St. Jugherter Amzeiger.
Amtliches Organ des könial. Amtsgerichts St. Inagbert.
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kofstet vierteljährlich 14 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 H, einschließlin
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 H, bei Reclamen 830 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
M 131.
18. Jahrg.
—
Montag, 9. Juli 1883.
iti Zuschauer mit Lächeln oder Kopfschütteln — je
Volitische Ueberficht. nachdem, — an verschiedenen charakteristischen Vor⸗
Deutsches Reich. ommnissen auf anderweitigem Gebiete erkennen.
München, 7. Juli. Der König verlieh dem So ist es mehreren Eisenbahn⸗Reisenden in jenen
reußischen Finanzminister v. Scholz das Groß— Lagen begegnet, daß sie Zeuge sein durften, wie
reuz des Verdienstordens vom heiligen Michael. ie „fahrenden Schüler“, welche die Realschule und
Zu der Nachricht der „Donau⸗Zeitung“, daß das Gymnasium besuchen, in den Kupees regelrecht
me Herabsetzung des Malzaufschlagens ebattirten mit den wuchtigen Schlagwörtern für
on 6 M. auf 5 M. pro Hektoliter Malz in und gegen Fortschritt und Nationalliberalismus,
en Kreisen der bayerischen Reichsräthe geplant pro und kontra Sartorius und Mahla. Ja, wo
a, bemerkt ein Berichterstatter des Nürnberger die Worte und Gründe nicht mehr ausreichten, wo
Corr.“, daß ein solcher Antrag wenig Erfolg haben der Fluß der Debatte zu versiegen oder zu ersticken
zürde: „Die Staatsregierung hat, als sie den An- drohte, da wurde das eage Kupee zum Ringplatz
cag auf Erhöhung des Malzaufschlages einbrachte, und neugierige Gesichter schauten über die Zwischen⸗
ne Erhöhung von 4 auf 5 M. beantragt; der vände dem homerischen Männerstreite in der un⸗
amalige Stand der bayerischen Finanzen aber jewohnten Arena zu. Als Schreiber dss. am Abend
orderte eine Erhöhung auf 6 M., wollte man des 26. Juni, einen Tag nach der Wahl, seine
icht zur Exhoöhung der direkten Steuern greifen, iebzehnjährige Nichte, ein sonst ganz harmloses
ad diese sind bei'm bayerischen Landtag das noli Zagffschchen, begrüßen wollte fand er sie eben höchst
ne tangere. Dazu kam die Erwägung, daß bei umufgeregt aus dem Mädchenkranz heimgekehrt. Auch
mer Erhöhung auf 5 M. bei der Untheibarkeit bort bei Kaffee und süßem Gebäck mit Kirschen-
es Reichspfennigs (der halbe Reichspfennig existirt Belee hatte es nämlich Wahldebatten und Wahl⸗
in praxie nicht, die als solcher gesetzlich geliende ntrüstungsschreie gegeben, ja durch vorsichtige Um⸗
ite bayerische Hellermünze findet sich nur mehr in rage halle man entdeckt, daß mehrere der zarten
umismatischen Cabineten) für den Consumenten Nitglieder des Kränzchens mit Vorliebe das „Land.
och die Erhöhung auf 6 M. eintreten würde bei Igbl.“ lasen, dagegen den „Anzeiger“ und die
der Halbe Bier, die er trinkt, so daß der Bier⸗ Neustadter Zeitung“ über die Achsel ansehen.
reis von Seite des Fabrikanten schließlich unter Das war meiner sonst so sanften Richte doch zu
zerücksichtigung eines Aufschlages von 6 M. feste tark, es hatten heftige Auseinandersetzungen sich
estellt würde. Alle die Erwägungen bewirkten, ibgespielt und das aufgeregte Dämchen versichert
aß im Finanzausschuß zur größten Freude des mir ihren festen Entschluß, derartige „gemischte“
inanzministers, allerdings zum Schrecken aller Besellschaften forten zu meiden! Auch Zeichen der
Irauer, aus der von der Regierung beantragten Zeit — aber kaum sonderlich erbauliche.
zrhöhung von 4 auf 5 M, eine solche auf 6 M. Frkth. Tgbl.)
qurde. Die Reduction desselben auf 5 M. würde —
men Einnahmeausfall von rund 5,300,000 M.
333 Das ertragen die bayerischen Finanzen
it.“
Potsdam, 7. Juli. Die Frau Prin—
»in Wilhelm ist heute früh nach 6 Uhr
on einem Prinzen glücklich entbunden worden.
drinz Wilhelm ist bekanntlich der älteste Sohn
es deutschen Kronprinzen; seine Gemahlin ist eine
eb: Prinzessin von Sonderburg⸗ Augustenburg; der
deugeborene ist bereits der zweite Sohn; der erste,
rriedrich Wilbelm, ist gebpren am 6. Mai 1882.)
Ausland.
Paris, 7. Juli. Das Journal de Paris
neldet, die Truppen Desbordes wurden nach erfolg⸗
eichen Kämpfen am oberen Senegal vom Typhus
cgriffen. Die Krankheit hat sich so ausgedehnt,
aß der Commandant des Transportschiffes Garonne
ch weigerte, die Soldaten einzuschiffen, indem er
r die Schiffsmannschaft in Mitleidenschaft
—XR
Frohsdorf, 8. Juli. Ueber die Unterred⸗
ng, welche Graf Chambord mit den Prinzen von
leans hatte, soll sich der Graf befriedigt aus⸗
sprochen haben. Der Papst hat dem Grafen
hambord telegraphisch seinen Segen gesandt. Das
efinden des Grafen hat sich etwas gebessert. Die
brechungen haben aufgehort.
London, 7. Juli“ Das Unterhaus verwarf
„30 gegen 114 Stimmen den Anirag Masons,
parlamentarische Wahlrecht auf Frauen auszu⸗
unen, welche bereits municivale Rechte ausüben.
»Ct., Oberbayern 27,5 pCt., Mittelfranken 21,9
Ct., Oberfranken 16,6 pCt., Unterfranken 13,8
»Ct. und die Pfalz 5.2 pCt. In Niederbayern sind
336 Pfuscher verzeichnet, um 13 mehr als im Vor⸗
ahre. In diesem Regierungsbezirke bietet der
„Bayerische Wald“ den günstigsten Boden für das
Bfuscherthum; der Mangel an ärztlichem Personal
nag Einiges dazu beitragen, sicher aber auch die
aiedrige Bildungsstufe und der dem Waldbewohner
eigenthümliche Hanug zum Aberglauben.
F Saarbrücken, 6. Juli. In Burbach
explodierte heute morgen 5 Uhr der Dampf⸗
esssel des neuen Hohofens Nr. 4 mit weithin
önendem furchtbaren Knall. Ein schwerer eiserner
S„chwengel, hoch in die Luft geschleudert, fiel nach
er „Sbr. Zt.“ in das Bassin in der Nähe des
dohofens. Die Explofion hat große Zerstörungen
ingerichtet, glücklicherweise ist jedoch kein Mensch
zeschädigt worden.
F Merzig. Die „M. Zig.“ schreibt: Kam
da Abends ein ziemlich gut gekleideter Bursche in
eine hiesige Wirthschaft, legte ein Paket neben sich
uuf den Tisch und bestellte sich Essen und Trinken
nach Herzenslust. Dann gönnte er sich noch ein
urzes Schläfchen. Plötzlich sprang er aber mit
»em Ausruf auf: „Ich hatte doch zwei Pakete,
etzt habe ich das eine bei N. liegen lassen!“ Unter
Zurücklassung des vorhandenen ging der Gast hin⸗
ius, das Verlorene zu holen; aber wer nicht mehr
viederlam, war unser Pfiffikus. Das Paket
enthielt nur Holzspähne und Papier.
F(Eine seltene Operation.) Auf
einem der Krankenzimmer der Klinik des Professors
Nothnagel in Wisen wurde eine Bluttransfusion
usgeführt. Diese Operation wurde in einzelnen
Fällen vollzogen, wo es sich um schwere Blut⸗
derluste handelte. Doch die Erfolge mit Lamm⸗
und auch mit Menschenblut waren derart ungünstig,
daß man zu einem besseren Mittel griff, auf welches
nehrere Physiologen hingewiesen haben, nämlich zu
iner Kochsalzloͤsung von 6 per Mille mit 2 Tropfen
roncentrirter Sodalösung alkalisch gemacht. Eine
olche Kochsalzlöäsung wurde auch in dem heutigen
Falle angewendet, wo es sich um einen noch jungen
Mann handelte, der in Folge euormer Blutverluste aus
einem Magengeschwür so heruntergekommen war, daß
nan jeden Moment sein Ende in Folge der Herz⸗
schwäche erwarten mußte. Es wurde eine Ober⸗
armvene bloßgelegt, angeschnitten und in die Oeff⸗—
nung vorsichtig eine trichterförmige Canüle eingesenkt,
die mit einem einen Meter langen Schlauch in
Verbindung stand, durch dessen oberes Ende von
der erwähnten Flüssikeit ca. 1.5 Liter dem Gefäß—
yystem des Patienten einverleibt wurden. Schon
vährend der Operation erholte sich der bewußtlose
Zranke, und es ist zu erwarten, daß sein Leben
zurch diese Operation, welche von dem Assistenten
)es Professors Billroih, Herrn Ritter v. Hacker,
nit ausgefuͤhrt wurde, erhalten bleiben wird.
fGbenteuerliche Seereise.) Auf der
Themse kam am 3. Juli ein kleines offenes Boot
ius Norwegen an, welches mit seinem Insassen
William Johnson aus Christiansand die Reise von
Dronsheim nach London — eine Distanz von etwa
1000 Seemeilen — in dem Zeitraum von 33
Tagen zurückgelegt hatte. Das Boot ist nur 24
Fuß lang, 510 Fuß breit, 2 Fuß tief und heißt
der „Neptun“; Capitän Johnson hatte oft mit
Wind und Wetter zu kämpfen und konnte nur bei
rünstiger Witterung etwas Schlaf genießen.
Vermischtes.
FBayern. Dieser Tage ist das neue Mi—⸗
litärhandbuch des Königreichs Bayern erschienen.
Auß demselben ist u. A. zu ersehen, daß die aktive
»ayerische Armee dermal 46 Generäle 41 Offiziere
des Zeug⸗ und Feuerwehrkorps, 13 Gendarmerie⸗
ffiziere, 2037 andere Offiziere, und zwar 40
Obersten, 56 Oberstlieutenants, 148 Majors. 441
dauptleute, 432 Premier- und 814 Secondelieu⸗
enants, besitzt, die Zahl der Offiziere des Beurlaubten⸗
tandes beträgt 1441, die Zahl der Militärärzte 325.
Dem Präsidium des bayerischen Veteranen⸗,
drieger⸗ und Kampfgenossen-Bundes
agen in seiner letzten Monatssitzung 91 im Monate
Juni eingelaufene Unterstützungsgesuch vor. Von
diesen wurden 17 theils abgewiesen, theils wegen
veiter zu pflegender Erhebungen zurückgelegt. Für
die verbliebenen 74 Gesuche wurden 975 M. ge⸗
jehmigt. Von den Gesuchstellern haben 57 die
Feldzüge 1866 und 187071 und 2 den Feldzug
2849 mitgemacht. Das Leiden von 6 Gesuch⸗
tellern datirt noch aus dem Feldzuge 1870/71.
Unter den genehmigten Gesuchen befanden sich 7
on Wittwen verstorbener Bundesangehöriger. Im
jeurigen Jahre wurden nun 10,410 M. für Unter⸗
tützungen verausgabt.
Das gesammte Pfuscherkontingenti Bayern
hestand nach einer eingehenden Statistik der zur
Ausübung nichtapprobirten Personen vom kgl. Rath
Dr. Karl Majer im „Aerztl. Intelligenzblatt“ Ende
1882 aus 10606 Männern und 411 Weibern; er⸗
dere haben im Vergleiche mit dem Vorjahre um
27 abgenommen, letztere aber um 5 zugenommen.
luf je 100,000 Eiwohner treffen nichtapprobirte
heilkünstler im Jahre 1882 auf Niederbayern
5.7 pCt., Schwaben 50.8 pCt., Oberpfalz 27.9
dokale und pfälzische Nachrichten.
* Wie groß in der vergangenen Woche in den
lädten des Wahlbezirls Landau-Neustadt
Vahlaufrequng war, konnte der unbetheiligte