ðSl. Iugbherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljiährlich 1.4 40 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 H, einschließlich
d Z Zustellungsgebühr. Die Einrückuntzsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I35 ⸗, bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
Je 1582
Dienstag, 7. August 1883.
18. Jahig
—LC
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Dr. v. Ziegler, der neu ernaunte bayeri⸗
ye Ministerialrath, wird sein Amt am 16. August
hernehmen. Die Südd. Pr. begleitet die Nach—
icht mit nachstehender Bemerkung: „Daß der Ent⸗
ebhung des Herrn von Ziegler von dem seit J.
januar 1877 bis heute, mit kurzer Unterbrechung
sm 21. Januar 1880 bis 20. Mai 1880, inne—⸗
xhabten Posten (eines königlichen Cabinetssecretärs)
eine den gegenwärtigen politischen Verhältnissen
niderstreitende Ursachen zu Grunde liegen, bedarf
aum der Erwähnung und man sieht in denjenigen
dreisen, welche treu zur Politik des Königẽ
ind dessen Regierung halten, mit Vertrauen der
inderweitigen Verleihung der Funklionen des Ca—
inetssektretärs entgegen.
Berlin, 6. August. Heute fand hier der
uustausch der Ratifikations-Urkunden zur deutsch—
ranzösischenLiteraturkonventionstatt,
velche von heute ab nach drei Monaten in Wirk—
amkeit tritt.
Berlin, 6. August. Gegenüber der Kissinger
horrespondenz des Fränkischen Kurier, wonach der
deichskanzler sogar während der Nachtzeit arbeite,
onstatirt die Nordd. Allg. Ztg., daß der Fürsi
bismarck von jeder Betheiligung an den Geschäften
iowie jeder Art von Correspondenz auf ärztliche
Anordnung sich absolut enthalte und sogar den ge—
elligen Verkehr bisher noch nicht aufnehmen konnte.
der Gesundheitszustand nöthige den Fürsten voll⸗
tändig, einsam und unbeschäftigt zu leben.
Aus der am Freitag in Kiel Statt gehabten
reichstags ⸗Stichwahl zwischen Professor Hänel
Fortschritt) und dem Sozialdemokraten Heinzel ist
däne! mit bedeutender Mehrheit als Sieger her⸗
orgegangen. Die Konservativen haben ihm
augenscheinlich ihre Stimmen gegeben; die Natio⸗
nalliberalen hatten bekanntlich gleich im ersten
Vahlgang für Hänel gestimmt; seine Mehrheit
jetragt über 4000 Stimmen.
Durch die Nachricht, daß ein Cavallerieregiment
ich Bromberg verlegt werden und weitere Truͤppen⸗
xerschiebungen an unserer Ostgrenze ins Auge ge⸗
uht sein sollen, wird die allgemeine Aufmerksam-
eit wieder einmal auf die militärischen Verhält⸗
ise an der russisch⸗ preußischen Grenze
ingelenkt, und diese verdienen allerdings besondere
deachtung. Die Köln. Ztg. schreibt darüber: Ruß⸗
and hat durch Aufstellung selbstständiger, schon im
frieden auf Kiiegsstärke gesetzter Cavalleriedivisionen
men wichtigen Schritt gethan, um im Mobilmach⸗
agsfalle von Haufe aus mit festgegliederten größern
Woalleriemassen auftreten zu können. Die Zu⸗
risung reitender Vatterien und die seit Jahres-
it erfolgte Umwandlung der gesammten Reiter⸗
imenter der Linie in Dragonerregimenter, welche
ach eine besondere Ausbildung für das Gefecht zu
uß erhalten, haben den Werth dieser Cavallerie—
disionen entschieden erhöht. Man beabsichtigt
lgenscheinlich in Rußland, in künftigen Kriegen von
n zahlreichen Cavallerie einen ähnlichen Gebrauch
m machen, wie dies im amerikanischen Bürgerkrieg
uit den raids der Fall war, und die große Menge
ener itregulären Reiterei fordert Rußland gerade⸗
auf, eine solche Verwendung anzustreben. Es
aber noch hinzu, daß von den vierzehn
cihchen Cavalletiedivisionen zehn langs der preu⸗
dosterreichis ven Grenze vertheilt sind und von
csen zehn wiedernm sechs an der vreußlschen
Grenze. Ja, was die Belegung der Ostpreußen
zugewandten Grenze mit Cavallerie betrifft, so finden
sich allein in dem engen Raum zwischen Niemen
und Weichsel — wir meinen hier nur den Theil
der russischen Grenze, welcher zwischen den beiden
Flüssen liegt — die Stabsquartiere von fünf Ca—
‚alleriedivisionen (Suwalki, Kowno, Bjelostok, Wloz—
lawsk und Lomza), von denen drei nur 4-5 Meilen
und das entfernteste — Bjelostok — 10 Meilen
hon der preußischen Grenze entfernt liegen. Diest
ünf russischen Cavallerie⸗Divisionen umklammern
yollständig die Provinz Ostpreußen. Die Russen
waren zwar niemals um Gründe verlegen, diese
auffallende Anhäufung einer so zahlreichen Cavallerie
in ihrer Westgrenze zu erklären, aber diese Gründe
— einmal soll in den westlichen Gouvernements
das Pferdefutter billiger sein, ein andermal wird
einfach darauf hingewiesen, daß dieses Verhältnif
immer so gewesen sei — sind so wenig stichhaltig,
daß der wirkliche Grund für diese Maßregel nicht
zut verdeckt werden kann. Und der besteht einfach
darin, daß Rußland nunr an seiner Westgrenze einen
größern Krieg zu eirwarten hat und daraufhin seine
Vorbereitungen trifft. Aehnlich wie Frankreich, wo
ja alles militärische Interesse nach der Ostgrenze
neigt, in deren Nähe es mehrere Cavallerie-Divisionen
untergebracht hat, so trifft Rußland seine Vorbe—
ceitungen in erster Linie für den Kriegsfall an jener
Westgrenze. Man kann aus dieser Voraussicht und
aus dem Bestreben, an seinen westlichea Grenzen so
ttark wie möglich zu sein, Rußland in keiner Weise
einen Vorwurf machen, aber ebensowenig wird man
es Deutschland verargen, wenn es die eigenthüm⸗
liche Vertheilung der russischen Cavallerie im Auge
vehält und danach seine Gegenmaßregeln trifft.
Deutschland hat um so mehr Anlaß, auf der Hur
zu sein und nichts in dieser Richtung zu versäumen,
veil es erstens unter Umständen nach zwei Seiten
Front zu machen hat, und zweitens, weil Rußland
owohl als Frankreich in der Aufstellung von Ca—
alleriedivisionen vor uns einen organisatorischen
borsprung besitzt, den unsererseits zu leugnen thöricht
väre. Sollte aber in Rußland, wie das schon
jfters beliebt wurde, bei Vorkehrungen deutscher⸗
eits, welche weiter gegen die offenbaren Angriffs
wecke der zahlreichen an unsern Grenzen ange—
zäuften russischen Cavallerie lediglich ein Gegenge—
vicht zu schaffen bestimmt sind, wieder ein lautes
Beschrei erhoben werden über die schlimmen Ab—⸗
ichten des deutschen Nachbars, so dürfte es wohl
nichts schaden, auf die oben berührte Vertheilung
der russichen Cavalleriedivisionen hinzuweisen, wo⸗
hei leicht noch weitere Einzelheiten über die An—⸗
häufuug russischer Truppen in den westlichen Gou⸗
nernements überhaupt erbracht werden könnten.
Ausland.
Lissabon, 5. August. Wie das Gerücht ver⸗
lautet, ist eine republikanische Militärrevolte in Ba⸗
jadoz ausgebrochen. Die Telegraphen⸗ und Eisen⸗
hahnverbindung ist unterbrochen.
Petersburg, 5. August. In einer Regie—
cungsmittheilung wird bekannt gegeben, daß am
2. August in Jekaterinoslaw ein Pöbelhaufen
einen thätlichn Angriff auf die jüdische
Bevölkerung der Stadt machte und dazu durch
schwere thätliche Beleidigung aufgeregt war, welche
einer Bauernfrau durch einen Juden zugefügt wurde.
Um den Erzeß niederzuschlagen, wurde Militär
requirirt, welches zur Wiederherstellung der Ord⸗
nung von den Waffen Gebrauch machen mußte
Bon Tumultuanten,. die größtentheils aus fremden.
am Eisenbahnbau beschäftigten Arbeitern bestanden,
wurden 10 getödtet, 13 verwundet. Ein
Telegramm aus Jekaterinoslaw meldet: Der Stadt⸗
rath beschloß in einer gestern abgehaltenen Sitzung,
nach Wiederherstellung der Ruhe den durch die
Erzesse geschädigten Juden aus Stadtmitteln 5000
Rubel Entschädigung zu gewähren. Zugleich traf
der Stadtrath Anordnungen, die Obdachlosen in
städtischen Gebäuden unterzubringen, und ersuchte
den Erzbischof, durch die untergebene Geistlichkeit
auf Beruhigung der Gemüther hinzuwirken.
Aus New-NYork wird geschrieben: Der so—⸗
eben erschienene amtliche Ausweis über die Ein—
wanderung in den Häfen der Vereinigten Staaten
während des mit dem l. Juli abgelaufenen Ver—
waltungsjahres zeigt eine bedeutende Abnahme der
Sesammtzahl. Es kamen in dem betreffenden
Zeitraum 599,114 Einwanderer gegen deren
788,992 an, die im Fiskaljahr 1881/82 ein⸗—
vanderten. Das ist also nahezu um 190,000
veniger, als im Vorjahre. Man hat bis jett zu
1880 zurückzugehen, um auf eine geringere Zahl,
ils die des eben abgelaufenen Jahres zu stoßen.
Was im Besonderen die Einwanderung aus
Deutschland anlangt, so betrug dieselbe im
vorvorigen Jahre rund eine Viertelmillion gegen
191,000 im letzten Jahre. Trotz dieser Abnahme
var auch in den letzten Jahren das von den
Deutschen gestellte Kontingent noch immer dreimal
io groß, als das von Irland. Die schottische Aus—
vanderung hat im abgelaufenen Jahre eine kleine
Vermehrung erfahren, und die von Italien ist mit
31,000 Kopfen sich nahezu gleich geblieben. Diese
Zahlen gewinnen um so mehr Interesse, wenn man
»edenkt, daß auf den 25. Juli ein 200jähriges
Auswanderungsjubiläum fiel. An jenem Tage
1683 schifften sich nämlich die ersten deutschen Aus—
wanderer nach Amerika ein, ein kleines bescheidenes
häuflein Europamüder aus Frankfurt, Kriegzheim
»ei Worms und aus Crefeld. Im Jahre 1683 ein
Schiff voll und im Jahre 1883 eine Viertel⸗Million!
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 7. August. Dem Jahres⸗
berichte der hiesigen Lateinschule ent⸗
nehmen wir, daß die Anstalt das abgelaufene
Schuljahr mit 77 Schülern schließt. Am Anfang
des Schuljahres betrug die Schülerzahl 82. Im
daufe des Jahres traten 10 Schüler aus, während
5 eintraten. Von den 77 verbliebenen Schülern
sind 51 Katholiken, 21 Protestanten und 5 Israe⸗
liten; 16 gehören der ersten, 28 der zweiten, 15
der dritten, 15 der vierten und 9 der fünften
Klasse an. Im Lehrercollegium hat während des
Studienjahres keine Veränderung stattgefunden. —
Das neue Schuljahr beginnt am 27. September,
an welchem Tage alle Neueintretenden unter Vor⸗
lage ihres Geburts- und Impfscheines, sowie der
Schul⸗ und Studienzeugnisse sich bei dem Vorstande
der Anstalt anzumelden haben. Die Aufnahms—
und Nachprüfungen werden am 28. u. 29. Sep⸗
ember abgehalten.
— Annweiler, 4. August. Gestern Abend
vurde der 56 Jahre alte Waldarbeiter Johannes
daaf von Eusserthal im dortigen Staatswald,
Distrikt Eichbach, durch einen unbekannten Wilderer
nit Rehposten erschossen. Der Ermordete, ein
braver Bürger und Vater von 6 Kindern, wurde
Jeute früh auf dem Wege von Ramberg nach
Fusserthal leblos liegend aufgefunden. Das Gericht
jat sich heute früh an an Ort und Stelle begeben
um den Thatbestand aufzunehwmen