Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Conntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
Zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 4 40 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 4, einschließlich 
d BZustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 H, bei Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnei. 
M 130. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Ems, 6. Juli. Der Kaiser ist mit Gefolge 
oeben, Nachmittags 4 Uhr, mittelst Extrazuges nach 
koblenz abgereist. Am Bahnhofe hatten sich zur 
gerabschiedung die Spitzen der Behörden, sämmt⸗ 
iche anwesende Fürstlichkeiten, die Gesandten, sowie 
ie distinguirten Badegäste eingefunden. Die Damen 
betreichten dem Kaiser Blumenbouquets uud das 
ahlreich versammelte Publikum brachte enthufiastische 
hochs aus, für welche der Kaiser wiederholt dankte. 
Auslanud. 
Der Haß der Iren gegen England spricht 
ich in nichts deutlicher aus, als in dem nach 
mferen europäischen Begriffen geradezu wahnwitzigen 
reiben der Fenier in Amerika. Wir sind im 
zunkte der Brand- und Hetzreden durch Most, 
zafselmann und Genossen doch wahrlich auch nicht 
erwöhnt worden, aber die Genannten find arm⸗ 
elige Stümper gegen einen O'Donovan Rossa, der 
n seiner Irish World offen zur Vernichtung aller 
aglischen Städte durch Dynamit auffordert. Und 
s bleibt nicht bei der Theorie; Rossa hat eine be⸗ 
ondere Dynamitschule eingerichtet und am ver—⸗ 
tossenen Sonntag machte die fenische Brüderschaft 
n New⸗NYork einen Ausflug den Hudsonfluß hinauf, 
meinige Dynamit⸗Experimente mitanzusehen. Auf 
er Höhe der Pallisaden wurde ein kleines Schiff 
urch einen mit zwei Pfund Dynamit gefüllten 
Torpedo erfolgreich in die Luft gesprengt. Am 
Nontag Abend hielt sodann die irische,Dynamit-⸗ 
—R— 
ine Versammlung ab, um Geld für den von der 
zrish World gestifteten ,Märtyrerfond“ zusammen⸗ 
ubringen. Die Märtyrer sind natürlich jener 
zrady, Kellhu. s. w., welche die ruchlose 
zrmordung des Lord Cavendish und des Unteistaats⸗ 
ekretärs Bourke mit dem Leben büßten. Unter 
en verschiedenen Reden, welche dabei gehalten 
vurden, ist namentlich diejenige von Mezzeroff, dem 
ehrer der Dynamitschule Rossa's, zu erwähnen. 
derselbe pries nämlich die Errungenschaften des 
dynamits und meinte, daß tausend gelernte ,Dyna⸗ 
aitarden“ — ein würdiges Seitenstück zu den 
betroleusen der Pariser Kommune — binnen 
sonatsfrist Irland vom englischen Joche befreien 
bürden. Die Sendung Dr. Gallaghers und 
I00——— 
jenier bereit sind, von Worten zu Thaten zu 
chreiten und alle diese Einzelheiten zeigen aufs 
leue, welch' schwierigen Standpunkt die englische 
degierung den Irländern gegenüber hat. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 7. Juli. Einer an sie 
tgangenen Einladung folgend, werden morgen 
dachmittag die Sänger der „»Gemüthlichkert“ 
m einem Gesangfeste in St. Johann⸗Saar⸗ 
rücken, welches der dortige Verein „Concordia“ 
eranstaltet, theilnehmen. — Unser „Kriegerverein“ 
nacht ebenfalls morgen Nachmittag mit Musik und 
zahne einen Ausflug nach Dudweiler, wo⸗— 
elbst der Kriegerverein sein Stiftungsfest feiert. 
— Zweibrücken, 4. Juli. Vor der Straf⸗ 
ammer des hiesigen kgl. Landgerichts wurde heute 
ꝛer Holzhändler Philipp Weil vom Reislershof 
n der Anklage der Wechselfälschung als nicht 
berführt freigesprochen, nachdem derselbe ueunund⸗ 
eunzig Tage in Untersuchungshaft gesessen hatte 
Sonntag, 8. Juli 1883. 
18. Jahrg. 
— Gchützenfest Edenkoben.) Mit dem 
inanziellen Ergebniß ist man in Edenkoben sehr 
zufrieden; jetzt schon steht soviel fest, daß die Zeich⸗ 
ner von Garantiescheinen nicht in Anspruch ge⸗— 
dommen zu werden brauchen. 
finden sich durch verstorbene Angehörige dergleichen, 
deren Originale den Bildinhabern gänzlich unbe⸗ 
tannt find. Solche Bilder werden gewöhnlich ins 
Feuer geworfen und der Silbergehalt geht verloren. 
Die Affiniranstalten, welche sogar den Kehricht aus 
den Werkstätten der Goldarbeiter aufkaufen, verstehen 
s aber vortrefflich, das edle Metall wieder an das 
Tageslicht zu fördern, und daher bitten wir unsere 
Freunde, auch für diesen Artikel ein aufmerksames 
Muge zu haben.“ 
FAls der Kronprinz neulich Küstrin 
zassirte wurde derselbe auf dem Bahnhofe von 
ämmtlichen Siabsoffizieren der Garnison und den 
Spitzen der Civilbehörden empfangen. Drei kleine 
Mädchen überreichten dem Kronprinzen ein Bouquet 
rus weißen Rosen und Myrthen mit folgenden 
zriginellen Versen: 
Wir bringen diesen Blumenstrauß 
Für Deine liebe Frau, 
And wenn Du wieder kommst nach Haus, 
Bestell' es auch genau. 
Der Kronprinz war sehr leutselig und versprach, 
»as Bouquet abgeben zu wollen. 
fFFriedrichsstadt (Kurland), 5. Juli. 
Bestern Nachmittag ist hier Feuer ausgebrochen. 
Dasselbe zerstörte gegen fünfzig Gebäude, darunter 
»as Postamt. 2000 Pud Flachs verbrannten. 
Menschenleben sind nicht zu beklagen. 
F Die deutsche überseeische Aus— 
vanderung über deutsche Häfen und Antwerpen 
»etrug im Maind. J. 25,184 Personen, in den 
Donaten Januar bis Mai 80,818; im Vorjahre: 
27.537 beʒw. 102,324. 
f (Durch Blumen erstickt. Zwei Jung⸗ 
erheirathete, die Eheleute Rigour, Blumengärtner 
n Joinville le Pont, bei Paris, hatten kürzlich mit 
hren Großeltern zu Abend gespeist, worauf diese 
ich zurückzogen, während das Ehepaar noch einen 
leinen Spaziergang im Garten machte. Da die 
zuft indeß kühl war, zogen sie sich in das Treib⸗ 
zaus zurück, setzten sich zwischen die Blumen und 
chliefen ein. Als am nächsten Morgen ein Gärt⸗ 
ierbursche eintrat, fand er sie zu seinem Schrecken 
odt in ihren Rohrfauteuils sitzen. Es sei noch 
rwähnt, daß das Treibhaus keineswegs von den 
leinen ist, sondern 20 Meter Länge und 5 Meter 
zreite hat. 
fF Ueberdas Dampferunglückin Glas— 
zow liegen weitere Berichte vor. Das Schiff sollte 
im Mittwoch gehoben werden, was jedoch trotz aller 
Unstrengungen nicht gelang. Die Taucher haben 
zie Leichenbergungsarbeiten eingestellt, da der Zu⸗ 
zang zum Maschinenraume, der ihrer Aussage nach 
nit Leichen ganz angefüllt ist, sich zu gefährlich 
erwiesen hat. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, 
daß mindestens 152 Personen ihren Tod gefunden 
jaben. Bisher wurden nur 52 Leichen geborgen. 
Die Koͤnigin hat an den Oberbürgermeister von 
Blasgow von Windsor aus ein Beileidstelegramm 
gerichtet. 
F(Aus dem Lande der Zwerge.) Unter 
den in Kairo eingebrachten Kriegsgefangenen aus 
Süden befinden sich, wie ägyptische Blätter melden, 
ein Mann, der etwas über drei Fuß hoch ist. Er 
oll dem Stamme der Tikitiki angehören, welche 
aß Maaß selten überschreiten. 
F Der Krieg durch die Frauen entschieden! 
Der Ausschuß der internationalen Friedens und 
—A 
n welcher er die Frauen aller Länder und aller 
Stände auf den Wwecdk der Gesellschaft: die Zwistig⸗ 
Ver mischtes. 
fF Rüdesheim, Anfangs Juli. Von hier 
us schreibt man der „Köln. Volks-Z3.“: Seit 
1868 ist der Wein nicht so früh und so glücklich 
zurch die Blüthe gegangen, wie im gegenwärtigen 
zahr; wir sind volle sechs Tage jenem gesegneten 
Jahr voraus, und das will viel bedeuten. Kommt 
licht ein ungewöhnlich ungünstiger Sommer, so 
leht Gutes, ja ganz Ausgezeichnetes zu erwarten. 
In einigen Lagen hat sich allerdings der Heuwurm 
Jezeigt, aber erheblichen Schaden nicht angerichtet. 
lus der Pfalz lauten alle Berichte sehr günstig; 
je ist im buchstäblichen Sinn: Die fröhlich' Pfalz, 
—XXX 
fFGEin eingeschlafener Bräutigam.) 
lus Höchst wird geschrieben: Am Sonntag, als 
ben der Zug 11 Uhr 28 Minuten vormittags von 
sier nach Frankfurt abgefahren war, kam ein Herr 
m Hochzeitsstaate auf den Perron gestürmt, um 
»en Zug noch zu erreichen — allein es war zu 
pät. In höchster Erregung erzählte der Aermste 
iun den Umstehenden sein Mißgeschick: er wurde 
ämlich in Frankfurt von einer zahlreichen Hoch— 
eitsgesellschaft und seiner Braut sehnsüchtig erwartet, 
nit welch' letzterer er um 12 Uhr an den Trau⸗ 
ltar treten sollte. Er hatte, von der zur Zeit 
errschenden Hitze schwer gedrückt, sich zu Hause auf 
em Sopha dem Schlummergotte ein wenig anver⸗ 
xaut — und der hatte ihn richtig sitzen lassen. 
GEGchlafendes Maädchen.) In Braun⸗ 
hweig befindet sich augenblicklich ein 15jähri ges 
Nädchen aus Velpke im Lazareth, das seit 424 
Nonaten in schlafähnlichem Zustande liegt. 
Der bayer. Militärbevollmächtigte in Berlin, 
ßeneral v. Xylander, hat sich, wie die „Nordd. 
üllg. Ztg.“ meldet, einen dreimonatlichen Urlaub 
nach Amerika erbeten; wie es heißt, wird er, 
iber nicht offiziell, den Eröffnungsfeierlichkeiten der 
dord⸗Pacific· Eisenbahn beiwohnen. Die Abreise 
rxfolgt am 25. Juli. (Frau v. Xylander ist die 
inzige Schwester des Präsidenten der Nord⸗Pacific⸗ 
zahngesellschaft, des in Amerika zu so enormer 
Nacht und Reichthum gelangten und von seinen 
glücksgütern so edelherzigen Gebrauch machenden 
zfälzers Heinrich Hilgard.) 
fDie Reichs⸗Oberfechtschule, welche 
zereits so glänzende Resultate erzielte, hat ein neues 
AVXV 
in ihre Getreuen gerichtet: „Schon mancherlei 
„achen sind uns empfohlen und immer kommen 
jeue Vorschläge, von welchen wir freilich manche 
‚aben unbeachtet lassen müssen. Als sehr nutz⸗ 
rxingend sind uns alte Photographien vorgeschlagen. 
kun, wir wollen versuchen, unsere Freunde dafür 
u erwärmen. Dieselben haben bekannilich einen 
zicht unbedeutenden Silbergehalt. Es ist festgestellt, 
aß für photographische Zwecke jährlich sehr viel 
dilber verbraucht wird, dessen Werth auf Hundert⸗ 
ausende von Mark veranschlagt werden kann. 
Nancher hat alte Bilder vor sich, die ihm gar nicht 
nehr ähnlich sehen, denn er ist viel schöner ge⸗ 
vorden, es liegen auch wohl Bilder von Bekannten 
n einem Winkel des Schreibtisches, für welche kein 
interesse mehr vorhanden ist. und in Familien be—