Full text: St. Ingberter Anzeiger

Wie ich nun höre, ist unsere Bundesbehörde seitens 
der deutschen Regierung auf das Bedenkliche einer 
in der deutschen Grenze veranstalteten sozialdemo⸗ 
ratischen Agitation in höflicher Weise aufmerksam 
dJemacht worden. 
Paris, 22. August. Die chinesische Regier⸗ 
ung gewährte für die in der Probinz Yuenan erfolgte 
Ermordung eines französischen Missionärs Genug⸗ 
huung. 
Paris, 22. August. Der Artikel der Nordd. 
Allg. Ztg. hat hier große Erregung und an der 
Boöͤrse eine Baisse verursacht. Die „France“ be⸗ 
merit: Der herausfordernde Ton der deutschen Presse 
folge stets einem offiziösen Befehle Bismards; es 
Jezieme den Franzosen nicht, auf Drohungen zun 
intworten; wenn Frankreich friedlich und stark zu 
oleiben wisse, habe es nichts von den deutschen 
Prahlereien zu fürchten. Aber es sei Zeit, daß 
das Land der Regierung die Pflicht auferlege, eine 
weniger abentheuerliche Politik zu verfolgen. Paris 
sagt: „Wir glauben nicht an den Teufel“ und for⸗ 
dert auf, den Deutschen in Paris keine Arbeit zu 
geben. Die Gazette de France schreibt: „Die po⸗ 
uͤtische und die Finanzwelt ist durch den Artikel 
der Nordd. Allg. Ztg. sehr aufgeregt; derselbe fiel 
diesen Morgen wie eine Bombe in Paris. Das 
Organ Bismarcks gibt den Franzosen in starken 
Ausdrücken zu verstehen, daß die Deuischen der 
Brahlerei der franzoͤsischen Blätter, die von Rache 
sprechen und ihre Sympathien den Elsaß⸗Lothringern 
auszusprechen sich erlauben, müde sind. Deutsch- 
and ijt nicht der Ansicht, daß die französische Re⸗ 
publik berechtigt ist, die Haltung einer unabhängi⸗ 
zen und freien Nation anzunehmen. Die Repu⸗ 
zlit soll von Bismarck niedergedrücht zur Vasallin 
zemacht werden. Frankreich wird als das einzige 
hinderniß zur Befestigung des allgemeine Friedens 
— Blatt, die 
Berletzung doch über alles Maß treiben. 
Paris, 28. August. Die Morgenblätter 
sprechen sich allesammt gegen die Beschuldigung der 
ranzofischen Presse durch die Nordd. Allg. Ztg. aus. 
dediglich der Artikel der Nordd. Allgem. Ztg. sei 
eine Provakation. Die französische Presse spielte 
Deutschland gegenüber niemals eine aggressive Rolle, 
zegentheilige Behauptungen seien eine Verleumdung 
und ein Theil des großen Einschüchterungssystems, 
das man Frankreich gegenüber anwende. Das 
Journal des Débats und La Roͤpublique wollen, 
»evor sie sich über den Artikel der Nordd. Allgem. 
Zig. aussprechen, erst die Motive für so unertlär—⸗ 
liche Beschuldigungen kennen lernen. Siecle sagt, 
das große französische Publikum werde den Artikel 
mit Bedauern, aber auch mit Gleichmuth lesen, 
denn es wisse, daß Frankreich von 1883 nicht das 
don 1863 sei; Frankreich wünsche nichts weiter, 
als in Frieden mit seinen Nachdarn zu leben, es 
desitze aber heute genug Soldaten und Kanonen, 
am alle Drohungen zu verachten, zumal, wenn sie 
so unberechtigt erhoben sind. 
Die Nalionalzeitung begleitet den Artikel der 
Nordd. Allgem. Ztg. über die chauvinistischen Vor⸗ 
zänge in Frankreich mit folgenden Bemerkungen: 
Nach der Art, wie sich eben die Dinge in Frank⸗ 
reich abspielen, mußte man vorbereitet sein, an 
einem oder dem andereu Tage einen solchen Artikel 
n der Nordd. Allgem. Zeitung zu lesen. Die Grenz⸗ 
vereisung durch den Kriegsminister Thibaudin ist 
zu einer theatralisch aufgeputzten Demonstration ge⸗ 
worden. Daneben jpukt die probeweise Mobilisation 
hon einem oder mehreren Armeekorps an unserer 
Ostgrenze, eine Demonstration, die schon außeror⸗ 
dennich diel ernsthafter ist. Das Toben und Schimpfen 
zegen Deutschland hat, wie nicht geleugnet werden 
saun, sich in der letzten Zeit wieder einen Grad 
höher und stärker gestimmt, selbsi, da man die Höhe 
bes Möglichen überhaupt schon erreicht glaubt. Daß 
das nicht gut enden kann, das sollte man in Frank⸗ 
reich gerade so einsehen wie in Deutschland. Man 
Jlauͤbi aber dort, man könne mit dem Feuer spielen. 
Was die Lage in den Reichslanden betrifft so sind 
der Brief des Herrn Antoine, die Aufnahme, die 
er diesseits und jenseits der Grenzen fand, und das 
Verhalten der Regierung der Reichslande diesen 
Vorgängen gegenüber sehr lehrreich. Die gespreizten 
Rodomontaden des Thierarztes von Meß bringen 
einen ernsthaften Deutschen zu lachen; die Fran⸗ 
zosen und Französlinge in den Reichslanden sehen 
Heldenmuth und Selbstvertrauen. In der Haltung 
der Regierung sehen sie aber nicht die geringschätzige 
Großmuͤth, sondern nur duldende Schwäche in einer 
Tihsnick pollfändia berubiaten Grenzprovinz, die 
„on Frankreich mit eiserner Hand mit und ohne 
Zammethandschuh regiert worden war. 
London, 22. August. Der Times wird aus 
zongkong von heute gemeldet, die Franzosen hätten 
haidzuong eingenommen und dabei 150 Kanonen 
ind 50,000 Dollars erbeutet. Die Annamitten 
hätten sich in das Innere des Landes zurüdgezogen. 
London, 23. Auzust. Die Times meiden 
aus Honkong vom 22. August: 2000 Franzosen 
nit 500 Mann von den gelben Flaggen rückten 
im 15. August von Hanoi gegen Sontai vor und 
tießen bei Phukai, 7 Meilen von Hanoi, auf den 
Feind. Ein Theil der Franzosen war gezwungen, 
ich zurückzuziehen. Die Zentralkolonne besetzte 
Phukai, verließ es aber bald wieder. Die Fran⸗ 
osen verloren 2 Offiziere und 16 Mann an Tod⸗ 
en. 70 Mann wurden verwundet. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 24. August. Dem Ver—⸗ 
iehmen nach hat die hiesige Stadtverwaltung gegen 
zie Hrn. Gebrüder Krämer wegen der städtischen 
S„chweinehut in den Krämer'schen Waldungen einen 
Brozeß anhängig gemacht. 
e. Ensheim, 23. August. Viktualienmarkt. 
kier per Dutzend 80 Pfg., Butter per Kilo 
10 Mark., Kartoffeln per 50 Kilo 2,60 Mark. 
traut per Kopf 20-30 Pf. 
— Zweibrücken, 283. August. Wie bisher 
mmer, so haben auch dieses Jahr wieder die Vor⸗ 
tände des Kampfgenossen⸗ und Kriegervereins die 
Unregung gegeben zur würdigen Begehung von All⸗ 
eutschlands glorreichem Siegestag, dem 2. Sepibr. 
leber die Festitellung des betr. Programms beschloß 
jestern Abend nunter dem Vorsitz des Hru. Bach— 
nann eine Anzahl von Vereinsvorständen das 
achstehende: Da der 2. September auf einen 
S„onntag fällt, so soll ein Festgottesdienst abge— 
salten werden, und zwar in der Alexandeiskirche. 
derrn Pfarrer Butters trifft an diesem Tage 
sie Reihe, und wird derselbe also die Festpredigt 
salten. Nach dem Gottesdienst sammeln sich die 
fFinzuladenden in der Schillerallee, um dort einen 
ug zu formiren, welcher sich unter Vorantritt eines 
Musikkorps durch die Stadt auf den Friedhof be— 
zibt, wo die feierliche Schmückung der Kriegergräber 
in der hergebrachten Weise vor sich gehen, und so 
insern um das Vaterland verdienten Todten der ge⸗ 
ührende Achtungstribut gezollt werden wird. — 
In diesem einfachen, aber würdigen Rahmen wird 
die Nationalfeier sich hier bewegen, und es darf 
yon unsrer patriotischen Bevölkerung gewiß die all⸗ 
zemeinsie Betheiligung erwartet werden. (3. 3.) 
— Der wissenschaftliche Predigerverein der 
Pfalz wird am 24. September l. J. im Saal⸗ 
zau in Neustadt eine größere Versammlung ab⸗ 
jalten. Herr Dekan Dr. Leyser eröffnet Vor—⸗ 
nittags 10 Uhr die Verhandlungen durch einen 
Vortrag über die „Frage der Kirchenzucht“. Nach 
»em Vortrag wird die Erneuerung der austretenden 
Ausschußmitglieder vorgenommen. Nach den Ver— 
jandlungen findet im Saalbau (Restauration Koch) 
in gemeinsames Mittagessen statt. 
— Am 27. September nächsthin hält der pfälz⸗ 
sche Bienenzüchterverein zu NReustadt im Hotel 
u den Vier Jahreszeiten (Schießhaus) seine dies— 
ährige Hauptversammlung ab. Verbunden damit 
ind eine Ausstellung und ein Honigmarkt. 
— Bergzabern, 21. August. (Ratenge⸗ 
chäft von Loosen., Nach einem uns vorliegenden 
Lieferungsschein kaufte Jemand sieben Stück Buka— 
rester Loose, wofür in 33 monatlichen Raten à 10 
Mark zu bezahlen sind 330 Mark. Diese sieben 
Zukarester Loose würden heute kosten, zum hohen 
kurse von 36 Mark gerechnet, 252 Mark; hiezu 
zinsen und Spesen bis zum Bezug, hoch gerechnet, 
28 Mark, zusammen 280 Mark. Zahlt also der 
Zäufer außer den Zinsen eine Differenz von 50 
Mark. Auch noch ein gutes Geschäft! 
— Steinweiler, 20. August. In der 
hergangenen Nacht wurde hier in einem Wirths— 
hausstreite der Kappenmacher Nauert derart miß⸗ 
handelt, daß dessen Tod erfolgte. Als Thäter wird 
ꝛin gewisser Müller aus Winden bezeichnet. Die 
zerichtliche Untersuchung des Falles ist im Gange. 
— Die am Sonntag in Ludwigshafen 
tatt gehabte Generalversammlung des pfälzischen 
-„chreibgehilfenvereins beschloß u. A. auch eine 
Statutenänderung. Nach 8 30 der Statuten wurde 
nämlich jedem erkcankten Mitgliede eine wöchentliche 
Unterstützung von 7 Mark «us der Vereinskasse ge— 
aährft sund zWwar auf die dgonze Dauer der Kranfk— 
Jeit und Arbeitsunfähigkeit des betreffenden Erkrank. 
en, also unter Umstände auf lange Jahre hinau 
Nach den bisher gemachten Erfahrungen ist jedoch 
ziest Unterstützung gegenüber dem Vermögensftand, 
ind der Mitgliederzahl des Vereins eine viel zu 
johe, und es wurde deßhalb dem besagten g 30 
in Zusatz in der Art beigefügt, daß einem Mit. 
zliede im Falle seiner Erkrankung und dadurch be. 
zungener Arbeitsunfähigkeit für die ersten 8 Monate 
J Mark, für die folgenden 4 Monate 5 Mark und 
ür jede länger andauernde Krankheit 8 M. woch— 
entlich bezahlt werden. — Das Vereinsvermögen 
nehrte sich im letzten Jahr um 1082 Mt. 47 pf. 
ind beträgt jetzt 6613 Mt. 97 Pf. — Ein hoch. 
jerziger Gönner des Vereins, Herr Notar Neu— 
nayer in Neustadt, hat wie in den hervorgehenden 
Jahren so anch in dieser Versammlung wieder den 
Lerein 50 Mt. überreichen lassen. 
— Der Ausschuß des Feuerwehr— 
»erbandes der Pfalz veröffentlicht soeben die 
Zauptergebnisse über das pfälzische Feuerloschwesen 
zro 1882. Danach befsinden sich in der Pfalz in 
11 Gemeinden 717 Feuerwehren, wmämlich 712 
Bemeinde⸗, vier Fabrik und eine Anstalts-Feuer 
vehren. Die Gesammtzahl der Mannschaften be— 
rägt ca. 10 pCt. der Bevöllerung, nämlich 68,747 
ei ruud 670,700 Einwohnern. An Loschmaschinen 
ind vorhanden 120 größere Saug⸗ und Drucd—. 
pritzen, 500 größere Druckspritzen, 350 kleinere 
jyahrsprizan, 200 Handspritzen und 20 Hydro— 
horen ꝛc. Der Ausschuß empfiehlt die Anstellung 
ines Kreis⸗Feuerwehr⸗-Inspektors, welcher aus 
kreismitteln oder aus solchen der Immobiliar⸗ 
zrandkasse zu besolden wäre, welchem die Aufgabe 
ingehendste Prüfung der diversen Feuerwehren und 
Lösch⸗ Anstalten zufiele. Dieselbe hätte Visitationen 
Instruktions und Muster-Uebungen abzuhalten 
ind mit dem Kreis-Feuerwehr-⸗Ausschusse in steter 
Fühlung zu bleiben, um Verbesserungen im Feuer⸗ 
zichmwesen auzubabnen und durchzuführen 
Vermischtes. 
FBamberg, 20. August. In der Klarisser— 
X 
ffizier Leyk aus der Rheinpfalz erschossen. Motip 
inbekannt. 
F Unter der Mannschaft des 1. Ulanen⸗Regi— 
nents zu Bam berg ist die ägyptische Augenkrank— 
seit ausgebrochen, und mußten an einem Tage über 
20 Soldaten in das Lazareth verbracht werden. 
die betreffende (4..) Eskadron darf die Manöver 
nit dem übrigen Regiment nicht weiter mitmachen. 
F (Curioses Inse rat.) Die Sonntag— 
iummer der Münchener „Neuest. Nachr.“ bringt in 
hrem Inseratentheil eine Anno nce mit obenstehen⸗ 
zer Ueberschrift, welche wir des Kuriosums wegen 
jier wörtlich folgen lassen: „Eine friedliebende 
HMtieihpartie, von einer anderen Partei meist von 
rüh Morgens bis spät in die Nacht durch unauf⸗ 
jörliches Dididi-dididi am Klavier, der größten Ge⸗ 
Firnmarter auf's rüchsichtsloseste preisgegeben und 
zarurch nach geistiger Berufsarbeit in ihrer Abend 
md Nachtruhe gesiört, sucht ein sofort wirkende— 
Gegengift“, alte lautgehende Drehorgel oder dergl. 
vent sind edle Menschenfreunde hiermit um An— 
jabe eines anderen, ficher wirkenden Gegenaifte— 
sJebeten u. s. w.“ 
pKreuznach, 22. August. Das „Lrzn 
Tgbl.“ schreibt: Gewöhnlich wird angeno mmen 
nit Graf Franz von Sickingen der im Jahre 1836 
zuf einem kleinen Bauernhof bei der Sauer burt 
n der Nähe don Lorch sein Leben in Armuth de— 
chloß, sei das Geschlecht derer von Sickingen über⸗ 
saupt erloschen; allein dieser war nur der leti! 
ints Stammes der Sidingen zu Sickingen. Du 
Stamm der Sidingen zue Hohenburxg beib 
noch heute seinen Vertreter in dem am 1. Septemben 
836 in Wien geborenen Reichsgrafen Franz. Vn 
inigen Tagen nun weilte derselbe hier, um de 
Dent mäler der Geschichte seines einst so machtige 
Heschlechtes zu besichtigen. An einen längeren 
Befuch der Ebernburg reihte sich das Souper au 
»er Terrasse des Kurhauses, wozu er einige hiesig 
Herren, die er als Pfleger der Siclingen ⸗Literatur 
uind „Geschichte besucht hatte, eingeladen. —— 
Großes Aufsehen errregt das Verschwn 
»es General⸗Agenten der Gladbacher FZeuerversge 
ungsgesellschaft in Kreuznach. Derselbe * 
1. August von Kreuznach abgereist, um in 
inen Brandschaden zu reguliten, zu welchem 3 
hm von der Gesellschaft 30,000 Mark zugesce 
Iden moren Seit der Zeit iß er veröichwun *