Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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zaatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 40 2 einschließlich Traägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 75 3, einschließliw 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I3 , bei Reclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
121. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Ems, 24. Juni. An dem gestrigen Diner 
er dem Kaiser nahmen der Kronprinz von Scre⸗ 
»en mit dem Kammerherrn Rosenblatt, die Generale 
jon Scheliha und von Gelieu, die Obersten Schüß⸗ 
er und Frhr. von Buddenbrock aus Koblenz Theil 
im Abend wohnte der Kaiser der Vorstellung im 
Theater bei. Heute setzte derselbe die Brunnenkur 
art. 
Berlin, 28. Juni. Von einer Feier des 
zjährigen Regierungsantritts des Königs am 9. 
Rtober 1883 ist, da der Monarch dieselbe abgelehnt 
zat, jetzt auch in militärischen Kreisen, wo man noch 
is zuletzt an einer solchs Feier im engeren Kreise 
esthielt, Abstand ggmmen worden. . 
Berlin, 283. Juni. Die „Nordd. Allgem. 
itg.“ theilt mit, Fürst Bismarck sei vor acht Tagen 
m einem heftigen Magenkatarrh, verbunden mit 
jelbsucht, erkranktt und hat sich von allen Geschäften 
urückziehen müssen. Seit gestern ist eine Wendung 
um Befseren eingetreten, doch ist der Furst noch 
n das Krankenzimmer gefesselt. 
Berlin, 23. Juni. Das Abgeordneten— 
aus nahm nach unerheblicher Debatie die kirchen⸗ 
olitische Vorlage nach den Beschlüssen der 
ommission an. 
Ausland. 
London, 23. Juni. Aus Shanhai wird be—⸗ 
ichtet, daß die Differenz zwischen China und Frank⸗ 
eich bezüglich Tonkins freundschaftlich beigelegt 
urde. Chunchang, welcher die Unterhandlungen 
Tricou führte, werde sofort nach Peking ab⸗ 
ehen 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 25. Juni. Gestern feierte 
er Knappen-Verein Rohrbach in der 
erkoömmlichen Weise das Gedächtnißfest seines 
vchutzpatrons, des h. Johannes. Bollerschüsse 
eiteten das Fest ein. Am Vormittag wohnie der 
erein mit Musik und Fahne dem Gottesdienst in 
et kath. Kirche dahier an. Am Nachmittag nahm 
ie Feier den Charakter eines förmlichen Voiksfestes 
n. Der Ort selbst hatte sich mit bayerischen und 
eutschen Fahnen festlich geschmüct und auf aslen 
traßen und Wegen stromien aus der ganzen Um⸗ 
egend die Gäste in Schaaren dahin. Die Dorf—⸗ 
zaße war links und rechts mit Buden besezt. 
atürlich fehlten auch zur Freude großer und 
leiner Kinder die Carroussels nicht. Daß die 
dirthschaften gut besucht und die Wirthe dem—⸗ 
maß vollauf zu thun hatten, versteht sich don 
lbst. In der Gartenwirthschaft von Jakob Wag⸗ 
er ( Tivoli) concertirte die Berakapelle bon Heinitz. 
eider wurden die prächtigen Vorträge der Kapelle 
ark beeinträchtigt durch den Larm und die Orgel⸗ 
nisik zweier in der Nähe aufgeschlagener Carroussels. 
m der Wirthschaft von Schwarz (Sonne) 
atte sich der Gesangberein von Niederwürzbach 
dergelassen. Erst am Abend traten die meisten 
er auswärtigen Festbesucher wieder den Heimweg an. 
Blieskastel, 28. Juni. Am 2. und 
Juti nächsthin wird dahier der diesjährige Ver— 
udetag der pfälz. Kreditgenossenschaften abgehalten. 
7 hiesige Vorschußberein arrangirt zur festlichen 
hung derselben in den Garienlokalitäten der 
bitiwe Karl König nach Schluß der Versammlung 
2. Juli, Abends 9 Uhr. gefellige Unterhaltung 
iser Miwirkung des hiefigen Nänmracsanadereins 
Moutag, 25. Juni 1883. 
18. Jahrg. 
im 3. Juli nach Schluß der Verbandsverhandlungen waren, entwendet. Ein Individuum, das zur Zeit 
Festessen bei Adjunkt Hauch, darauf Reunion bei der That sich am Bahnhof herumgetrieben hat, ist 
Wwe. König in der Karlslust. Für Unterbringung des Diebstahls dringend verdächtig. 
der Festgäste ist auf das Beste gesorgt. — Der frühere Redacteur des „Pfälzer Jour⸗ 
— Am letzten Samstag Nachmittag traf den in ials“, J. Clausing, hat gegen das ihn wegen 
Schrollbach bei Landstuhl wohnenden Ackerer Seleidigung der pfälzischen Forstbehörde zu 6 
Jakob Becker ein schweres Unghück. Ganz Wochen Gefängniß verurtheilende schwurgerichtliche 
imerwartet und ohne irgend welches vorheriges Erkenntniß Revision angemeldet und zwar wegen 
Anzeichen stürzte plötzlich die Scheuer nebst Stal- imnrichtiger Fragestellung. 
ung, beides unter einem Dach befindlich, krachend — Zur Erleichterung des Besuches der inter⸗ 
usammen und begrub zwei Kühe im Werthe von ationalen Kunstausstellung zu München werden 
00 M. und ein Rind zu 50 M., welche alle von jetzt bis zum 31. Oklober 1883 auf den pfälz. 
zrei verendet ausgegraben wurden. Bahnstationen Zweibrücken, Pirmasens, Dürkheim, 
P.C. Edenkoben, 22. Juni. Der interese Frankenthal, Germersheim, Kaiserslautern, Landau, 
anteste Theil des Schützenfestes wird ohne Zweifel dudwigshafen, Neustadt und Speyer Retourbillete 
er am 8. Juli statifindende Winzerzug werden; 2. Kl. für alle Züge und Retourbillete 8. Kl. mit 
enn elektrische Beleuchtung und Bergfeuer u. a. einer verlängerten Giltigkeitsdauer von 14 Tagen, 
aben viele auch anderswo gesehen, aber der Winzer- den Tag der Ausgabe mitgerechnet, verausgabt. 
ug ist etwas Originelles und Eigenartiges, wie Die anderen Retourbillete haben nur 7tägige Gil— 
s unseres Wissens in Deutschland noch nicht auf- iäiagkeit.) 
eführt wurde. Aus dem bereits feststehenden 
zrogramme wollen wir Folgendes zur allgemeinen 
enntniß geben. Der Zug enthält 4 Abtheilungen: 
die J. Abtheilung bildet der Weinbau (Frühjahr, 
sommer und Herbstzeit). 1. Die Winzer ziehen 
ns Feld. 2. Die Feinde des Weinbaues: es er⸗ 
chheinen zuerst die 83 Eismänner, sodann Rebsticher, 
er Sauer⸗ und Süßwurm, Staare und Spatzen 
ind ein gefesselter Weinschmierer. Dann kommen 
zie Freunde des Weinbaues: Schwefler, Insekten⸗ 
ammler, Henkersknechte mit dem Weinschmierer, 
die Reblauskommission und die liebe Sonne. 
3. Pomona, Ceres und Flora befinden sich auf 
einem Wagen mit einer Riesentraube und einem 
RKiesenstrauß. 4. Die Leute ziehen zur Lese mit 
Musik, Herbstbaum und Kranz, Urbanus in ihrer 
Nitte. Herbstnarren gesellen sich dazu, große und 
leine Leute nebst allem Herbstgeschirre. 5. Auf 
inem besonderen Wagen wird die Weinlese bis 
um Keltern dargestellt. 6. Nach der Lese zieht 
alles unter Jur und Gesang wieder heim. Der 
dohn ist ein Herbstbraten mit Tänzchen. — Die 
J. Abtheilung stellt das Leben im Herbst und im 
Binter dar. Wir sehen eine Rockenstube, eine 
Beinschenke, Z Jagdwagen und Singbereine. Ge⸗ 
verbe und Handel enthält die IHI. Abtheilung 
da treten Kübler auf, Faßküfer, Weinküfer, Aich 
neister, Dreher, Messer- und Wappenschmiede, 
Lithographie und Handel, alle theils zu Wagen, 
heils zu Fuß. Die Bacchusgruppe kommt als 
V. Abtheilung. Der Goit Silen reitet auf einem 
fksel und Bacchus wird auf einem Wagen von 
Ichsen gezogen, ihn begleiten Bacchantinnen und 
Thyrsusstabträger. Hebe, die Göttin der Jugend 
ind der Göttermundschenk Ganymed kredenzen der 
Höttersaft, den funkelnden Wein. Vorreiter, Schützen 
ind Musik eröffnen den Zug, der Winzerverein 
chließt ihn. Auf dem Festplatz wird deklamirt 
ind recitirt, gesungen und geredet in Pfälzer 
Nundart. Drum bleibe keiner daheim und niemand 
age später es bereuend: hätte ich gewußt, daß es 
o interessant wird, so wäre ich auch gekommen. 
S„o etwas, mein lieber Leser, bekommst Du so 
chnell nicht wieder zu sehen! 
— Am Mittwoch Abend, während der Zug von 
Hermersheim im Bahnhof zu Speyer einfuhr, 
vurde im Wartesaal 3. El. während der Abwesen⸗ 
)eit des Portiers Franz Brockschläger aus dessen 
yort befindlichem Schranke ein Geldsackchen mit ca. 
2000 Mtk. in Gold und Silber, welche zur Aus⸗ 
ahlung an die dortigen Bahnpensionisten bestimmt 
Vermischtes. 
F Mannheim, 23. Juni. Gestern Abend 
zegen halb 11 Uhr stürzte sich aus dem 2. Stock 
des Hotels „Zur goldenen Gans“ der dort logirende 
33 Jahre alte Sebastian Böckler von Neu— 
tadt aH. in einem Anfall von Geistesstörung 
auf die Straße. Der Unglückliche brach ein Bein 
und mußte mittelst Transportwagens in das Spital 
derbracht werden. (Mh. A.) 
F Freiburg, 28. Juni. Der Student Weidig 
vurde wegen Tödtung des Studenten Belgardt im 
Zweikampf zu 3192 Jahr Festung verurtheilt. Die 
nitangeklagten Mitglieder des Ehrengerichts wurden 
reigesprochen. 
F Die Gebrüder Stollwerck, Hof⸗Choko— 
adenfabrikanten in Köln, versenden patentirte 
Brause⸗Limonade-Bonbons, welche je nach der Sorte 
ind Elikette das Aroma der Citronen, der Orangen, 
der Erdbeeren, der Himbeeren, der Johannisbeeren, 
er Kirschen oder auch den Wohlgeschmack des Cham- 
hagners haben. Man schüttet den Inhalt eines 
Backchens in ein Glas, gießt Wasser darüber, und 
die Brausfe⸗Limonade ist fertig. Eine Schachtel mit 
10 Päckchen in obigen 7 Sorten kostet 1M. 
stimmt man ein Kistchen mit 96 Packeten, so 
ommt das Glas Limonade auf 7 Pf. 
F Schamloser Schwindel.) Die „Kol⸗ 
rische Zeitung“ vom Montag, 1. Blatt, enthält 
olgendes Inserat: „Wer liefert künstliche Kaffee— 
»ohnen für den Export? Franko-⸗Adressen unter 
3. D. an die Expedition.“ — Da wird das deutsche 
kxportgeschäft wieder Ehre einlegen! 
F Woher die Redensart Stiefel muß ster⸗ 
den“ stammt, erzählt der „Bär“ folgendermaßen: 
Im Jahre 1533 kam der Magister Stiefel in 
der Nähe von Wittenberg zu Luther und erzählte 
hm, daß der Weltuntergang nahe bevorstehe. „Wie 
vollt Ihr Das beweisen?“ fragte Luther. „Durch 
neine Berechnungen, die niemals trügen,“ antwor⸗ 
ete der Magister, vermochte aber den Reformator 
nicht zu überzeugen. Besser gelang ihm Dies bei 
einen Bauern, die nun Alles verzehrten und ver⸗ 
geudeten, was sie besaßen. Endlich kam der be— 
timmte Tag; aber der Weltuntergang blieb aus. 
Nun entbrannte der Zorn der Bauern gegen ihren 
Bfarrherrn; sie ergriffen ihn und brachten ihn ge⸗ 
hunden nach Wittenberg und verlangten seine Be⸗ 
trafung. Das war die Veranlassung, daß ein 
»ortiger Student ein Lied dichtete, von welchem der 
Anfang bald alle Kneiben durchwanderte und der