwebel Herr Anton Wimböck dahier
wurde für 40jährige treu geleistete Dienste von
höchster Stelle mit dem Dienstauszeichnungskreuze
J. Klasse dekorirt.
— Kaiserslautern, 10. Juni. Herr
Dr. Georg Rednagel, Professor und Rektor an der
hiesigen k. Industrieschule, hat eine der 40 goldenen
Medaillen, welche die Kaiserin als Protektorin der
Hygiene-Ausstellung in Berlin für hervorragende
Leistungen in dieser Richtung gestiftet, in der Rang⸗
nummer die Il., von der beir. Jury zuerkannt er—
halten. (Gesammtausstellung, umfassend Differen⸗
zial-Manometer, Taschen-Anemometer, Thermotele⸗
graph, Hydrotelegraph, Lactodensimeter ꝛc ꝛc.)
(Frkth. Tgbl.)
— Die von den Kammern beschlossene Auf—
hebung des Realgymnasiums in Speyer
mit Ende des Schuljahres 188283 hat die König—
liche Genehmigung erhalten.
— Die Direktion der Pfälzischen Bahnen giebt
Folgendes bekannt: Laut Mittheilung des Bahn⸗
arztes der kgl. bayerischen Staatsbahn in Kissien—
gen können dortselbst Beamten und Bediensteten
bei'm Gebrauch der Bäder Preisermäßig-
ungen für Bäder, Wohnung, Verköstigeng und
ärztliche Behandlung zugewendet werden. Nähere
Auskunft hierüber kann bei den Herrn Betriebscon⸗
troleuren, Maschinenmeistern und Bezirksingenieuren
erholt werden.
Vermischtes.
4 München. Das Denkmal der Germania
für den Niederwald wird am 14. ds. transportirt
und vorher noch vier Tage hier ausgestellt sein.
Die Germania steht mit stolzem, hochaufgerichtetem
Haupte und langflatternden Haaren, in der empor—⸗
gehaltenen Rechten die Kaiserkcone, die Linke gestützt
auf ein lorbeerumwundenes Schwert, dessen Länge
allein beinahe acht Meter beträgt. Der Kaisermantel
ist mit Edelsteinen und Reichsadlern geschmückt. Die
sonstige Gewandung ist geziert mit Baären, Hirschen
und Tauben. Hinter ihr steht der Throusessel von
wei kolossalen Adlern gestützt. Die Wirkung des
Jerrlichen Kunstwerkes ist großartig und die hiesige
königliche Erzgießerei verdient die vollste Anerkennung.
fF Die Herreninsel auf dem Chiemsee
ist bekanntlich seit einigen Jahren in das Eigenthum
des Königs von Bayern übergegangen, und dieser
äßt dort einen Bau aufführen, der alle Pracht und
Herrlichkeit der schönsten Königsschlösser überbieten
josll. In das sechste Jahr wird daran gearbeitet.
Nun das Hauptgebäude fix und fertig ist, werden
wiedec Erdbewegungen zu Anexbauten gemacht und
die Fundamente dazu gelegt, für die unablässig
Dampfer⸗ Remorqueurs das Material herbeischleppen.
Wann der ganze Bau vollendet sein wird — trotz⸗
»em vom Fruhjahr bis in den Spätherbst hinein
unausgesetzt fünfhundert Arbeitskräfte in Thätigkeit
sind — das wissen die Götter; die jetzige Genera⸗
tion wird kaum das Ende erleben. Während aber
neben dem fertigen Bau draußen Neubauten aus
dem Grunde gehoben werden, sind der große Fest⸗
saal, der um dreißig Fuß länger als der von Ver⸗
sailles ist, sowie andere Säle und Prunkgemächer
bis auf das letzte Stück vollkommen ausgestattet.
Die Befürchtung liegt nahe, daß bis zum vollen
Abschluß des Baues im Lause der Jahre Vergol⸗
dungen, Draperieen und Möbel-Ueberzüge viel
Schaden erleiden werden. Was das Kunsthand⸗
werk in seinen virtuosesten Meislerstücken zu leisten ver⸗
mag, ist hier bis zum Thürdrücker und Fensterver⸗
schluß vorhanden. Die Kunst selber kommt, wie
man hoͤrt, nur zum tributären Ausdruck. Die Wand⸗
und Deckengemälde halten zwar keinen Vergleich mit
denen das Dogenpalastes in Venedig aus, dagegen
ind Holzschnitzereien reichlich und in meisterhafter
Durchführung dvorhanden, werden aber durch zu
nassige Vergoldung erdrückt. Der Marmor, der
ür Säulen, zu Kaminverkleidungen und Thürftöcken