and besonderen Festlichkeiten mit sich führt, stolz
darauf sein. eine solche Relique aus alter vergangener
Zeit zu besitzen.
Aus Baden. Vor einigen Tagen starb
im Alter von 91 Jahren eine weit über die Grenzen
des Landes hinaus bekannte Persönlichkeit, Frhr.
Ferdinand v. Lotzbeeck. Der Verstorbene war
Besitzer der, man darf wohl sagen, berühmten Ta⸗
hakfabrik in Lahr, deren Schnupftabake den Namen
des Eigenthümers über Land und Meer dahin ge⸗
tragen haben. Freiherr v. Lotzbeck, ein Mann von
nicht unbedeutenden geistigen Gaben, hatte sich bis
n das höchste Alter eine seltene Lebensfreudigkeit
bewahrt. Er war aber nicht allein ein Lebemann
in großem Stil, sondern er machte auch von seinem
bedeutenden Reichthum Gebrauch im Sinne eines
zrand seigneurs der guten alten Zeit. Namentlich
var er ein Wohlthäter der Armen im besten Sinne
des Wortes.
Aus Koblenz wird von wohlunterrichteter
Seite gemeldet, daß der daselbst zum Tode ver—⸗
urtheilte Lustmörder, Eisenbahnschaffner Müller,
in den nächsten Tagen hingericht et werde, indem
der Kaiser von seinem Begnadigungsrechte keinen
Gebrauch gemacht habe.
e4Köln, 1. August. Der „Köln. Ztg.“ wird
telegraphirt: „Ich komme soeben von Casamicciola.
Die Zerstörung ist vollständig. Umgekommen sind
etwan 8000 Personen. Zwei deutsche Künstler
werden vermißt. Die Hilfeleistung des dahin kom—
mandirten Militärs ist unzureichend, wegen zu ge—
ringer Zahl der Mannschaft, trotzdem stellte die
Regierung heute die Ausgrabungen der Verschütteten
ein aus Furcht vor der Cholera und verwehrte auch
die Privatnachgrabungen in den Trümmern, obschon
heute noch Lebende aufgefunden wurden. Die Ent—⸗
rüstung darüber auf Ischia ist groß.“
— Bei dem kürzlich in Eisenach stattgehabten
Deutschen Turntag wurde vom Vertreter des Mittel⸗
rheinkreises, Popperling aus Ober-Ingelheim, fol⸗
Jender Antrag gestellt. Derselbe lautet: „Der deutsche
Turntag wolle beschließen, Schritte zu thun, daß
dem gut und allseitig ausgebildeten Turner die ac—
ive Militärzeit auf 2 Jahre verkürzt werde.“ Dieser
Antrag fand fast einstimmige Annahme.
Jena, 2. August. Die Enthüllung des
Burschenschafts-Denkmals fand heute auf dem Eich—
platze stati. Keil-Weimar hielt die Festrede, Ober—⸗
bürgermeister Polz übernahm das Denkmal. Abends
findet auf offenem Markte ein Commers statt.
Zahlreiche ehemalige Mitglieder der Burschenschaft
ind anwesend und sämmtliche Burschenschaften sind
durch Deputationen vertreten.
Berlin, 2. August. Einem Telegramm
des deutschen Boischafters aus Castellamare zufolge,
st, soweit bis jetzt bekannt, kein Deutscher auf
Ischia verunglückt. Gerrettet sind: Dr. Sandvoß
und Frau, Maler Eichler, Gustav Mohrenschild und
Architekt Gelick und Frau.
F (GDas Neueste auf dem Reklamege—
biet.) Die Firma „Gebrüder Gumpel“ in Berlin
hat mit den Besitzern der größten Wiener Cafés
in Berlin ein festes Abkommen auf mehrere Jahre
dahin getroffen, daß sie gegen Uebernahme des vor—
jandenen Bestandes an Wassergläsern ihnen neue
englische Christallgläser vollständig unentgeltlich
liesern, in welchen die Firmen insertionslustiger
Industrieller eingeschliffen sind. Sobald diese Gläser
nit Wasser gefüllt sind, tritt die Schrift um so
)eutlicher hervor und nöthigt den das Glas be—
autzenden Gast unwillkürlich, die Firmen zu lesen.
Des Droschkenkutschers Zartge—
fühl. Ein Berliner Droschkenkutscher fährt einen
dicken Herrn, der unterwegs an einem Schlaganfall
tirbt. Kurz entschlossen fährt der Kutscher nach
dem nächsten Polizeibüreau, wo festgestellt wird, der
Verstorbene heiße „Müller“ und wohne in der N.⸗
Straße. Der Kutscher erhält doen polizeilichen Auf⸗
rag, den Todten nach Hause zu fahren und die
Angehörigen desselben in schonender Weise auf das
Unglück vorzubereiten. Aus dem betreffenden Fenster
ijehl eine Frau heraus, als“ die Droschke vorfährt.
„Heda Sie!“ ruft der Kutscher, „sind Sie vielleicht
zie Wittwe Müller?“ — „Frau Müller heiß ich
wohl,“ entgegnet erstaunt die Frau, „aber Wittwe
»in ich nicht!“ — „Wat, Wittwe sind Sie nich?
sda woll'n wir wetten?“ fragt der zartfühlende
Rosselenker, auf sein Gefährt zeigend.
F Aus Breslau wird dem „Aerztl. Intelli—
zenzblatt“ geschrieben: In den hiesigen ärztlichen
dreisen erregt die folgende, in den Tagesblättern
zefindliche Annonce nicht geringes Aufsehen: „Für
nen Fall, daß die Cholera hierselbst auftreten sollte,
nebe ich, gestützt auf sehr viele Beobachtungen der⸗
elben in Langenbielau, Breslau und Aachen, mein
Butachten dahin ab, daß sich der Krankheit in
söherem Grade am besten durch täglich vier Gaben
'alomel (à 1,0) und bei schwächeren Graden durch
nfus. foliar bucco. (ex 4,0 170,0) mit Kalium
—XD
läßt. Breslau, im Juli 1883. Dr. Dedek, Re—⸗
zierungs- und Medizinalrath a. D., Garvesstraße
Nr. 20.“
Aus dem Kreise Löbau, 27. Juli.
In der Nacht zu gestern hat fich in dem Dorfe
razanitz ein entsetzliches Unglück ereignet. Durch
invorsichtiges Ausschütten von wahrscheinlich noch
lühender Asche kam in dem Stall der dortigen
S„chmiede Feuer aus, welches sich bald dem Wohn⸗
jebäude mittheilte und unbemerkt lange Zeit weiter⸗
zrannte. Als endlich ein Theil der Hausbewohner
rwachte, war es bereits zu spät. Drei auf dem
zoden des Hauses schlafende Personen, der Geselle
ind zwei Lehrburschen des Schmiedes waren den
zlammen bereits zum Opfer gefallen. Der 14jährige
Sohn des Schmiedes stürzte durch die Bodendecke
n die unteren brennenden Räume und erlitt so
zräßliche Brandwunden, daß an seinem Aufkommen
sezweifelt wrrd. Auch zwei Kühe ktamen in dem
rennenden Stalle um.
FReichsgerichts-Entscheidung. Eine
ür die Kreditwwerhältnisse, insbesondere für den kauf⸗
nännischen Kreditverkehr sehr bemerkenswerthe Ent⸗
cheidung ist vom Reichsgericht, 2. Strafsenat, durch
Urtheil vom 1. Juni 1883 gefällt worden. Hier⸗
nach kann die unwahre Erklärung eines Kredit-
uchenden, daß er „ein sicherer Mann“ sei, seine
zestrafung wegen Betruges zur Folge haben. Ebenso
dürde sich ein Kreditsuchender des Betruges jchuldig
nachen, welcher, auf Befragen des Kretitirenden
nach seiner Vermögens- und Geschäftslage, unter
darlegung der auf eine günstige Vermögenslage
inführenden Momente ungünstige Umstände ge—
lissen tlich verschweigt.
F. Das kaufmännische Lehrlings—
vesen. Aus den Kreisen des Kaufmannsstandes
rschallt die Klage, daß trotz der großen Zahl Stelle
uchender Handlungsgehilfen die Prinzipale nur
chwer den mit Recht zu stellenden Ansprüchen ge—
rügende Commis finden könnten. Die Fachschrift
Kaufmännische Blätter“ führt diese Erscheinung
uuf die sehr oft mangelhafte Lehrlingsausbildung
urück, indem sie sagt: „In der Lehre hat der junge
Mann praktisch zu lernen, und im Nothfall gestehen
wir eine Handelsschule für die Lehrlinge für den
Unterricht in der Theorie (Handelsgeographie, Wech—
elkunde 2c.), Sprachen und vielleicht in der doppel⸗
en Buchführung zu. Wir verlangen vor allen
Dingen eine gute allgemeine Bildung vom Lehrling,
»amit er schnell begreift, und vom Prinzipal ver—
angen wir, daß er erstens selbst etwas kann und daß
er sein kaufmännisches Wissen dem Lehrling nach
und. nach unter prattischer Exemplifikation mittheilt.
Wir wollen, daß die Lehre auch eine wirkliche sei
ind nicht blos zur Ausnutzung der jugendlichen
räfte diene. So lange dies der Fall ist, wird sich
die Hebung des Kaufmannsstandes kaum ermöglichen
assen, werden immer noch, trotz der vielen offenen
Stellen, stellenlose Gehilfe von Ort zu Ort pilgern,
im das Lied von den Nöthen des Kaufmanns zu
ingen, werden immer noch die Klagen der Prinzipale
'orttönen, daß sie nur so selten wirklich tüchtige
Fommis erhalten können. Noch hoffen wir, daß der
daufmannsstand, Chefs und Handlungsgehilfen,
draft genug besitzen, um dem Lehrlingsunwesen, das
jeißt der Verbildung und der Ausnutzung der Lehr—⸗
inge zu steuern. Ist das aber nicht der Fall, dann
nüssen wir die Gesetzgebung zu Hilfe rufen und für
zie kaufmännischen Lehrlinge auch den Schutz bean—
pruchen, welchen die Gewerbeordnung den jungen
deuten in der Fabrik und den Innungsordnungen
m Handwerk gewähren. Dann., davon sind wir
iberzeugt, wird die Massenproduktisn von Lehrlingen
bezw. Gehilfen aufhören und wieder normale Ver—
hältnisse — Gehilfen mit wirklichen kaufmännischen
denntnissen und auskömmlichem Gehalt — wieder—⸗
ehren. Von dem Prinzipal verlangen wir die
Lehre“ und nicht von der Schule.“
Enftballon-Eisenbahn.) Ein Wiener
Unternehmer, Herr Fritz Volderauer, ist, wie dortige
Zlätter melden, dieser Tage bei der Regierung um
ertheilung der Vorconcession für eine Luftballon—
cisenbahn auf den Gaisberg, den Schafberg und
die Schmittenhöhe eingekommen. Ueber die Art.,
wie sich der kühne Neuerer die widerspruchsvollen
Zegriffe Luftballon und Eisenbahn praktisch **
mengefügt denkt, ist bis jetzt nichts Näheres —*
F Gie Küchenrecepte des Graf
Molkte.) Wie ein ungarisches Blatt — un
»ings ein Witzblatt — meldet, hat Graf ng
ils Revanche für die ihm gesandten Vorschtn
zur Bereitung des Gollasch⸗Speises“ und can
aational⸗ungarischer Gerichte dem päpsttichen a
nerer und Probst Oltvanvy unter anderen —
Recepten aus der „deutschen Reichsküche“ das sun
gende gesandt: Recept zur Bereitung der nationalen
Bröße: ) Nehmt eine Portion Arbeit. 2) Nehin
eine Portion Ausdauer. 3) Nehmt ein große por.
tion Bildung. Mischet das alles mit drei Löffeln
voll Gesetzesachtung, zwei Löffeln voll Tohetan
und einen Löffel voll Mäßigung. Kocht es w
angsamem patriotischem (nicht Stroh⸗) Feuer un
die nationale Größe ist fertig.
7 Gefährliche Fahrt.) Das Salzburger
Volksblatt meldet vom 29. o.: Als gestern Nach⸗
mittags der Zug von Reichenhall nach Salzburg
fuhr und in Hammerau stillestand, setzten ich im—
»emerkt ein Mädchen und ein Knabe, die Kinder
eines Eisenbahnbediensteten in Hammerau, mit ihrem
Spielzeug auf das Laufbret eines Waggons; der
Zug setzte sich in Bewegung, ohne daß die beiden
leinen Passagiere wahrgenommen wurden. Erst
vährend der Fahrt bemerkte das Zugspersonale mit
Schrecken die gefährliche Situation der beiden Kin—
der. Ein Nothsignal zu geben, war nicht rathsam,
za die Kinder vielleicht dadurch erschreckt, zu frühe her—
intergesprungen wären. Der Zug fuhr daher so lang⸗
am als möglich in Freising ein; der Knabe, dem
die Gegend doch etwas fremd schien, sprang bei'm
ersten Wechsel in der Nähe eines Bahnwächterhauses
voom Laufbrette herab, wurde weggeschleudert, stand
aber ganz unverletzt wieder auf und wollte dabon⸗
laufen. Ein Bahnwächter hinderte ihn indeß da⸗
an, das Mädchen fuhr arglos in die Station
Freilassing ein und hob dabei die Füßchen in die
höhe, damit dieselben nicht auf den Boden geschleift
wurden. Mit beiden Kindern wurde in Freilassing
ein Protokoll aufgenommen.“
F Ein gewissenhafter Trunkenbold, der in
Paris dieser Tage in seinem siebzigsten Jahre
verstorben ist, hat seit fünfzig Jahren genau Buch
über alles das geführt, was er im Laufe des Tages
„liquidirte“. Dieser Zechbruder nahm vor allen
Dingen stets vier Liter Wein täglich zu sich — o,
NRoah! — was in einem halben Säkulum die re—
pektable Ziffer von 73,000 Liter ergiebt. Vor
eder seiner drei täglichen Mahlzeiten schlürfte er
wei Absinthe, also sechs per Tag und nach fünfzig
Jahren in Summa: 109,500 Absinthe. So nebenbei
absorbirte dieses wandelnde Spirituosenfaß aber
täglich noch zwölf „petits vorres.“ Das macht in den
fünfzig Jahren: 219, 000 kleine Gläser Liqueur. Dieser
so hochbetagt gestorbene Feind des Durstes hat also
)en Beweis geliefert, daß nicht alle Verehrer der
Flasche wie Zola's Coupeau sterben. Uebrigens
dermochten sich seine ältesten Bekaunten nicht zu er—
innern, ihn jemals nüchtern gesehen zu haben!
F Auf einem Tricyele über den
Canal. Mr. Terry aus London hat sich ein
Boot construiren lassen, auf welchem sein Trichele
zu stehen kommt, von dem aus er zwei Schiffräder
in Bewegung setzt, welche eine ziemlich rasche Fort
dewegung in Wasser ermöglichen. Er fuͤhr zuerst
mit seinem Trichele von London nach Dover. Dort
hestieg er sein kleines, nur 9 Fuß langes und *
Fuß breites Boot, und, nachdem das Trichcle ent⸗
prechend befestigt worden war, stach er um9 Uhr
Morgens muthig in die ziemlich hochgehende See
Mit Spannung verfolgte man von Dover aus da⸗
kleine Fahrzeug, das sich wacker durch die Wellen
rang und rst“ nach einer Stunde gus dem Ge—
ichtokreise ver hwand. Von vielen Seiten wurden
Befürchtungen über den Auogang des Wagnihe⸗
aut, die jedoch dehoben wurden, als am Abend die
—50 In 5 Uhr
Rachricht anlangte, daß Mr. Terry um 9*
NRachmiltags in Calais gelandet war. Er fährt nun
auf seinem Tricycle nach Sicilien.
4 Rom, 31. Juli. Eine heftige *
des Vesuvs wird signalisirt. Die Lava soll sit
über den Abhang gegen Torre del Greco hin er⸗
gießen. —“
'Neapel, 31. Juti. Neuester Schätung
zufolge wird angenommen, daß in Ischia uüber
fünftausend Menschen umgekommen sbn
Neapel, 1. Angust. Minister an
hesnchte hier das Pellegrini-Hospital, wohin zah