„Wer nunmehr Bürgermeister sei,
Ist mir ziemlich einerlei;
Rur soll er im Gewissen rein,
Vernunftig, treu und ehrlich sein.
Soll redlich denken, menschlich fühlen,
Geg'n Burger nicht den Großhans spielen;h
Soll Ordnung lieben, Tugend pflegen,
Nicht Feindschaft schüren, Lumpen hegen,
Soll sorgen, sparen insgemein
Und jedem Freund und Vater sein,
Vertraͤglich freundlich gutgesinnt
Wie wackre Bürgermeister sind.
Wenn er so ist, wie ich benennt,
Ob er lutherisch sich bekennt,
Ob Altkatholisch oder neu,
Ist mir egal, ich bleib ihm treu.““
In Dürkheim ist gestern (Montag) der
. Subrektor Beck, eine durch ihre wissenschaftliche
Vestrebungen in der ganzen Pfalz bekannte Per⸗
önlichkeit, gestorben.
— Bei dem Jahresfest des pfälz. Gustav⸗-Adolf—
Vereins in Fankenthal erklärte Consistorial⸗
rath König, daß die Nachricht, wonach ein unge—
nannter Wohlthäter 200,000 Mk. zum Bau der
Reischerlirche gegeben habe, auf Wahrheit beruhe
noch aber dürfte mit dem Bau nicht begonnen werden
da noch nicht 8 der Bausumme (der Kostenan⸗
schlag lautet auf 900,000 Mt.) gedeckt sei, und
bebor dies geschehen, die Regierung die Genehmig
ung nicht gebe, weßhalb er dringend auffordert, nach
Kräften für die Sache zu wirken. Die Festcollekte
⸗rgab 257 M. 58 pfg. welche der Gemeindt
WMittelbexbach überwiesen sind.
— Ludwigshafen, 23. Juli. In dem
„M. F.“ sind zwei Artikel erschienen, welche die
Herhälinisse der Pfälzischen Bahnen nach verschiede⸗
nen Richtungen besprechen und zu dem Schlusse
zommen, daß die Staatsregierung sich mit der Fragt
der Verstaatlichung dieser Bahnen befassen solle
Diefe Artikel sind nun, wie dem „Pf. K.“
versichert wird, als Vorläufer eines An—
trages zu betrachten, welcher von eini—
gen Milgliedern der Rechten der Abge—
ordnetenkammerin dernächsten Session
eingebracht werden wird und eine Bitt—
stellung an die Staatsregierung in
vem in fraglichen Artikeln geäußerten
Sinne bezielen.
— Ludwigshafen, 23. Juli. Metallar⸗
beiter Herrmann aus Leipzig stürzte heute früh
qus einem Fenster des Roßmann'schen Hauses auf
der Grafenau und war sofort eine Leiche.
(Frkth. Tgbl.)
— Der Rückschlag im Tabakbau, den
man als Folge des Steuergesetzes vorausgesagt hat,
ist im Jahre 1882 in der Psalz eingetreten. Mit
dem Jahre 1882 ist die volle Steuer von Mtk. 45
in Geltung getreten und sie hat einen so erheb—
lichen Einfluß auf die Preise des allerdings theil⸗
weise auch nicht sehr gut gerathenen Tabaks aus-
geübt, daß ein fernerer Rückgang im Tabakbau für
die nächste Zeit nicht ausbleiben wird. Die höchsten
Preise erzielten die Tabakorle des Hebebezirks
Germersheim mit durschnittlich Mk. 50 pro 100 kg.
dann folgen diejenigen des Bezirks Speyer mit Mk.
I 44. Der Tabakbau des Hauptzollamtsbezirke
Landau erhielt zwischen Mk. 40 und 44 pro 100 kg.,
Schifferstadt Mk. 88, der Ludwigshafener Kanton
M. 32.80 und der Frankenthaler Bezirk durch⸗
schnittlich Mk. 32. Der Gesammtdurchschnittspreis
stellte sich für den Tabakbau des Bezirks Laudau
etwas höher als 1881, wogegen die Tabakorte des
Bezirks Ludwigshafen hinter dem Erträgniß von
1881 um volle Mk. 2 zurückbleiben.
— Die „Pfälz. Volksz.“ schreibt; Aus dem
Kreise unserer Leser wird die nachstehende Frage
aufgeworfen, deren Beantwortung gewiß für alle
Nalturfreunde von Interesse ist: „Wie ist es zu
erklären, daß unser Mauersegler, auch Mauerschwalbe
genannt (Cypselus apus), welcher alljährlich von
anfangs Maĩ bis Eude Juli oder anfangs August
in großer Zahl sich bei uns aufhält und unter dem
eigenartig schrillen Nuf „spi, spi“ durch die Lüfte
jagt, in diesem Jahre schon am 12. Juli verschwunden
ist? Die wenigen Exemplare dieser interessanten
Vogelgattung, welche sich Abenda noch vereinzelt
in den höchsten Luftschichten umhertreiben, dürften
wohl Nach⸗ oder Durchzügler sein.“ Zur Ver—⸗
mitilung etwaiger Antworten sind wir selbstverständlich
mit Vergnügen bereit.
Vermischtes.
F Ueber einen Herkules in München be—
richtet das dortige „Fremdenblatt“: Herr Aktuar
F. Arnold stemmt und balancirt mit Leichtigkei'
Jewichte und Kugelstangen im Gewichte von 95
105, 115 und 130 Pfund. Nebenbei läßt der
überaus kräftig und muskulös gebildeie Mann beim
Balanciren der 130 Pfund schweren Kugelstange
noch zwei Mann, die doch mindestens noch circe
213 Centner wiegen, auf den Enden dieser Stanger
sitzen und läßt das ganze Gewicht, indem er selbsi
nuf dem Rücken am Boden liegt, mit dem erhobenen
Arm in der Höhe schweben. Seine Haupistärke
»ekundet er aber in dem Heben eines 548 Pfund
chweren Steines mit dem Mitielfinger der rechten
dand, 'während der vielberühmte Steyrerhans nur
zinen solchen von 315 Pfund hob. Herr Arnold
der sich übrigens nur in privater Weise produzirt.
ist Mitglied des Athleten-Klubs München.“
— Bei der Durchreise des Kaisers Wilhelm in
Rosenheim spielte sich am Bahnhofe daselbst
eine sehr ansprechende Szene zwischen dem Kaiser
uud einem in Tölzer Tracht erschienenen Burschen
ab. Der letztere, Dienstknecht Lettinger hatte dem
staiser zum Geburtstage (im März) einen frischen
Strauß Edelweiß geschickt und dagegen eine werth—
bolle Uhr erhalten und war nun eigens nach Rosen
heim gekommen, um sich zu bedanken. Vom Grafen
don Werthern vorgeführt, stellte er sich dem Kaiser
tramm gegenüber, reichte diesem die Hand und
sagte: „Grüß' Gott, Herr Koasa! J danka schön
für die hübsch' Uhr!“ Der Kaiser richtete dann
einige freundliche Worte an den flotten Gebirgs—
ohn und reichte ihm die Hand, die dieser tüchtig
schüttelte.
F Aus dem Elsaß, 18. Juli. Unter der
Spitzmarke: „das dreihundertste Dolfüßchen“ wird
aus Mülhausen geschrieben: „Als man vor Kurzem
den Geburtstag des alten Millionärs Dolfuß, des
bekannten Fabrikbesitzers, feierte, fanden sich an der
Tafel rund 299 Gäste ein, welche sämmtlich Kinder
A
Geburtstagskindes waren. Als passende Ueber⸗
raschung wurde zum Dessert in einem blumenge—
zeschmückten Korbe ein ganz kleines Dolfüßchen
aufgetragen, welches soeben von einer Enkelin des
Familienhauptes zur Welt gebracht worden und die
Zahl der Familienglieder gerade auf 300 vervoll⸗
ständigte. (Pf. 3.)
FStuttgart, 23. Juli. Der Kriegsminister
v. Wundt ist gestern Vormittag in Tarasp ge—
storben. Die Beerdigung erfolgt Mittwoch auf dem
hiesigen Friedhof.
F Generallientenant v. Loos, Com-
mandant der Festung Mainz, ist gestorban. Der Ver
hlichene befand sich auf einer Vergnügungs- und Er—⸗
holungsreise in Italien und wurde daselbst von
einem Unwohlsein (man sagt, typhöser Art) befallen.
welches Uebel solche Dimensionen annahm, daß die
Rückreise beschleunigt werden mußte. Der Tod er⸗
eilte Herrn v. Loos noch vor seiner Ankunft in
Mainz, auf der Route Ludwigshafen⸗Mainz, im
Toupé⸗-Salonwagen. Die Beerdigung findet Mon—⸗
tag unter militärischen Ehrenbezeugungen und
jedenfalls großer Theilnahme der Bevölkerung von
Mainz statt.
Ger falsche Johann.) Ein Herr in
Frankfurt ließ sich von seinem Diener im Bade—
immer ein Bad bereiten, schickte den Diener hier⸗
auf, um etwas zu besorgen, weg und stieg dann
in die lauwarme Fluth. Während er darin ver⸗
znügt plätscherte, klingelt es. In der Meinung,
es sei der zurückkehrende Diener zog der Herr
den Aufzieher zur Vorplatzthür zurück und sprang
ichnell, damit er sich keinen Schnupfen hole, in
das Badezimmer zurück, dessen Thüre er offen ließ.
Als aber nach einiger Zeit auf mehrmaliges Rufen
„Johann“ sich nicht rührte, entstieg der darob nicht
venig Ergrimmte dem Bade, schaute sich um und
ntdeckte nun erst, daß der, dem er geöffnet, ohne
Zweifel ein Bettler gewesen, der mit geübtem Blick
—
Tisch liegenden goldenen Uhr und Kette sowie seiner
Sicherheit halber auch mit den Hosen des Baden⸗
den aus dem Staube gemacht hatte.
(Ein vorsorglier Saufer.) Von ca.
'echs Wochen war der stellenlose 837jährige Kellner
Anton Wild mit dem Hausknecht Joseph Zehbauer
zuf der Straße von Kornenburg nach Enzersdorf
nn Streit gerathen und hatte schließlich den Zeh⸗
„auer durchgeprügelt. Dieser trat klagbar auf, und
Wild hatte sich nunmehr wegen Mißhandlung und
Ehrenbeleidigung zu verantworten. Die erste hier.
uüͤber geführte Verhandlung mußte vertagt werden
da einige Zeugen fehlten, und Wild behauptete at
sei so betrunken gewesen, daß er von der ganzen
Sache überhaupt nichts mehr wisse. Bei der kürz⸗
lich von neuem aufgenonimenen Verhandlung blieb
er bei derselben Behauptung. — Richter: Zehbauer
behauptet aber, Sie seien ganz nüchtern gewesen
Augekl.: Dos is net wahr! J soll ihn um
Uhr durchg'haut hab'n um dðö Zeit bin i nie mehr
nüchtern. — Richter: Sie sind schon seit langir
Zeit ohne Stellung, woher nehmen Sie denn dat
Geld? — Angekl.: J hab' ein Erbschaft g'macht
und das Geld gieb i halt jetzt aus. — Richter:
Sie wanken ja beständig, mir scheint, Sie haben
heute auch keinen klaren Kopf mehr. — Angell.:
Wie Sie mich da seh'n, Herr Richter, hab heun
4 Liter Bier und 1 Liter Wein trunk'n. Da schau'n
S her, Herr Doktor! Da hab' i's schriftlich!
Seit mi der da klagt hat, lass' i mir alle Tag
a Bestätigung geben, damit i heut zeigen kann
daß i net lug'! — Damit überreicht er den
Richter ein Packet schmieriger Papiere. Unter
großer Heiterkeit bringt der Richter einige
dieser kostbaren Schriften zur Verlesung. Wir können
es uns nicht versagen, zwei davon wortlich zu re—
produciren. „Bestädigung, auf Verlangen dem Hrn.
Wild das ihm 6 Liter Weiches eing'schränkt und
2 Liter alden irunken Wien, 21. Juni 1883. J
B., Wirt, Taborstraße.“ Eine besonders drastische
Bestätigung“ besitzt der Angeklagte vom 30. Juni:
Es wird himid bestätingt, weil Herr Wild besoffen
ist, ihm ich nix mehr schängen, so er 4 Lider Pilt
Abzug) und 83 Lider Wein trunken. Dies Wahr—
zJeitsgelreu zum Gebrauche bei Gericht. Wilh. A.
Wirt, Währing Hauptstraße.“ — Derartige Be.
stätigungen besitzt der Angeklagte zahlreiche. —
Richter: Nun, und was soll ich mit diesen Papieren!
— Angekl. (mit Genugthuung): Daß sie überzeugt
sein, daß i alle Tag' an Rausch hab'. — Richter
Davon bin ich wahrlich überzeugt. — Der Ange⸗
klagte wird zu einer achttägigen Arreststrafe verur⸗
theilt, was ihn in grofes Erstauuen versetzt. —
Angekl.: Na, zu was sein denn nachher die Be⸗
stätigungen? — Richter: Die können Sie wieder
mit nach Hause nehmen. — Angekl.: Ja; aber
wann i an Rausch hab' derf i net g'straft werden!
J rekurrier'!
In Vockenhausen bei Idstein krepierten
vor kurzem nach dem „Fr. J.“ einem Bienenzüchter
im Verlauf don zwei Tagen seine sämtlichen Vienen⸗
voͤlker, weil er sie mit aus Amerika importiertem
Honig gefüttert und — vergiftet hat. Dieses Fab⸗
akat scheint sonach aus schädlichen Bestandtheilen
Jergestellt zu sein, worauf die Bienenzüchter und
donig Konsumenten aufmerksam gemacht werden.
In Schmölle hat ein Eisenbahnarbeiter
seine Frau erdrosselt und sich dann ertränkt. Er
hatle aus Habsicht Grenzsteine versetzt und sollte
sich dieserhalb vor Gericht verantworten. Seine Frau
rflatte ihm, daß sie nicht anders, als gegen ihn
seugen könne, und diese Gewissenhaftigkeit hat die
ichreckliche Katastrophe herbeigeführt.
4Zwei Rheinarbeiter finden einen kleinen
holländischen Käse; nachdem der Streit um das
Besitzrecht eine zeitlang gedauert, soll derselbe in der
bekannten Weise gelöst werden: Jupp nimmt den
dase in die eine Hand und in die andere einer
Stein, hält beide auf den Rücken und fragt; „No
Zobes, wat wellst de hann, de Steen oder de Kies?
worauf Kobes mit einem energischen „de Kies
anwortet. Du Kal haß evverä Pädsglöck!
zügt Jupp bei der Uebergabe mit einem schmachten⸗
den Seufzer hinzu.
p.„Zur Zeit Kaiser Friedrichs II. war
ein Teich in der Umgebung Wiens zugefroren, und
drei junge Leute, welche ihn unvorfsichtiger Weise
iberschreiten wollten, ertranken darin. Alsbald
derbreitete sich das Gerücht, die Juden, deren Oster⸗
fest um diese Zeit fiel, hätten die drei Unglücklichen
rmordet. Die Vewandten derselben erhoben die
Anklage. Man steckte die Juden ins Gefangniß
nd rlangte durch Anwendung der Tortur das
Geftändniß ihres Verbrechens. Drei hundert Juden
wurden lebendig verbrannt. Im Frühjahr thautt
der Teich auf, und man fand darin die Leichen
der drei jungen Leute. Zu spät erkannte man
Jaß eine unnuhe Barbarei so viel Unschuldige vom
deben zum Tode gebracht.““ — Dies ist in einer
französischen Chronik des Jahres 1787 zu lesen.
Bedaͤrf der Bericht eines Kommentars in den Tagen
hon Tisza⸗Eßlar und Nyiregyhaza?