ꝓ»t. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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Dienstag, 23. Januar 1883. 18. Jahrg.
iti Berlin, 22. Jan. Der Hof legte heute eine
Politische Uebersicht. vierwöchentliche Trauer für den Prinzen Karl an.
Berlin, 22. Jan. Die Großmeister der
vereinigten acht Großlogen der Freimaurer Deutsch⸗
(ands überreichten dem Kronprinz und der Kron⸗
prinzessin gestern Mittag anläßlich der silbernen
Hochzeit den gesammelten Fonds zu einem Hei—
mathshaus für Frauen und Tochter verstorbener
Freimaurer.
Berlin, 22. Jan. Reichstag. Der Prä—
ident Levetzow theilt unter dem Beifall des Hauses
mit, daß abermals aus Nord-Amerika bedeutende
Gaben für die Ueberschwemmten am Rhein bei ihm
eingegangen sind, und zwar 12 000 Mark aus De—
stroi und 100 000 Mark aus New-Pork.
Wir haben bereits in vor. Nr. kurz den am
Zonntag Nachmittag erfolgten Tod des Prinzen
Carl von Preußen gemeldet. Derselbe hatte
bekanntlich im vorigen Jahre einen Beinbruch er
litten. an welchem er längere Zeit zu leiden hatte,
war dieser jedoch auch wieder vollständig geheilt,
so ist doch anzunehmen, daß die damalige Opera—
ion dem Kräftezustand des Prinzen wesentlich ge
chadet hat. Prinz Carl Alexander, k. preuß.
Heneral⸗Feldzeugmeister, war geboren am 29. Juni
1801 (der Kaiser ist am 22. März 1797 geboren).
»ermählte sich den 26. Mai 1827 mit Marie,
Prinzessin von Sachsen-Weimar. Des Verlebten
aͤltester Sohn ist der General-Feldmarschall Friedrich
Carl Nikolaus. Angesichts der bevorstehenden
Silbernen Hochzeitsfeier des deutschen Kronprinzen⸗
»aares ist dieser Trauerfall ein höchst betrübendes
Ereigniß. Wenn schon der im vorigen Jahre den
Prinzen betroffene Unfall den kaiserlichen Bruder
schmerzlich berührt hat, so wird der Todesfall ihn
umsomehr erschüttert haben. — Im Befinden des
Prinzen war am Samstag Abend eine bedeutende
Verschlimmerung eingetreten. Der gesammte prinz⸗
liche Hof blieb am Krankenlager versammelt. Der
Kaiser blieb bis 12 Uhr Nachts und kam heute
Vormittags wiederholt zu Besuch. Das Kaiser⸗
paar hatte sich gegen 122 Uhr nochmals in das
Palais des Prinzen Karl begeben, um mit dem⸗
elben das Abendmahl zu nehmen, in Folge zu
großer Schwäche mußte indeß die heilige Handlung
interbleiben. Der Prinz unterhielt sich mit dem
daiser und dem später eintreffenden Prinzen durch
Beberden. Der Generalsuperintendent Kögel betete
mit den Majestäten am Lager des Sterbenden,
vährend des Gebetes verschied der Prinz kurz vor
zwei Uhr. Um zwei Uhr erschien das Kronprinzen⸗
haar, später die andern hohen Herrschaften am
Sterhelager.
brechen, und es sei für die finanziellen Folgen ver—
antwortlich.
In Amerika hat der Ausschuß des Reprä—
sentantenhauses für auswärtige Angelegenheiten,
welcher die Frage der deutschen Naturalisation,
deren gegenwärtiger Zustand allgemeine Unzufrie—
denheit verursacht, in Erwägung zog, sich zu Gun—
sten einer Resolution geäußert, welche den Präsi—
denten ersucht, die nöthigen Schritte zu thun, um
über einen neuen Vertrag mit Deutschland zu unter—
handeln, welcher in Bezug auf die einschlägigen
Rechte von Bürgern beider Länder, eingeborene
oder naturalifirte, freisinnigere Bestimmungen sichert.
Der gegenwärtige Vertrag:? welcher 1868 mit
Preußen abgeschlossen wurde, verfügt, daß naturali—
sirte Bürger, die fur zwei Jahre nach ihrem Hei—
mathslande zurückkehren, ihrer Naturalisation ver—
lustig gehen. Dies verursacht Schwierigkeiten, die
zu verhindern der neue Vertrag bestimmt ist.
Muünchen, 21. Jan. Die sämmtlichen bayer.
Handels⸗ und Gewerbekammern haben an den Reichs—
iag eine Petition betr. die Ausdehnung des Reichs⸗
tempelabgabengesetzes auf das legitime Waarenge—
chäft gerichtet, dessen Petitum conform mit dem
der kaufmännischen und gewerblichen Vertreter
Württembergs also lautet: „Es möge das Reichs⸗
tempelabgabengesetz vom 1. Juli 1881 im Wege
der Revision in eine leichter fasßliche, alle Zweifel
ausschließende Form gebracht, zu mindesten aber
durch eine authentische Interpretation die den ganzen
Handelsstand drückende Unsicherheit gehoben werden
und das Waarengeschäft von einer Neubelastung
durch das Gesetz verschont bleiben.“ In der Mo—
tivirung ist ausgeführt, daß das Reichsstempelab⸗
gabengesetz schon vom Tage seiner Einführung an
eine stetig wachsende Zahl von Zweifeln und
Meinungeverschiedenheiten wachgerufen habe. Anstatt
des Börsengeschäftes sind hauptsächlich das effective
Waarengeschäft und die Industrie durch die jüngsten
Entscheidungen über die Stempelpflicht der Incasso—
mandate, der brieflichen Waarenabschlüsse der Corre⸗
spondenz der Geschäftssreisenden und der Wechsel⸗
remittirung getroffen. Schon im November 1881
hatten deshalb die Delegirten der größeren deutschen
Handelsplätze zwischen Vertretern der Landesbehör—
den und Vertretern des Handelsstandes die Aus—
legung der mancherlei Unklarheiten des angezogenen
Gesetzes veranlassen wollen. Eine solche Berufung
zeschah nicht. Statt dessen hat die vom Bundes⸗
rath am 5. Juli 1882 erlassene Interpretation
zeregten Gesetzes in den Kreisen des Kaufmanns⸗
tandes die größte Beunruhigung hervorgerufen.
Wie das Gesetz jeßt ausgelegt und gehandhabt wird,
hat es sich zu einer weiteren vom Reichstag nicht
beabsichtigten und verhältnißmäßig belastenden Ge—⸗
werbesteuer gestaltet. Eine Abhilfe thut darum
dringend noth.
In Bezug auf die neulich durch die Blätter
zegangene, aber nachträglich wiederrufene Nachricht
don dem Rüdkttritte des Erafen Bray als bayerischer
Botschafter am Wiener Hofe schreibt man dem F.
FJ. aus München: Mit der Einziehung der
»ayerischen Gesandtschaften an den auswärtigen
döfen scheint es überhaupt noch gute Wege zu
yaben. Wenn selbst die Krone gewillt wäre, in
dieser Hinsicht die weitgehendsten Zugeständnisse an
hen Reichseinheitsgedanken zu machen, so ist man
in den Kreisen der hohen bayerischen Aristokratie
hnehin an dem harmlosen Hofe unseres Königs
iber den Entgang vieler Hofämier seit langer Zeit
chon verstimmt und würde also auf dieser Seite
sehr ungern sehen, daß der jüngere Adel auch mit
der diplomatischen Karriere so ganz auf die Reichs⸗
imter angewiesen wäre.
Berlin, 21. Jan. Eine Petition um Zu—⸗
assung auswärtiger (deutscher) Lotterien in Preußen
wurde heute seitens der Justizcommission abgewiesen.
Berlin, 21. Jan. 8 Uhr 35 M. Ab. Da
wegen des Ablebens des Prinzen Karl keinerlei
Feierlichkeiten stattfinden, so ist sämmtlichen Fürst-
ichkeiten zur silbernen Hochzeit des Kronprinzen⸗
Nares abtelegraphirt worden. Ebenso erhielten die
Deputationen, welche anläßlich der silbernen Hoch⸗
zeeit eintreffen sollten, hiervon Kenntniß. Der Kai—
ct konferirte Abends längere Zeit mit dem Vice—
Oberceremonienmeister Eulenburg.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Waldfischbach, 19. Jan. Vorgestern
verstarb in Horbach der Polizeidiener Flösser in
Folge erhaltener Verwundungen in der Neujahrs-
nacht, wo er einige Burschen wegen Schießens
verfolgte, von ihnen mißhandelt und schließlich die
Stiege herabgeworfen wurde. Hoffentlich wird das
heute nach Horbach kommende Untersuchungsgericht
den oder die Thäter ermitteln, damit diese äußerst
rohe That exemplarisch bestraft werde.
— Landau, 20. Jan. Ben Alkiba hat
zwar gesagt: „Alles schon dagewesen!“ ob aber
zu seiner Zeit oder vor seiner Zeit „zwei Todten⸗
särge“ öffentlich zwangsweise gegen gleich baare
Zahlung, wie vorsorglich bemerkt wird, versteigert
worden, möchten wir billig bezweifeln. Wir glau—
ben, daß für die beiden Särge, die, wie wir aus
der „Sp. Zig.“ ersehen, heute in Spehyer
versteigert werden, sich wenige Liebhaber finden
werden.
— Weyher, 19. Jan. Durch die Gendar⸗
merie wurde dieser Tage ein großartiger
Diebstahl zum Nachtheil eines Pirmasenser
AVD
hier und in unserer Umgebung Schuhe zu Spott—⸗
preisen verkauft, so daß das Publikum mißtrauisch
wurde und die Sache der Polizei zu Ohren kam;
wie es sich jetzt herausgestellt, haben die Diebe in
verschiedenen Orten Verkaufsstellen errichtet, so hier,
in Ramberg, Frankweiler, Albers—
weiler u. s. w. Die Gendarmerie hat bei den
Betreffenden sämmtliche Schuhwaaren konfisziertzund
dem Gerichte übergeben.
— Ludwigshafen, 22. Jan. Heute
werden die beiden hiesigen Schulhäuser von den
Obdachlosen geräumt; dieselben werden in den
Barackenbauten in Friesenheim und Oppau unter—⸗
gebracht und dort von ihren Ortsgemeinden, welche
zu diesem Behufe von dem hiesigen Centralhilfs⸗
comite fortdauernd unterstütt werden, verpflegt.
Einstweilen wurde jeder Person eine für drei Tage
ausreichende Ration von Lebensmitteln mitgegeben.
Diejenigen Wasserbeschädigten, welche in den bis
jetzt errichteten Baracken keinen Platz mehr finden,
werden vorerst dem Schulhause auf dem Hemshof
überwiesen, doch soll auch diefes bis zu Ende der
Woche vollständig evacuirt werden.
— Vom Rhein schreibt man der „Pf. 3.“:
„Die jüngsten Hochwasser in der Pfalz
vwerden wohl auch den großen Generalstab
heschäftigen. Er wird verlangen, daß die Eisen—
Ausland.
Gestern waren es neunzig Jahren, daß die
erste französische Republik den König Ludwig
XVI. auf's Schaffot schleppen ließ. Ginge es nach
dem vorlauten Wortführer der radicalen Republik
hon 1879, — denn bis dahin war sie conservativ
im Thiers'schen Sinne — so gäbe es nächstens auf
die Frage, was mit den Erben des Königthums
ammt deren Rivalen vom Cösarismus zu thun sei,
ene effectvolle Antwort Richard des Dritten: „Kopf
ab! Das ist zu thun!“
Kairo, 21. Jan. Der hiesige diplomatische
Lertreter Frankreichs stellte gestern der ägyptischen
Regierung eine Note zu, worin Frankreich gegen
»as Decret des Khedive betr. Aufhebung der Con—
rrole protestirt. Die Note sagt: die Controle sei
die einzige Garantie für die Gläubiger Aegyptens;
etzteres habe nicht das „Recht, den Vertrag zu