Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
zlan und Sonntags mit Vseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljiährlich 1 .X 40 3 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.24 75 3, einschließv 
0 ß Zustellungsgebüuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 4, dei Neclamen 0 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 133. 
Donnerstag, 12. Juli 1883. 
—18. Jahrg. 
Politische Uebersicht. deren feste und weise Politik vertrauend, zur Tages⸗ 
yrdnung über.“ 
Deutsches Reich. Ein neues Lebenszeichen der Nihi⸗ 
In ihrer jüngsten „Wochen-Rundschau“ schrieb listen. Die russische Revolutionspartei giebt wieder 
e „Straßb. Post“ u. A.:; „In Bayern ist die in Lebenszeichen. Das „Executivcomité hat soeben 
‚olitik ganz untergetaucht, und die Kuͤnst schwingt inen neuen „Kriegslan“ ausgegeben, von dem das 
Ir mildes Szepter unumschränkt. In Bayreuth N. W. Tagebl.“ Kenntniß erhalten haben will. 
egannen die Aufführungen von Richard Wagners der Plan führt den Titel, Podgotowiteljnaja ra- 
Parsifal“, und in München ist die internationale dota qartiji“ („Vorbereitungsarbeit der Partei“) 
runstausstellung, die dritte unter der Regierung ind besteht aus sechs Abschnitten nebst einer Ein⸗ 
es jezigen Königs, feierlich eröffnet worden. Diese eitung. Diese Abschnitte sind betitelt: 1) Central 
erfolge auf idealem Gebiete geben ein schönes Relief Arganisation; 2) Spezial⸗ und Lokal⸗Ornanisation; 
mder durch nationale Großthaten ausgezeichneten 3) ftädtische Arbeiter; 4) das Heer; 5) die Intel⸗ 
zolitik der Regierungszeit König Ludwigs II. igenz und die Jugend, und 6) Europa. Die 
Darmstadt, 10. Juli. Die Kammer ge⸗ dauptsächlichsten Aufgaben der Vorbereitungsorbeiten 
eomigte den Gesetzentwurf wegen Erbauung von ind nach den vorsichtig aufzunehmenden Mitthei— 
ʒecundärbahnen und Errichtung einer stehenden ungen des genannten Wiener Blattes folgende: 
zrücke über den Main bei Kostheim. 1) Schaffung einer centralen Kampforganisation, 
Berlin, 10. Juli. Der Reichsanzeiger ver⸗ die fähig wäre, einen Aufstand in Rußland zu be— 
sentlicht das Gesetz betreffend die Feststellung des zinnen: 2) Schaffung einer provinzialen revolutio⸗ 
deichshaushaltsetat pro 1884 85; ferner das Gesetz ären Organisation, die fähig wäre, den Aufstand 
etreffend die Aufnahme einer Anleihe für Reichs— u unterstützen; 8) Sicherung von Arbeiterkräften 
eer⸗, Marine⸗ nund Reichseisenbahnenzwecke. ür die Unterstützung des Aufstandes ꝛc. Viel weit⸗ 
Bie gemeldet wird, erholt sich Fürst Bis⸗ aufiger ist der wene LAbschuin üuber die specielen 
narck nur langsam und wäre die auf Samstag und localen Organisationen, denen eine besondere 
plant gewesene Abreise von Friedrichsruhe nach Bedeutung in Bezug auf die Vorbereitung der Re⸗ 
issingen bis auf Weiteres verschoben. Aus diesem dolution und für den Fall des Ausbruches derselben 
„runde hat auch der russische Botschafter Graf Or⸗ eigemessen wird. Im dritten Abschniit wird von 
f nicht empfangen werden können. »en städtischen Arbeitern gesprochen, auf welche für 
Ausland. den Fall der Revolution in Rußland ein gleich 
Was selbst in den Jahren 1871 und 1872, srokes Gewicht wie anf · das Minär gelegt wird 
amittelbar nach dem deutsch⸗französischen 
driege, in Paris nicht möglich war: die 
ründung eines Blattes, dessen Ziel — Kampf 
egen Deutschland bezw. Preußen bis aufs Messer 
fich schon in dem Titel manifestirt, das hat sich 
zzt in einem Zeitpunkt, da sich die Kabinelle don 
erlin und Paris gegenseitig mit der ausgesuchtesten 
)elilutesse behandeln, trotzdem vollzogen. Damals 
ußte ein in Paris unter dem Tilel „L'Anti- 
rusien“ gegründetes Blatt schon wenige Tage 
ach seiner Geburt aus der französischen Kapitale 
ichten und in Lyon Zuflucht suchen. Heute er⸗ 
deint in Paris unter dem gleichen Titel ein 
zues Preßorgan, ohne nur im Geringsten 
kommodirt zu werden, im Gegentheil man reißt 
ch um das wöchentlich einmal herausgegebene 
»oublättchen, o daß die ganze Auflage binnen ein 
aar Stunden vergriffen ist. In seiner Proben⸗ 
ummer bringt der „Anti-Prussien“ einen Artikel, 
„Vertheidigen wir uns!“ betitelt ist. 
mit Bayonetten und Kanonen will der Anti— 
reuße“ über uns herfallen, nur unserer Industrie 
v ‚er den Garaus machen, und darum plaidirt 
ur die Beseitigung des Artikels 2 des Frank⸗ 
ner Friedensvertrages, wonach bekanntlich Deutsch⸗ 
din Handels· und Zollangelegenheiten das Recht 
Meistbegünstigung garantirt ist. Daneben will 
„Antie Preuße alle deutschen Geschäftsleule aus 
nnkreich vertreiben und wird zu dem Zweck eine 
Proskriptionsliste derselben veröffentlichen. 
aentich wird die deutsche Regierung nicht zögern, 
uin Frankreich lebenden Deutschen gegen etwaige 
hereien wirksam zu schützen. 
bð franzsösische Deputirtenkammer nahm 
p jenstag nach Beantwortung der Tonkin⸗In⸗ 
Ieten durch den Minister des Aeußern, Challe⸗ 
prour— mit 391 gegen 82 St. folgende Tages⸗ 
8 an, welche ein Vertrauensvotum für die 
* ung enthält: „Nachdem die Kammer die Er— 
ngen der Regierung aehört han gen sie 
Täglich wandern Frauen und Mädchen in die um— 
liegenden Gemeinden, um die schönen Früchte zu 
verkaufen und bringen so manches Markstück heim. 
An den Werktagen gehls dann per Wagen nach 
den nahen Städten und in's Preußische, wo sich 
immer ein guter Absatz findet. Hoffentlich werden 
in den Nachbarorten Wolfersheim's diese greifbaren 
Erfolge der Kirschenkultur nicht unbeachtei bleiben! 
— Dem Georg Klink von Patersbach, 
Kanton Kusel, wurden auf der internationalen land 
wirthschaftlichen Ausstellung zu Hamburg 5 Preise 
für ausgestelltes Vieh zuerkannt, und zwar der 1. 
Preis für Fassel 300 M., 2. Preis für Fassel 
150, M., IJ. Preis für Kühe 200 M., 2. Preis 
für Kühe 120 M., 1. Preis für Kalbinen 150 M., 
im Ganzen 950 M. Die Züchter des Glanviehs 
können mit diesem Ergebniß sehr zufrieden sein. 
— In Kaiserslautern hat sich am Mitt- 
woch Abend der hoch in den sechsziger Jahren 
tehende Tagner Michael Schneider, welcher seit 
angerer Zeit an einem Magenübel litt, welches sich 
jeute Abend in so unangenehmer Weise geltend machte, 
daß seine Frau den Arzt rufen mußte, in Abwesen⸗ 
heit derselben erhängt hatte. Die wiederholt ver— 
suchte That war diesmal gelungen, indem alle 
Wiederbelebungsversuche vergeblich blieben. Die Leiche 
wurde sofort in's städtische Leichenhaus verbracht. 
— Die „Pfaälz. Volksztg.“ schreibt aus Kan— 
sersla utern: Eine Hochstaplerin ist in unserer 
Stadt gewiß etwas seltenes und doch hat eine solche 
seit Monaten ihr Unwesen hier getrieben, und gar 
manche Familien, darunter recht unbemittelte, um 
ihr ganzes Hab und Gut gebracht. Dieselbe gab 
an, aus Rorheim durch die Ueberschwemmung 
vertrieben worden zu sein, und erklärte sich später 
bei den Leichtgläubigen als uneheliche Tochter des 
Zönigs von Wuͤrttemberg und Besitzerin des Schlosses 
Solitude, auf dem sie geboren sei. Im Laufe der 
letzten Woche verschwand die hohe Dame, ohne 
eine Spur zu hinterlassen. Der kgi. Staatsbehöede 
wurde Anzeige gemacht. 
—Aus Sembach werden der „Kais. Ztg.“ 
zwei seltene Fälle von Ehen mitgetheili. Dort'ist 
ein Mennonit mit einer Katholikin verheu 
rathet, und ihr ehelich erzeugtes Kind lassen die 
khegatten im protestantischen Glauben er— 
„iehen. In Mehlingen dagegen ist ein Jsraelit 
mit einer Protestantin verheirathet. Die Knaben 
ind Israeliten und die Madchen Protestanten. In 
zeiden konfessionell gemischten Fällen seien die ehe⸗ 
ichen Verhältnisse so musterhafi, daß sie Nichts zu 
vünschen übrig lassen. 
— Landan, 10. Juli. Dem „Eilboten“ 
schreibt man: Gestatten Sie einem Norddeutschen, 
der den letzten Tag des Schützenfestes in Edenkoben 
nitgemacht hat, seiner Bewunderung über einen 
Umstand Ausdruck zu geben, der ihm bei diesem 
Anlasse ganz besonders aufgefallen ist. Wenn bei 
uns ein Fest gefeiert wird von dem Umfang und 
der Frequenz des Schützenfestes in Edenkoben, so 
ist man an die Entfaltung einer großen Polizeimacht 
Jewöhnt. Wohl habe ich auch in Edenkoben einige 
Hendarmen und Polizisten auf der Straße gesehen, 
nirgends aber konnte ich wahrnehmen, daß einet 
derselben Anlaß zum Einschriiten bekommen hätte. 
Bei einer Menschenmenge von 20, 000 Köpfen will 
das aber schon etwas heißen. Mit richtigem Takte 
ind in Würdigung des Volkscharakler überließ 
nan das Publikum sich selbst und, wie mich der 
Augenschein belehrte, man that wohl daran. Ob— 
vobs es an angerauchten önfen nih febsan zãA 
F 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 12. Juli. Bei dem am 
Dienstag über unsere Stadt hinziehenden Gewitter 
ichlug der Blitz in der Gehnbach (gegenüber dem 
Schlackenberge) in eine Eiche ein. Der große und 
tarke Baum wurde durch die furchtbare Gewalt des 
Blitzes vollständig zerschmettert. 
*In Hassel sftürzte vor einigen Tagen der 
densionirte Bergmann Fr. Grund, dessen Frau 
rank zu Bette lag, im Zustande der Schlaftrunken⸗ 
jeit aus einem Fenster des zweiten Stockes seines 
dauses. Derselbe erlitt dabei, wie uns mitgetheilt 
vird, 2 Rippenbrüche und einen Schlüsselbeinbruch. 
R. Breitfurt, 10. Juli. Gesiern begann 
sier die Kornernte und wird dieselbe voraus— 
ichtlich der guten Witterung, bald beendet sein. 
das Korn steht durchschnittlich etwas dünn, was 
inen Ausfall an Stroh bedingt, aber es hat sehr 
jut geladen und wird deßhalb einen reichen Körner— 
rtrag liefern. Die Qualität der Körner wird eine 
ehr gute sein, wie sie von vielen Vorjahren nicht 
rreicht wurde. Es stehen viele Aecker mit sehr 
chönem Korn, sehr viele Aecker mit mittelmäßigem 
dorn und auch solche mit schlechtem Korn da— 
Der Weizen steht meistens sehr schͤn; Ausnahmen 
zibts ja immer und auch Gerste und Hafer 
assen auf einen guten Ertrag hoffen. Folglich 
stteht es bei uns nicht so schlimm, wie Viele sich 
vorsagen. Nur den Kartoffeln muß ein durch. 
weichender Regen aufhelfen, und zwar recht balb. 
Ueberhaupt hatten wir an der mittlern Blies nur 
ehr selten und sehr wenig Regen und ist es nur 
)en hie und da die Vegetation erquickenden 
Spritzern zu verdanken, daß die Feldfrüchte 
aͤberhaupt noch so bei uns stehen, wie sie eben stehen. 
—tt. Von der Blies, 10. Juli. Die 
dirschenernte ist dieses Jahr eine sehr gute 
zuu nennen, und hat besonders die Gemeinde Wol⸗ 
tersheim einen greifbaren Mußen von derselhen