Full text: St. Ingberter Anzeiger

jpannte an und brachte die Leiche wohin man 
vollie. Als er früh Morgens heim kam, fehlte 
das größte Mastschwein; er hatte es selbst fortge · 
iührt. 
Das früher beruhmte Hüttenwer!k in 
Schönau ging mit sammtlichem Zubehör um den 
Preis von 150,000 Mart an Herrn Baron Dietrich 
in Niederbronn über. 
Dürkheim, 18. August. Herr Geheim⸗ 
rath Dr. Virchow aus Berlin, ein langjähriger 
Freund unserer Sladt und ihres uretablissements, 
ist wiederum hier eingetroffen. — Der Trauben⸗ 
jersandt von hier aus hat bereits begonnen. Sehr 
schöne reife Frühtrauben schneidet Herr Weinhändler 
Maox Wolf schon seit 8 Tagen aus seinem Wingert 
dahier an der Saline. Die Trauben gehen meistens 
nach Frankfurt a. M. und weiter nach Nord⸗ 
deutschland ꝛc. J 
Speyer, 20. August. Gestern fand da⸗ 
hier die Priesterweihe an 6 Alumnen stati. Sehr 
diele Fremde waren anwesend. (L. Tgbl.) 
Die protest. theologische Anstellungsprüfung 
iur Pfarramtskandidaten der unirten Kirche der 
Pfalz wird am Mittwoch den 3. Olt. nächsthin in 
S'peyer ihren Anfang nehmen. 
Die Bahnhofrestauration von Deutsch, ge⸗ 
nannt Schnadenhäuschen, in Speyer ist sammt 
Inventar um 90,000 Mk. an Gastwirth Knapp 
Jus Kappelrothech in Baden verkauft worden. Herr 
Deutsch gedenkt mit seinem Schwiegersohn in Eden⸗ 
oben ein Weingeschäft zu betreiben. J 
Für Eliern, welche Söhune studiren laffen, 
sind vielleicht folgende Notizen nicht ohne Interesse. 
Nach Ausweis der Jahresberichte der 4 vollständigen 
pfälzischen Gymnasien haben heuer 128 Schüler 
abspiviert. Diese erklärten sich folgende Fachstudien 
bezw. Berufswege gewählt zu haben: Jurisprudenz 
29, Medizin 31, Theologie 38, Phiologie (unv 
Mathematit) 7, Forsiwissenschaft (und Verkehrswesen) 
1, Miilitärdienst (und Marine) 10, Finanzdienst 8 
leiner war noch unentschieden). — Im nächsten 
Schuljahre wird auch das Gymnasium zu Neustadt 
oliständig. In Folge der Frequenz der 3. Klassen 
der 5 Gymnasien, welche in diesem Jahre 187 be⸗ 
—EE nächsten Jahre 
muthmaßlich auf 160 steigen. — 1875 absolvierten 
in Speyer 30, in Zweibrücken 36, zusammen nur 
b6 Schüler. GPf. Pr.) 
dDa der Sedanstag heuer auf einen Sonn⸗ 
jag fällt, so wird derselbe dem Vernehmen nach in 
dielen pfälzischen Gemeinden festlicher als ge⸗ 
wöhnlich begangen werden. 
Vermischtes. 
München. Die „N. N.“ enthalten folgen⸗ 
des Inserat: „Aufruf! Der Senioren⸗Konvent der 
Münchener Simultanschul⸗Philister hat den in allen 
hayerischen Herzen sicherlich Wiederhall findenden 
Beschluß gefaßt, dem Herrn v. Lutz aus Anlaß 
einer brillanten neuesten „That“ eine Ehrenschaukel 
u überreichen. Dieselbe soll die Form eines nicht 
los vor- uͤnd rückwärts, sondern auch nach rechts 
ind links schaukelnden Fauteuils haben und ganz 
zus getriebenem Reichsgold im Mindestbetrage von 
10.000 fl. angefertigt werden; der Sitz wird aus 
jolidem, gepreßlen Pech bestehen. Beiträge zu diesem 
Threngeschenk wollen in den zu diesem Zweche eigens 
hergerichteten Schlafmützen hinterlegt werden.“ 
. Schweinfurt, 16. August. Heute Mit⸗ 
tag fand auf dem hiesigen Standesamt die Zivil⸗ 
rauung Sr. Exz. des Hrn. Giegler Pascha, 
Bize⸗ Gouverneurs von Sudan, mit Fräulein Elise 
Fechner von hier statt, welcher sodann die kirchliche 
Trauung in der protest. Stadikirche folgte. Herr 
Biegler Pascha, ein geborener Schweinfurter weilt 
schon seit mehreren Monaten in seiner Vaterstadt auf 
Zesuch. Derselbe reiste vor etwa 10 Jahren von 
dondon aus, oo er als Uhrmacher beschäftigt war, 
nit einer englischen Expedition nach Aegypten, wurde 
zort wegen seiner Kenntnisse in der Telegraphie als 
Telegraphen⸗ und später alsdann als Verwaltungs⸗ 
zeamter angestellt und stieg so von Stufe zu Stufe 
dis zu seiner jetzigen Stellung. Nach den Flitter⸗ 
vochen wird er in Begleitung seiner Gemahlin nach 
Aegypten zurückkehren. Der hiesigen Realschule hat 
er eine sehr werthvolle ethnographische Sammlunog 
zum Geschenk gemacht. 
Eine arme“ Frau. In Stuitgart 
lebt seit langen Jahren eine 70jährige Jungfer in 
den dürftigsten Verhältnissen. Sie nährte sich vor⸗ 
ugsweise von, bei den benachbarten Restaurationen 
usammengefochtenen Svpeiseresten und brachte den 
Winter ohne Licht und Wärme zu. Man muß 
iber Verschiedenes über die Armuth der Alten ge⸗ 
nunkelt haben, denn dieser Tage erschienen Schutz⸗ 
nänner. Steuerwächter und sonstige Beamte in 
hrer ärmlichen Behausung und machten sich daran, 
zas unterste nach oben zu kehren und alles, troß 
zem Protest und dem Flehen des antiken Fräuleins, 
u durchstöbern. Und siehe was fand sich: Kapital · 
zriefe, Staatspapiere, und Schuldscheine in nicht 
jeringer Anzahl und zudem eine erkleckliche Summe 
aaren Geldes, in Sirümpfen,. alten Häfen u. s. w. 
nfbewahrt. Durch diese erfreulichen Resultate auf⸗ 
semuntert, machte man sich daran, die alten abge⸗ 
ragenen Kleider des Frauleins, mit denen sie im 
Augenblicke ihre sterbliche Hülle deckte, einer naäheren 
Bisitation zu unierwersen, und da soll nun zu 
juter Letzt, sorgfältig eingenäht und eingewickelt ein 
janzes Vermögen an das Tageslicht gekommen sein. 
Man spricht im ganzen genommen die Summe 
»on 100,000 Mark. 
In Herrenberg im Württembergischen 
rschlug der 30jährige ledige F. Hauser von Moöß⸗ 
ngen seine eigene Mutter. Er soll die That in 
einem Anfall von Wahnfinn ausgeführt haben. 
Zwei Borsianer geriethen in Frankfurt 
nit einander in Streit, der damit endete, daß der 
ine den andern auf Piftolen forderte. „Wann soll 
as Duell vor sich gehen?“ fragte der Geforderte. 
Morgen früh um sechs Uhr am Forsthaus“ ant 
vortere der Kampflustige. „Gut,“ replizirte Jener, 
wenn ich noch nichi da bin, so fangen Sie einst⸗ 
beilen rur allein an.“ Der Schlagfertige hatte 
zie Lacher auf seiner Seite und der Forderer zog 
nit langer Nase ab. 
Eine riesige Betrugs-Affaixe erregt die kauf · 
nännischen Kreise Eüberfelds. Die „N. N.“ 
—DD Agent 
zarl' Bad, bisher Louisenstraße 114 wohnend, ist 
eit dem 10. d. verschwunden und hat ca. 500.000 
Rart Schulden hinterlassen. Der nähere Sachver⸗ 
galt ist folgender. Mehrere Elberfelder —X 
3 heißt zwei, spekulirten auf Anrathen des Back 
u Seide, kauften einen großen Posten Waare ein 
ind lagerten dieselbe zum Verkaufe bei Back. Hinter 
em Ruͤcken seiner Auftraggeber spekulirte dieser nun 
bieder auf eigne Rechnung und verlor. Um seinen 
zerpflichtungen nachzukommen, veraußerte Back die 
Zeide, welche nicht sein Eigenthum war und deckte 
nit dem Erlös seine schuldigen Differenzen. Aus 
Anlaß eines bedeutenden Fallissements in Barmen 
zegaben sich nun die beiden Elberfelder Auftrag⸗ 
jeber zu ihrem Agenten, um Erkundigungen über 
en Siand des Geschäfts einzuziehen. Dieser bat 
ie Herren, im Comptoir einen Augenblick zu ver⸗ 
veilen, er habe einen Ausgang zu besorgen und 
berde sogleich wieder erscheinen. Damit verschwand 
zack auf Nimmerwiedersehen. Die Elberfelder Kauf⸗ 
ruse derlieren 7500 Kilo Seide, welche einen Werth 
on ca. 400,000 Mark haben und ein englisches 
»aus, Peteys und Comp. in Derby (England), 
Ahsiert 2500 Kilo im Werthe von ca 135000 M. 
der verduftete Agent soll nur eine kleine Summe 
Ses werden 400 Mark genannt — in Baar 
aitgenommen haben. Bacd wurde in Holland ver⸗ 
naftet. 
pEin Wirthe⸗-Verein.) In Bochum 
ind die Wirthe zu einem Verein zusammengetreten, 
im gemeinschaftlich die Interessen ihres Standes 
ind des konsumierenden Publikums zu fördern. 
Schon die erste von dem im Entstehen begriffenen 
gereine geplante Einrichtung ist eine solche, daß sie 
on allen Biertrinkern freudig begrüßt werden wird. 
58 soll nämlich die Reinigung der sämmtlichen 
dierleitungen gemeinsam und zwar durch Dampf 
eschehen. Zu diesem Zwecke soll ein Apparat be⸗ 
hafft und die Ausführung des Reinigungsgeschäftes 
inem Unternehmer übertragen werden. 
7 Die Kaiserin Eugenie weilt seit einigen Tagen 
üm Kurgebrauch in Karlsbad und wohnt in 
iner der Villen des englischen Quartiers auf dem 
„chloßberg. Ihre Ankunft wurde sehr geheim ge⸗ 
jalten, offenbar in Voraussicht der Unannehmlich⸗ 
eiten,, welchen die leidende Dame ausgesetzt sein 
verde, sobald dem Kurpublikum ihre historisch in— 
reressante Persönlichkeit zu Gesicht käme. Sie er⸗ 
cheint gleich den übrigen Kurgästen morgens am 
Marktbrunnen und reiht sich in die übliche Zeile 
er Trinker. Die Toilette der einstigen ersten Mode⸗ 
dame der Welt macht geradezu einen ärmlichen Ein⸗ 
ruck. Absichtlich, wie es scheint, vermeidet sie es, 
ich auch nur so zu kleiden, wie es die hier weilen⸗ 
en älteren Damen aus den wohlhabenden Ständen 
chun. Unter dem einfachen schwarzbeschleierten Hut 
suillt das noch immer dichte schöne, aber nun ser 
zraute Haar hervor; die einst so kühnen Linien 
zes Besichts sind abgeschwächt durch den krankhaft 
gelblichen Teint und den Ausdruck körperlichen und 
Jeistigen Leidens, der darauf lagert, und die etwaz 
us ungesund Volle gerathene Gestalt ist in ein ein⸗ 
aches, schwarzes Kleid und einen sichtlich vielbe— 
rußten, gefütterten Seidenpaletot von gleicher Farbe 
gehüllt. Beim Abwärtssteigen über die vom Schloß 
zetge zum Markt führenden Stufen bedarf Frau 
Fugenie der Unterstützung. Was auch immer in 
der Welt⸗ und Hofgeschichte gegen die Wittwe des 
oritten Napoleon vorliegen mag, das tragische Schid 
al dieser unglücklichen Ftau und Mutter sichert 
hr die allgemein menschliche Theilnahme, die ihr 
;reilich von dem neugierigen Badepublikem nicht 
mmer enigegengebracht wird. — 
F Ein furchtbares Gewitter, mit Sturm und 
Sturzregen verbunden, hat sich am Mittwoch Abends 
zis spät Nachts in der Gegend von Wiester, Burg 
und Itzehoe entladen und enormen Schaden ange— 
richtet. So wurde u. A. in Bensdorf eine Scheune, 
in Knaks eine Kathe, in Krempterheide ein Wohn⸗ 
haus durch Blitz entzündet; der Besitzer des letzteren 
vurde durch Blitz gelähmt, außerdem verbrannten 
mehrere Kühe und Schweine. Ganz besonderz 
groß ist der angerichtete Schaden in der Wilster⸗ 
marsch. So wurde in Schotten die Schweiger'sche 
Mühle in Asche gelegt; in Neuendorf schlug der 
Blitz in die großen Wohn⸗ und Wirthschaftsgebäude 
der Hofbesitzer Mohr und Helmuth; ferner wurden 
in Sachsenbaude 3 Entwässerungsmühlen ein Raub 
der Flammen. In Arentsee bei Brockdorf brannte 
»as mit Korn gefüllte Gewese der Gebrüder Brandt 
otal nieder. In Berg wurden zwei Wohnhäuser 
vom Blitz entzündet und brannten bis auf die 
Mauern ab. In Wiester wurde der Kirchthurm 
ind ein Wohnhaus vom Blitz getroffen, ohne daß 
erselbe jedoch zündete. In Avertaich wurde eine 
yrau an der Seite ihres Mannes vom Bliß er— 
chlagen. Aber nicht nur in hiesiger Gegend, auch 
in Hohenwestedt, Neumünster und Kire hat das 
Anwetier geitobt uud großen Schaden verursacht. 
Zetzteres gilt namentlich hinsichtlich der Kornfelder 
ind Gärien, wo der Orkan, verbunden mit einem 
volkenbruchartigen Regen, enorme Verwüstungen 
ingerichtet hat. 
4 Ein niedliches „kleines“ Geschenk im engsten 
Sinne des Wortes ist dem deutschen Kron— 
drinzenpaar gewidmet worden. Es ist näm⸗ 
ich ein höchst interessantes, außerordentlich kleine⸗ 
Theeservice, welches der Maschinenmeister Hofmann 
u Osterfeld gefertigt und unseren kronprinzlichen 
derrschaften übersandt hat. Das 32 mm lange 
ind 24 mm breite Theebrett ist aus einem alten 
reußischen Dreipfennigstück angefertigt. Der Thee⸗ 
essel ist aus einem deutschen Zweipfennigstück ge⸗ 
chlagen, der Deckel aus einem Einpfennigstück, die 
Rilchkanne aus einem Pfennig des Herzogthums 
ʒachsen ⸗Meiningen, die Zuckerschale aus einem 
reußischen Pfennig und einem Heller verschiedenet 
Fürftenihümer, die beiden Tassen aus je zwei alten 
ßͤfennigen. Sämmtliche sind inwendig verzinnt 
ind so gearbeitet, daß man das betreffende Geld⸗ 
dück am Wappen oder an der Schrift erkennen kann. 
F An originellen Empfangssßzenern 
var der Samslag, der Tag der großen Reiserüc⸗ 
ehr, in Berlin und Umgebung reich. Das arigr 
nellste spielte sich wohl auf dem Bahnhof in Pots⸗ 
dam ah. Dort erwartete ein Diener, welchet sich 
deine lebende Triumphpforte verwandelt hatte. 
eine Herrschaft. Ueber Brust und Rücken zogen 
Hurlandenanf der Brust prangte die Inschrift 
Pillkommen! und in jeder Hand hielt er eine 
rennende Stocklaterne. Älles lachte, nur der lebende 
Triumphbogen schritt mit unerschütterlicher Würde 
uf dem Perron auf und nieder. Als seine Hert⸗ 
chaft dem Waggon enstieg, nahm er ihre Reise⸗ 
aschen in Empfang, blies die Laternen aus und 
nahm fie nuter den Arm. Die Ankömmlinge waren 
abrigens keine Spielverderber, sondern lachten mi⸗ 
Hem fie umringenden Publikum herzlich mit. 
F Ein Spiegelbild der Verhältnifst 
velche gegenwaͤrtig im Baufache herrschen, gidt 
ie Thalfache, daß 300 Gesuche von Architelten und 
Technikern bei dem Architekten Wallot eingelaufen 
ind, welche um Beschäftigung beim Bau des Reiche 
agsgebäudes in Berlin bitten. 
4GWie viel Eier verzehrt werden 
die Eierbörse von Berlin ist, wenn der Name cua 
sumoristisch klingt. doch von hoher Bedeutung