Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Indheyfer Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
F St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
Aatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 A 40 A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1M 75 H, einschließlich 
„3 Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 ⸗, bei Neclamen 830 3. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
W 128. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Um während der Erntezeit der Landwirthschaft 
mne größere Zahl von Arbeitskräften zuzuführen, 
at das bayerische Kriegsministerium wie in 
en Vorjahren eine größere Beurlaubung bei der 
nfanterie und den Jägern angeordnet. Es werden 
nach den lokalen Verhältnissen der einzelnen Gar⸗ 
isonen per Kompagnie bis zu 50 Mann beurlaubt 
oerden. Der Urlaub beginnt am 6. ds. und endet 
Tage vor Beginn der Regimentsübungen. Die 
zesammtzehl der auf diese Weise im ganzen König- 
eich zu beurlaubenden Mannschaften — ausge—⸗ 
ommen sind die im Reichsland stehenden Truppen 
. dürfte gegen 10,000 Mann betragen. 
der Kaiser trifft am 9. Juli in Karls 
ahe ein und nimmt in den sogenannten Kaiser⸗ 
mmern des Schlosses seine Wohnung. Bei Ein⸗ 
ihrung des Prinzen Ludwig in das Leibgrenadier⸗ 
egiment wird eine Festparade auf dem Schloßplatz 
attfinden. 
Frankfurt, 3. Juli. Der Kaiser hat, 
nie wir erfahren, die Einladung der Stadt Frank⸗ 
urt zu einem Festdiner am 27. September an⸗ 
enommen, au welchem außerdem eine große An⸗ 
ahl deutscher Fürsten, welche während des Manövers 
zäste des Kaisers sind, theil nehmen werden. — 
die feierliche Einweihung des Niederwald⸗ 
denkmals findet dann am folgenden Tage, am 
8. September, statt. 
Berlin, 3. Juli. Die „Nordd. Allg. 3.“ 
eroffentlicht die Nachricht, daß die deutsche Reichs⸗ 
egierung und die preußische Regierung den be⸗ 
rohlichen Nachrichten über den Ausbruch und die 
herbreitung der Cholera in Aegypten gemein⸗ 
chaftlich ernste Aufmerksamkeit zuwenden. Es 
ollen unverweilt Kommissionen der betheiligten 
dessorts unter Hinzuziehung des Reichsgesundheits- 
mites zusammentreten, um diejenigen prophylak⸗ 
Naßregeln zu erwägen, welche geeignet sind, dem 
»inbruch der Cholera in unsere Grenzen vorzubeugen. 
Berlin, 3. Juli. Den Abendzeitungen zu⸗ 
olge, beabsichtigt der heute früh auf der Rückreise 
ach Paris aus Petersburg hier eingetroffene Fürst 
Atloff, den Fürsten Bismarck in Friedrichsruhe 
u besuchen. 
Berlin, 4. Juli. Die „Nordd Allg. Zig.“ 
neldet: Während des Urlaubs TDdes Fürsten 
zismarck dürfen demselben weder amtliche noch 
ichtamtliche Schriftstücke vorgelegt oder nachgesandt 
verden; es ist deshalb auf eine Beantwortung nicht 
u rechnen. 
Die Agitation gegen den Schulzwang, 
ne sie Herr Windthorst eingeleitet hat und wie sie 
un der Germania fortgesetzt wird, macht in Ber⸗ 
iner Regierungskreisen sehr lebhaften Eindruck 
ud wenn auch eine Andeutung der Berl. Pol. 
uchr. es würde schließlich bei Fortsetzung der 
ctzereien das neue Kirchengesetz ebenso wenig zur 
usführung gelangen, wie das vorjährige Ultimo⸗ 
eseß in Folge ähnlicher Hetzereien, eiwas zu weit 
u gehen scheint, so darf man doch in dieser An—⸗ 
cutung die tiefe Verstimmung erkennen, welche 
Aatßz zu greifen angefangen ha. 
Ausland. 
in Paris ist über Nacht eine Frage aufge— 
ucht, welche alle anderen für den Augenblick in 
n Hintergrund drängt. Der letzte Sprosse der 
eren Linie der Bourbons, welcher als Heinrich V. 
Thron Frankreichs besieigen sollie, als Graf 
i H. 
Donnerstag, 5. Juli 1883. 
—18. Jahrg. 
„»on Chambord seit 1830 im Exil lebt, liegt im 
Sterben und nun sind Aller Blicke nach dem kleinen 
rroschdorf in Niederöstreich gerichtet, wo der Enkel 
donig Karls X. seiner Auflösung entgegen geht. 
der Graf von Chambord ist am 29. September 
820 geboren. steht also im 63. Lebensjahr, und 
iber sein Befinden waren in den letzten Manaten 
viederholt beunruhigende Nachrichten im Umlauf. 
Diesmal scheint es Ernst zu sein und einzelne Pa⸗ 
iser Blatter nehmen seinen Tod bereits für eine 
‚ollzogene Thatsache, doch liegt uns eine Bestätig⸗ 
ing der Todesnachricht bis zum Schlusse der Re⸗ 
aktion nicht vor. Der Graf leidet an einem Magen⸗ 
eschwür, welches eine Operation nothwendig machte 
die Prinzen von Orleans haben sich mit Ausnahme 
es im Kaukasus reisenden Herzogs von Chartres 
ämmtlich in Paris versammelt, wo sie mit ihren 
Betreuen berathen. In ihrem Auftrag ist der Gras 
on Paris als Aeltester der Orleans nach Frosch⸗ 
orf ans Sterbelager gereist. Ganz Paris aber, 
stepublikaner, Bonapartisten, Legitimisten, Orleani⸗ 
ten, Alles erörtert die Folgen, welche das Hin⸗ 
cheiden des „Einfiedlers von Frohsdorf“ haben 
vird, und die Lebhaftigkeit, mit welcher man diese 
Frage erörtert, beweist am besten, daß troß der 
wolfjahrigen Herrschaft der Republik das monarch⸗ 
sche Princip im französischen Volke noch feste Wurzeln 
geschlagen hat. 
London, 3. Juli. Meldungen aus Hong⸗ 
'ong wissen von fortgesetzten chinesischen Küstungen 
u berichten. China suche sich große Credite zu 
jerschaffen und habe in England und Amerika auf 
elegraphischem Wege Waffenankäufe gemacht. Be⸗ 
richte aus Tonkin melden, daß die Krankheiten unter 
den dortigen französischen Truppen in der Zunahme 
degriffen sind. 
Sitzen. Ferner theilte Herr Dr. Knecht mit, daß 
aach dem Ableben von Schulze in Potsdam ein 
engerer Ausschuß getagt und beschlossen habe, der 
Wittwe des Verstorbenen auf Vereinskosten eine 
lebenslängliche Pension zu zahlen und ebenso für 
Schulze ein Monument errichten zu lassen. — Die 
Anfrage der Volksbank Ludwigshafen, ob dieselbe 
noch als Mitglied angesehen werden könne, nachdem 
sie schon früher ausgetreten war, wurde verneint. 
— Die Frage, ob die pfäaälzischen Kreditgenossen⸗ 
chaften einen Rebisor erhalten sollen, blieb, bei 
zleicher Stimmenzahl für und gegen, unentschieden. 
Einzelne Delegirte waren übrigens zur Abstimmung 
über diese Angelegenheit gar nicht autorisirt. Die 
hetr. Vereine wollen dieselbe erst noch der General⸗ 
dersammlung unterbreiten. — Die übrigen Anträge 
wvaren im Ganzen ohne wesentliche Bedeutung. — 
Der nächste Verbandstag wird in Dürk— 
heim Statt finden. Der Vorsitzende Herr Dr. 
Tnecht, kündigte an, daß auf demselben wichtige 
Angelegenheiten zur Verhandlung kämen, welche es 
dringend geböten, daß sämmtliche Vereine mit 
zrößerer Mitgliederzahl und den Vorständen ver⸗ 
reten würden. — Nach Schluß der Sitzung wurde 
im Hotel Hauck das Festessen abgehalten, wobei 
die Erwartungen der Gäste übertroffen wurden. — 
Heute Abend fand im Garten der Wwe Köonig 
Reunion Statt. Morgen Mittag wird eine Partie 
ins Pferchthal unternommen. — Blieskastel war 
festlich beflaggt. 
SO Blieskastel, 2. Juli. Gestern gelangte 
die irdische Hülle des am Freitag in Davos ver⸗ 
storbenen Direktionsrathes der pfälz. Eisenbahnen, 
herrn Jakob Hamm, am hiesigen Bahnhofe an, 
um auf dem Gottesacker seiner Heimathsgemeinde 
Webenheim zur letzten Ruhe gebettet zu werden. 
Der Leichenzug bewegte sich vom hiesigen Bahnhos 
dis zum Webenheimer Kirchhof mit einer kleinen 
Unterbrechung am Geburtshause des Verblichenen, 
wo der Männergesangverein Webenheim den Chor: 
„Schlafe du, Müder, du!“ sang. Genanntem 
Veceine hing Herr Hamm mit treuer Seele an. 
Am Friedhofe angelangr, sangen einige seiner Lud— 
vigshafener Freunde das Grablied: „Da unten ist 
Friede. Den kirchlichen Akt besorgte Herr Pfarrer 
Butters von Zweibrücken und zwar nach dem 
ausdrücklichen Wunsche des Verstorbenen. Herr 
Butters war ein Studiengenosse desselben und war 
nit dem edlen Charakter seines Freundes wohl be— 
kannt. Insbesondere hob der Redner auch die Treue 
und Gewissenhaftigkeit hervor, mit der der Ver— 
storbene seines Amtes waltete. Friede seiner Asche! 
— In Zweibrücken wurde dieser Tage 
nach der „Pf. Pr.“ ein dortiger Kaufmann vom 
dandgerichte verurtheilt, an einen Konkurrenten, 
bei dem er früher in Kondition war 5000 M. zu 
zahlen, weil er dem Engagementsvertrag zuwider 
gehandelt hatte nach welchem er innerhalb einer 
gewissen Zeit· und Raumgrenze kein Konkurrenz- 
zeschäft etablieren durfte. 
— Außer Herrn Professor Dr. Recknagel, 
der die goldene Medaille auf der Berliner 
Hygieine-Ausstellung erhielt, wurden noch 
aus der Pfalz das Eisenwerk Kaisers— 
lautern und die Frankenthaler Maschinen— 
und Armatur⸗Fabrik, Klein, Schanzlin und Becker, 
durch die Verleihung der silbernen Medaille aus— 
gezeichnet. 
* Neustadt, 3. Juli. Der Festausschuß des 
II. oberrheinischen Kreisturnfestes, welches wie be— 
annt, am 5., 6., 7. und 8. August dieses Jahres 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 5. Juni. Außer den in 
jor. Nr. genannten Herren wohnten der am Diens— 
ag in Blieskastel stattgehabten Hauptver— 
ammlung der pfälzischen Creditge— 
rossenschaften an als Vertreter des hiesigen 
Vorschuß⸗Vereins die Herren: Conrad sen., 
Fischer H., Thiery M. und Kahn Sumuel. 
In Bezug auf die Revisorenfrage wurde von 
der Versammlung folgende von einer Kommission 
uvor berathene und fesigesetzte Resolution einstimmig 
ingenommen: „1.) Die Vereine (folgen die Namen) 
erklären ihre Bereitwilligkeit, sich mindestens alle 2 
Jahre einer Revision zu unterziehen. 2.) Die hier— 
zurch entstehenden Kosten werden in Betreff der 
Diäten der Revisoren von den revidierten Vereinen 
zetragen. Bezüglich der Reisekosten empfiehlt der 
Herbandstag auch den Vereinen, welche sich zur Re⸗ 
ion noch nicht bereit erklärt, im Interesse der Ge⸗ 
ammtheit einen Beitrag zu leisten. 8) Von der 
Unstellung eines Revisors wird vorläufig abgesehen 
ind die Verbandsleitung beauftragt, die nothigen 
Borkehrungen zu treffen und den Turnus im Ein⸗ 
zerständniß mit den Vereinen festzustellen.“ — Der 
diesige Vorschußverein sprach sich geg en die Re—⸗ 
isoren aus. 
— Blieskastel, 3. Juli. Heute Morgen 
iach 8 Uhr begannen im Gartensaale der Frau 
Wiitwe König die Verhandlungen der Haupt⸗ 
ersammlung. Herr Dr. Knecht gedachte in seiner 
Anrede mit rührenden Worten des in Potsdam 
zerstorbenen Schulze⸗Delitzsch, des Gründers 
ꝛer Genossenschaften. Alle Anwesenden erhoben sich 
ur Ehrenbezeigung für den Verstorbenen von ihren