Full text: St. Ingberter Anzeiger

es solle damit die Wüste Sahara ausgekehrt 
werden.) 
Vom oberen Gebirg, wird dem „Pf 
g.“ geschrieben: Wenn in diesem Jahr kein vorzüg⸗ 
licher Wein wachsen sollte, so sind daran die 
Prophezeier nicht schuld. Seitdem die glühenden 
Sonneustrahlen den Wärme liebenden Weinstock in 
seinem Wachsthum und in der Traubenbildung so 
vortheilhaft entwickelt haben, daß die Trauben, die 
vor 4 Wochen zu blühen begonnen, bereits halb 
ausgewachsen sind, so müssen Jetzt alle alten Sprüche 
und' Kalenderregeln und besonderen Wahrzeichen 
zum Beweise dienen, daß der „Stich wein“ be— 
reits beschlossene Sache ist. Vor kaum 14 Tagen 
lamentirten dieselben Leute, daß der Wurm die 
Trauben fresse, daß die Traubenkrankheit sogar den 
Festjubel auf dem Schützenfest gestört habe, daß es 
uüberhaupt wenig Trauben gebe u. dgl. Soviel 
steht indessen fest, daß infolge des guten und recht⸗ 
zeitigen Verlaufs der Traubenblüthe und der seit⸗ 
herigen warmen Witterung unsere Reben mit ge⸗ 
junden, halb ausgebildeten Trauben ziemlich gut 
beladen sind, so daß sich erfahrungsgemäß ein recht 
guter Ertrag erwarten läßt, wenn nicht besonders 
schädliche Einflüsse die Traubenreife stören. Gegen 
die Traubenktankheit ist das richtig angewendete 
Schwefeln ein sicheres Mittel, der Sauerwurm 
fann ebenfalls bekämpft werden und ist in diesem 
Sommer nicht allzu viel von ihm zu fürchten. 
Fäulniß und Frost scheinen in diesem warmen 
Kodenen Sommer nicht schlimm werden zu wollen, 
so daß man immerhin nach langer Entbehrung 
wieder einen feurigen, schmackhaften „Federweißen“ 
und wohl überhaupt einen vorzüglichen Wein zu 
erwarten berechtigt ist. Wenn den Trauben die 
Sommerhitze des Juni, Juli und August zu Hilfe 
kommt, so hat der Oktober nicht mehr viel zu leisten; 
denn in der Oktoberhitze ist noch kein Stichwein 
gewachsen. Die Erfahrung lehrt, daß frühe Blüthe, 
frühe Reife und vorzüglicher Wein in der Regel 
zusammenfällt; spüte Blüthe, späte Reife und ge— 
ringer Wein ebenso häufig vorkommen; nur bei 
mitulerer Blüthezeit, mittlerer Reifezeit ist eine 
mullere Qualität die Regel, hier kann jedoch die 
Spätjahrswitterung einen wesentlichen Einfluß auf 
die Qualitat ausuͤben. In diesem Jahr hat die 
Blüthe bis Ende Juni' angedauert, mithin die 
Mittelzeit eingehalten; zur Erzielung eines vorzüg⸗ 
lichen Weines bedarf es sonach noch guter Spät⸗ 
jahrswitterung, die wir übrigens zu hoffen berech— 
igt sind. — Für die Kartoffeln und Futterge⸗ 
waͤchse konnten die ergiebigen Gewitterregen gar 
nicht erwünschter kommen; alle Weinbauern sind 
mit der diesjährigen Witterung überaus zufrieden 
und loben laut den Weltenmeister! 
— Speyer, 10. Juli. Heute beginnen an 
der hiesigen königl. Lehrerbildungsanstalt die Se— 
minarschlußprüfungen pro 188283 und zwar der 
schriftliche Theil derselben. Die Zahl der Prüf— 
linge beträgt 40, darunter 34 Seminaristen des 5 
Kurses und 6 weibliche Schulamtszöglinge, welche 
ihre Ausbildung im hiefigen Kloster genossen haben; 
dieselben finden später Verwendung an Volksschulen 
als sogenannte Schulschwestern. Die schriftliche 
Prüfung dauert 4 Tage. Thema zum deutschen 
Aufsatz: „Das gute Beispiel ist der beste Lehr— 
meister.“ 
Speyer, 12. Juli. Sicherem Vernehmen 
nach wurde der Vorstand des Straßen⸗ und Fluß—⸗ 
hauamts Kaiserslautern, Heinrich Höring, aus 
Ansuchen in den Ruhestand versetzt; zum Bauamt—⸗ 
nann amn Straßen⸗ und Flußbauamt Kaiserslau— 
lern der Assessor des Straßen- und Flußbauamts 
Speyer, Victor Linz, befördert und an dessen 
Sielle der Assessor des Straßen⸗ und Flußbauamts 
Rosenheim, Alphons Gleizer, versetzt. 
Verbescheidung der Anträge der pfälz⸗ 
ischen Aerztekammer. 1) Auf den Antrag, 
die Frage der Errichtung und Verleihung von Apo⸗ 
theken im Hinblick auf den abnorm häufigen Wech⸗ 
sel im Apothekenbesitze neuerdings in Erwägung zu 
ziehen, ist der Aerztekammer zu eröffnen, daß die 
Regelung der gewerblichen Verhältnisse der Apho— 
theker der Gegenstand fortgesetzter Aufmerlsamkeip 
des tgl. Staatsministeriums des Inneren bildet, 
daß aber bei den mannichfaltigen und außerordent— 
lichen Schwierigkeiten, welche der definitiven Regel— 
ung dieser Verhältnisse im Wege stehen, zur Zeit 
eine Aenderung der bestehenden Zustände des Apo— 
theken⸗Concessionswesens nicht thunlich ist. 2) Der 
Antrag, die ärztlich Behandlung armer Kranker 
detreffend, ist durch die Entschließung des kgl. Staats⸗ 
ministeriums des Innern vom 4. Dezember 1882, 
die Verhandlungen der Aerztekammer der Pfalz 
1882, hier die aͤrztliche Behandlung armer Kranker 
betr, erledigt. 3) Die erstmalige Wevision der 
Arzneitaxe für das Königreich Bayern vom 28 
Dezember 1882 findet am Ende des Jahres 1888* 
datt. 
Verm ischtes. 
F Würzburg, 8. Juli. Vor dew Amtsge⸗ 
richte spielte sich gestern eine Affaire ab, die des 
Interefses weiterer Kreise sicher nicht ermangeln wird. 
Fin Landkrämer, welcher seit langem mit einem im 
Mainviertel wohnhaften Kaufmanne in Geschäfts 
berbindung stand, kam vor einiger Zeit hierher 
um bei scinem Lieferanten persönlich Einkäufe zu 
machen. Da der Landkrämer wenig lokaltundig 
überdies auch kurzsichtig ist, kam er in den in der 
Nähe des gesuchten Lokales befindlichen Laden des 
pfragners Fleckenstein und frug den anwesenden 
Zesitzer, ob er hier recht bei Kaufmann W. sei. 
Fleckenstein bejahte dies, worauf der Landkrämer 
bat, er möge doch die schriftlich bestellten Waaren 
senden. Fl. entschuldigte sich damit, der Bestell⸗ 
hrief sei verloren gegangen und er bitte nochmals 
um Aufgabe der gewünschten Waaren. Der biedere 
Landmann willfahrte, zahlte dem Fl. außerdem eine 
dem W. schuldige ällere Rechnung, worüber Flecken⸗ 
stein auch thatsächlich quittirte. (Das Geld sandte 
Fl. dann dem Kaufmann W. zu.) In dem Glauben, 
AUles schön bei Kaufmann W. geordnet zu haben, 
entfernte sich der Landkäämer, um zuhause angelangt 
zu seiner Ueberraschung von dem Frachtfuͤhrer zu 
erfahren, daß die Waarensendung nicht von W., 
ondern von Fleckenstein sei. Wegen Betrugs unter 
Anklage gestellt, wurde Fleckenstein gestern zu 25 
M. Geldstrafe und in die uicht unbedeutenden 
Kosten verurtheilt. 
Saarbrücken, 11. Juli. Ueber die Ar— 
beiterverhältnisse auf den königl. Steinkohlengruben 
des hiesigen Vezirks im Betriebsjahre 188283 be— 
richtet die „Tre Ztg.“: Die Zahl der Arbeiter, 
weiche sich um 1138 Mann vermehrte, betrug mil 
709 Pferdeknechten 24,040 Mann. Das durch—⸗ 
schnittliche Jahreßeinkommen eines Arbeiters hat sich 
bon 898 auf 927 Mk. erhöht. Der Gesundheits⸗ 
zustand der Arbeiter war ein normaler. Die zum 
Wohle der Arbeiter bestehenden Einrichtungen, welche 
auf der Berliner Hygiene-Ausstellung belobigende 
Anerkennung gefunden, hatten sich einer fortschrei⸗ 
senden Entwickelung zu erfreuen. Im abgelaufenen 
Betriebsjahre wurde eine Anzahl junger Arbeite 
»on 14 bis 16 Jahren und darüber angenommen. 
Hierdurch wurde eine günstige Rückwirkung auf das 
Besamteinkommen vieler Bergmannsfamilien erzielt. 
Die auf den Gruben vorhandenen 36 fiscalischen 
—„chlafhäuser mit 35463 Betten wurden im Durchschnitt 
hon 4875 Mann oder 20,4 pCt. der Gesamt⸗Be— 
legschaft benutzt. Trotz der Vermehrung des Ar 
beiterpersonals und des schwunghaften Betriebs — 
namentlich bei der Kohlengewinnung — überstieg 
die Zahl der Verunglückungen die der Vorjahre 
nicht. Weibliche Arbeiter werden, wie dies in 
Beigien geschieht, auf den hiesigen Gruben nicht 
beschäftigt. 
,„In Tripstrill“,, so hört man oft scherzhaft 
antworten, wenn nach einem Orte gefragt wird. 
wo dieses oder jenes geschehen sei. Tripstrill ist 
aber keineswegs ein fabelhafter Ort, wie häufig 
ungenommen wird, sondern er existiert wirklich, und 
war im Altwürttembergischen, am Fuße des wald⸗ 
reichen Stromberges, der das Zabergäu vom Neckar⸗ 
zebiet scheidet. Vom Ostende des Stromberges, dem 
Michelsberge aus übersieht man das weinreiche 
Zabergäu und einen großen Theil des württember⸗ 
gischen Neckargebietes. In dieser Gegend befinden 
sich nun die Reste verschiedener altrömischer Nieder— 
lassungen. Nicht weit von dem Fuße des Berges 
aber, auf einem Hochplateau, befindet sich Trips— 
zrill, ein Flecken, aus wenigen Häusern bestehend 
dier befand sich dereinst eine römische Niederlass 
uͤng, welche ihren Namen von einem römischen 
dauptmanne Tripha und seiner Gattin Trulla her— 
leitete (Triphonis Trulla auf einer Inschrift aus 
demJahre 287 nach Christus), woraus dann später die 
Bezeichnung Tripstrill entstanden ist. In amtlichen 
Schreibart heißt der Ort heute Treffentrill. 
F In Achen wurde am Samstag die neue 
Straßenbahn⸗Strecke nach Haaren eröffnet, welche 
mit einer neuen feuerlosen Straßenlokomotive, eine 
Frfindung des Achener Mitbürgers Herrn Moritß 
honigmann, betrieben wird. Die Maschine war 
einige Zeit vorher durch eine Lokomobile mit Damp 
versehen worden und ist so konstruiert, daß der 
einmal empfangene Dampf ausreichend ist, dieselhe 
6 Stunden lang unter 4 Pferdekraft fortzubewegen 
Die Maschine enthält nämlich außer einem Damp. 
kessel noch einen zweiten mit einer Natronlosung 
migefüllten, wodurch stetige Neuerwärmung de⸗ 
Daͤmpfes erzielt wird, sie ist feuerlos, entwickell 
keinen Dampf und verursacht nicht das geringfte 
Geräusch. 
(Ein Toast auf das deutsche Weib, 
Auf dem am 1. Juli stattgehabten Bankett des 
ersten allgemeinen deutschen Kriegerfestes in Ham— 
burg wurde als letzter ein offizieller Trinksprug 
auf das „deutsche Weib“ in poetisch⸗sinniger Weise 
von Herrn J. Luck ausgebracht, wozu am Schlusse 
das folgende von den Rednern verfaßte Lied nad 
der Melodie „Schleswig⸗Holstein meerumschlungen 
gesungen wurde: 
Deutsches Weib, Du wundergleiches, 
Brausend künde unser Lied 
Deines Wesens wonnereiches 
Tief beseeligtes Gemüt. 
:* Deuisches Weib, so hoch und hehr, 
Hoch! dies Glas zu Deiner Ehr!: 
Helden hast Du uns geboren, 
Heldin, stehst Du in Gefahr, 
Trägst, was Du Dir auserkoren, 
Tief im Herzen sonnenklar; 
:, Deutsche Sitten, deutsche Treu 
Leben in Dir ewig neu. : 
Voll die Gläser bis zum Rande, 
Leeret sie auf einen Zug; 
Rauschen solls durch alle Lande: 
Heil dem Weibe ohne Trug! 
.. Ihr, die nimmer Treue log, 
Rolle donnernd dreimal hoch:: 
In Leipzig-Lindenau hat sich vor 
einigen Tagen ein entsetzliches Unglück ereignet 
Ein schlankes, hohes Thurmgerüst, welches der 
Zirchenbau überragte, ist bei Gelegenheit eines Ge⸗ 
witters, welches von einem besonders heftigen Sturm⸗ 
toße begleitet war, zusammengebrochen. 17 bis 
20 Arbeiler befanden sich auf dem hohen, luftigen 
Baue und wurden unter einer Masse zerbrochene⸗ 
Balken und Holzsplitter begraben. Vier von den 
Arbeitern waren sofort todt. 
GEin königlicher Prinz —,⸗* 
Aufsichtsrath einer Aktiengesellschaft 
Prinz Albrecht von Preußen ist in den Aufsichts⸗ 
rath einer Aktiengesellschaft eingetreten. Vor einigen 
Tagen fand in Pr.Schlesien die erste General 
versammlung einer unter der Firma Zuckerfabri 
Frankenstein“ gegründeten Aktiengesellschaft statt, in 
welcher Prinz Älbrecht, welcher sich lebhaft für da⸗ 
Zustandekommen der Gesellschaft interessitt hatte — 
in der Nähe von Frankenstein liegt Kamenz, di 
Besitzung des Prinzen — zum Muͤglied des Auj 
sichtsrathes gewählt wurde. 
Der projektirte Extrazug von Basel nau 
Berlind wird am 7. August dorthin abgehen 
Fahrzeit und Billetpreise sind dieselben wie bei den 
früheten derartigen Zügen. 
Glitzschlag.) Im Lager von Kraß 
noje Sselo wurden am Sonntag durch einer 
Blißschlag sechszehn Pferde der Cavallerieschule ge 
lödict und zwei verwundet. 
GEin Brandleger.) Der Däne Ju 
Nielfen, der am Sonntag funf Meiereien in de 
Rähe von Kopenhagen in Brand gefteckt, hat he 
seiner gerichtlichen Vernehmung bekannt, daß er im 
Februae 1881 die furchtbare Feuersbrunst in den 
Bictoria⸗Docks (London) verursacht hatte, um etwa⸗ 
stehlen zu können. Er fand indeß nur drei Frauen 
leider und zwei Damenhüte. Zwei Tage spete 
eckte er ein Waurenhaus in der Nähe der London 
grücke in Brand. Am Nachmittag des namlich 
Tages wurde er wegen Diebstahls verhaftet un 
Tags darauf vom Polizeigericht in Bowstreet zu? 
Monaten Gefängniß verurtheilt. 
. Der Triumph der Vorsicht) e 
dondon schreibt man folgende buchstäblich wen 
Geschichte: Ein Ehepaar in Eslington leuchtet 
0 Jahren alle Abende vorsorglich unter die 
eeen ch dort icht ewa ein du 
Hersteckt halte, ohne daß ihre Furcht je —— 
gefunden. Vor einigen Tagen jedoch entdeckten n 
dirklich einen Mann in dem Versieck und war 
'o erfreut, ihre Ausdauer von Erfolg —5 
ehen, daß sie den armen Burschen ganz freun