Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 114. 
der Schluß der Reichstagssession. 
Eine überaus lange, die längste je 
ist zu Ende 3 — 
Ipril1 2eröffnet, hat sie 1323 Monate gewährt 
—5— mit verschiedenen längeren nterbrehungen 
hon b Imn bis Ende November, dann wieder 
7 3 un bis Anfang April fanden, von 
n 38 erbrechungen abgesehen, förmliche 
—583 welche aus Rücksichten auf das 
—— en des Krankenkassengesetzes und der 
ewer e angeordnet wurden. In 
7 eiden Gesehen sind denn auch die wichtigsten 
5 5 des Reichstages während der 
— enthalten. Die Legislaturpetiode 
— ni eichen der sozialpolitischen Reform 
7 d ee ist 83 daß auf diesem 
au rankenversicherungsgesetz endlich 
nn g tischer Anfang gemacht worden ist, 
—I * so überwältigenden Mehrheit, 
J sn zerfahrenen Reichstag mit dem 
anm nden und zufälligen Uebergewicht bald 
beralen, bald der konservativ-klerikalen Seite 
jar 9 zu erwarten war. 
er andere sozialpolitische Gesetzentwurf, mit 
ee fast die ganze an hin⸗ 
is e, die Unfallversicherungsvorlage, ist 
ene ⸗ tinem positiven Ergebniß noch nicht 
e ee sich, daß man bezüglich der 
fragen noch weit von der Ver—⸗ 
din en ist. Indessen, bei dem ernsten 
—33— Mehrheit des Reichstages, die 
eue eform kräftig zu fördern, wird man 
ee 353 brauchen, daß auch hierüber 
Dideraun ahme der parlamentarischen Arbeiten 
—As& gelingt. Die andere große 
ane Vi ie Revision der Gewerbeordnung, 
din timmen aller Liberalen zu stande 
—ã— einer Reihe kleinlicher und lästiger 
n zge diot das richtige Mittel erkennen 
— Weh eiden unseres Gewerbestandes zu 
e *838— nur, daß nachdem die reaktio⸗ 
83 eine Reihe ihrer Lieblingswünsche 
— 7 fortan unserer Gewerbeordnung 
st, daß A —578 n 88 
secn zu stande gekommen. methhenas der u 
3 gne Abandenns des Zuckersteuergesetzes, 
ho — inleitung zu einer gründlichen 
i— eg esteuerung, ist unter den hervor⸗ 
en eh itiven Leistungen zu verzeichnen, 
8* dbeet zur Abwehr der Reblauskrankheit 
e J e mit Frankreich. Unter 
rn n— scheidungen der verflossenen Reichs⸗ 
nen eh in erster Reihe die Ablehnung des 
eze mit einer Mehrheit, die zu einem 
utnmen auf dieses Projekt nicht ermuthigen 
e Vhn ie udehe weiterer Verschärfungen 
5 5 — namentlich die Zurück⸗ 
— ollzoslvorlage. Auch über die Pen—⸗ 
—S eliktengesetze kam es nicht zu einer 
—* — d Von den zahlceichen Antegungen 
—* e des Hauses, die zu einem positiven 
—* 8 nicht geführt, sondern nur gesetzge⸗ 
un be erial für eine spũtere Wiederaufnahme 
—* eee u an —— 
7?n e egen Entschadi 
g —V3 nns sdidigang achat 
* z eigenartiger Vorgang war die Fesi 
— Etats in einer einzigen dn 
orschlag, zwei Etats gleichzeitig für das 
Samstag, 16. Juni 1883. 
nächste und übernächste Etatsjahr zu erledigen, wurde 
aus konstitutionellen Gründen abgelehnt. Nachdem 
aber einmal das neue Etatsjahr begonnen, und eine 
kaiserliche Botschaft in der vorzeitigen Etatsfeststellung 
das beste Mittel zur Förderung der socialpolitischen 
Aufgaben zu erkennen geglaubt hatte, lag ein for 
neller Rechtsgrund zur Ablehnung der Elatsberath⸗ 
ing nicht mehr vor, und praktische Zweckmäßigkeits 
rücksichten glaubte man für diesmal zurüdtreten 
assen zu müssen. Durch diesen außergewöhnlichen 
Vorgang liegt für die Regierung ein Zwang, den 
Reichstag nochmals zu berufen, für diese ganze 
Legislaturperidde nicht mehr vor. Sie wird es 
rreilich doch thun; denn wenn ihr nicht schon die 
veitere Förderung der sozialpolitischen Aufgaben am 
Herzen läge, so wird sie der demnächstige Ablauf 
des Sozialistengesetzes voraussichtlich veranlassen, auf's 
neue sich an den Reichsstag zu wenden. So isi 
denn diese lange Session zu Ende gegangen; all— 
zu fruchtbar war sie nicht und reich an erfreulichen 
Ereignissen noch weniger. Bezeichnend für die Si— 
tuation war, daß sie fast andauernd unter der Droh⸗ 
ung der Reichstagsauflösung arbeitete. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 13. Juni. In der heutigen Sitzung 
der Kirchenkommission erklärte der Cultus— 
ninister auf eine Anfrage Windthorsis: Es sei nicht 
ausgeschlossen, daß die Regierung nach Annahme 
)es Gesetzes zu einer geeigneten Zeit weitere Schritte 
auf dem Gebiete der Revision thue. 
Die „Provinzial⸗Korrespondenz“, die Kirchen⸗ 
vorlage 'besprechend, sagt: Es mußte überraschen, 
daß der Führer des Zentrums, der erst im Aprib 
die Freigebung des Messelesens und Sakramente— 
pendens durch den Weg der Staatsgesetzgebung be⸗ 
antragt hatte, jetzt Bedenken gegen diesen Weg er— 
hjoben hat, und scheine es nach der jetzigen Ansicht 
»es Zentrums, daß jeder befreiende Schritt des 
Staates nur im Einverständnisse mit der Kurie er⸗ 
olgen solle. Der Ueberzeugung, daß mit der Ab⸗ 
jilfe der kirchlichen Nothstände nicht länger zu zögern 
sei, habe v. Bennigsen seine hervorragende Thätig⸗ 
eit zum Opfer bringen zu mussen geglaubt, nach— 
»em er mit seinen Anschauungen im Kreise seiner 
‚olitischen Freunde allein geblieben war. Der ein⸗ 
sichtige, erfahrene Politiker habe die Forderungen 
der gegenwärtigen Lage so gut erkannt, daß ihm 
die Genugthuung, welche in der verspäteten Aner⸗ 
kennung eines richtigen Urtheils liege, nicht fehlen 
werde. 
Berlin, 14. Juni. Der Kaiser reist am 
15. d. M., (heute) Abends 1024 Uhr. via Magde—⸗ 
»urg⸗ Börssum⸗Kreiensen⸗Göttingen und Gießen nach 
Wiesbaden, woselbst derselbe am anderen Morgen 
um 10 Uhr eintrifft, bis Nachm. 2 Uhr daselbst 
bleibt und alsdann nach Ems weiterreist, wo die 
Ankunft Nachmittags 4/3 Uhr erfolgt. In der 
Begleitung des Kaisers befinden sich u. a.: Hof 
narschall v. Perponcher, Graf Lehndorf, General⸗ 
tabsarzt Dr. v. Lauer, die Flügeladjutanten 
Brösigke und Plessen, Generalarzt Leuthold, Hof⸗ 
ath Bork. die Geh. Cabineisräthe v. Wilmowski 
und v. Albedyll und der wirkl. Geh. Legationsrath 
don Bülow. 
Fürst Bismarck soll von dem Rücktritt v. 
Bennigsens überrascht und unliebsam berührt worden 
ein. Mehr oder weniger unverhohlene Freude über 
enselben äußern die Konservativen und das Zentrum 
Politische Uebersicht. 
—18. Jahrg. 
Ueber die Abreise des Reichskanzlers aus 
Berlin soll noch keinerlei Bestimmung getroffen sein. 
Es verlautet, der Kanzler beabsichtige, noch so lange 
zu bleiben, bis sich über den Gang der kirchenpo— 
litischen Verhandlungen des Abgeordnetenhauses ein 
ächeres Urtheil bilden läßt. Das Wahrscheinlichste 
ist, daß der Kanzler von Berlin aus direct nach 
Kissingen sich begibt; ein vorheriger Aufenthalt in 
Friedrichsruh, wie verschiedentlich gemeldet wurde, 
ist um so wahrscheinlicher, als die Umbauten des 
dortigen Schlosses noch nicht vollendet sind. 
Ausland. 
Paris, 13. Juni. Die Königin von Spanien 
ist mit zwei Töchtern heute Vormiltag hier ange— 
kommen. Sie reist heute Abend nach München 
weiter. Der Bischof von Nevers hat den Gottes⸗ 
dienst in Asnan schließen lassen, weil die Pfartge— 
hälter gesperrt worden sind. — Dreizehn Pfarrern 
im Departement Hérault ist das Gehalt entzogen 
worden. 
London, 14. Juni. Die aus Shanghai 
hier eingelaufenen Nachrichten melden von kriege⸗ 
rischen Rüstungen der Chinesen. Im 
Thinesenviertel und in der Umgebung der Stadi 
werden Truppen angehäuft, für den Fall des Aus⸗ 
hruchs von Feindseligkeiten gilt die Sicherheit der 
europäischen Ansiedler für bedroht. 
Die Times melden aus Philadelphia, daß 
hinesische Agenten Kriegsmunition ankaufen. In 
den Unions-⸗Staaten seien bereits eine Million 
Patronen und eine große Anzahl Gewehre angekauft. 
Wie man aus Madrid ischreibt, hat daselbst 
am Ende der vorigen Woche ein Ministerrath statt⸗ 
gefunden, in welchem unter Anderem auch über die 
Rrojektirte Reise des Königs Alfons nach Deutsch- 
land behufs Beiwohnung der preußischen Herbsi— 
manöver Beschluß gefaßt wurde. Der Minisierrath 
soll dem Reiseprojekt seine Zustimmung gegeben 
haben. Ueber den Reisetermin verlautet, daß Koönig 
Alfons jedenfalls erst die Rückkehr seiner zum Be— 
such des Wiener Hofes abgereisten Gemahlin sammi 
dindern abwarten wird, bebor er seine Tour antritt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Der 17. Verbandstag pfälzischer Kre— 
ditgenossenschaften findet am 2. und 3. 
Juli (Montag und Dienstag) zu Blieskastel 
Statt, und zwar die Vorversammlung am 2. Juli, 
Abends 8 Uhr, im Gartenlokale der Frau Wwe. 
König und die Hauptversammlung am 3. Juli, 
Morgens 8 Uhr, ebendaselbst. Die Anwaltschafi 
wird durch die Hrn. Dr. Schneider vertreten sein. 
— Das Jahresfest der Gustavb-Adolf⸗Stifiung 
für den Zweigverein Homburg findet Sonntag 
den 17. d. Mts. in Mittel brunn Statt. 
— In Kaiserslautern findet nächsten 
Sonntag die Jahresversammlung des Vereins 
pfälzischer Steuer⸗ und Gemeinde-Einnehmer statt. 
— In der Gemarkung von Annweiler, 
wo die Obstbaumzucht gut gepflegt wird, finden 
ich an manchen Zweigspitzen von Aepfel- und 
Birnbaumen 14 und noch mehr vollkommene Frucht⸗ 
ansätze, woraus man auf den zu erhoffenden Obst⸗ 
ertrag jener Gegend schließen kann. 
— Aus Arzheim, 13. Juni, wird dem 
„Land. Tgbl.“ geschrieben: Die kgl. Präpa- 
randenanstalt Blieskastel machte gestern 
zinen Ausflug nach Trifels und der Madenburg. 
Das Fest war ein wahres, ächtes Schülerfest. Nach 
einem Frühstücke auf der alten Reichsbeste marschirte 
der Festzug, dem sich eine statiliche Zahl von