Full text: St. Ingberter Anzeiger

porauf die Bleichung fast momentan erfolgt. Die 
hirtung beruht augenscheinlich darauf, daß der 
ilrische Strom die chemische Verbindung Chlor⸗ 
atrium (Kochsalz) in ihre Bestandtheile (Chlor 
d Ratrium) spaltet. Das ausgeschiedene metall⸗ 
he Natrum aber verbindet sich sofort mit Wasser 
Aeznatron and dieses wiederum mit dem ausge⸗ 
giedenen freien Chlor zu unterchlorigsaurem Natron, 
em Korper, der als wirksamer Bestandtheil in 
schiedenen Lösungen, 3. B. Pau Javelle, längst 
unt ist. 
a Die Poesie des Trinkers), Die 
xutsche Wein⸗ und Bier⸗Poesie ist gewiß so alt, 
ie die Kunst des Weinbaues und der Bierbereitung. 
der erste deutsche Zecher ist der erste deutsche Dichter 
wesen. Gewiß haben schon jene Aldvordern die 
beiden Ufern des Rheins auf Bärenhäuten schliefen 
iud von den fremden Völkern sich dadurch unter⸗ 
hieden. daß sie die tief eingewurzelte Angewohn⸗ 
aͤt hatten, immer, noch „eins“ zu trinken, eine 
hatluufige rhapsodische Trinkliteratur besessen. Im 
ufe der Jahrhunderte haben die Deuischen manche 
Handlung durchgemacht, aber in der Belobung eines 
iten Trunkes sind sie sich stets treu geblieben. 
uerdings hat man wieder vielfach auf seinen äl⸗ 
cen Brauch zurückgegriffen und die Wände der 
Hein⸗ und Bierstubeu mit poetischen Nutzversen aus⸗ 
rstattet, in welchen die angesehene Wissenschaft der 
zuͤnker Philosophie allerlei fröhliche Blüthen treibt. 
rin soeben erschienenes Büchlein, Trinksprüche“ enthält 
ie Auslese dieser gereimten Weisheiten älteren Und 
ueren Datums und wir entnehmen dem Hefte 
olgende weniger bekanntgewordene Sentenzen: 
dier ist das Haus zursIm Wasser kannst Du 
Sonnen Dein Antlitz seh'n, 
Wer kein Geld hat, geh' Im Wein des Andern 
zum Bronnen. Herz erspäh'n. 
Ho man Bier trinkt, kannst Gutes Bier und wahres 
Du ruhig lachen, Wort, 
gzöse Menschen trinken Selt'ner wird's an jedem 
schärf're Sachen. Ort. 
zy, trink' sei fröhlich dee We Bier derfalscht und 
auf Erd' Weine tauft. 
Denl nur nicht, daß es Ist werth, daß er sie selber 
besser wird. sauft. 
hahrisch Bier aus Bayerns dom Glase bis zum Munde 
Malz, Schafft mir eine Eisenbahn 
PWein und Mädel aus lInd mit jeglicher Secunde; 
Bayerns Pfalz, domm ein Zug mit 
Sind drei schöne Dinge, Rheinwein an. 
dächt' ich, 
Wer eins hat — ei, 
schmeckst du prächtig! 
kin fein Plätzchen, ein fein 
Schätzchen, 
in fein Späßchen, ein 
groß Gläschen, 
tin sein Weinchen oder 
Bierchen, 
dieses ist so mein Plä— 
sirchen. 
Lbertrink' ich mein Geld, so 
verderb' ich, 
bertrink' ich's nicht, so 
sterb' ich; 
doch besser getrunken und 
verdorben, 
Als nicht getrunken und 
doch gestorben. 
Sitz'st Du gut, so sitze feste, 
zeder Wirth liebt solche 
Gäste. Ich kenn' einen Trank, 
— so schauerlich, 
derselbige, der einst das Den Wein zu nennen, ist 
Aichen erdacht, schon Sünde; 
der ärgert mich iäglich Komm', Tell, schieß' alle 
auf's Neue. Aepfel weg, 
dätt' er die Maß doch Damit er von der Welt 
höher gemacht. verschwinde! 
zwei Finger etwa vder — 
dreie. Im Bier⸗ und Weinhaus 
Denk' nicht an's Beinhaus. 
fWUngarm hat bei einer Bevölkerung von ca. 
8, 6000 00 Seeler 4600 Advokaten, während Frank⸗ 
eich nur 2261, Preußen 2191, also beide Länder zu— 
ammen nicht so viel Advokoten als Ungarn besitzen. 
zuddpest allein zählt 680 Adbvokaten. 
Sieh' Dich für, 
Schaum ist kein Bier. 
Rom, 29. Juli. Ein neues furchtbares 
Anglück hat die Insel Ischia betroffen: ein Erdstoß 
at ganz Cassamicciola zerstört. Nach einer Pri— 
atdepesche der „Capitale“ zählen die Opfer nicht 
zach Hunderten, sondern nach Tausenden. Ein 
Telegramm der Telegraphen⸗Agentur bestätigt, daß 
Aiele Menschen umgekommen sind. Aus Neapel 
ind der Präfect, Militär und Aerzte auf verschie— 
»enen Dampfern aufgebrochen. Auf der Insel be— 
indet sich der Director des zoologischen Instituts, 
Dr. Dohrn, sowie die Depulirten Fortunato und 
zapelli, die, wie jener, als Badegäste sich dort auf⸗ 
jalten. Dieselben sind gerettet. Die telegraphische 
Zerbindung mit Ischia ist für den Privawerkehr 
interbrochen. 
PNeapel, 30. Juli. Die Zahl der Opfer auf 
Ischia wird auf 2000 geschätzt. Ein unbeschreib⸗ 
ich dumpfes Gelöse begleitete das Erdbeben. In 
Fasamicciola verdüsterten große Wolken das Firma⸗ 
nent, überall hörte man Siöhnen, Aechzen und 
dufe des Entsehens. Alle eilten dem Meere zu. 
die vorhandenen Barken und Kähne wurden von 
den Fliehenden mit Sturm genommen. Infolge 
des Erdbebens brach im kleinen Theater während 
)er Vorstellung durch den herabfallenden Kronleuch⸗ 
er Feuer aus. Neapel selbst bietet einen trostlosen 
Anblick dar, überall sieht man Verwundete. Zahl- 
reiche neapolitanische Familien wohnten in Casa⸗ 
nicciola. Die Spitäler werden gegen den Andrang 
er Bevölkerung durch Truppen geschützt. 
ꝓ Neapel, 30. Juli. Es bestätigt sich, daß 2000 
Jersonen auf Ischia umgekommen sind, darunter 
efinden sich viele Badegäste aus Rom und Neapel 
ind viele Frauen und Kinder. Das Erdbeben in 
rasamicciola dauerte 13 Secunden; nur fünf Haäuser 
ind in Casamicciola stehen geblieben. Der Arbeits⸗ 
Ninister verfügte die sofortige Beerdig ung der Leichen 
ind die Errichtung von 60 Holzbaracken für die 
heretteten. Professor Palmieri glaubt, die Kata⸗ 
trophe sei nicht durch ein Erdbeben, sondern durch 
ie Senkung des Inselterrains herbeigeführt worden. 
AusderBallonfahrt des Luftschiffers 
jovis von Marseille nach Afrika ist nichts geworden. 
Fer Ballon ist in der Nähe von Brescia zur Erde 
ekommen. Der Sturm krieb ihn nach Korsika, 
jort sank er, und die Reisenden wären fast im 
Neere ertrunken. Sie warfen alles Bewegliche aus 
em Ballon, der darauf bis zu 9000' stieg und 
nit einer Schnelligkeit von 80 Kilometern per 
Zztunde weiter nach Italien getrieben wurde. 
Der holländische Nordpolfahrer 
Wilsem Bahrents“, Kapitän Dalm, ist, wie 
em „Dagebladet“ vom schwedisch⸗ norwegischen 
zeneralkonful in Archangel mitgetheilt wird, am 
4. Juni vom letzteren Platze abgegangen, um nach 
er „Dijmphna“ und „Varna“, namentlich dem 
etztgenannten Schiffe, zu suchen. Der General⸗ 
onful spricht die Ansicht aus, daß, falls die Fahr— 
euge die Reise vom Innern des Karischen Meeres 
ätten fortsetzen kögnen, wovon Kapitän Hovgaard 
n seinem Bericht vom 22. September ipricht, so 
nüßle er nun nach Verlauf von neun Monaten, 
dachrichten von demselben haben. Weun die Fahr⸗ 
euge vom Eise flott gekommen sind, hält der Konsul 
fur wahrscheinlich, daß sie mit dem Eise nach 
norden getrieben sind, und es läßt sich dann denken, 
aß die Besatzungen, namentlich der „Varna“, 
velche mit Häuͤsern zum Aufstellen auf dem Lande 
ersehen war, auf Nowaja Semlja ans Land ge—⸗ 
zangen sind. 
FGestrafung eiges untreuen Weibes.,) 
der Charkower Juschvj Kraj (Südland) berichtet 
iber folgenden sonderbaren Fall: Im Dorfe Tschu⸗ 
ujew (des Gouvernements Charkow) bestrafte neu⸗ 
ich ein junger Bauer sein ebenfalls junges und 
übsches Eheweib wegen Untreue damit, daß er 
asseibe zusammen mit einem Pferde vor seinen 
Wagen spannte, sich auf denselben setzte und dann 
lange in den Gassen des Dorfes herumfuhr, bis 
as von vielem Laufen erschöpfte Weib nicht mehr 
deiter konnte und auf der Straße zusammeunfiel. 
dun lud der herzlose Ehegatte das ohnmächtige 
heib auf den Wagen und führte es heim. Ob 
as so gestrafte Weib dem Manne dadurch treu 
jeworden ist, das sagt das russische Blatt nicht. 
6Gie Arche Noah's isst gefunden.) 
zin Konstantinopler Blatt bringt folgende, zu dieser 
zahreszeit entschuldbare Mittheilung. Eine türki— 
he Kommission, welche die Lawinenstürze am Berge 
Ararat zu untersuchen hat, stieß plötzlich auf eine 
nächtig gezimmerte Holzmasse die ans einem Glet⸗ 
her hervorragte, und deren Aussehen ein hohes 
Alter vermuthen ließ. Sie stellten Nachfragen an 
ind erfuhren von den Bewohnern des nächsten 
Dorfes, daß dieses Bauwerk schon seit sechs Jahren 
ichtbar sei, daß es aber Niemand gewagt habe, 
ich demselben zu nähern, da aus einem der Fenster 
m obern Stockwerke ein böser Geist von furcht⸗ 
‚arem Anblicke heraussehe. Die türkischen Com⸗ 
nissäre ließen sich dadurch natürlich nicht abschrecken 
ie bestiegen den Gletscher und waren überrascht, 
ein kolossales Schiff im Eise eingefroren zu finden, 
das nahezu vollkommen erhalten war. Sofort waren 
sich die Herren klar darüber, daß sie die Arche Noah's 
hor sich hatten. Ein Engländer, welcher sich der 
Zommission angeschlossen hatte, erkannte an der 
Zolzart, daß man es mit der wirklichen und ächten 
Arche Noah's zu thuu hat. In das Innere ein— 
jedrungen, fand man das Schiff in Verschläge von 
i5 Fuß Höhe eingetheilt, von denen jedoch nur 
rei zugänglich und die anderen mit Eis ‚durch- 
vachsen? waren. Ein Amerikaner soll schon einen 
daufantrag gestellt haben; die Lage der Dinge in 
Armenien gestatiet es aber nicht, jetzt an einen 
kransport der „Arche Noah,s zu denken, die dar⸗ 
im vorläufig an ihrem alten Platze belassen wird. 
Hoffentlich hält sie fich dort noch recht lange. 
Nischny Nowgorod, 30. Juli. In der 
Ztadt Semcaow sind 180 Häuser abgebrannt. 
Ueber den Tod Capitän Webb's 
liegen nun ausführlichere Berichte aus Newyork 
»ox. Er war eine Wette um 10,000 Dollars ein⸗ 
Jegangen, die Niagarafälle gleich unterhalb des 
zroßen Absturzes durchschwimmen zu wollen. Troß 
iller Mahnungen, von einem Unternehmen abzu⸗ 
tehen, welches den sicheren Tod bedeute, schritt 
Webb am Dienstag Nachmittag in Anwesenheit einer 
ingeheuren Menschenmenge daran, die unerhörte 
That zu vollführen. Etwa 300 Schritte oberhalb 
er alten Hängebrücke sprang er in den Strom, 
essen dahinrasende Wasser ihn sofort mit aller Wild⸗ 
seit erfaßten und zu verschlingen drohten. Webb 
vurde jedoch Herr der tosenden Gischt und schwamm 
ie Fälle hinunter, wobei ihn die Zuschauer ab und 
u erblickten. Zuletzt sah man ihn, als er in den 
zereich des großen Strudels kam, dem bisher noch 
diemand mit dem Leben entkommen ist. Webb 
hwamm mit einem kräftigem Stoße in die ver— 
aͤngnißvollen kreisenden Wogen, war aber nicht 
veit gekommen, als er, die Arme emporhebend, 
lötzlich verschwand. Der Strudel hatte ihn ver⸗ 
Hluͤngen. — Der Verunglückte war unstreitig der 
ühnste und ausdauerndste Schwimmer der ganzen 
BHelt. Er wurde im Jahre 1848 in Shropshire 
jeboren und trat als Knabe in die Kauffahrteiflotte 
in, in welcher er es, kaum 25 Jahre alt, zum 
Fapitän brachte. Das Schwimmen war ihm von 
zugend an eine Leidenschaft. Mitten im atlantischen 
Zzean fiel während eines Sturmes ein Mann von 
Webb's Schiffe über Bord; Webb sprang ihm nach 
ind kämpfte durch drei Stunden mit den Wellen 
den Mairosen auf dem Rücken! Für diese That 
rhielt er die große goldenc Reitungsmedaille, welche 
hm von dem Herzog von Edinburgh hersönlich über⸗ 
ceicht wurde. Im Jahre 1875 schwamm er von 
Dover nach Calais, wozu er 21 Stunden 45 Mi⸗ 
vuten brauchte — eine Leistung, die unerreicht da⸗ 
teht. In der letzten Zeit schienen seine Kräfte 
bzunehmen; Webb glaubte ahber nicht daran. und 
ein übergroßes Vertrauen in seine Kraft veranlaßte 
hn, die Wette anzunehmen, die er mit seinem Le⸗ 
den bezahlte. 
4 Eine pneumatische Verbindung soll zwischen 
sew⸗York und Chicago hergestellt werden. Der 
Zlan ist eine Eisenröhren-Leitung von vier Zoll 
durchmesser zu legen und in derselben Briefe, Ge⸗ 
reideproben und sonstige leichte Packete zu niedrigen 
hebühren zu hefördern. In Cleveland, Buffalo und 
inderen Orien sollen Zwischenstationen errichtet werden. 
Die Kosten des Projells werden auf 4.250. 000 
dollars veranschlagt. 
F Den Quaͤkern wurden auf ihrer Jahresver⸗ 
ammlung in Philadelphia Fragen vorgelegt, deren 
zftere Beantwortung auch Nichtquäkern wohlthun 
ürfte. Die Fragen lauteten: „Achten die Freunde 
Quäker) darauf, daß sie innerhalb der Grenzen 
— [ auf Maßhalten 
u ihrem Geschaͤfte oder Gewerbe? Bemühen sie sich, 
hre Versprechungen zu halten und in der Bezahlung 
hrer Schulden ehrlich zu sein?“ 
4 Ein Unternehmender Baltimorer hat einen 
chlauen Schwindel in's Werk gesetzt. Er 
ebreitele Circulate, in denen er versprach, für 
Finsendung eines Dollars so und so viel tausend