Full text: St. Ingberter Anzeiger

aneten sand durch Abrutschen des Sicherheius⸗ 
„feilers ein Tagesbruch statt, welcher die Streden 
ach dem Forderschacht verschüttete. Von den im 
enannten Flötze beschaͤftigten 20 Bergleuten konnten 
ir 177 gerettet werden; 3 verloren ihr Leben. 
In Leipzig erschoß ein Student aus 
Dresden seine Geliebte, eine dort sich aufhaltende 
Hbinonslose Kellnerin, mittelst eines Revolvers 
lodiete sich darauf mittelst derselben Waffe. 
ne JI Die 11. Pleuarversammlung des deut— 
chen Landwirthschaftsrathes ist auf den 19. 
7 Mis. nach Berlin einberufen. Auf der 
Tagesordnung steht unter anderen wichtigen Gegen⸗ 
anden die Besprechung der Auswanderungsfrage. 
Interessante Versuche in der Luftschifffahrt 
oslen, wie es heißt, naͤchstens von Ingenieurofsigzieren 
Berlin unternommen werden, speziell um aus 
em in belrächtlicher Höhe frei schwebenden Ballon 
hotographische Aufnahmen der Gegend zu bewerk⸗ 
cligen. Frühere Versuche wurden stets nur aus 
iner Höhe gemacht, in der das Feuergewehr des 
Feindes dem Luftschiffer gefährlich werden konnte. 
die Schwierigkeit lag in der Erfindung eines photo⸗ 
rophischen Apparates, welcher trotz der Schnellig⸗ 
i des Steigens ein klares Bild des aufzuneh— 
jenden Bodenabshnitts zu liefern vermag. Die 
xchwierigkeit soll nun glücklich gelöst sein. Mau 
martet nach den bisherigen privaten Versuchen in 
mer Höhe von ca. 1000 Meter bei 6—8 Metier 
zteigung in einer Sekunde das klure Bild eines 
dorfes, sowie eines größeren Bodenabschnitts zu 
ewinnen. 
4Es geht dem „Berliner Courier“ von voll⸗ 
ommen glaubwürdiger Seite die Erzählung von 
inem tragischen Ereigniß zu, das der Erfindung 
edes Romandichters Ehre machen würde, und das 
uf's Neue den Beweis liefert, wie in Wirklichkeit 
ft Dinge geschehen, welche bei Weitem seltsamer 
ind als die Dichtungen der Phantasie. Ein 
zreußischer Offizier Graf B., einem Cavallerieregi⸗ 
nent angehörend, machte den Krieg in Frankreich 
nit und blieb mit seiner Truppe nach Beendigung 
ser Occupations-Armee beigesellt. Er lernte in 
Frankreich ein Mädchen kennen und lieben, das 
uch seinerseits ihm sein Herz schenkte. Indeß kam 
damals eine Verbindung nicht zu Stande, weil 
ie Eltern des Mädchens sich einer solchen mit 
dem verhaßten „Prussien“ widersetzten. Erst nach 
ꝛem Kriege folgte die junge Dame Dem, der sich 
m Stillen mit ihr verlobt hatte, nach Deutschland; 
sort fand die Hochzeit statt und die Eltern machten 
un gute Miene zum bösen Spiel und versöhnten 
ich mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn. 
Nehrere Jahre war das Ehepaar verbunden, als 
elegentlich eines Mandvers der Gatte auf längere 
Jeit die ehemalige Residenz und jetzige Provinzial⸗ 
»auptstadt, welche seine Garnison bildete, verlassen 
nußte. Während dieser Zeit hatten sich die Eltern 
einer Frau zum Besuch anmelden lassen. Er er—⸗ 
sielt dann während seiner Abwesenheit die Rach⸗ 
icht von der Erkrankung seiner Gattin, wobei ihm 
ndeß mitgetheilt wurde, daß die Krankheit ganz 
inbedenklich sei. Seine Schwiegereltern ersuchten 
In indeß, ihre Tochter mit in die Heimath nehmen 
u dürfen, damit sie dort ihre Genesung abwarten 
oͤnne. Der Graf stimmte Dem bei und war nicht 
venig erschreckt, als ihm nach einiger Zeit die 
Nittheilung wurde, daß die Erkrankung seiner Frau 
ine gefährliche und ernstliche Wendung angenom⸗ 
nen habe. Er säumte nach Erledigung seiner dring⸗ 
endsten dienstlichen Obligenheiten nicht, nm einen 
Irlaub nachzusuchen und reiste so schnell als möglich 
u seinen Schwiegereltern nach Frankreich, erhielt 
aber bei seiner Ankunft die Schreckenskunde, von dem 
hereits vor mehreren Tagen erfolgten Tode seiner 
Frau und von ihrer am Tage vor seiner Ankunft 
rfolgten Beerdigung. Erst der Zeit gelang es, 
die Verzweiflung, welche der Graf uͤber den 
rühen Tod seiner Gattin empfand, zu lindern. 
er vermählte sich, nachdem er längere Zeit seine 
xste Frau betrauert hatte, zum zweilen Nale und 
ührte auch mit seinet zweiten Frau eine überaus 
lüchliche Ehe. Da wird ihm eines Tages von dem Be⸗ 
dienten gemeldet, daß eine barmherzige Schwester ihn 
u sprechen wünsche. Er befand fich, als diese 
Neldung stattfand, in Gesellschaft seiner Frau und 
atte kein Bedenken, die sich Meldende in deren 
egenwwart zu empfangen. Wer aber vermag seine 
Empsindungen zu beschreiben, als er in der, mit 
usgebreiteten Armen auf ihn zustürzenden barm⸗ 
jerzigen Schwester seine erste todtgeglaubte Frau 
erlennen muß! Die Aufklärung erfolgte dahin, 
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‚uß diesfelbe durch thre Eltern gewaltsam don ihrem 
Hatten getrennt und in ein Kloster gebracht wor⸗ 
»en war,. aus dem sie trotz allen hierauf gerichteten 
ZSinnens und Trachtens erst jegt hatte entfliehen können. 
Sie hatte nach ihrer Flucht die Reise nach Deutsch⸗ 
and angetreten und die Mittel zu ihrem Fort⸗ 
ommen von mildthätigen Menschen erhalten. Graf 
3. setzte sofort von dem Vorfall seinen Vorgesetz⸗ 
en in Kenntniß, der in dieser Sache keinerlei Ent⸗ 
cheidung treffen mochte und dieserhalb an das 
daiserliche Militär-⸗Cabinet berichtet hat. Wie die 
dinge liegen, muß natürlich die zweite Ehe für 
ingiltig erklärt und die erste wieder hergestellt wer⸗ 
den. In welcher Weise die Rechte der zweiten 
Frau gewahrt werden, und die ganze Angelegenheit 
um endgiltigen Austrag gelangen wird, das kann 
n diesem Augenblicke noch Niemand sagen. 
F Schlesien. Glatz.) Auf eigenthümliche 
Art hat sich in der Nacht vom 1. zum 2. Weih—⸗ 
nachtsfeiertage ein hiesiger Artillerieunteroffizier den 
Too gegeben. Derselbe lud sich auf der Schanze 
str. X. (der sogenannten Leiferschanze) hinter dem 
Angel ein Geschütz mit einer Exerziergranate), stellte 
ich vor die Mündung und gab Feuer. Das Geschoß 
erriß ihm den Unterleib und führte seinen Tod 
uugenblicklich herbei. 
In Marinekreisen macht eine neue Schiff s⸗ 
anzerung, deren Einführung in unserer Ma— 
eine beschlossene Thatsache ist, viel von sich reden. 
Schießversuche auf dein Kunnersdorfer Schießplatze 
jegen das Fabrikat der „Dillinger Hüttenwerke“ 
sjaben zu überaus günstigen Resultaten geführt. 
der in Rede stehende Panzer, „Compound-Panzer“ 
jsenannt, besteht aus einer Vereinigung des Stahls 
nit dem Eisen, und zwar wird der erstere in 
lüssigem Zustande auf die hochroth erhitzten Eisen⸗ 
latten gegossen. Die höhere Temperatur des Stahls 
heilt sich dem Eisen mit, und die Zusammenschweiß⸗ 
ing beider Lagen wird ermöglicht. Gegen auf— 
reffende Geschosse hat sich ein solcher ‚ Compound⸗ 
panzer“ erheblich widerstandsfähiger erwiesen, als 
ie bisherigen schmiedeeisernen gewalzten Platten, 
ind soll in Folge dessen, wie die „Nordd. Allg. 
ztg.“ meldet, die Panzerung der beiden bei der 
A „Weser“ in Bremen im Bau be— 
indlichen Panzer⸗Kanonenboote M und N, sowie 
die eines noch in den Plänen befindlichen neuen 
zroßen Panzerfahrzeuges bereits befohlen worden 
ein. 
FAus Tol nau GOesterreich), 9. d. wird 
der W. Allg. Ztg. telegraphirt: Baron Berg und 
Hraf Bissingen, Husarenlieutenants, brachen heute 
vährend des Schlittschuhlaufens auf der Donau 
ein. Graf Bissingen ertrank. 
f London, 16. Jan. Vergange Nacht fand 
n der Cith eine Feuersbrunst statt, bei welcher 5 
Bersonen todt blieben und 4 verwundet wurden. 
F In der Schwefelgrube Arciprete bei Pa— 
ermo Gtalien) wurden 22 Arbeiter verschüttet. 
Am Dienstag Abend fand ein Anfall auf 
ein deutsches Ehepaar in der ersten Classe 
des Eisenbahnzuges Genua⸗-Alessandra im Tunnel 
von Chiasso (Italien) statt. Der Mann wurde 
zurch Messerstiche, die Frau durch einen Schuß ver⸗ 
vundet. Der Verbrecher — er heißt Romaquole 
— wurde gefangen. In Thun wurde ein erster 
stotar, Bürki, wegen Mitschuld verhaftet. 
F Der Brand des Circus in Berditscheff. 
leber das gräßliche Unglück in Berditscheff geht 
dem W. Extrabl. nachstehender Bericht zu: Seit 
twa zwei Wochen befand sich hier der Circus 
rostali und das aus Holz aufgerichtete Productions- 
ebäude, welches über 600 Menschen faßt, steht 
uf einer Wiese, eiwan4 Stunde außerhalb der 
tadt. Samstag Abend fand das Benefiz der be⸗ 
ijebten Kunstreiterin Liosset statt und war der 
Fircus dicht gefüllt. In Berditscheff wohnen mehr 
ils 40,000 Juden, und daher kam es, daß unter 
en 600 Besuchern des Circus etwa 500 Juden 
varen. Nach der 5. Nummer, während einige 
Flowns ihr Possenspiel trieben, stürzten Circusbe⸗ 
ienstete in die Manege und riefen: „Groze! Groze!“ 
„Es brennt! Es brennt!“) Gellende Schreckens⸗ 
ufe erfüllten den Raum. Von den Galerien 
prangen Leute herab und einige blieben mit den 
daftans an Nägeln hängen, so daß sie frei in der 
ruft schwebten, Vuter und Mütter bemächtigten sich 
er Kinder und warfen sie in Verzweiflung über 
zie Brüstungen auf die mit weichem Sand be— 
treute Reitbahn, wo eben wegen der Clowns⸗ 
tBraduktionen ein dicker Teppich ausgebreitet war. 
derselbe war bald von Kindern bedeckt, nun aber 
prangen oom Parterre und von den Amphitheater⸗ 
zen die älteren Leute hinab, so daß bald ein 
dnäuel von Menschen sich bildete. Es ist sebst⸗ 
erständlich, daß die Kinder zumeist erdrückt wur⸗ 
den und erstickten, bevor die Flamme das Circus- 
jebäude selbst ergriff. Die Verwirrung war aufs 
— 
ẽtwa zehn Pferde, die sich vor den Flammen 
cheuten, rasten in die Manége und galloppirten, 
auf die Menschenleiber tretend, wüthend herum. 
Im Verlaufe von kaum 20 Minuten stand der 
Lircus vollständig in Flammen. Für diejenigen, 
velche in demselben sich befanden, gab es keine 
Rettung mehr! Sie verbrannten oder erstickten. 
UIund es waren mehr als die Hälfte der Anwesenden, 
velche umkamen. Beim Ausgange sollen, nach den 
Berichten von Augenzeugen, Kämpfe auf Tod und 
ꝛeben vorgekommen sein. Zu allem Unglück kam 
ioch, daß die Spritze der Feuerwehr, als sie über 
das Eis fuhr, einbrach und erst mit Hilfe von 40 
Mann freigemacht werden konnte; auch mußten erst 
2 Fuß tiefe Locher in die Berdivicza geschlagen 
verden, um auf Wasser zu kommen. Unter den 
Berbrannten dürften sich nach den oberflächlichen 
Schätzungen 60 Kinder, 120 Frauen und 90 
Männer besinden, darunter auch sehr viele Fremde, 
da gerade der große Häute- und Ledermarkt statt 
indet. In den Straßen rennen die Leute wie 
vahnsinnig herum, raufen das Haar und zer⸗ 
eißen die Kleider und jammern und wehkhlagen. 
Die Ursache der Katastrophe ist bereits ermitielt. 
In dem angebauten hölzernen Stalle hatte ein 
lufwärter Cigaretten geraucht und das Stroh, auf 
veichem er lag, entzündete sich. Zwei Clowns, 
Allowis und Werton, angeblich Eugländer, sind 
sverbrannt. Von 31 Pferden konnten nur 4 ge⸗ 
rettet werden. Wie es heißt, soll auch die Kunst⸗ 
reiterin Liosset unter den Vermißten sich befinden. 
F Madrid, 17. Jan. Gestern Vormittag 
vurden in Archena, Murcia, Alcantarilla, Beniajan 
nehrere Erdstöße verspürt; Menschenverluste kamen 
nicht vor. 
F Eine förmliche Prügelei) setzte es 
nieser Tage in der Deputirtenkammer zu Alhen ab. 
kin ministerieller Deputirter und ein Opofitions- 
nann bearbeiten sich mit Krückstock und Ohrfeigen. 
Der erstere schleudert seinen Gegner auf den Tisch 
des Unterrichtsministers Lombardos, dem vor Schreck 
die schwarze Zipfelmütze abfällt, die er stets trägt. 
Neuer Applaus! Mehreren Deputirten, welche inter⸗ 
denieren, werden die Röcke, einem sogar die Bein⸗ 
leider total zerrissen! Auf dem dunkler. Teppich 
vor der Rednertribüne fließt ein schmutziger Tin— 
ensee, in welchem sich die beiden Streuͤhähne wie 
esessen umherwälzen. Der Präsident Valaorites 
st außer sich. Umsonst gebraucht er die Glocke, 
zuf die niemand hört. Verzweifelt setzt er seinen 
Zut auf und verläßt die Aula. An den Thüren 
erscheint Militär, das aber nicht einzudringen wagt. 
Auf den Gallerien fallen zwei Damen aus Furcht 
u Ohnmacht. Endlich gelingt es, den wüsten 
näuel mit Gewalt zu enswirren. Beide Duellan⸗ 
ten waren mit Blut überströmt. 
Pelesch⸗Märchen betitelt sich das neueste Werk 
der Königin Elisabeth von Rümänien, oder 
wie sich die gekrönte Dichterin in der literarischen 
Welt nennt: Carmen Silva. Den Namen haben 
die im Original Deutsch geschriebenen Märchen 
yon dem Schloß Pelesch, das König Karl von Ru—⸗ 
mänien seiner Gemahlin bauen ließ und das in 
einer märchenhaft reizvollen Landschaft den Lieb— 
ingsaufenthalt der Königin bildet. In wenigen 
Wochen erscheinen die Märchen 'im Verlage von 
Wilhelm Friedrich in Leipzig. Wie Königin Elisa⸗ 
»eth die reizendste Herrscherin ist, die wohl je einen 
Thron geziert, ist sie auch eine der geisivollsten 
Frauen, deren Haupt je das Diadem geziert. 
F (Abraham und Isaac.) In Los 
Angeles im südlichen Californien hat ein Bürger 
yon gutem Ruf, Namens John Smith, im religi⸗ 
»sen Wahnsinn seinen Sohn in Anwesenheit der 
Mutter Gott zu Ehren geschlachtet. Smith brütete 
in den letzten Wochen Tag und Nacht über der 
Bibel und glaubte endlich nachdem er die Geschichte 
yon Abraham's Bereitwilligkeit, seinen Sohn Isaac 
zu opfern, wieder und immer wieder gelesen, daß 
er auch dem allmächtigen seinen zwölfjährigen Sohn 
Benjamin, sein einziges Kind zum Opfer darbringen 
nüsse. Er seßzte seine Frau und seinen Sohn 
non dieser seiner Ueberzeugung in Kenntniß und 
edete und predigte solange und eifrig, daß er 
iuch Mutter und Kind glauben machte, das gräßliche