Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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X 168. 
Volitische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 28. August. Sr. Maj. dem 
donig sind anläßlich seines Namens- und Ge— 
zurtsfestes von Sr. Maj. dem deutschen Kaiser, dem 
daiser von Oesterreich, dem Kronprinzen des Deut⸗ 
chen Reiches und von Preußen, dem König von 
Vürttemberg, dein König von Sachsen, den Groß- 
herzogen oon Hessen und von Baden u. s. w. 
Fluͤdwünsch⸗ Telegramme zugegangen. 
München, 28. August: Es haben bereits 
xtschiedene Fürstlichkeiten ihre Anwesenheit zur 
zeier der Enthüstsung des National-Denkmales zu—⸗ 
esagt. Unter diesen befände sich auch, wie die 
Koln. Z.“ wissen will, Se. Maj. der König von 
dayern, welcher mit dem Prinzen Luitvold erscheinen 
wird. (7? D. Red.) 
Ueber die Stellung Bayerns zur Eisenbahn⸗ 
nage, die durch das jüngste Projekt der preußischen 
ztaatsregierung, betreffend den Ankauf von sechs 
hrivateisenbahnen, wiederum in den Vordergrund 
gedrängt worden, sind verschiedene Ansichten zu Tage 
getteten und zwar je nach dem Parteistandpunkte. 
‚Leßterer kann aber — so wird offiziös geschrieben 
— in der Sache gar nicht in Betracht kommen 
Im Abschnitt VIII. der Reichsverfassung sind aus— 
drücklich Bayern Reservatrechte in Eisenbahnsachen 
riugeräumt worden. Von den Artikeln 42 bis 47 
xt Reichsverfassung, welche sich auf das Eisenbahn⸗ 
vesen beziehen, finden die fünf ersten Artikel auf 
le deutschen Staaten, mit einziger Ausnahm 
deherns, Anwendung, wogegen dem Arrikel 17, 
welcher die militärischen Anforderungen an die 
tisenbahnen präcisirt, sämmtliche Bahnen des deut— 
then Reichs unterstehen. An diesem Reservatrecht 
vird Bayern voraussichtlich strikte festhallen. An 
inem freiwilligen Verzicht Bayerns auf seine Re— 
cbatrechte ist vorläufig nicht zu denken, und auf 
inen solchen kann es überhaupt nur ankommen. 
denn die bayerischen Reservairechte sind eben garan⸗ 
it und dieß muß nun einmal respectirt werden 
daß die bayerische Regierung wirklich nicht daran 
enkt, ihr Eisenbahn⸗Reservatrecht aufzugeben, hat 
x bor mehreren Jahren auf seine Interpeliation 
s Abgeordneten Freitag, betreffend das Reichs 
senbahnprojekt, in der bayerischen Kammer durch 
en damaligen Ministerpraͤsidenlen klar nd deut 
— aussprechen lassen. Der Letztere präcisirte die 
doppelaufgabe“ seiner Regierung dahin: „Sie 
aind für die bayerischen Bahnen den Reservatstand⸗ 
untt wahren und dentt micht an eine Abiretung 
visclben an das Reit, und wird auch einer Cen— 
itung außerbayerischer Bahnen in der Hand 
Reiches mit den durch die Reichsverfassung zu 
those stehenden Mitleln entgegenwicken.“ 
Berlin, 29. August. Die Anzahl anwesender 
— eten übersteigt jetzt beträchtlich die 
ußfähigkeitsziffer. Die Führer aller Fraktionen 
augegen, abgesehen von Gneist und Lasker, 
n Amerika weilen, sind nicht zugegen. 
„erlin— 29. August. Ueber die Dauer der 
* beginuenden außerordentlichen Reichstags— 
meint man in betheiligten Kreisen, daß man, 
ig auch die Annahme des spanischen Haudels— 
p die im Bundesrathe einstimmig erfolgte, 
wy ehe Wird doch auf erhebliche Debatten 
müsse. Eine kommissarische Vorberath⸗ 
1 dandesverirages ist, wie absonderlich das 
nicht undenkbhar und der Regierung am 
dar nicht unwillkommen. Falls sich die 
Donnerstag, 30. Auqust 1883. 
18. Jahrg 
Tagung des Reichstages länger als acht Tage aus— 
»ehnen sollte, wird zweifellos die feierliche Grund⸗ 
teinlegung für das neue Reichstagsgebäude vorge— 
nommen werden. 
Von einer Zusammenkunft des deutschen 
daisers mit dem Kaiser von Rußlaud, 
velche demnächst in Swinemünde stattfinden 
vpürde, will ein bis jetzt allerdings unverbürgtes 
Herücht wissen. 
Auslaud. 
Pest, 28. August. Aus Zalägerseeg wird 
zemeldet: In Zalakörsö sammelten sich gestern 
Abend spät etwa tausend mit Flinten und Aexten 
bewaffnete Landleute aus der Umgegend an; sie 
erbrachen und plünderten eine größere Anzahl von 
Läden und entfernten sich dann mit der Drohung, 
viederzukommen. Ter Ortsvorstand verlangte 
chleunigst Hilfe in Zalägerseeg zur Herstellung der 
Ruhe. Die Jahrmärkte daselbst und in Zalakörö 
wurden untersagt. Es heißt, das Ministerium 
werde einen Regierungskommissar dahin entsenden. 
Agram, 28. August. In Oberstübicza 
fanden gestern Abend Zusammenrottungen stait; 
die Wappenschilder wurden von Trafiken herabge⸗ 
issen, der Gemeindenotar, Geistliche und Lehrer 
gezwungen, eine Erklärung zu unterzeichnen, daß 
ie gute Kroaten und nicht Magyaren seien. 
Budapest, 29. August. Schlimme Be— 
richte laufen aus Zala⸗Egerszeg und Um— 
zebung ein. Tausende von Bauern haben sich zu— 
ammengerottet und bewaffnet. Die wilden Mafssen 
verden allem Anschein nach durch Agitatoren zu 
Erzessen aufgemuntert. Die behördlichen Schutz- 
nahmen sind gleich Null. Das ganze Komitaäf 
zleicht einem von Räubern bevölkerten Territorium 
Man erwartet die Proklamirung des Standrechts 
Paris, 28. August. Orleauistische Mauer⸗ 
anschläge. Heüte Morgen in aller Frühe hatten 
die Leute, welche an ihre Arbeit gingen, im 9 
Arrondissement und namentlich in dem höher ge⸗ 
egenen Theil desselben, der zwischen der Trinileè— 
dirche und dem Boulevard de Clichy liegt, die 
leberraschung, an den Mauern bunte Papierbogen 
Rrangen zu sehen, auf welchen zwei Monarchisten, 
Namens Nicouland und Berry, die Pariser auf— 
orderten, Ludwig Philipp II. als ihren König an— 
zuerkennen und sich um ihn zu schaaren. Die Ba— 
daille will wissen, daß 10,000 solcher Maueran— 
schläge gedruckt worden sind und in Paris verbrei— 
let werden sollten. Wahrscheinlich wird es auch 
den übrigen ergehen, wie denjenigen des 9. Arron- 
dissements, die von den Vorübergehenden sogleich 
ernichtet wurden. Ueber die Folgen, welche solche 
Zropaganda für „Ludwig Philipp U.“ haben könnte, 
ind die Meinungen noch verschieden 
unterste der sieben bis jetzt erschlossenen Flötze eine 
sehr gashaltige Fettkohle enthält. Um diefen Brand 
zu ersticken, hat man sogleich den nöthigen Damm 
aufgeführt, durch welchen jeder Luftzug abgesperrt 
werden sollte. Acht Tage später, letzten Sonntag, 
glaubte der Betriebsführer der Gesellschaft sicher zu 
sein, daß der Brand erloschen sei, und stieg mit 
vier Arbeitern in die Tiefe hinab, um den Damm 
zu entfernen. Kaum jedoch war diese Arbeit be— 
zonnen, als eine fürchterliche Explosion schlagender 
Wetter erfolgte und alle fünf Personen üdtete. 
Drei, wahrscheinlich die hintersten, konnten noch am 
Sonntag unmittelbar nach der Explosion hervorge⸗ 
holt werden; die zwei andern, namentlich den Ve— 
riebsführer, mehr nach vorn an der Dammoöffnung 
zelegen, war bis jetzt nicht möglich herauszuschaffen, 
da die Luft noch mit Gasen überfüllt ist und Herr 
Bergamtmann, der sofort zur Stelle war, ein wei— 
teres Hinabsteigen nicht mehr gestattete, um nicht 
noch andere Menschenleben in Gefahr zu bringen. 
Die Grube wird nun schnellstens unter Wasser ge⸗ 
jetzt, um den Brand zu löschen; daß das Feuüer 
und die Anhäufung der Gase noch fortdauert, be⸗ 
veisen zwei heftige Explosionen, die gestern, jedoch 
»hne weiteren Schaden in der Grube er— 
'olgt sind.“ (Der verunglückte Steiger Bise g wird 
als ein sehr befähigter und intelligenter Mann ge⸗ 
rühmt; er fungirte auf Grube Frankenholz, als 
Betriebsführer und sollte binnen kurzem mit Ge⸗ 
winnbetheiligung (2) als technischer Leiter angestellt 
werden. Nur wenige Minuten vor der Katasiroͤphe 
hatten ein anderer Steiger und ein Bergmann das 
»erhängnißvolle Schacht verlassen.) 
— Kaiserslautern, 28. August. Er— 
chossen wurde gestern Nachmittag auf einer Bank 
in den Gartenanlagen des Verschönerungs-Vereins 
am Moorlauterer Weg der Sohn des Musikmeisters 
K. hierselbst aufgefunden. Ob hier ein Selbstmord 
oder Unglück vorliegt, ist nicht festzustellen, doch 
liegt die Annahme nahe, daß der junge Mann, 
dessen Zigarre neben ihm lag und der' noch ca. 
14 Mk. baares Geld bei sich hatte, zur Moor— 
lauterer Kirchweihe wollte und beim Laden eines 
Revolvers denselben so unvorsichtig handhabte, daß 
er sich entlud und so den Tod herbeiführte. Der 
Schuß war mitten in die Brust gegangen. 
Vermischtes. 
F In Neunkirchen a.Bl. starb am Mon— 
tag eine junge Dame aus Merseburg, welche auf 
ziner Besuchsreise begriffen war, wie es heißt, in 
Folge zu engen Schnürens. 
Trier, 28. August. Zu Tode getanzt 
hat sich der „S. u. M.⸗Zig.“ zufolge am Sonntag 
auf der Eurener Kirmes ein junges Mädchen von 
Trier. Es wundert uns wahrlich, daß die leiden— 
schaftliche Tanzlust bei der jetzigen heißen Tempe⸗ 
ratut nicht noch mehr Opfer fordert. Trot der 
drückenden Hitze sind gewöhnlich die Tanzboden 
iherfüllt. Das erwähnte junge Mädchen brach 
ohnmächtig im Tanzsaale zusammen und verschied 
gestern im Laufe des Tages. 
F Metz, 27. August. Die Stimmung gegen 
Herrn Autoine, unsern berühmten Reichstags⸗ 
Abgeordneten, scheint in hiesiger Stadt eine ziem⸗ 
lich erregte zu sein. Nachdem in der Nacht vom 
Freitag auf Samstag zwei Fensterscheiben seiner 
Wohnung durch Steinwürfe zertrümmert worden 
waren, hat man ihm in letzt verflossener Nacht eine 
ollenne Kotzen musik gebracht. Erst nach 115 
Stunden verliefen sich die „Musikanten“ nachdem 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 30. August. Am Diens— 
tag Nachmittag wurde in der Pfarrgasse ein acht— 
ühriges Mädchen, Tochter des Hrn. Schneidermeisters 
Heß, von dem Fuhrwerke des Hrnu. Karl Kling 
überfahren und dabei so schwer verletzt, daß man 
anfangs für sein Leben fürchtete. 
—“* Ueber das am Sonntag in der Grube zu 
Frankenholz stattgehabte und in vor. Nummer 
bereits erwähnte, entsetzliche Unghück wird der 
„Zw. Z.“ unterm 29. ds. des Weiteren berichtet: 
„In dem untersten, 300 Meter tiefen Flötze ist vor 
8 Tagen in Folge eines zur Durchbrechung nöthi⸗ 
gen Schusses ein Brand ausgebrochen, dessen Heftig⸗ 
reit nur dadurch erklärt werden kann, daß dieses