Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint woöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs- 
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 M 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 H, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Neclanmten 830 3. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M IB. Samstag, 20. Januar 1883. 
—18. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Paris, 17. Jan. Die Anhänger des Prin⸗ 
jen Jerome Napoleon versuchten diesen Morgen 
dor dem Hause des Prinzen eine Kundgebung, 
wurden aber von der Polizei nach einigen Ver— 
zaftungen zersprengt. 
Paris, 17. Jan. Prinz Jérome Napoleon 
zefindet sich noch immer in Conciergerie zur Dis- 
position der Gerichtsbehörden, welche frei ohne jeg⸗ 
liche Interventiou der Regierung und ohne Berück⸗ 
ichtignng der etwaigen Folgen in dieser Angelegen⸗ 
jeit handelten. Die Regierung ist entschlossen, das 
Besetz strikte walten zu lassen. Auf Ansuchen Na— 
»oleons wurde dem Oberst Brunet gestattet, ihm 
m Gefängniß Gesellschaft zu leisten. 
Paris, 18. Jan. Der Prozeß gegen Jérome 
sapoleon steht bereits für nächste Woche in Aus— 
icht. Die Verbannung des Prinzen ist mehr wahr⸗ 
heinlichh. Das Proscriptions-Gesetz, 
velches Floquet beantragt, wird heute in der Kam⸗— 
ner zur Berathung gelangen, aber durch Amende— 
nents von Seiten der Regierung wohl um seine 
Wirkung gebracht werden. 
Paris, 18. Jan. Die Agence Havas theilt 
uus Petersburg Folgendes mit: Ta die Note der 
englischen Regierung die Projekte Englands bezüg⸗ 
ich Egyptens wohl zur Kenntniß Europas gebracht 
at, ohne dieselben aber der Sanktion Europas zu 
interbreiten, so sei es wahrscheinlich, daß das Ein⸗ 
ernehmen der vier Mächte demnächst auf folgende 
zasis gestellt würde: Die Mächte stimmen der Be— 
eitigung der Finanzkontrole in Eghten zu; sie 
Jlauben aber, daß eine definitive Regelung der 
gyptischen Frage nicht ohne die Zustimmung 
Luropas erfolgen könne. 
Das „Berl. Tgbl.“ bringt aus Londonu, 
9. Jan., folgende sensationelle Nachricht: Tele⸗ 
zramme aus offiziellen Konstantinopeler Ouellen 
nelden: Vorgestern versuchten einige Cirkassier den 
Zultan zu ermorden. Die Verschwörung wurde 
zurch eine Frau entdeckt. Die Cirkassier wurden 
on der Leibwache entwaffnet, wobei einige den 
Tod fanden. 
Nach Mittheilungen der „Nationalzeitung“ aus 
Konstantinopel herrscht dort eine dumpfe Gähr⸗ 
ing. Der Sultan leidet an Verfolgungswahnsinn. 
Die Würdenträger in Konstantinopel seien darüber 
inverstanden, daß eine Entsetzung des Sultans 
rfolgen muß. Sein Nachfolger soll sein fünfzehn⸗ 
ähriger Neffe unter einer Vormuadschaft werden. 
Kairo, 16. Jan. Der französische General⸗ 
onsul gelangte soeben in Besitz neuer Verhaltungs⸗ 
naßregeln aus Paris. Die Krisis dürfte wahr⸗ 
cheinlich sofort ausbrechen. 
Kairo, 18. Jan. Oberst Stewart telegra⸗ 
hirt von Sudan: 500 Egypter hatten ein Gee—⸗ 
secht mit dem Mahdi und erlitten dabei eine 
jroße Niederlage; 240 Egypter wurden ge— 
ödtet, der Rest des Bataillons gefangen. 
V. Stadtviertel: 19 Pferde, 33 Stück Rind⸗ 
hdieh, 83 Schafe, 38 Schweine, 98 Ziegen; VI. 
Stadtviertel: (St. Ingberter-Grube): 
22 Pferde, 35 Stück Rindvieh, 54 Schweine, 61 
Ziegen. — Die Gesammtzahl stellt sich somit auf 
89 Pferde, 415 Stück Rindvieh, 5 Schafe, 368 
Schweine, 873 Ziegen u. 1 Bienenkorb. 
* Hassel, 19. Jan. Hier wurden bei der 
LBiehzählung gezählt 23 Pferde, 219 Stück Rind⸗ 
»ieh. 240 Schafe, 61 Schweine, 90 Ziegen, 85 
Bienenstöcke. 
*St. Ingbert, 19. Jan. Einen riesi— 
gen Appetit entwickelte vor einigen Tagen ein 
BZergmann von Hassel in einer hiesigen Wirthschaft. 
Derselbe verzehrte in Folge einer Wette in einem 
Sitze 24 Knackwürste mit 9 Wecken und trank da⸗ 
uu 6 Schoppen Bier. Nach dieser Kraftleistung 
var er so wenig gesättigt, daß er sich erbot, noch 
veitere 6 Knackwürste mit einigen Wecken und 
Schoppen Bier zu sich zu nehmen. Man war je— 
yoch von seiner Leistungsfähigkeit dermaßen über⸗ 
zeugt, daß es Niemand mehr auf eine neue Wette 
ankommen lassen wollte. 
e— Ens heim, 18. Jan. GViktualienmarkt.) 
Butter per s Kilo Mk. 1,20, Eier per Dutzend 
95 Pf., Kartoffeln —. 
Für die Wasserbeschädigten der Rhein— 
jegend wurden gestern dem k. Bezirksamt aus der 
Hemeinde Ensheim übersandt . Mk. 283,73 
Die erste Ablieferung betrug. 14110,— 
Es gingen deshalb im Ganzen an baar ein M. 60373. 
Die Gemeinde Ensheim darf nach diesem Re— 
ultat der Sammlungen für die Nothleidenden sich 
imsomehr des Zeugnisses der Opferwilligkeit erfreuen, 
us der größte Theil der Bewohner aus Fabrik⸗ 
abeitern besteht, die bekanntlich über keine großen 
Finnahmen zu verfügen haben. 
Die in Eschringen vorgenommene Samm⸗ 
ung ertrug einschließlich der Gabe des daselbst be⸗ 
deutend begüterten Bierbrauers Herrn G. Bruch 
n St. Johann a. S. mit 50 M. die Summe 
»on Ml. 120,27, so daß die Unterstützung aus der 
Bürgermeisterei Ensheim — von den Sendungen 
in Effekten und Lebensmitteln abgesehen — sich 
aunmehr auf 814 Mk. beläuft. 
Es hat darum auch, und namentlich wegen der 
aschen Hilfeleistung durch sofortige Absendung von 
dleidungsstücken u. s. w. der Kreisausschuß des 
baher. Frauenvereins in Speyer für den ganz 
außerordentlichen Eifer, den diese Gemeinden an 
den Tag legtien, wiederholt den herzlichsten Dank 
ausgesprochen. 
— In Thaleischweiler stürzte das neun⸗ 
aährige Töchterchen eines dortigen Metzgers in einen 
nit kochender Wurstsuppe gefüllten Kessel, und er⸗ 
ag nach vielen Schmerzen seinen Brandwunden. 
— Kaiserslautern, 12. Januar. Der 
Verein⸗Kreditreform“ (zum Schutze gegen schäd⸗ 
iches Kreditgeben) hat seit seinem kurzen Bestehen 
hon die besten Erfolge gehabt. Viele, dem Verein 
ibergebene Schuldner erklärten, nicht in die Liste 
»er Unzahlfähigen zu wollen und suchten die alten 
Posten zu decken; es liegt aber auch im Interesse 
der betreffenden Schuldner zu zahlen, weil ihnen 
ja sonst jeder weitere Kredit schwer werden wird. 
— Die Kaufmannswelt hat daher denn auch das 
zrößte Interesse, diesem Vereine beizutreten. Dieses 
zilt namentlich auch den auswärtigen Kreditgebern; 
iese können dem Verein gerade so gut, wie die 
siesigen beitreten. — Der Eintritt von außen ist 
iberdies auch gar nicht geschäftsstörend, was daraus 
Deutsches Reich. 
München, 17. Jan. Nachdem der kgl. 
Staatsminister Frhr. v. Feilitz sch von der Reise 
zach der Pfalz heute Morgen hierher zurückgekehrt war, 
jat heute Mittag eine Sitzung des Ministerrathes statt⸗ 
jefunden, in welchem wohl der Herr Staatsminister 
zgericht über seine Reise erstattet und weitere Be— 
chlußfassung bezw. Antragstellung an S. Maj. den 
könig erfolgt sein dürfte. 
Gutem Vernehmen nach begiebt sich von 
München der Prinz Arnulph zur sfilbernen 
Hochzeitsfeier des Kronprinzen nach Berlin. 
Aus München wird der „Magdeb. Ztg.“ 
jeschrieben: In demokratischen Blättern ist von 
her beabsichtigten Zurückziehung der bayerischen Be⸗ 
atzungsbrigade aus Metz die Rede, natürlich nicht 
hne schadenfrohen Hinsweis auf die particularist⸗ 
sche Tragweite dieses Schrittes. Man geht so 
veit, bereits die künftigen Garnisonen jener Trup⸗ 
entheile mit Augsburg und dem Lechfelde zu be— 
eichnen. Daß an den beiden genannten Plätzen 
ventuelle Fürsorge für stärkere Besatzungen zeit⸗ 
veise getroffen wurde, ist richtig, die Commentirung 
ener Vorbereitungen aber so verkehrt wie möglich. 
Von einer Zurückziehung des bayerischen Besatz- 
ingscontingents aus der so theuer erworbenen loth⸗ 
ingischen Reichsfestung ist hier niemals die Rede 
sewesen, im Gegentheil weiß man hier den durch 
iesen starken Besaßzungsantheil gegebenen Ausdruck 
er bayerischen Machtstellung in dem neuen Deutsch⸗ 
and sehr wohl zu schätzen. Eine Zurückziehung 
»er Bayern aus Mezt wäre ein Widerspruch gegen 
ie gesammte bisherige Reichspolitik, welche in dem 
gemeinsam Gewonnenen ihren vollgewogenen Ehren⸗ 
intheil beansprucht, dafür aber auch dem Bewußt⸗ 
ein von der Pflicht und dem Interesse Bayerns 
in der gemeinsamen Vertheidigung des zum Boll⸗ 
verk für den deutschen Süden bestimmten neuen 
hrenzlandes deutlichen Ausdruck leihen will. Jede 
dachricht von Veränderungen wie der vorher ange⸗ 
ebenen kann sonach von vorn herein als eine Er⸗ 
indung betrachtet werden, deren Tendenz obendrein 
uf der Oberfläche liegi. 
Wie aus guter Quelle verlautet, ist der Zu⸗ 
ammentritt des bayerischen Landtages 
vor Herbst, wobei das Budget vorgelegt werden 
vird, nicht zu erwarten. Es wurde zwar seiner 
Zeit die Eventualität einer Berufung der Land⸗ 
tände in Erwägung gezogen, davon aber sofort 
vieder Abstand genommen und jene Mittel und 
Wege eingeschlagen, welche in der letzeren Zeit zur 
Ausführung gelangten. 
Die Budget-Commission des Reichstages 
jenehmigte die geforderte Position für die Errich⸗ 
ung einer Unteroffiziersschule in Neu⸗ 
rreisach. 
Die zweite hessische Kammer ertheilte der 
Hothstandsvorlage der Regierung einstimmig ihre 
Zustimmung und bewilligte ferner für die Erbaͤuung 
iner stehenden Mainbrücke bei Kostheim 990,000 M. 
Ausland. 
Paris, 17. Jan. Die Rede des Feldmar⸗ 
halls v. Manteuffel wird von den französischen 
ättern äußerst heftig angegriffen. Die „France“, 
nie in diesen Dingen sich immer auszuzeichnen be⸗ 
züht, erhebt sich zu der Höhe, die Rede einen 
angen, gehässigen Fluch gegen die Elsässer, welche 
n das verlorene Vaterland zu denken soagen,“ 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 19. Januar. Die Bieh— 
ählung vom 10. ds. Mts. ergab für die hiesige 
Hemeinde folgendez Resultat: J. Stadtviertel: 
17 Pferde, 62 Stück Rindvieh, 1 Schaf, 48 
—„chweine, 180 Ziegen; I. Stadtviertel: 21 
Iferde, 89 St. Rindvieh, 1 Schaf, 102 Schweine, 
136 Ziegen; IHI. Stadtviertel: 61Pferde, 
;31 Stück Rindvieh, 57 Schweine, 94 Ziegen; 
V. Stadtviertel: 49 Pferde, 1835 Stück 
sindvieh, 69 Schweine, 204 Ziegen, J Bienenstock; 
ennen